Lobt-die-Hirten-Woche: Meisners Hirtenstab II (Teil 2/6)

Hier nun der zweite Teil meines Kommentars zu Kardinal Meisners Interview mit WELT am Sonntag, via kath.net. Zum ersten Teil geht es hier. Noch einmal zur Erinnerung. Wir hatten jetzt die Ökumene und einige Aussagen zum Thema Weltbild-Skandal und Entweltlichung. Kommen wir jetzt zum Fundamentalismus und einigen weiteren Perlen…

Es seien vor allem ein paar verklemmte Fundamentalisten, heißt es aber auch aus dem Innern der Kirche, die sich im Internet an den erotischen Rändern des großen und freien Angebots von WELTBILD stören?

Bei solch einem Argument kann man sein Gehör ruhig auf Durchzug stellen. (Melde Vollzug, Eminenz! Gehör auf Durchzug gestellt!) Die Fundamentalismus-Keule sollte man gründlich vergessen und ihren Gebrauch in der Kirche als unwürdig disqualifizieren. (Es folgt die beste Widerlegung des lachhaften Fundamentalismusvorwurfs im sexuellen oder „erotischen“ Bereich, die ich seit langem gelesen habe:) Was sind denn unsere Fundamente? Hier geht es einfach darum, was Paulus sagt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“ (Nein, wissen wir heute nicht mehr. Wir sind zu modern dafür. Unser Leib ist nur noch ein Tempel der Egoreligion.) Insofern haben wir in der Verkündigung einzustehen für die Heiligung des Menschen und seines Leibes und können nicht Besitzer eines Unternehmens sein, das Schund und Schmutz verbreitet. (Schund und Schmutz! Klare Worte! Danke, Eminenz!) Das geht als Kirche in sich nicht. Dann können wir unsere Hirtenstäbe gleich aus der Hand legen. (Tun das nicht praktisch sehr viele? Sagte nicht Bischof Bode aus Osnabrück letztens, er habe gar nichts Festes zu vermitteln? Ich möchte erneut daran erinnern, dass man mit Hirtenstäben die Route zeigen kann, aber sie machen sich auch als Rute ganz prächtig.)

Nachdem WELT-online vor Wochen den Skandal einer großen Öffentlichkeit vorgestellt hat, wurden mir Seiten aus dem Internet zugeschickt, wo bei WELTBILD nicht nur erotische Literatur angeboten wurde, sondern auch offen satanistische Angebote. Ist in der Kirche der Teufel los?(Der Rauch des Satans ist in die Kirche eingedrungen, wusste schon Papst Paul  VI.)

Ich verstehe jeden, der das fragt, wenn wir Schriften von Kirchenfeinden, Esoterik, Erotik etcetera verbreiten. (Aber Eminenz! Ist das Verbreiten der Schriften von Kirchenfeinden nicht liberale Meinungsfreiheit? Sind nicht alle Meinungen gleich!? Endlich sagt es mal ein Kardinal. Schund ist und bleibt Schund und Irrtum ist und bleibt Irrtum.) Das kann ich alles nicht mehr nachvollziehen. Da gibt es nur noch eins: Wir müssen uns davon radikal trennen! Das ist auch für unseren Dialogprozess wichtig, wenn wir ihn ernst nehmen. (Wir müssen uns auch von unserem Dialogprozess radikal trennen, aber das ist ein anderes Thema.) So viele Menschen schreiben uns in dieser Frage Briefe, in denen sie uns gleichsam flehentlich bitten: „Geben Sie Weltbild auf, damit die Kirche wirklich die Kirche Jesu Christi bleibt!“ Darum gibt es für mich gar keine Alternative. (Bei dem letzten Satz wird mir wieder mulmig. Man müsste sich auch von Weltbild trennen, wenn nicht viele Menschen das fordern würden… Aber ich weiß, dass der Kardinal Meisner das genauso sieht.)

„Um ihrem eigentlichen Auftrag zu genügen“, sagte der Papst auch noch in Freiburg, „muss die Kirche immer wieder die Anstrengung unternehmen, sich von ihrer Verweltlichung zu lösen und wieder offen auf Gott hin zu werden.“ Auch jetzt sei es wieder an der Zeit für eine „wahre Entweltlichung“ der Kirche. Wie lässt sich diese Rede auf den WELTBILD-Komplex praktisch anwenden und konkret umsetzen?

Das heißt ganz einfach: Wir müssen uns davon verabschieden. Hier ist Welt in einer Weise in die Kirche eingedrungen, die schlicht nicht zu akzeptieren ist. (Klar. Kraftvoll. Kardinal Meisner. Warum ist der Mann nicht zwanzig Jahre jünger?)

Ist das nicht weltflüchtig?(Ist diese Frage ein Weltflüchtigkeitsfehler?)

(Achtung: Das Salz der Erde und das Salz der Suppe. Die Erde als Suppe. Typisch kölsches Denken, aber irgendwie treffend:) Das möchte man dem Papst jetzt wieder anhängen. Aber: Wir sind das Salz der Erde! Wir sind nicht weltflüchtig. Das ist der Auftrag, den der Herr uns gegeben hat. Wenn Sie aber 5 Gramm Salz mit 5 Kilo Sand vermischen, dann ist das Salz unwirksam. Es taugt zu nichts. Das Salz muss vom Sand befreit werden, dann kann das Salz in Reinkultur in die Weltsuppe hineingerührt werden, das ihr dann Würze, Geschmack und Schärfe verleiht. So müssen wir auch die Kirche reinigen und alles aufgeben, was nicht zu ihr gehört. (Wie? Es gibt etwas, das nicht zur Kirche gehört? Aber sind wir nicht vielfältig? Gastfreundlich? Dialogbereit? Modern? Weltoffen? Und dergleichen mehr?)
(…)

Ihr Vorgänger, Kardinal Höffner, hat sich noch als Vorsitzender der Bischofskonferenzen begriffen – die sich nur dann konkretisierten, wenn sie zusammentraten. Das hat sich durch das ständige Sekretariat der Bischofskonferenz stark geändert. Jetzt könnte man fast auf den Gedanken kommen, Jesus habe keine Apostel berufen, sondern eine Apostelkonferenz?(Gegenpäpstin Julia I. aus Freiburg-Avignon fordert ja sogar eine PäpstInnenKonFeRenz. Absurd ist heute nichts mehr.)

Christus hat einzelne Apostel berufen und sie in einer Kollegialität beheimatet. Umgekehrt kann sich aber keiner hinter der Fassade einer so genannten Kollegialität oder einer Konferenz verstecken. (Doch kann er. Das ist das Problem dabei. Sind alle zuständig, ist keiner zuständig.) Wo es um wesentliche Fragen geht, muss man auch als Einzelner hervortreten. Das ist nicht leicht, aber da hilft alles andere nicht. (Es wird in Abwesenheit von Bischofskonferenzen, die sich antikatholisch nach nationalen Grenzen segregieren, jedoch deutlich erleichtert.) Aber wir sind natürlich gehalten, in der Kirche als Communio zu handeln, und wenn wir Bischöfe uns öffentlich auseinanderdividieren, was soll denn dann aus dem Volke Gottes werden? (Was immer aus ihm geworden ist. Die Häretiker waren meistens Bischöfe, und die großen Verteidiger der Orthodoxie auch. Konflikt ist gut, sinnvoll, notwendig, unverzichtbar in einer Welt, die unter der Herrschaft des Fürsten der Finsternis steht.)

Gute Frage.(Wer stellt denn hier die Fragen?)

Ja, das ist eine sehr ernste Frage. Vor dem Richterstuhl Gottes werde ich mich nur auf mein Gewissen berufen dürfen, nicht auf Konferenzbeschlüsse. (Richterstuhl Gottes! Kardinal Meisner glaubt tatsächlich daran – welcher Anteil seiner Kollegen tut dies auch?)

Die Bischofskonferenz ist auch kein Politbüro. (Nicht? Der Unterschied ist verschwindend gering.)Aber hat sie durch das ständige Sekretariat nicht ein Gravitationszentrum erhalten, das im Evangelium so kaum vorgesehen ist?

Das ist natürlich eine Gefahr für jeden Christen, dass sein äußeres Tun vom Evangelium nicht abgedeckt ist. Darum ist das auch eine sehr große Gefahr für jeden einzelnen Bischof und natürlich auch für eine Bischofskonferenz, und darum müssen wir ständig wachsam auch nach innen sein, dass das, was wir beschließen und tun, auch immer vom Evangelium abgedeckt ist, sonst wird in der Kirche alles hohl. (Sonst ist in der Kirche vieles hohl geworden. Denn nur wenig ist vom Evangelium abgedeckt, was derzeit in Deutschland unter Katholizismus abgehandelt wird.)

(…)
Kündigt sich da eine Tempelreinigung der deutschen Kirche an?

Ich hoffe es. (Ja!) Doch wissen Sie, ich gehe alle vier Wochen beichten. (Bravo! Wie viele Ihrer Amtskollegen tun dies?) Das ist auch eine Art Tempelreinigung. (Richtig. Übrigens, wo wir gerade davon sprechen: Lieber Leser, wann waren Sie zuletzt beichten? Macht es nicht mal wieder Sinn?) Aber jetzt werden wir wohl zu klaren Entscheidungen ganz im Sinne des Heiligen Vaters kommen. (Werden wir? Da bin ich ja mal gespannt. Die deutsche Bischofskonferenz trifft Entscheidungen im Sinne des Heiligen Vaters? Was kommt als nächstes? Es regnet rosa Elefanten?)

Heißt das, dass Sie schon die Stricke flechten, mit denen Sie die Händler aus dem Tempel verjagen wollen? (Mit finsterer Miene und rauchiger Cowboy-Stimme: „Brauchen wir nicht. Wir haben Hirtenstäbe, mein Freund…“)

Wissen Sie, wir sind eine Bischofskonferenz (Wir sind Borg. Irrelevant.) und sind gemeinsam (jeder für sich unter dem Heiligen Vater) Träger des apostolischen Amtes, da kommen wir, so hoffe ich, auch ohne Stricke aus. (Wie gesagt: Wir haben Hirtenstäbe dafür…) Wir sind zu einem eindeutigen Zeugnis aufgerufen, dies vor allem anderen. Und dass wir sagen: Das geht, und das geht nicht mehr. (Aber bitte nur eines von beiden, Eminenz. Sonst könnte die Klarheit doch etwas reduziert erscheinen.) Ich bin überzeugt: Manches wird nicht mehr so weitergehen können, wie es bis bisher gegangen ist.

Was ein Interview! Ich bekomme das Bild von Kardinal Meisner mit seinem Hirtenstab nicht mehr aus dem Kopf, wie er sich den Tempel reinigend mit dem Jesuitenpater (Fuitne Judas Jesuita? … Echo: Ita… Ita… Ita…) Langendörfer beschäftigt. Da bekommt der Satz „den Stab über jemanden brechen“ auf einmal eine ganz andere Bedeutung. Wie gesagt: ¡Vamos!

Mal sehen, was, wie der Kohl mal sagte, hinten dabei raus kommt…

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