Ein Rückblick

Im Jahre 2005, als Papst Johannes Paul II. verstarb, war ich Atheist, und zwar aus Überzeugung. Es gab einige Punkte, etwa beim Lebensrecht, in denen ich der Kirche zustimmte, doch generell wäre ich nie auf die Idee gekommen, aus solchen punktuellen Gemeinsamkeiten irgendeine Art religiöser Zugehörigkeit abzuleiten, zumal mir die bekannten deutschen „amtskirchlichen“ Vertreter sehr unsympathisch waren.

Im Familienkreis sagte ich damals, direkt nach dem Tod des Heiligen Vaters, ich sei sicher, Kardinal Ratzinger werde sein Nachfolger. Auch als Nichtkatholik und sogar Nichtchrist fand ich den Tod des Papstes traurig, hatte ich doch keinen anderen in meinem Leben gekannt. Doch, so weissagte ich mit Überzeugung, jetzt werde alles noch schlimmer, wenn dieser bissige Schäferhund, dieser konservative Extremist Joseph Ratzinger auf den Stuhl Petri steigt. Ich sollte Recht behalten, auch wenn mir damals noch niemand glauben wollte. Wenige Wochen später hatten wir Papst Benedikt XVI. und sein Pontifikat sollte für mich zu einem Wendepunkt in meinem Leben werden. Ich konnte damals noch nicht absehen, dass ich acht Jahre später, gegen Ende dieses Pontifikats als traditioneller Katholik auf einem katholischen Blog schreiben würde.

Auch wenn Benedikt XVI. mindestens in der Anfangsphase sehr wenig mit meiner Bekehrung zu tun hatte – ich hätte mich niemals von einem „Kirchenfunktionär“ überzeugen lassen – wurde er später zu einem wichtigen Bezugspunkt meiner Beschäftigung mit dem katholischen Glauben. Wie kein anderer „nachkonziliarer“ Theologe versteht er es, den Glauben in seiner ganzen geistigen und geistlichen Tiefe und in seinen tiefgreifenden praktischen Konsequenzen für das Leben des Menschen zu vermitteln, und auch über gewisse offene Fragen in der Auslegung bestimmter Konzilstexte hinweg muss man anerkennen, dass Joseph Ratzinger ein geistiger Riese des 20. und 21. Jahrhunderts ist.

Für sein ganzes beträchtliches Lebenswerk und mehr noch für seinen ungebrochenen Willen, sein Leben in den Dienst Gottes und Seiner Kirche zu stellen, gebührt unserem Heiligen Vater allein der aufrichtigste Dank. Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, theologische Streitfragen über das Konzil erneut zu diskutieren. Es ist bekannt, dass es da wichtige Differenzen gibt, doch diese Differenzen sollten unsere Dankbarkeit nicht trüben.

Auch auf der praktischen Seite hat Papst Benedikt durch Summorum Pontificum der traditionellen Messe einen wichtigen Weg zurück zur innerkirchlich anerkannten Legitimität verschafft. Seine Versuche, sich mit der Piusbruderschaft zu einigen, sind wohl gescheitert, und jetzt ist nicht der Zeitpunkt, über die Ursachen zu spekulieren, doch dass er diese Versuche ernstlich und gegen nicht geringe Widerstände unternommen hat, ist ein weiteres positives Zeichen dieses Pontifikats. In den kommenden Tagen und Wochen wird noch genug Zeit sein, im Detail über solche Fragen zu sprechen, ebenso wie auch die unvermeidliche Spekulation über mögliche Nachfolger.

Die letzten acht Jahre haben meine Bekehrung gesehen, und allein deshalb wird in meinem Herzen das derzeitige Pontifikat immer einen ganz besonderen Platz haben, wie auch der derzeige Papst, den ich zum Zeitpunkt seiner Krönung für eine schreckliche Katastrophe gehalten habe.

Also noch einmal: Danke, Heiliger Vater. Danke, Benedikt.

4 Gedanken zu „Ein Rückblick

  1. Schön, dass Du wieder da bist! Herzlich willkommen zurück!
    Eine kleine Anmerkung, wenn ich darf:
    Eine „Krönung“ BXVI. gab es nicht wirklich. Papst Paul VI. war der letzte Papst, der mit der Tiara gekrönt wurde. 😉
    Eine sehr schöne treffende Würdigung des Pontifikates. Danke!

    • Frischer Wind,
      ja, ich weiß. Krönung war auch eher symbolisch gemeint. Auch wenn das mit der Tiara mal wieder Zeit wäre… 😉 Immerhin ist die Kirche eine Monarchie und da braucht man auch eine anständige Krönung samt Krone, finde ich.

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