Der Götzendienst der Wissenschaft (Teil 4 und 5 von 7)

4. „Credo in unam Scientiam“

In den letzten Jahrhunderten ist der Kult der Gottesanbetung durch den Kult der Wissenschaftsanbetung ersetzt worden. Vielleicht konnte man früher, so beeilt sich jeder gute, moderne Christ zu versichern, den Menschen erzählen, die Kirche lehre dies und jenes, weil Gott das offenbart habe, und die Menschen waren vielleicht zufrieden. Doch heute, so geht diese Geschichte, sei das nicht mehr möglich. Die Menschen hätten sich verändert; sie seien nicht mehr so leichtgläubig, sondern vielmehr skeptisch. Doch das ist nicht wahr. Die Menschen sind immer noch so leichtgläubig wie immer, auch wenn sie nicht mehr so leicht gläubig werden. Das Objekt ihres Glaubens ist allerdings heute nicht mehr Gott, und nicht mehr die Kirche. Der Glaube richtet sich stattdessen auf diverse Götzen, von denen einer der prominentesten die moderne Wissenschaft ist. „Das sind ja die Experten, die es wissen müssen“.

Manchmal wissen es die Experten wirklich besser, nämlich wenn es um ihr Fachgebiet geht, in dem sie ein besonderes Wissen haben. Der Atomphysiker weiß ganz gut, was physikalisch in einem Atomkraftwerk passiert. Das kann er uns vermitteln, und dabei sollten wir ihm glauben. Aber wenn er uns erklärt, ob wir Atomkraftwerke abschalten sollen, oder ob die Risiken vertretbar sind, dann sollten wir skeptisch sein. Denn die ethischen Überlegungen, die dabei eine Rolle spielen, sind nicht sein Fachgebiet, und auch nicht das Fachgebiet professioneller Ethiker, sondern das Fachgebiet eines jeden Menschen, der sein Gewissen zu gebrauchen versteht (und das bedeutet auch, dass er sich zuerst ein informiertes Gewissen verschafft, statt aus dem Bauch heraus nach Gefühl zu entscheiden).

5. Tradition statt Technokratie!

Meistens wissen es die „Experten“ aus den Elfenbeintürmen aber nicht besser. Wenn es um den Menschen und die Gesellschaft geht, dann gibt es kein privilegiertes „wissenschaftliches“ Wissen. Jeder Mensch kennt Menschen und lebt in einer Gesellschaft. Daher hat auch jeder Mensch Zugang zu den grundsätzlichen Daten, die er braucht, um sich eine fundierte Meinung zur Gesellschaft und zum Menschen zu bilden. Natürlich haben die meisten Menschen weder Zeit noch Lust, sich fundierte Gedanken zur Gesellschaft zu machen, weshalb es allein schon zur Entlastung rational ist, dass sie sich an Traditionen und der Weisheit ihrer Vorfahren orientieren. Diese mögen nicht immer richtig sein, aber sie sind mindestens erprobt, und hätten sich nicht durchgehalten, wenn sie nicht wenigstens halbwegs und in den meisten Fällen funktioniert hätten. Manchmal sind sie auch in schwerwiegendem Widerspruch zum moralischen Gesetz, das die Menschen in ihren Herzen finden; dann sollte man sie so schonend wie möglich ändern. Doch im Normalfall sind sie halbwegs brauchbar und helfen uns weitaus mehr, als die Studien von Pseudowissenschaftlern, deren Handlungsanweisungen nicht das Resultat jahrhundertelanger Erfahrung sind, sondern bloß aus einer Mischung ideologischer Vorurteile und der typischen utopistischen Naivität des Elfenbeinturms entsprungen sind.

Es ist rational, der traditionellen Weisheit unserer Väter mehr zu vertrauen als dem smarten Gesellschaftswissenschaftler aus dem Elfenbeinturm. Lassen wir noch einmal C.S. Lewis in „That Hideous Strength“ zu Wort kommen. Der Chemiker Hingest verteidigt traditionelle, gewachsene Gesellschaftsstrukturen gegen den modernen Soziologen Mark Stoddard, der für eine umfassende „wissenschaftliche“ Planung der Gesellschaft eintritt. Die folgende Passage liefert den Kontext zu der bereits früher zitierten Aussage, man können Menschen nicht studieren, sondern nur kennenlernen.

Stoddard: „I think I do understand the sentiment that still attaches to the small man, but when you come to study the reality as I have to do…“

Hingest: „I should want to pull it to bits and put something else in its place. Of course. That’s what happens when you study men: you find mare’s nests. I happen to believe that you can’t study men; you can only get to know them, which is quite a different thing. Because you study them, you want to make the lower orders govern the country and listen to classical music, which is balderdash. You also want to take away from them everything which makes life worth living and not only from them but from everyone except a parcel of prigs and professors.“

Immer wieder haben sich Pseudowissenschaftler des Schlags, den Stoddard verkörpert, an der rationalen oder wissenschaftlichen Planung der Gesellschaft versucht. Vor hundert Jahren war es Mode unter den progressiven Eliten, nach der Beschränkung der Vermehrung „minderwertiger Rassen“ zu rufen. Vielerorts wurden gar Zwangssterilisierungen legalisiert, um diese „minderwertigen Rassen“ an der Vermehrung zu hindern. Das war alles wissenschaftlich belegt und untermauert. Es gab eine „reale“ Gefahr, die uns die „Wissenschaft“ präsentierte, und bequemerweise lieferten die „Wissenschaftler“ gleich die Lösung mit. Nach Hitler wurde die Idee für eine Weile aufs Eis gelegt; Eugenik verschwand in der Versenkung. Heute ist sie wieder progressiv und in Mode. Das ist nur ein Beispiel; viele weitere ließen sich nennen. Gegner der Eugenik waren hauptsächlich die Ewiggestrigen, die an ihren Traditionen festhielten, die hier im Westen größtenteils christlich geprägt waren. Sie verteidigten den Menschen gegen den technokratischen Planer.

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