Werden alle Menschen gerettet? Und worauf es wirklich ankommt:

„Der Herr hat uns alle mit dem Blut Christi erlöst, nicht nur die Katholiken. Alle! ‚Pater, und die Atheisten?’ Auch sie. Alle! Und dieses Blut macht uns zu Kindern Gottes erster Klasse! Wir sind als Kinder nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen worden und das Blut Christi hat uns alle erlöst!“

Papst Franziskus, 22. Mai 2013

Sind wir also tatsächlich alle erlöst? Egal ob wir glauben? Sind die Atheisten tatsächlich, einfach so, ohne weiteres, wie der Papst das hier darstellt, erlöst? Das kommt darauf an, was man genau meint. Ich bin natürlich kein renommierter Theologie, sondern nur ein einfacher Konvertit, der sich in den letzten vier bis fünf Jahren mit diesen Fragen ziemlich oft „herumgeschlagen“ hat. Soweit ich das verstanden habe, sagt die katholische Kirche zu der Frage, wer denn nun erlöst wird, folgendes:

1. Christus ist für alle Menschen gestorben, d.h. jedem einzelnen Menschen ist das Tor in den Himmel, der Weg der Umkehr zurück zu Gott, offen. Niemand, absolut niemand, ist von dieser Chance ausgeschlossen. Jeder kann die von Christus angebotene Erlösung annehmen. Sie ist ein Geschenk, und wie alle Geschenke erhält man es „gratis“, also aus Gnade. In diesem Sinne kann man sagen, dass Christus sein Blut für alle Menschen vergossen hat, auch für die Atheisten. [Das bedeutet auch, dass man die Worte des Heiligen Vaters nicht so heterodox auslegen muss, wie sie auf den ersten Blick erscheinen, auch wenn sie mindestens unglücklich gewählt bleiben.]

2. Doch es reicht nicht, wenn Christus uns dieses „Geschenk“ macht. Wir müssen das Geschenk auch annehmen.

3. Die Taufe ist heilsnotwendig. Wer nicht getauft ist, kann nicht erlöst werden. Jemand, der unverschuldet keine Gelegenheit zu einer „normalen“ Taufe hatte, sich aber hätte taufen lassen, wenn er die Chance gehabt hätte, der kann erlöst werden (Begierdetaufe). Ebenso auch der nicht getaufte Märtyrer, dessen Martyrium eine wahre Taufe des Blutes ist.

4. Außerhalb der Kirche ist kein Heil. Mit Kirche ist hier die von Christus gestiftete Kirche gemeint, die die katholische Kirche ist, und nicht irgendeine nebelhafte, unsichtbare, faserige Gemeinschaft, die nur in den Herzen der Menschen existiert. Auch hier gilt wieder, dass es einige Menschen geben kann, die nicht Mitglied der sichtbaren katholischen Kirche sind, die aber diesen Mangel nicht verschuldet haben, und dem ihnen gegebenen göttlichen Licht gefolgt sind, so gut sie konnten. Auch diese können prinzipiell das ewige Heil erlangen.

5. Alle Menschen, die gerettet werden, werden durch Christus, und damit durch Seinen mystischen Leib, die katholische Kirche, gerettet. Auch diejenigen Erlösten, die außerhalb der sichtbaren Einheit der Kirche (Papst, Glaube, Sakramente) versterben, werden durch Christus und damit durch die Kirche erlöst.

6. Die falschen Religionen sind also keine Mittel des Heils. Allerdings finden sich in allen Religionen gewisse wahre Bruchstücke inmitten der Irrtümer. Christus selbst ist die Wahrheit. Insofern eine falsche Religion also die Wahrheit lehrt, hilft sie ihren Anhängern praktisch zur Wahrheit, und damit zu Christus zu gelangen. Doch wer durch so ein Trümmerstück der Wahrheit gerettet wird, der wird nicht durch die Irrlehren gerettet, mit denen das Trümmerstück in der falschen Religion vermengt worden ist, sondern durch Christus, und das heißt durch seinen mystischen Leib, also durch die katholische Kirche. Alle Wahrheit ist katholische Wahrheit. Niemand wird durch die falsche Religion erlöst, sondern, wenn überhaupt, trotz der falschen Religion, durch die wahre.

7. Wir wissen nicht, welche individuellen Menschen gerettet werden, abgesehen von den kanonisierten Heiligen. Einerseits reicht die sichtbare Gemeinschaft der Kirche nicht aus – man kann auch als Katholik die ewige Verdammnis erleiden, trotz aller Heilsmittel, die man hätte in Anspruch nehmen können – andererseits kann man auch außerhalb der sichtbaren Gemeinschaft der Kirche erlöst werden – man kann z.B. auch als Atheist dem göttlichen Licht so gut wie möglich folgen und dadurch implizit die Entscheidung für das universelle Heilsangebot Gottes treffen, die dann durch die Gnade Gottes zur Rettung genügt.

8. Aus den genannten Gründen ist es theoretisch kein Widerspruch in sich, wenn man annehmen würde, dass alle Menschen erlöst würden. Jedoch sagt Gott selbst in der Bibel eindeutig, dass viele nicht den schmalen Pfad in den Himmel, sondern den breiten Weg in die Hölle nehmen. Dies allein reicht schon aus, um jegliche Allerlösungslehre kategorisch auszuschließen. Zudem haben wir das konstante Zeugnis der gesamten Überlieferung bis zu dem Pastoralkonzil der 60er-Jahre, und das überwältigende Zeugnis der Heiligen. Diese Zeugnisse sagen praktisch übereinstimmend, dass die Zahl der Verdammten gewaltig und die Zahl der Auserwählen gering ist.

9. Diese Zeugnisse geben uns keine „Bevölkerungsstatistik“ von Himmel und Hölle an die Hand. Wir können nicht sagen, „90% werden verdammt und 10% werden erlöst“ (oder umgekehrt). Wir kennen die Zahlen nicht und es ist müßig, zu viel über sie zu spekulieren. Was wir jedoch wissen, ist dass nicht alle Menschen gerettet und nicht alle verdammt werden.

10. Aus dem, was man über die Heilsnotwendigkeit von Taufe, Kirche, wahrem Glauben sagen kann, folgt eindeutig, dass jemand, der ungetauft, fern der Kirche und ungläubig verstirbt, eher schlechte Chancen hat (auch wenn wir es nie genau wissen können), während ein Katholik, der nach besten Kräften der Kirche und dem wahren Glauben gefolgt ist, die besten Chancen haben wird (auch wenn man es nie mit Sicherheit wissen kann).

Zusammenfassung: Gott will alle Menschen erlösen, doch der Mensch hat Freien Willen. Er ist wirklich in der Lage, zu Gott „ja“ oder „nein“ zu sagen. In letzter Konsequenz akzeptiert Gott die freie Entscheidung des Menschen.

Jeder Mensch, und sei er noch so verdorben, kann durch das „ja“ zu Gott erlöst werden.

Jeder Mensch, und sei er noch so vortrefflich, kann durch das „nein“ zu Gott verdammt werden.

Und das ist es letztlich, worauf es wirklich ankommt: Ob wir das ewige Heil oder die ewige Verdammnis erlangen, hängt von unserer Willensentscheidung für oder gegen Gott, für oder gegen Christus, seinen Sohn, ab.

Wir werden nicht alle erlöst, weil nicht alle „ja“ zu Gott sagen.

Daraus folgt ganz klar: Sagen wir hier und heute „ja“ zu Gott, ja zu Christus, ja zu der einen, wahren von ihm eingesetzten Kirche, ja zum ganzen überlieferten Glauben, ja zu den Sakramenten, ja zum Papst, ja zu einem heiligmäßigen Leben nach den Geboten Gottes, kurzum „ja“ zu dem Erlösungsangebot, das Christus uns durch Sein Blut zum Geschenk gemacht hat.

Papstkritik und Katholizität

Auf Creative Minority Report, einer englischsprachigen katholischen Webseite, die fast immer lesenswert ist, findet sich derzeit ein hochinteressanter und aufschlussreicher Beitrag von Patrick Archbold, in dem er berichtet, wie Aussagen, die noch vor wenigen Monaten unter lehramtstreuen Katholiken absoluter Konsens gewesen wären, heute als Papstfeindlichkeit angegriffen und gar als unkatholisch qualifiziert werden. Wörtlich schreibt er:

It has been a wild ride since the resignation of Pope Benedict XVI and the election of Pope Francis.

Several times already, after making some commentary, I have been accused of ‚attacking‘ the Pope. (…)

But here is the interesting thing. Many of the lines that I tweeted were things I wrote months ago for a possible post on liturgy but never published. When I wrote them, they would have seemed obvious and boring and 100% in line with Catholic thinking and the Pope.

But since I published them them this week, the are perceived by some as beyond the pale and an outlandish attack on the Pope. Same lines. Different month.

Woran liegt das? Der Artikel, für den Archbold angegriffen worden ist, findet sich auf der Homepage des National Catholic Register und kann dort jederzeit nachgelesen werden. Zwei Zitate, die Archbold „getwittert“ hatte, habe ich gestern hier zitiert. Was er dort schreibt, ist keineswegs unkatholisch, und doch wird es massiv von lehramts- und papsttreuen Katholiken angegriffen. Warum?

Es gibt unter lehramtstreuen Katholiken einen weitverbreiteten Irrtum, nämlich dass man den Papst immer und unter allen Umständen gegen Kritik in Schutz nehmen und verteidigen müsse. Dies ist verständlich, sowohl vor dem Hintergrund der herausgehobenen Position des Heiligen Vaters als sichtbares Oberhaupt der Kirche, als auch angesichts der hysterischen Feindschaft, die dem Papst in der breiteren Öffentlichkeit normalerweise entgegenschlägt, sobald er über die alltäglichen Floskeln der Politischen Korrektheit hinaus Stellung bezieht. Doch so verständlich es sein mag, es bleibt falsch. Ein Papst ist nicht unfehlbar, wenn er seine liturgischen Präferenzen ausdrückt, und er kann wahrhaft unwürdige Liturgien zelebrieren, ohne dass dies irgendetwas mit der Unfehlbarkeit zu tun hätte. Dasselbe gilt für alle normalen öffentlichen Äußerungen des Heiligen Vaters.

Der Papst ist nur unfehlbar, wenn er ex cathedra, in Ausübung seiner außerordentlichen Lehrvollmacht, eine Glaubenslehre für die ganze Kirche endgültig festlegt. Ebenso spricht er unfehlbar, wenn er nur das wiederholt, was immer und überall Bestandteil der katholischen Lehre war. Ansonsten kann er irren, und irrt er zuweilen, wie jeder andere Mensch auch. Der Papst ist ein Mensch. Errare humanum est.

Wenn nun also der Papst durch Wort und Tat eine anti-liturgische Haltung vertritt, dann ist das kein Argument für den Anti-Liturgismus, sondern nur gegen die liturgische Position des Papstes. Clownmessen oder Hüpf-und-Mitmach-Messen für Kinder aller Altersgruppen werden nicht dadurch besser oder akzeptabel, dass der neue Papst sie zelebriert hat.

Wenn der Papst den Koran küsst oder relativistisch anmutende Religionstreffen abhält, und diese auch noch theologisch mit einem falschen Ökumenismus rechtfertigt, den die Tradition immer abgelehnt hat, dann ist dies eine falsche Theologie, die nicht dadurch besser oder richtiger wird, dass es der Papst ist, der sie verkündet. Solange er sie nicht zum Dogma zu erheben sucht, berühren seine falschen Meinungen in keiner Form sein Amt oder seine Unfehlbarkeit. Kritik an diesen falschen Meinungen ist daher genauso zulässig und selbstverständlich, wie Kritik an den falschen Meinungen anderer Menschen.

Gebührt dem Papst aufgrund der Würde seines Amtes ein besonderer Respekt, der sich auch auf seine nicht-unfehlbaren Äußerungen erstreckt? Ja, sicherlich. Doch Respekt macht Irrtümer nicht besser. Und gerade weil der Papst ein so hohes Amt bekleidet, und für so viele Seelen Verantwortung trägt, ist es wichtig, dass seine Irrtümer nicht im Verborgenen bleiben, sondern bekannt gemacht werden, damit die Menschen sich nicht umso leichter in ihnen verfangen. Gerade in einer Zeit, in denen Glaube, Sittenlehre und Liturgie immer weniger als bekannt vorausgesetzt werden können.

Aus diesen Gründen ist es gerechtfertigt, auch scharfe Kritik an den Handlungen eines Papstes vorzubringen. Trotzdem wird derlei Kritik, wie im Falle Archbolds, immer wieder als unhaltbarer Angriff auf den Papst interpretiert, selbst wenn sie noch zu Zeiten des vorangegangenen Pontifikats ohne Weiteres als rechtgläubig und gar selbstverständlich angenommen worden wären.

Archbold hat sich kritisch über vereinfachte, von falscher Bescheidenheit triefende Liturgien geäußert und dies in einige höchst treffende, prägnante Sätze gefasst, die man wirklich gelesen haben sollte. Doch inhaltlich dasselbe wie Papst Benedikt zu sagen, war vor einem Monat vielleicht noch akzeptabel, doch für viele gläubige Katholiken ist das jetzt unerträglich, weil Papst Franziskus das alles anders sieht. Jetzt ist die „Bescheidenheit“ der liturgischen Kargheit, das Unter-den-Scheffel-Stellen des Lichts der Heiligen Liturgie gerade wieder einmal modern unter Katholiken, die leider unverbrüchliche Treue zum Papst mit unkritischer Zustimmung zu seinen Handlungen verwechselt zu haben scheinen.

Weil das Konklave ja vom Heiligen Geist beeinflusst wird, so denkt man, müsse jegliches Ergebnis des Konklaves notwendig als die persönliche Wahl des Heiligen Geistes interpretiert werden. Was immer dabei auch herauskommen mag, es muss als Gottes Wille interpretiert werden. Und bekanntlich ist Widerstand gegen Gottes Willen nicht nur zwecklos, sondern auch höchst verwerflich – es handelt sich um die Sünde Adams, die Verweigerung des Gehorsams gegen Gott. So landet der Kritiker der anti-liturgischen Affekte von Papst Franziskus schnell in einem Topf mit Luther und Hans Küng, während er noch vor einem Monat als vorbildlicher Papsttreuer über den grünen Klee gelobt worden wäre. Ebenso geht es dem, der den Unterschied zwischen ostentativer „Demut“ und der christlichen Tugend der Demut erklärt, und darauf beharrt, dass wahre Demut – wie Papst Benedikt sie zu zeigen pflegte – nicht mit dem Verzicht auf die Insignien des Papstamtes einhergeht, sondern gerade ihr Annehmen beinhaltet, während die Ablehnung dieser Insignien eine Überhebung über die Traditionen des Amtes bedeutet, die alles andere als demütig ist.

Ebenso wird bald der radikale Ökumenismus, dem der neue Papst anhängt, wohl von den selbsternannten Verteidigern katholischer Rechtgläubigkeit als quasi-dogmatischer Standard ausgelegt, an dem jede Kritik verboten ist, weil der Papst das so sagt.

Doch wahrer Katholizismus ist eben nicht das, was der aktuelle Papst gerade so sagt und denkt, sondern der unveränderliche, von Gott offenbarte, wahre Glaube, der uns in Schrift und Tradition in ununterbrochener Folge von Gott über Seinen Sohn, über die Apostel und ihre Nachfolger bis heute überliefert ist, und an dem die aktuellen Präferenzen und Launen des Papstes nichts ändern.

Wenn also besagte Präferenzen und Launen im Widerspruch zu besagter Überlieferung stehen, dann ist der Überlieferung der Vorzug zu geben, und die Präferenzen und Launen sind als das zu kritisieren, was sie sind: Irrtümer.

Und diese Irrtümer beim Namen zu nennen, sie zu kritisieren und ihnen die Wahrheit aus Schrift und Tradition entgegenzustellen, ist nicht unkatholisch, sondern gerade der Inbegriff der Katholizität, denn der Katholizismus ist die Religion der Wahrheit, nicht des Irrtums.

„Gebt es doch den Armen!“

Once you strip the altar, you might as well roll dice for its garments. (Patrick Archbold)

A Church truly dedicated to the poor would provide them the most magnificent liturgy possible. (Patrick Archbold)

In der heutigen Zeit ist es populär, prachtvolle Kirchen, liturgische Gewänder und edle Gefäße abzulehnen, weil es die Aufgabe der Kirche sei, den Armen zu helfen. Die „Kirche der Armen“ solle sich auch durch einen kargen äußeren Ausdruck auszeichnen, sozusagen in einer Art vorauseilender Solidarität. Diese Auffassung ist nicht neu. Schon zu biblischen Zeiten war diese Auffassung unter den Aposteln des Herrn vertreten, und zwar passenderweise durch Judas, wie der Evangelist Johannes schreibt:

„Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den er von den Toten auferweckt hatte.2 Dort bereiteten sie ihm ein Mahl; Marta bediente und Lazarus war unter denen, die mit Jesus bei Tisch waren.3 Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.4 Doch einer von seinen Jüngern, Judas Iskariot, der ihn später verriet, sagte:5 Warum hat man dieses Öl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Erlös den Armen gegeben?6 Das sagte er aber nicht, weil er ein Herz für die Armen gehabt hätte, sondern weil er ein Dieb war; er hatte nämlich die Kasse und veruntreute die Einkünfte.7 Jesus erwiderte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses tue.8 Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch.“

Es ist kein Zufall, dass es gerade der Verräter Judas war, der diese säkularisierte Haltung vertreten hat. Er, der nach dem Zeugnis der Evangelisten Matthäus und Markus direkt nach dieser Episode seinen Verrät in Gang gesetzt und den Herrn für 30 Silberstücke verkauft hat, konnte natürlich nicht wirklich verstehen, warum das Hochheilige außerhalb bloß weltlicher Nutzenkalküle steht, und warum es den Armen nicht wirklich geholfen hätte, das wertvolle Öl zu verkaufen und den Erlös unter die Armen zu verteilen. Für ihn war Jesus, der sich einfach mit diesem prächtigen Öl salben ließ, ein Verschwender, einer, der knappe Ressourcen nicht für die Armen einsetzte, und sie auch nicht einmal in die eigenen Taschen wirtschaftete, sondern sie für die Salbung des Heiligen ausgab. Der Herr selbst wurde an diesem Tag gesalbt, und Er sollte gekreuzigt werden; ihn würde man nicht alle Tage in körperlicher Form bei sich haben – die Armen hingegen schon.

Christus erkannte, wie auch Maria in dieser Geschichte, dass den Armen nicht damit gedient ist, das Heilige zu vernachlässigen, oder seine innere Schönheit durch äußere Hässlichkeit und Kargheit zu verstecken. Nein, ihm gebührt ein der inneren Pracht und Heiligkeit angemessener äußerer Ausdruck, weil geistliche und materielle Realität in einer Welt der Inkarnation, der Fleischwerdung Gottes untrennbar zusammengehören. Was für Christus gilt, das gilt ebenso für den wahrhaft gegenwärtigen Herrn im hochheiligen Messopfer und für die Altäre und Kirchen, auf bzw. in denen man es zelebriert. Die würdige Zelebration der heiligen Liturgie ist natürlich nicht abhängig von irgendeinem Prunk. Die Hütte, in der sich die Gläubigen in einem bitterarmen Dorf treffen, um vor einem einfachen Holzkreuz auf einem liebevoll, doch mit einfachsten Mitteln geschmückten Tischaltar der Feier des Heiligen Messopfers beizuwohnen, ist ebenso würdig, wie das prunkvolle Pontifikalamt eines Pius XII. Dies liegt aber nicht daran, dass die liturgische Pracht egal oder unwichtig wäre, sondern an den zur Verfügung stehenden Mitteln.

Das geistliche Zentrum des katholischen Lebens ist die Kirche, und in der Kirche der Altar, auf dem das Messopfer gefeiert wird. Das Messopfer, die erneute (unblutige) Vergegenwärtigung des allein heilbringenden Kreuzesopfers unseres Herrn Jesus Christus, das höchste der sieben Sakramente, ist Mittelpunkt des irdischen Gnadenlebens des Katholiken. Und da das geistliche Leben wichtiger ist als das bloß weltliche Leben, ist auch die geistliche Mitte wichtiger als die weltliche Mitte, und dies muss sich auch im Einsatz der Ressourcen widerspiegeln. Eine Messe, die trotz immensen Wohlstands an einem Sperrholzaltar in schlichten Gewändern und mit einfachen, statt edlen Gefäßen zelebriert wird, ist kein Akt von Demut oder Präferenz für die Armen, sondern der Herabwürdigung des Heiligen vor den profanen Ideologien dieser Welt.

Wenn Maria den Herrn salbt, dann tut sie dies, weil sie (anders als Martha, Judas, und die heutigen Apostel der Armen, ob mit oder ohne weißer Soutane) von einem tiefen Verständnis der Bedeutung des Heiligen durchdrungen ist. Sie versteht etwas vom Vorrang des Geistlichen, so wie ja auch in der Liebe zuerst die Gottesliebe kommt, und dann (als Folge aus der Gottesliebe) die Liebe zum Nächsten. Wer nicht Gott, und damit das Messopfer, in dem Gott selbst auf unseren Altären gegenwärtig wird, an die erste Stelle setzt, sondern die weltlichen Sorgen der Menschen, der handelt damit gegen Christus und gegen seine Lehre.

Es ist ein Irrglaube, dass man mittels Bildersturm und Holzaltar eine Kirche der Armen schaffen könnte. Die Kirche der Armen, die wirkliche Kirche der Armen, ist nicht die falsche Demut der Holzaltäre und Eisenkreuze, sondern das sind die gotischen Kathedralen, jene prachtvollen Meisterwerke der Baukunst im Dienste des Herrn, die von den Armen und für die Armen gebaut worden sind, und immer am meisten von den Armen geliebt wurden und ihnen zur bildreichen und wortlosen Inspiration gereicht haben.

Wohlhabende Liturgieprofessoren erklären uns, wie ihr geistliches Vorbild, von dem oben im Evangelium die Rede war, man solle auf Pracht und Prunk verzichten, und das Geld lieber den Armen geben. Progressistische, modernistische Theologen und ihre Anhänger in der Kirchenhierarchie reden uns dies seit Jahrzehnten ebenfalls ein. Doch das wahre Geschenk an die Armen sind nicht die dreißig Silberstücke, die man durch die Auslieferung des Heiligen bekommt, nicht die dreihundert Denare, die man durch minimalistische Feier der Heiligen Geheimnisse womöglich unter die Armen ausschütten könnte.

Das wahre Geschenk an die Armen ist das Hochheilige Messopfer, durch das die Erlösung, die Gnade Gottes, an sie ausgeschüttet wird, und die ewige Schau des Herrn von Angesicht zu Angesicht im Himmel, zu dem diese Gnade führt, wenn sie denn gläubig angenommen wird.

Das wahre Geschenk an die Armen ist der Herr. Dominus est – es ist der Herr, heißt ein Büchlein von Weihbischof Athanasius Schneider, das zwar hauptsächlich mit anderen liturgischen Fragen beschäftigt ist, aber den richtigen, katholischen Geist verströmt, und daher von höchster Wichtigkeit ist, gerade in dieser Zeit, in dem der Antiliturgismus, die Bilderstürmerei, die Ablehnung wertvoller und wichtiger Zeichen und Symbole, bis in die höchsten Positionen der Kirche tragischerweise Einlass gefunden hat.

Lassen wir uns von diesen Irrtümern, die bis auf Judas zurückgehen, nicht beeindrucken, sondern setzen wir uns für die ehrfürchtige, würdige, und prachtvolle Feier der göttlichen Liturgie ein, die eben mehr ist als nur ein weltliches Fest, das ggf. hinter wirtschaftlichen Erwägungen zurückzustehen hätte.

Es ist ein schlimmer Irrtum, Demut und Bescheidenheit gegen die würdige Feier der göttlichen Geheimnisse auszuspielen, so als ob die Braut Christi sich nicht mehr für ihren Bräutigam schmücken sollte, wenn die Gelegenheit dies nahelegt, damit sie prahlen kann, sie sei ja so demütig und solidarisch mit den Armen.

Papst Franz: Gebet und Gehorsam

Wer seit dem „Habemus Papam“ meinen Blog verfolgt hat, der weiß, dass ich mich scharf kritisch gegenüber Kardinal Bergoglio, dem jetzigen Papst Franz, geäußert habe.

Nach dieser teils scharfen Kritik möchte ich es jedoch nicht unterlassen, den Heiligen Vater genauso wie seinen Amtsvorgänger ins innige Gebet mit einzuschließen. Vor Papst Franz liegt eine schwere Aufgabe, nämlich die Führung der Kirche Gottes in einer schweren Kirchenkrise, und auch die Bewältigung dieser Krise. Bei dieser Aufgabe benötigt er dringend die Unterstützung des Gebets, auch und gerade solcher Katholiken, die seiner bisherigen kirchlichen Laufbahn sehr kritisch gegenüber stehen und ihn deswegen nicht gerade für die Idealbesetzung halten.

Selbst in guten Zeiten ist das Papstamt eine schwere Bürde für den Mann, der sie zu tragen bestellt wurde, und wir leben nicht in guten Zeiten. Bei aller schweren Kritik – die ich weiterhin für richtig und notwendig halte – bleibt er zudem das Oberhaupt aller Katholiken, dem sie Gehorsam schulden, wenn und insoweit er nichts verlangt, was dem überlieferten Glauben oder den guten Sitten widerspricht.

Hier also der klare Aufruf an alle Katholiken unabhängig von ihrer Zufriedenheit mit der Wahl des Konklaves: Betet für unseren Heiligen Vater Franz und folgt ihm in Treue und Gehorsam im Rahmen des wahren Glaubens und der Sittenlehre!

Papst Franz nach 24 Stunden

Nachdem ich auf der Basis meiner eigenen Kenntnisse und der gestern für mich verfügbaren Informationen hier einige Eindrücke zur Wahl Kardinal Bergoglios zu Papst Franz (oder Franziskus, wie er mancherorts genannt wird) veröffentlicht hatte, begannen sich die Informationen über die Person des neuen Papstes mehr und mehr zu häufen. Das Bild, das sich daraus ergibt, ist nicht ganz so negativ wie mein erster Eindruck. Es ist ziemlich klar, dass er ein progressistischer Theologe der typischen Konzilsschule ist, und dass seine Liturgien als Erzbischof nichts weniger als entsetzlich waren. Außerdem scheint er zur großen Freude der Protagonisten einer „Sozialen Gerechtigkeit“ (die oft leider meilenweit von der kirchlichen Soziallehre entfernt ist) auch diesem Flügel sehr nahe zu stehen.

Allerdings gibt es Quellen, die behaupten, er habe in seiner Zeit in Buenos Aires „energisch“ gegen Abtreibung und Homo-Ehe gekämpft. Ich möchte dies gern glauben. Doch was wird uns da als energisch verkauft? Bei Rorate Caeli habe ich einen, zugegebenermaßen klaren und unmissverständlichen, Brief des damaligen Erzbischofs gefunden, in dem er sich über die Einführung der „Homo-Ehe“ äußert. Natürlich gibt es schon noch einen Unterschied zwischen dem Schreiben eines Briefes und einem „energischen Einsatz“, doch wir wollen dem neuen Papst das Vertrauen schenken und ihm glauben, dass er wirklich gegen Abtreibung und für die natürliche Familie ist.

Was für ein Bild ergibt sich also von Papst Franz (oder Franziskus – was ist denn nun die offizielle deutsche Version?) – ist es positiv, negativ, oder gar entsetzlich? Die vorliegenden Informationen sind widersprüchlich. Einerseits gibt es Berichte aus seinem Erzbistum, er sei eine absolute Katastrophe gewesen – einen davon habe ich gestern hier zitiert. Andererseits zeichnen die etablierten katholischen Medien, auch die lehramtstreuen, ein differenzierteres Bild. Wie viel davon die übliche hysterisch-positive Übertreibung ist, zu der ein nicht geringer Teil der glaubenstreuen Medien manchmal neigt, wenn es um Päpste geht, weiß ich natürlich nicht. Auch hier will ich gern glauben, was über Franz gesagt wird.

Allerdings bleibt die einfache Tatsache übrig, dass sowohl gestern als auch 2005 Bergoglio eben nicht von den Traditionstreuen, sondern von ihren teils erbitterten Gegnern vorgeschlagen wurde, und dass seine unbestrittenen Handlungen als Erzbischof nicht gerade den Eindruck eines starken, kämpferischen Papstes hinterlassen, der den Weg der „Reform der Reform“ und der „Hermeneutik der Kontinuität“ weiterzugehen wünscht.

Es bleibt einfach die hohe Wahrscheinlichkeit übrig, dass wir es mit dem „Anti-Ratzinger“ zu tun haben, den einflussreiche „progressive“ (oder neomodernistische) Kreise sich gewünscht hatten.

Doch wie dem auch sei – und er wird Zeit und Gelegenheit haben, mich durch seine Handlungen zu überzeugen – gibt es letztlich wichtigere Dinge als über den Kurs des Papstes zu spekulieren.

Lebensziel des traditionellen Katholiken ist das Seelenheil – nicht die Papstkritik, nicht das Papstlob. Weder das Abfeiern des neuen Heiligen Vaters noch Zweifel an seiner Eignung haben den geringsten Einfluss auf dieses Ziel.

Wenn Papst Franz sich doch als guter Hirte erweist, dann ändert dies nichts daran, dass wir den in Schrift und Tradition überlieferten Glauben behalten und ein heiliggemäßes Leben in der Kirche führen müssen.

Wenn er ein schlechter Hirte sein sollte, dann ist es umso wichtiger, sich von diesem schlechten Beispiel nicht beeinflussen zu lassen, sondern weiter in unverbrüchlicher Treue dem wahren traditionellen Glauben und der Kirche anzuhängen.

Für uns ändert sich dabei nichts.

Zweite Reaktion

Nun, „habemus papam“. Soviel steht zumindest fest. Dem Amt des Papstes gebührt Respekt, vollkommen unabhängig von der Person, die es zufällig gerade besetzt, oder ihren politischen oder liturgischen Positionen.

Dennoch bleibt es bei einigen Einschätzungen, die in sehr emotionaler Art und Weise in meiner ersten Reaktion zum Ausdruck gekommen sind.

1. Papst Franz hat durch seinen ersten Auftritt gleich deutlich gezeigt, wohin die Reise gehen wird. Exsurge Domine hat dazu einige Worte verloren. Doch selbst ohne diesen Auftritt ist vollkommen klar, wessen Geistes Kind dieser Papst ist. Er ist nicht umsonst 2005 der Favorit der Anti-Ratzingerianer gewesen. Er war der Lieblingskandidat des sogenannten „progressiven“ Flügels, dem es vor einem Pontifikat, in dem womöglich der wahre Glaube und eine ehrfürchtige Liturgie wieder auf dem Programm stehen könnten, wahrlich graute. All jene, die heute die Anpassung der Kirche an den Zeitgeist bejubeln, können sich freuen: Sie haben jetzt einen Verbündeten im Vatikan, der buchstäblich alle Schranken zur Verwirklichung der kühnsten nicht-dogmatischen Träume der Abbruchunternehmer beiseite räumen kann, einfach kraft seiner Autorität.

2. Dieses Pontifikat wird die Abbruchhermeneutiker lehren, dass sie sich nicht von Rom zu lösen brauchen, weil Rom alles unternehmen wird, um sich von der Tradition zu lösen. Bergoglio, Papst Franz, ist 2005 wie 2013 der Liebling der Abbruchhermeneutiker gewesen – ganz sicher nicht, weil er so liebenswürdig ist, sondern weil er ihren Positionen vollumfänglich zustimmt.

3. Sicher, der frühere Erzbischof von Buenos Aires hat sich gegen die Einführung der Homo-Ehe und der Abtreibung in Argentinien ausgesprochen. Das tun ja die deutschen Pillenbischöfe auch immer wieder. Nur in beiden Fällen folgen selbstverständlich keine Taten, abgesehen von zeitgeistkonformer Anbiederung an die Mächtigen, die bei Papst Franz auch gegenüber der argentinischen Militärdiktatur vor einigen Jahrzehnten bereits hoch im Kurs gestanden hat.

4. Liturgisch ergibt bereits eine einfache Bildersuche im Internet, was wir von dem neuen Papst zu erwarten haben. Ob sich die liturgischen Tänzerinnen nach einer achtjährigen Auszeit jetzt schon wieder warmlaufen? Ehrfurcht und Anbetung ist von diesem Papst jedenfalls nicht zu erwarten.

5. Alle Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen der traditionellen Katholiken sind mit dem Ausgang des Konklaves restlos hinweggefegt. Wir haben es mit einem Papst zu tun, der sehr energisch die Umsetzung von Summorum Pontificum in seinem Erzbistum Buenos Aires unterbunden hat.

6. Selbstverständlich wird dieser Papst niemals eine überlieferte Messe zelebrieren, und er wird auch nicht einen einzigen Finger rühren, um die überlieferte Messe zu verteidigen. Im Gegenteil. Ich erwarte in etwa einem halben Jahr eine gründliche Überarbeitung und Modernisierung der sogenannten „außerordentlichen Form“. Selbstverständlich wird er Summorum Pontificum nicht abschaffen – aber er wird es unterlaufen, wo und wie er kann.

7. Es darf spekuliert werden, wann Gesinnungsgenosse Hans Küng in Kardinalswürden erhoben werden wird.

8. Die erneute Exkommunikation der Piusbruderschaft dürfte auch anstehen – welch ein Glück, dass die FSSPX standhaft geblieben ist. Hätte sie damals der Einigung unter den damaligen Vorzeichen zugestimmt, wäre es nur wenige Monate später unter einem radikal feindseligen Papst direkt wieder zum Bruch gekommen. Die „harte“ Haltung der Bruderschaft hat sich damit vollumfänglich bestätigt. Ein Progressist auf dem Stuhl Petri wird das Konzil als Superdogma ansehen.

9. Alles, was in den letzten Jahren langsam, zaudernd, zart ins Rollen gekommen war, ist mit dieser Entscheidung hinfällig. Kommando zurück, heißt es – Paul VI. ohne Humanae Vitae sozusagen.

10. Ich prophezeihe, dass der neue liberal-progressive Papst sehr schnell die Gunst der Medien verlieren wird, sobald er ihnen nicht mehr radikal genug ist.

11. Die Progressisten haben einen großen Coup geschafft. Endlich haben sie einen der Ihren durchgesetzt. Dass es kaum mehr als 24 Stunden gedauert hat, für ihn eine Zweidrittelmehrheit zusammenzubringen, beweist, dass die Progressisten von Anfang an eine riesige Mehrheit unter den Kardinälen hatten. Dies sagt einiges über die Kardinalsernennungen des Papstes Benedikt, denn 2005 gab es eine solche Mehrheit nicht einmal im Ansatz – im Gegenteil, Kardinal Ratzinger, ein Liebling des eher konservativen Flügels, wurde ebenso schnell und problemlos gewählt. Die neuen Kardinäle müssen beinahe einstimmig für den progressistischen Papst gestimmt haben.

12. Dies ist der schwärzeste Tag für die Kirche seit dem Tag, an dem die von revolutionärem Geist infizierte qualifizierte Mehrheit der Konzilsväter 1962 die vorbereiteten Schemata zerrissen hat, um mit der Kirche ganz neu anzufangen.

13. Es steht zu hoffen, dass ich mich vollkommen irre, und Papst Franz eine totale Kehrtwende vollziehen wird und in Zukunft als Verteidiger der Wahren Religion und ihrer Tradition auftreten wird, statt (wie bisher) als einer ihrer prononcierteren progressistischen Gegenspieler.

14. Auf einigen Blogs habe ich gelesen, sie seien von der Papstwahl überrascht gewesen. Ich war es nicht. Dass es – bei der Zusammensetzung des Konklaves – eigentlich nur ein gemäßigter oder ein radikaler Modernist sein konnte, war schon vorher klar. Und bei einem kurzen Konklave mussten die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Modernisten sehr, sehr klar gewesen sein. Wer wäre als modernistischer Wunschkandidat in Frage gekommen? Scherer hatte sich durch seinen Wahlkampf diskreditiert, Schönborn wäre zu offen als Hätschler der Häresie dahergekommen, einen weiteren deutschen Papst konnte man nicht durchsetzen. Wer bot sich also an? Kardinal Bergoglio, der schon 2005 die Rolle des Widersachers der glaubenstreuen Fraktion übernommen hatte, der bezeichnenderweise in Deutschland Theologie studiert hat etc. etc. Als der weiße Rauch aufstieg, dachte ich sofort: Scherer? Schönborn? Vielleicht, aber eher unwahrscheinlich. Wer könnte sonst noch von diesem Flügel gewählt werden? Und einer der wenigen Namen, die mit dort einfielen, war „Bergoglio“.

15. Diese Wahl ist also keine Überraschung, sondern die erwartete Katastrophe. Wie gesagt, vielleicht irre ich mich ja. Gott ist sicher in der Lage, auch einen Progressisten wie Papst Franz zur Tradition zu führen, wenn und sofern dieser dazu bereit ist, auf Gott zu hören.

Heiliger Papst Pius X., bitte für uns!

Konklave: Hoffnung statt Optimismus

In diesen Tagen wählen die Kardinäle einen neuen Papst. Diese Tatsache dürfte wohl keinem Leser dieses Blogs bislang verborgen geblieben sein. Mir begegnen dazu manchmal zwei falsche Haltungen unter kirchentreuen Katholiken, die beide fatale Irrtümer enthalten, weil sie, wie mir scheint, die Tugend der Hoffnung falsch verstehen. Diese beiden Haltungen möchte ich Optimismus und Pessimismus nennen.

Die Optimisten sehen jedes Gerücht, es könne vielleicht ein traditionell katholischer Kardinal ins Papstamt erhoben werden, als Anlass, zu glauben, jetzt gehe es langsam wieder bergauf. Sie zitieren mit Vorliebe die Tatsache herbei, dass die meisten der stimmberechtigten Kardinäle während des Pontifikats Benedikts XVI. kreiert wurden, und leiten daraus die Schlussfolgerung ab, es sei jetzt ohnehin wahrscheinlich, dass jemand Papst würde, der die benediktinische oder „ratzingerianische“ Linie einer „Reform der Reform“ oder einer „Hermeneutik der Kontinuität“ weiterverfolgen werde. Diesen Optimisten möchte ich entgegenhalten, dass ihr Optimismus nicht in der Realität begründet liegt. Sieht man sich die relevante Kardinalsliste an, so erkennt man schnell, dass eine Zweidrittelmehrheit für einen auch nur entfernt traditionellen Papst, wenn nicht unmöglich, so doch sehr unwahrscheinlich ist, zumal die Qualität der Kardinalsernennungen des letzten Pontifikats doch äußerst gemischt war, um dies einmal vorsichtig auszudrücken. Radikalmodernistische Anhänger der bruchhermeneutischen Schule von Bologna (Tagle) wechseln sich dort mit traditionellen Katholiken (z.B. Burke) ab – und fast alle Schattierungen dazwischen sind vertreten. Rein weltlich betrachtet finden wir im Konklave eine Handvoll traditionell katholischer Vertreter (Burke, Ranjith etc.), maximal 10% der Teilnehmer, eine starke modernistische Präsenz (Scherer, Schönborn, die deutschen Pillenkardinäle etc.), die ich auf 30-50% schätzen würde, und dazwischen die „konservativen“ Anhänger einer Hermeneutik der Kontinuität, die gern die Linie Benedikts fortsetzen würden (z.B. Scola, Ouellet).

Natürlich gibt es noch regionale Präferenzen, die alte Spaltung zwischen der Kurie und ihren Gegnern, sowie zwischen Italienern, anderen Europäern und den außereuropäischen Kardinalen und einige andere Faktoren mehr, die alle großen Einfluss auf die Stimmgewichte im Konklave haben könnten. Doch die entscheidende Frage ist, ob der nächste Papst zum (post-)konziliaren Neomodernismus zurückkehren oder die zarten Ansätze des gerade vergangenen Pontifikats aufnehmen und verstärken wird. Daran wird das nächste Pontifikat, ob der Papst es will oder nicht, gemessen werden. Und realistisch betrachtet wird es (weltlich gesprochen) mindestens eine Sperrminorität der Kardinäle auf der Linie Schönborns und Scherers geben, so dass eine Papstwahl ohne mindestens die Duldung einiger Neomodernisten absolut ausgeschlossen erscheint.

Ein antimodernistischer Papst ist von diesem Konklave nicht zu erwarten, und wahrscheinlich auch kein lupenreiner Ratzingerianer oder „Kontinuitätshermeneutiker“. Weltlich betrachtet muss sogar mit der absoluten Katastrophe gerechnet werden, dass diejenigen, die „mit dem sechsten Gebot Schwierigkeiten haben“, zusammen mit den ideologischen (Neo-)Modernisten die erforderlichen 77 Stimmen auf sich vereinigen und ihren Wunschkandidaten auf den Stuhl Petri heben können.

Die Haltung der Optimisten ist also vollkommen blind gegenüber der wirklichen Kräfteverteilung in der modernen katholischen Kirche.

Andererseits hört man im traditionellen Spektrum immer wieder, dass aus dieser Einschätzung nun folge, dass der nächste Papst eben eine Katastrophe sein werde, und daraus werden manchmal gar seltsame Schlussfolgerungen abgeleitet. Einige meinen, man müsse im Falle der Wahl eines radikalen Modernisten den Sedisvakantismus in Betracht ziehen. Andere gehen nicht ganz so weit, doch verbreiten einen Pessimismus, der fast an Verzweiflung grenzt. Auch diese Position ist nicht zu halten, weil sie die andere Seite der Medaille übersieht: Das Konklave ist nicht nur eine menschliche Veranstaltung, sondern auch und gerade eine Veranstaltung, bei der der Heilige Geist eine wichtige Rolle spielt. Natürlich können die Kardinäle ihn einfach ignorieren, doch es kann eben auch sein, dass sie auf ihn hören, und das Ergebnis kann dann ziemlich spektakulär und positiv ausfallen. Sollten sich die Kardinäle wirklich ganz der Leitung des Heiligen Geistes anvertrauen, dann wird das Ergebnis die kühnsten Erwartungen der Optimisten noch übertreffen.

Pius XIII. könnte in diesem Falle in Kürze im Anschluss an seine Inthronisation die traditionelle Messe im Petersdom zelebrieren und einen Syllabus über die Irrtümer der Konzilsinterpretation veröffentlichen, nachdem er die Piusbruderschaft per Dekret anerkannt und mit einer guten kirchenrechtlichen Struktur ausgestattet hat.

Das Problem der Optimisten ist, dass ihr Optimismus eben keine christliche Hoffnung, sondern blindes Vertrauen auf die Weisheit der Menschen im Kardinalskollegium ist.

Das Problem der Pessimisten besteht darin, dass ihr Pessimismus die christliche Hoffnung außer acht lässt und daher nur die Verderbtheit der Sünder und den Modernismus vieler Kardinäle sieht.

Zwischen diesen beiden falschen Extremen liegt die gesunde, rationale Einschätzung, dass, menschlich gesprochen, dieses Konklave so ziemlich zu allem fähig ist, einschließlich der Wahl Margot Käßmanns, und gleichzeitig ein Konklave nicht bloß weltliches Wahlgeschehen ist, sondern in besonderer Weise göttliche Unterstützung genießt, so dass die Kardinäle durchaus über sich hinauswachsen können, wenn sie sich dieser Führung anvertrauen.

In diesem Sinne sollten wir mit der Katastrophe rechnen und trotzdem auf den Heiligen Geist, nicht auf weltliche Gerüchte über Allianzen und Mehrheiten, vertrauen.

Zudem sollten wir nicht aufhören, für einen starken Papst zu beten.

Herr, wir flehen Dich an: Schenke Deiner Kirche nicht den Papst, den sie verdient, sondern den Papst, den sie braucht.

Tradi-Ökumene

Seit Monaten, wenn nicht gar Jahren, kündigt sich dieses Ereignis schon an. Jetzt ist es geschehen – Bischof Williamson ist aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen worden, wie man in diesem Kommuniqué des Generalhauses der Bruderschaft nachlesen kann. Ein notorischer Quertreiber, der große Schwierigkeiten mit dem Gehorsam hat, der direkte Anordnungen seines legitimen Oberen nicht befolgt, selbst wenn diese überhaupt nicht im Widerspruch zu Glaube oder Sittenlehre stehen, ist ein großes Problem für jede kirchliche Vereinigung.

Für eine Gruppe wie die Piusbruderschaft, die unter Bischof Fellay den ernsthaften Versuch unternimmt, Widerstand bis zum Ungehorsam gegen die als grenzwertig modernistisch empfundenen Neuerungen des Konzils zu leisten, ohne dadurch einen Bruch mit Rom zu vollziehen, ist so jemand umso schlimmer. In diesem Sinne ist es gut, dass Williamson nun ausgeschlossen worden ist.

Was jetzt passieren wird, ist noch unklar. Williamson und einige (wenige) andere Fellay-Gegner werden vielleicht eine eigene Gruppe eröffnen, vielleicht auch als unabhängige Traditionalisten durch die Welt geistern, und den Abfall der Piusbruderschaft von der Tradition verkünden. Vermutlich wird die Piusbruderschaft sich in Zukunft stärker gegen „williamsonistische“ Strömungen abgrenzen. Ebenso haben sich andere traditionell-katholische Gruppen wie die Petrusbrüder lange von der Piusbruderschaft abgegrenzt, weil diesen – anders als jenen – die kirchenrechtliche Legitimation fehlt.

Trotz wachsender Priesterzahlen und steigender Tendenz bei den Messorten und Messzentren sind die verschiedenen traditionellen bis traditionalistischen Gruppierungen ineffektiv und zum langsamen Tod verurteilt, wenn sie sich immer weiter zersplittern. Wenn wirklich eine Aussicht bestehen soll, der Tradition in Messe, Spiritualität, Theologie usw. wahres Heimatrecht in der Kirche zu verschaffen, auch in der alltäglichen Gemeindepraxis, dann wird das nur funktionieren, wenn die Anhänger der katholischen Tradition entschlossen und einheitlich dafür kämpfen, oder doch zumindest „getrennt marschieren und vereint schlagen“.

Sicher gibt es entscheidende Differenzen zwischen WIlliamson, Fellay, der Petrusbruderschaft und Traditionstreuen, die anderen Gruppierungen angehören, oder innerhalb der diözesanen Strukturen ihren allzu oft vergessenen und einsamen Kampf gegen Banalisierung und Beliebigkeit führen. Williamsons absurde historische Theorie über den Holocaust, die kirchenrechtliche Stellung der FSSPX, die Tatsache, dass einige Petrusbrüder bereit sind, unter bestimmten Umständen den Novus Ordo zu zelebrieren, und die Tatsache, dass die in diözesanen Strukturen tätigen Traditionstreuen dies fast immer tun müssen – all diese Differenzen und viele mehr sollten wir nicht vergessen.

Doch haben wir nicht alle den gleichen Glauben? Gehören wir nicht alle zur gleichen Kirche (weder Williamson noch die FSSPX sind exkommuniziert)? Wäre es nicht besser, wenn alle traditionstreuen Kräfte koordiniert für ihre gemeinsamen Ziele streiten würden, statt ihre Kräfte darauf zu verschleudern, sich praktisch gegenseitig zu exkommunizieren? Die modernistische Strategie ist divide et impera – teile und herrsche. Bisher haben sie Erfolg, weil die Traditionalisten sich teilen, spalten lassen.

Traditionelle Katholiken legen zurecht großen Wert auf die Reinheit der kirchlichen Lehre und Überlieferung, und verweigern Kompromisse, um diese Reinheit nicht zu kompromittieren. Aber in welchen Glaubenssätzen, in welcher Theologie des Messopfers, um nur ein Beispiel zu nennen, unterscheiden sich die Pius- und Petrusbrüder? Ja, ich weiß, die Piusbrüder haben eine irreguläre kirchenrechtliche Stellung, und das ist ein Problem. Doch es ist kein unübersteigbares Problem. Niemand verlangt von den Petrusbrüdern, dass sie den Messbesuch in Pius-Kapellen empfehlen (und umgekehrt). Niemand verlangt von Williamson, dass er sich mit Fellay versöhnt und seine Differenzen inhaltlicher Natur vergisst. Niemand verlangt von den Piusbrüdern, dass sie so tun sollen, als hätte Bischof Williamson sich nicht absolut unerträglich verhalten, und die legitime Autorität des Generaloberen mit Füßen getreten.

Ich fürchte, dass diese Differenzen, diese internen Grabenkämpfe innerhalb der traditionellen katholischen Gemeinschaften, die volle Wiederverankerung der Tradition in lehramtlicher Theologie und pastoraler Praxis, im alltäglichen Leben der Gemeinden, verhindern werden. Ich fürchte, dass in Zukunft jede Äußerung von Williamson aus der FSSPX ebenso negativ kommentiert werden wird, wie es seit langem zwischen Pius- und Petrusbrüdern geschieht. Die einen sind Schismatiker und die anderen haben die Tradition an die Modernisten verkauft. Was für ein Unsinn! Sie alle sind Anhänger der einen, unteilbaren katholischen Tradition, und was sie auch trennen mag, es eint sie ein und derselbe Glaube, die Anhänglichkeit an denselben Papst, und die Feier derselben Sakramente.

Alle, die in Glaube, Papsttum und Sakramenten untereinander geeint sind, und für die Restituition der Tradition in der Kirche eintreten, sollten den Wert etwas ganz pragmatischer, ganz undogmatischer Ökumene lernen. Das mag für traditionalistische Ohren provokativ klingen und ist es vermutlich auch. Doch es geht nicht um dogmatische Kompromisse, sondern um pragmatische Zusammenarbeit.

Mit Zähnen und Klauen verteidigen die verschiedenen Gruppen die katholische Tradition und arbeiten unermüdlich an ihrer Wiederherstellung, wo immer sie beschädigt worden ist. Doch was wäre, wenn sie es schafften, zusammenzuarbeiten? Was wäre, wenn sie nicht mehr ihre Energien darauf verschwendeten, jedem haarklein darzulegen, warum der Traditionalist von Nebenan kein WAHRER Traditionalist ist – sondern ein Schismatiker, oder ein verborgener Modernist?

Vielleicht könnte die Verankerung der Tradition schon viel weiter sein, wenn wir das Feuer unserer Argumente und unserer Tatkraft allein auf die echten Feinde der Tradition – die Neoreformatoren und Modernisten – richten würden.

Wenn die Traditionalisten Erfolg haben wollen, dann müssen sie aufgrund unterschiedlicher Schwerpunkte und Überzeugungen in vielen Einzelfragen vermutlich getrennt marschieren, aber sie müssen auch (aufgrund fundamentaler Einigkeit im Glauben und in den Sakramenten) vereint schlagen. Und das bedeutet: Sie müssen etwas Tradi-Ökumene betreiben. Vielleicht einige inter-traditionalistische Gebetstreffen abhalten, wenn auch sicher nicht in Assisi…

Wahrscheinlich wird die FSSPX jetzt keine Gelegenheit versäumen, um sich von Williamsons Getreuen abzugrenzen – und umgekehrt – so wie es seit Jahren zwischen FSSPX und FSSP geht. Ich habe keine große Hoffnung, dass es diesmal anders laufen wird als sonst.

Während wir uns in internen Scheingefechten zerfleischen, brennt die Kirche, unsere Mutter. Wer würde nicht der Mutter helfen, wenn sie brennt, weil er sich lieber mit seinem Bruder über Details streitet? Nein, alle Brüder, die sich der Tradition verbunden fühlen, müssen mit Wassereimern herbeilaufen, um den Brand zu löschen, auch wenn es unterschiedliche Wassereimer sind. Jeder muss dazutun, was er eben geben kann, auch wenn sein Beitrag den anderen nicht gefällt. Wichtig ist nur, dass wir dabei helfen, den Brand zu löschen.

Der Götzendienst der Wissenschaft (Teil 7 von 7)

7. Luzifer und das Paradies auf Erden

Es ist ein bleibendes Kennzeichen aller modernen politischen Ideologien, dass sie immer nach dem letztlich „wissenschaftlich“ zu planenden utopischen, perfekten Gemeinwesen Ausschau halten. Sie streben nach dem Paradies auf Erden. Was heißt es, nach dem Paradies auf Erden zu streben? Es bedeutet, sich entschlossen von jenem anderen Paradies loszusagen. Das Paradies, oder der Himmel, soll hier und jetzt verwirklicht werden, nicht erst im nächsten Leben, sondern in diesem Leben, mit den Mitteln der modernen Wissenschaft und der Technik. Das ist das oberste und wichtigste Ziel, das um jeden Preis erreicht werden soll. An die Stelle kindlichen Vertrauens auf Gott und seine Vorsehung tritt (bei der breiten Masse) der kindliche Glaube an den Wissenschaftler und seine Technokratie, und (beim „Wissenschaftler“) die Hybris, die den Menschen dazu verführt, sich für Gott zu halten.

Denn darum geht es in letzter Konsequenz: Der Mensch möchte das Paradies, den Himmel, die Erlösung, die ewige Seligkeit, die der Herr ihm anbietet, nicht annehmen. Er will etwas Eigenes schaffen; er will unabhängig, selbständig, frei von Gott, frei von der Ordnung seiner Schöpfung, frei von moralischen Beschränkungen sein. Er will tun was er will. Er will hier auf Erden auf ewig in Frieden leben und glaubt, das würde ihn glücklich machen. Kurzum: Er verweigert Gott die Gefolgschaft, den Gehorsam. Er rebelliert.

Damit schließt er sich faktisch dem ultimativen Rebellen an, der bereits vor langer Zeit gegen Gott und seine Schöpfungsordnung rebelliert hat, weil er den Gehorsam, den er Gott schuldig war, nicht leisten wollte. Er wollte doch nur frei, autonom, selbstbestimmt sein und sich nichts vorschreiben lassen. Er wollte sich emanzipieren. Der Name dieses Engels, der alle diese Ideale der Moderne verkörpert, ist Luzifer.

Saul Alinsky hat sein bekanntestes Buch, Rules for Radicals, genau diesem Luzifer aus genau diesem Grund gewidmet. Alinsky, dessen Ideen prägend für den „Community Organizer“ und heutigen US-Präsidenten Barack Obama waren, schrieb dort:

Lest we forget at least an over-the-shoulder acknowledgment to the very first radical: from all our legends, mythology, and history (and who is to know where mythology leaves off and history begins — or which is which), the first radical known to man who rebelled against the establishment and did it so effectively that he at least won his own kingdom — Lucifer“ („Bevor wir es vergessen zumindest eine beiläufige Anerkennung des allerersten Radikalen: Aus allen unseren Legenden, Mythen und der Geschichte (und wer weiß, wo Mythologie endet und Geschichte beginnt, oder was was ist), ist der erste dem Menschen bekannte Radikale, der gegen das Establishment rebelliert hat, und so effektiv war, dass er zumindest sein eigenes Königreich bekommen hat – Luzifer“)

Luzifer steht, wie keine zweite Gestalt der christlichen Geschichte authentisch für Emanzipation, Befreiung, Rebellion, Autonomie und Selbstbestimmung gegenüber den von Gott gesetzten Schöpfungsordnungen und gegenüber Gott selbst. Er ist damit der „Schutz-Unheilige“ der Moderne und ihrer technokratischen Planer ebenso wie der ihnen nur scheinbar entgegengesetzten selbsternannten linken Rebellen, die bloß eine andere Utopie wollen.

Da der Mensch keine natürliche Allmacht besitzt, muss er, der sich gegen Gott erhoben hat, künstliche Mittel verwenden, um seine paradiesische Utopie hier auf dieser Erde errichten zu können. Sein Hilfsmittel ist die wissenschaftlich fundierte Technik. (Bacon, einer der geistigen Gründerväter der Moderne, vertrat die Ansicht, dass der Zweck der Wissenschaft einfach Macht über die Natur sei. Der Spruch „Wissen ist Macht“ stammt aus dieser Denktradition, auch wenn er sich, soweit ich weiß, nicht wörtlich bei Bacon findet.) In diesem Sinne spielt auch die Naturwissenschaft bei dem Werk der Rebellion gegen Gott eine wichtige Rolle, nämlich als Werkzeug bei der Errichtung des Paradieses auf Erden. Sie liefert das Wissen, das Macht ist.

Mit Naturwissenschaft und Technik als Mittel geht die globale Elite mit der utopischen Agenda diverser nur scheinbar entgegengesetzter Ideologien als Zielvorstellung an die Errichtung eines irdischen Paradieses, dessen Werte sich zeitbedingt in gewissem Maße ändern können, dessen fundamentale Opposition zur Schöpfungsordnung und zum Schöpfer aber immer gleichermaßen prägend bleibt. Das Mittel der scheinbar „wissenschaftlichen“ Studien und Erkenntnisse wird dabei zur Überzeugung oder Beruhigung der breiten Mehrheit, deren mindestens widerwillige Duldung derzeit erforderlich ist, solange Demokratie noch formal existiert, verwendet.

Und die globale Elite hat Erfolg. Ich glaube nicht, dass es eine große Konspiration gibt. Das ist auch gar nicht notwendig. Die gemeinsame Ablehnung des Schöpfers und seiner Schöpfungsordnung, sowie die daraus resultierende Anhänglichkeit an denselben ersten Rebellen, von dem Alinsky sprach, garantieren, dass die Aktivitäten der Elite letztlich zusammenpassen werden, um das gewünschte Paradies auf Erden herbeizuführen. (Es wird freilich kein Paradies sein, sondern eine Hölle.) Der Erste Rebell, das erklärte oder unerklärte Vorbild der Moderne, Luzifer, versteht sich auf die Durchführung komplexer Pläne so gut wie keine zweite geschaffene Intelligenz. Es wird dafür Sorge getragen, dass allein die rationale Verfolgung ihrer ökonomischen Interessen und ein vager gesellschaftlicher Konformitätsdruck innerhalb der globalen Elite in fast allen Individuen, die der Elite angehören, dort die notwendigen Haltungen und Handlungen herbeiführen wird.

So hat der Götzendienst der „Wissenschaft“ letztlich auch wieder seine Rolle in einem größeren Ganzen, nämlich der Umsetzung des Wunschtraums der Moderne, der schon der Wunschtraum Luzifers und der Grund für den Sündenfall des Menschen war: Die Schaffung eines Paradieses, in dem der Mensch wie Gott ist, in dem er der Schöpfer ist, autonom, selbstbestimmt, absolut frei, und niemandem mehr zum Gehorsam verpflichtet.

Der Götzendienst der Wissenschaft (Teil 6 von 7)

6. „Wissenschaftler“ als Priester des modernen Götzenkultes

Die Sozialisten wollten die Gesellschaft rational planen, zentral und ganz wissenschaftlich, um das zu erreichen, was sie unter Gerechtigkeit verstanden. Auch heute gibt es diese Bestrebungen in abgewandelter Form. Durch globale Maßnahmen und eine globale Autorität mit echter politischer Macht sollen Armut und Elend, Krankheit und Hunger, Klimawandel und Katastrophen bekämpft werden. Es ist erschreckend, dass selbst weite Teile der Kirche auf diesen tausendmal versprochenen utopistischen Irrsinn hereinfallen, und selbst die Schaffung solcher Autoritäten fordern, statt sich auf das wahre Gebot christlicher Nächstenliebe zu besinnen, wie es in der traditionellen Soziallehre der Kirche zum Ausdruck kommt.

Die oben beschriebene „Wissenschaft“ nimmt bei allen zentralen Planungsversuchen immer eine entscheidende Stellung ein. Die Wissenschaftler, die technokratischen Experten, sind zugleich Avantgarde und künftige Machtelite – nur sie haben das Wissen, die diffizilen Steuerungsmechanismen in Gang zu setzen, die für den optimierten Ausgang des Weltgeschehens erforderlich sind. Wer sich ihnen entgegenstellt, ist von Gestern, irrational und steht dem Fortschritt der Wissenschaft im Wege.

Die Aufgabe der breiten Masse besteht nur darin, bedächtig oder begeistert zu nicken, um nicht rückständig oder unmodern zu wirken, während die „Wissenschaftler“ und ihre Technokraten daran gehen, die Utopie zu verwirklichen, deren Verwirklichung sie gerade anstreben. Die Masse ist nur für den Götzendienst an dieser „Wissenschaft“ da, und als Stimmvieh, solange die Technokratie noch pro forma der Legitimation durch die Überreste der Demokratie bedarf. Ansonsten ist ihre participatio actuosa an dem neuen Götzenkult nicht sonderlich gefragt. (Man sollte sich keine Illusionen über die Bedeutung „freier Wahlen“ machen. Jede Diktatur kann zehn Oppositionsparteien zulassen, solange die Opposition in allen wesentlichen Fragen dasselbe vertritt wie die Regierung. Das ist das „Blockflötenprinzip“, das die DDR ziemlich infantil umgesetzt hat, das aber seitdem im Westen hervorragend perfektioniert worden ist, ohne etwas am Prinzip zu ändern. Welcher Flügel der wissenschaftlichen Technokratie gerade regiert, hat vielleicht einen minimalen Einfluss auf den Inhalt der angestrebten Utopie, doch das ist auch alles. Vielleicht können wir mitentscheiden, ob die durchgeplante, optimierte Welt mehr im Dienst des Ökologismus oder des Sozialismus stehen soll – aber gegen die durchgeplante, optimierte Welt können wir an der Wahlurne nicht sein, weil es keine Parteien gibt, die dieser Opposition Ausdruck verleihen könnten. Und sobald solche Parteien entstehen, ist das inhaltsleere Gerede von „Freiheit“ und „Pluralismus“ und „Toleranz“ auch ganz schnell vergessen.)