Dritte Reaktion: Eine Richtungswahl

Eine Nacht ist vergangen und ich habe über das ernüchternde Ergebnis des Konklaves einmal geschlafen. Die erste Enttäuschung ob der Wahl eines liturgischen Anti-Traditionalisten vom theologisch progressiven bis modernistischen Flügel ist noch längst nicht abgeklungen. Doch das ändert alles nichts. Er ist nun einmal gewählt worden, und wenn er nun der Papst ist, dann ist er auch mein Papst, und ich will versuchen, ihm in den kommenden Tagen und Wochen ihm die Chance zu geben, sich als ein guter Hirte zu bewähren, was ihm objektiv betrachtet in Buenos Aires nicht gelungen war.

Doch die Frage muss erlaubt sein: Was bitte ist in dieses Konklave gefahren? Wir hatten ja durchaus einige Kardinäle, die die Richtung des vergangenen Pontifikats gern fortgesetzt hätten – Scola, Ouellet etc. Das Konklave war das, was man in manchen weltlichen Kontexten eine Richtungswahl nennen könnte. Nach dem Papstrücktritt, der einen klaren Bruch mit einer langen Tradition darstellte, stand nun die Frage an, wie die Kardinäle mit diesem Rücktritt umgehen sollten. Sollten sie einen Papst wählen, der grob die theologische und liturgische Reform Benedikts fortsetzen würde? Die Antwort auf diese Frage konnte nur „ja“ oder „nein“ lauten. Hätte man im Konklave auch nur 38 Stimmberechtigte gefunden, die an dem Reformkurs Benedikts hätten festhalten wollen, so wäre die Wahl des großen Gegenspielers von Benedikt aus dem Konklave 2005 sicher niemals geschehen.

Der Ausgang des Konklaves, der Richtungswahl, zeigt klar: Eine solide Zweidrittelmehrheit der Kardinäle wollte den Bruch mit dem Kurs Benedikts, den Bruch mit der langsamen  Rückkehr zu liturgischer Angemessenheit und theologischer Orthodoxie, den Bruch mit der „Hermeneutik der Kontinuität“ und mit allen anderen Aspekten des vergangenen Pontifikats. Die Kardinäle, die mehrheitlich von Benedikt ernannt worden sind, haben damit einen energischen Richtungswechsel der Kirche herbeizuführen versucht. Gegen Bergoglios Liturgien nehmen sich die von deutschen Bischöfen zelebrierten Messen geradezu ehrfürchtig, andächtig und ultra-traditionell aus. Verglichen mit Bergoglios hochmütigem Vorsichhertragen angeblicher Demut nimmt sich selbst der ständige Versuch der deutschen Bischöfe, volksnah zu sein, noch triumphalistisch und pompös aus.

Welche Botschaft geht also von diesem Richtungs-Konklave aus? Die versammelten Kirchenfürsten haben ein glasklares Votum gegen den Kurs Benedikts ausgesprochen. Es handelt sich angesichts der Kandidatenauswahl auch keinesfalls um eine nur partielle Abkehr von den Zielen des letzten Pontifikats, sondern um eine fast vollständige Kehrtwende.

Von der natürlich immer bestehenden Möglichkeit einer Herzensbekehrung des neuen Bischofs von Rom abgesehen, heißt das für den traditionellen Katholiken, dass die langsame Rückkehr zur gesunden Lehre, die sich nach dem Konzil über die Reihe Paul VI –> Johannes Paul II. –> Benedikt XVI. anzudeuten schien, nun gründlich vorüber ist. Radikaler Ökumenismus, Anpassung an das wirtschaftspolitische Programm sozialistischer Parteien, weitgehendes Schweigen zum Massenmord an den Ungeborenen, Herabwürdigung des Heiligen Messopfers zur Tanz- und Hüpfparty für geistige Kinder aller Altersschichten, Unterdrückung der Anhänger der überlieferten Messe, Anbiederung an die Moderne etc. etc., das ist das Programm des Erzbischofs von Buenos Aires gewesen, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dies werde nicht auch sein Programm als Bischof von Rom bleiben.

Mindestens 78 Kardinäle haben gestern für den Lieblingskandidaten der Bruchhermeneutiker gestimmt. Es ist richtig, dass nun in einigen katholischen Medien die hysterisch-positive Berichterstattung über Papst Franz losgehen wird. Dieselben Leute, die die Reform der Reform unter Benedikt verteidigt haben, werden jetzt ihre Liebe zum liturgischen Tanz und zur Gitarre als vornehmlicher Form liturgischer Musik wiederentdecken, weil der Papst das gern so hat. Dass für manche ein Papst niemals etwas falsch machen kann, selbst wenn er gar nicht ex cathedra spricht, ist leider eine Tatsache.

Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass eine überwältigende Mehrheit des Konklaves jeglicher Reform des Benedikt-Pontifikats eine entschiedene Absage erteilt hat.

Doch selbst das überwältigende Votum für einen Bruch mit der Traditionskontinuität Benedikts ändert nicht einmal einen winzigen Hauch an der Tatsache, dass die Heilige Kirche uns in Tradition und Schrift den Wahren Glauben zugänglich gemacht hat und weiterhin zugänglich macht, egal ob der aktuelle Papst dies gern hört oder nicht.

Ich kann nur der Piusbruderschaft erneut danken, dass sie nicht den Fehler gemacht hat, vom giftigen Baum des Konzils zu essen, um von Rom wieder anerkannt zu werden.

Heiliger Papst Pius X., bitte für uns.

Novene für die Papstwahl

Die Piusbruderschaft hat, wie ich gerade gesehen habe, ab dem heutigen 1. März zu einer Gebetsnovene für die Papstwahl aufgerufen. Wie auch immer man sonst zu den Piusbrüdern stehen mag, ist dies doch eine ganz wunderbare Idee. Ich möchte meine Leser aufrufen, sich der Novene anzuschließen.

Herr, schenke uns einen starken Papst, auch wenn unser schwacher Glaube das nicht verdient!

Tradi-Ökumene

Seit Monaten, wenn nicht gar Jahren, kündigt sich dieses Ereignis schon an. Jetzt ist es geschehen – Bischof Williamson ist aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen worden, wie man in diesem Kommuniqué des Generalhauses der Bruderschaft nachlesen kann. Ein notorischer Quertreiber, der große Schwierigkeiten mit dem Gehorsam hat, der direkte Anordnungen seines legitimen Oberen nicht befolgt, selbst wenn diese überhaupt nicht im Widerspruch zu Glaube oder Sittenlehre stehen, ist ein großes Problem für jede kirchliche Vereinigung.

Für eine Gruppe wie die Piusbruderschaft, die unter Bischof Fellay den ernsthaften Versuch unternimmt, Widerstand bis zum Ungehorsam gegen die als grenzwertig modernistisch empfundenen Neuerungen des Konzils zu leisten, ohne dadurch einen Bruch mit Rom zu vollziehen, ist so jemand umso schlimmer. In diesem Sinne ist es gut, dass Williamson nun ausgeschlossen worden ist.

Was jetzt passieren wird, ist noch unklar. Williamson und einige (wenige) andere Fellay-Gegner werden vielleicht eine eigene Gruppe eröffnen, vielleicht auch als unabhängige Traditionalisten durch die Welt geistern, und den Abfall der Piusbruderschaft von der Tradition verkünden. Vermutlich wird die Piusbruderschaft sich in Zukunft stärker gegen „williamsonistische“ Strömungen abgrenzen. Ebenso haben sich andere traditionell-katholische Gruppen wie die Petrusbrüder lange von der Piusbruderschaft abgegrenzt, weil diesen – anders als jenen – die kirchenrechtliche Legitimation fehlt.

Trotz wachsender Priesterzahlen und steigender Tendenz bei den Messorten und Messzentren sind die verschiedenen traditionellen bis traditionalistischen Gruppierungen ineffektiv und zum langsamen Tod verurteilt, wenn sie sich immer weiter zersplittern. Wenn wirklich eine Aussicht bestehen soll, der Tradition in Messe, Spiritualität, Theologie usw. wahres Heimatrecht in der Kirche zu verschaffen, auch in der alltäglichen Gemeindepraxis, dann wird das nur funktionieren, wenn die Anhänger der katholischen Tradition entschlossen und einheitlich dafür kämpfen, oder doch zumindest „getrennt marschieren und vereint schlagen“.

Sicher gibt es entscheidende Differenzen zwischen WIlliamson, Fellay, der Petrusbruderschaft und Traditionstreuen, die anderen Gruppierungen angehören, oder innerhalb der diözesanen Strukturen ihren allzu oft vergessenen und einsamen Kampf gegen Banalisierung und Beliebigkeit führen. Williamsons absurde historische Theorie über den Holocaust, die kirchenrechtliche Stellung der FSSPX, die Tatsache, dass einige Petrusbrüder bereit sind, unter bestimmten Umständen den Novus Ordo zu zelebrieren, und die Tatsache, dass die in diözesanen Strukturen tätigen Traditionstreuen dies fast immer tun müssen – all diese Differenzen und viele mehr sollten wir nicht vergessen.

Doch haben wir nicht alle den gleichen Glauben? Gehören wir nicht alle zur gleichen Kirche (weder Williamson noch die FSSPX sind exkommuniziert)? Wäre es nicht besser, wenn alle traditionstreuen Kräfte koordiniert für ihre gemeinsamen Ziele streiten würden, statt ihre Kräfte darauf zu verschleudern, sich praktisch gegenseitig zu exkommunizieren? Die modernistische Strategie ist divide et impera – teile und herrsche. Bisher haben sie Erfolg, weil die Traditionalisten sich teilen, spalten lassen.

Traditionelle Katholiken legen zurecht großen Wert auf die Reinheit der kirchlichen Lehre und Überlieferung, und verweigern Kompromisse, um diese Reinheit nicht zu kompromittieren. Aber in welchen Glaubenssätzen, in welcher Theologie des Messopfers, um nur ein Beispiel zu nennen, unterscheiden sich die Pius- und Petrusbrüder? Ja, ich weiß, die Piusbrüder haben eine irreguläre kirchenrechtliche Stellung, und das ist ein Problem. Doch es ist kein unübersteigbares Problem. Niemand verlangt von den Petrusbrüdern, dass sie den Messbesuch in Pius-Kapellen empfehlen (und umgekehrt). Niemand verlangt von Williamson, dass er sich mit Fellay versöhnt und seine Differenzen inhaltlicher Natur vergisst. Niemand verlangt von den Piusbrüdern, dass sie so tun sollen, als hätte Bischof Williamson sich nicht absolut unerträglich verhalten, und die legitime Autorität des Generaloberen mit Füßen getreten.

Ich fürchte, dass diese Differenzen, diese internen Grabenkämpfe innerhalb der traditionellen katholischen Gemeinschaften, die volle Wiederverankerung der Tradition in lehramtlicher Theologie und pastoraler Praxis, im alltäglichen Leben der Gemeinden, verhindern werden. Ich fürchte, dass in Zukunft jede Äußerung von Williamson aus der FSSPX ebenso negativ kommentiert werden wird, wie es seit langem zwischen Pius- und Petrusbrüdern geschieht. Die einen sind Schismatiker und die anderen haben die Tradition an die Modernisten verkauft. Was für ein Unsinn! Sie alle sind Anhänger der einen, unteilbaren katholischen Tradition, und was sie auch trennen mag, es eint sie ein und derselbe Glaube, die Anhänglichkeit an denselben Papst, und die Feier derselben Sakramente.

Alle, die in Glaube, Papsttum und Sakramenten untereinander geeint sind, und für die Restituition der Tradition in der Kirche eintreten, sollten den Wert etwas ganz pragmatischer, ganz undogmatischer Ökumene lernen. Das mag für traditionalistische Ohren provokativ klingen und ist es vermutlich auch. Doch es geht nicht um dogmatische Kompromisse, sondern um pragmatische Zusammenarbeit.

Mit Zähnen und Klauen verteidigen die verschiedenen Gruppen die katholische Tradition und arbeiten unermüdlich an ihrer Wiederherstellung, wo immer sie beschädigt worden ist. Doch was wäre, wenn sie es schafften, zusammenzuarbeiten? Was wäre, wenn sie nicht mehr ihre Energien darauf verschwendeten, jedem haarklein darzulegen, warum der Traditionalist von Nebenan kein WAHRER Traditionalist ist – sondern ein Schismatiker, oder ein verborgener Modernist?

Vielleicht könnte die Verankerung der Tradition schon viel weiter sein, wenn wir das Feuer unserer Argumente und unserer Tatkraft allein auf die echten Feinde der Tradition – die Neoreformatoren und Modernisten – richten würden.

Wenn die Traditionalisten Erfolg haben wollen, dann müssen sie aufgrund unterschiedlicher Schwerpunkte und Überzeugungen in vielen Einzelfragen vermutlich getrennt marschieren, aber sie müssen auch (aufgrund fundamentaler Einigkeit im Glauben und in den Sakramenten) vereint schlagen. Und das bedeutet: Sie müssen etwas Tradi-Ökumene betreiben. Vielleicht einige inter-traditionalistische Gebetstreffen abhalten, wenn auch sicher nicht in Assisi…

Wahrscheinlich wird die FSSPX jetzt keine Gelegenheit versäumen, um sich von Williamsons Getreuen abzugrenzen – und umgekehrt – so wie es seit Jahren zwischen FSSPX und FSSP geht. Ich habe keine große Hoffnung, dass es diesmal anders laufen wird als sonst.

Während wir uns in internen Scheingefechten zerfleischen, brennt die Kirche, unsere Mutter. Wer würde nicht der Mutter helfen, wenn sie brennt, weil er sich lieber mit seinem Bruder über Details streitet? Nein, alle Brüder, die sich der Tradition verbunden fühlen, müssen mit Wassereimern herbeilaufen, um den Brand zu löschen, auch wenn es unterschiedliche Wassereimer sind. Jeder muss dazutun, was er eben geben kann, auch wenn sein Beitrag den anderen nicht gefällt. Wichtig ist nur, dass wir dabei helfen, den Brand zu löschen.

Erzbischof Müller: Keine Verhandlungen über den Glauben

In dem bereits gestern angesprochenen Interview hat Erzbischof Müller erklärt, weitere Gespräche mit der Piusbruderschaft seien nicht erforderlich, weil es keine Verhandlungen über den Glauben geben dürfe. Der Erzbischof sagt wörtlich:

„Wir können den katholischen Glauben nicht den Verhandlungen preisgeben. Da gibt es keine Kompromisse.“

Ich möchte dem Erzbischof an dieser Stelle zu seiner hellsichtigen Klarheit gratulieren. Seine Stimme ist wahrhaft ein leuchtendes Beispiel für verwirrte Seelen in aller Welt. Über den Glauben darf man nicht verhandeln. Er steht nicht zur Disposition. Wer also etwa, wie Erzbischof Müller, in einer Abhandlung über Dogmatik erklärt, man solle manche Dogmen, wie die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens, einfach uminterpretieren, so dass sie praktisch nur noch symbolisch gemeint sind, und nicht mehr unbedingt auch über die körperliche Jungfräulichkeit der Gottesmutter sprächen, der sollte sich diese starken Worte zu Herzen nehmen: Es gibt keine Verhandlungen über den Glauben. Am Glauben gibt es nichts herumzukritisieren, umzuinterpretieren oder anzupassen. Was die Kirche lehrt, das lehrt sie. Wenn das für die Aussagen eines Pastoralkonzils gilt, dann gilt das sicher auch für eindeutig definierte Glaubenswahrheiten.

Oder um ein anderes Beispiel zu nennen: Manchmal gibt es Kirchenvertreter, wie Erzbischof Müller, die sich anmaßen, etwa mit schismatischen Gruppen über den Glauben zu verhandeln, oder doch mindestens durch symbolische Gesten deutlich zu machen, dass die Glaubensdifferenzen keine Rolle mehr spielen sollen. Ich habe gehört, dass es auch einen deutschstämmigen Bischof in Italien geben soll, der sich zu der These verstiegen haben soll, schismatische Gruppierungen bräuchten nicht mehr zur Kirche zurückzukehren. Das, was dieser Bischof „Rückkehrökumene“ nannte, sei nicht der richtige Weg. Der Name dieses Bischofs, Ratzinger, ist wohlbekannt, und er ist derzeit der Bischof von Rom. Den leuchtend klaren Worten des Erzbischofs Müller, jenes unerschrockenen Hüters des Wahren Glaubens, ist hier wirklich nichts hinzuzufügen. Es darf keine Verhandlungen über den Glauben geben. Wer den Glauben nicht vollumfänglich annimmt, der kann uns gestohlen bleiben. Wer sich von der Kirche getrennt hat, wie diese traditionalistischen Piusbrüder, oder natürlich auch die schismatische evangelische „Kirche“, der muss erst einmal das Konzil anerkennen, und das bedeutet auch die Suprematie des Römischen Papstes. Danach, erst danach, können wir reden.

Weiter im Text. Auch hinsichtlich des Verhältnisses zu den Juden sprüht die Einsicht des Erzbischofs Müller einen Geist, der an Klarheit nichts vermissen lässt. Auch die Juden sollen erst einmal den Glauben der Kirche anerkennen, bevor wir mit ihnen verhandeln. Manche, darunter wieder einmal der oben erwähnte Bischof von Rom und Erzbischof Müller, haben sich ja sogar zu der Aussage verstiegen, die Bekehrung der Juden sollte nicht mehr aktiv angestrebt werden. Erzbischof Müllers Diktum wendet sich entschlossen gegen diese Auffassung. Es gibt keine Verhandlungen über den Glauben. Die Juden haben nicht den katholischen Glauben. Verhandlungen sollte es nicht geben, bevor diese falsche Religion sich nicht bekehrt.

Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, wie bei so manchem zweifelhaften Treffen, das von Erzbischof Müller positiv gesehen wird, etwa in Assisi, dass alle Religionen gleichwertig seien. Denn der Glaube ist unantastbar und steht nicht zur Disposition, wie Erzbischof Müller mit strahlender Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen vermag. Die Kirche lehrt aber, dass es außerhalb der Kirche kein Heil gibt. Damit muss man jeden Eindruck vermeiden, als ob sich die Kirche gleichberechtigt neben die ungläubigen Heiden im Kampf für einen bloß weltlichen „Freiden“ stelle. Die Heiden sollen sich lieber erst einmal bekehren und den Glauben der Kirche annehmen. Danach können wir reden.

Die leuchtend klaren Worte des Erzbischofs strahlen das Licht entschlossener Handlungsbereitschaft in eine dunkel werdende Welt.

Allerdings gelten die scharfen Worte des Vorsitzenden der Glaubenskongregation nur den Piusbrüdern, jener ultra-häretischen unkatholischen Gruppierung, die sich anmaßt, den Glauben der vorkonziliaren Päpste nicht den Auffassungen eines Pastoralkonzils anzupassen, wenn ihnen dort Widersprüche zu bestehen scheinen. Alle anderen Gruppen, die das Konzil nicht anerkennen – Protestanten, Orthodoxe, Juden, Moslems, Buddhisten, Hinduisten, Atheisten, Agnostiker, Marxisten, Freimaurer, Voodoo-Schamanen und viele mehr – können sich freundlicher Verhandlungsbereitschaft sicher sein. Man empfängt sie mit offenen Armen. Man verhandelt mit ihnen über alles. Man lässt sie in katholischen Gotteshäusern ihre Götzen anbeten oder ihre heidnischen Rituale abhalten. Man betrachtet sie als wunderbare Partner in der Welt zur Errichtung eines weltlichen Friedens und des Paradieses auf Erden. Man hofiert sie in jeder Beziehung. Meist verzichtet man aus Höflichkeit sogar darauf, sie auf die Irrtümer ihrer falschen Religionen hinzuweisen, so dass der Eindruck entsteht, die Kirche halte diese Religionen gar nicht mehr für falsch.

Das alles ist bloß Ökumene, interreligiöser Dialog, Dialog mit den „Nicht-Glaubenden“. Doch es wäre eine ganz andere Dimension, wenn man eine offen anti-katholische, anti-kirchliche, anti-päpstliche Sekte wie die Piusbruderschaft durch Gespräche legitimieren würde. Das wäre wirklich untragbar. Die Kirche muss nämlich bekennen, dass es über den Glauben keine Verhandlungen geben darf. Der Glaube ist nicht verhandelbar und nicht antastbar. Er steht nicht zur Disposition, sagt Erzbischof Müller.

Luther ja – Lefebvre nein!

Jetzt ist es also soweit (lange habe ich es schon erwartet): Der neue Glaubenspräfekt der katholischen Kirche, dessen Anhänglichkeit an das Konzil als Superdogma ja nicht erst seit gestern bekannt ist, hat erklärt, es werde keine weiteren Gespräche mit der Piusbruderschaft geben, weil es keine Kompromisse im Glauben geben könne. Bei kath.net heißt es:

«Wir können den katholischen Glauben nicht den Verhandlungen preisgeben. Da gibt es keine Kompromisse», fügte Müller laut NDR hinzu. Man werde in der Glaubenskongregation in Einheit mit dem Papst nun das weitere Vorgehen beschließen. Müller stellte klar, dass das Zweiten Vatikanische Konzil (1962-1965) nicht im Gegensatz zur gesamtkirchlichen Tradition stehe. «Es gibt keine Ermäßigungen, was den katholischen Glauben angeht, gerade wie er auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil gültig formuliert worden ist.»

Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Erzbischof Müller das letzte Konzil in allen seinen Aussagen zum Dogma erheben möchte. Die Piusbruderschaft erkennt die ganze Lehre der Kirche bedingungslos und aus Überzeugung an, abgesehen von einigen Aussagen des letzten Konzils und den daraus abgeleiteten Innovationen. Wenn es also unüberbrückbare Differenzen „im Glauben“ gibt, die weitere Gespräche überflüssig machen, dann müssen diese von der Piusbruderschaft abgelehnten Textpassagen des Konzils verbindliche, dogmatische Glaubensaussagen darstellen.

Natürlich hat die Kirche diese strittigen Passagen niemals als dogmatische Lehrsätze festgeschrieben. Im Gegenteil: Das Konzil selbst, und die nachkonziliaren Päpste haben immer daran festgehalten, dass es sich um ein „Pastoralkonzil“ gehandelt habe, das keine neuen Glaubenssätze definiert habe. Seit dem Konzil vertreten die Päpste faktisch eine Hermeneutik der Kontinuität, auch wenn erst Papst Benedikt XVI. diese Formulierung zu wählen begonnen hat. Der Glaube sei nicht fundamental verändert worden. Es bestehe Kontinuität zwischen vorkonziliarer und nachkonziliarer Zeit. Einen Bruch, so hieß es, habe es nicht gegeben.

Nun, wenn es keinen Bruch im Glauben gegeben hat (wie der Erzbischof ja selbst in dem Interview behauptet), dann ist der Glaube von 1962 auch noch der Glaube von 2012. Und damit müsste die Piusbruderschaft, die an dem Glauben von 1962 festhält, auch 2012 noch dem Glauben der Kirche entsprechen. Wenn man vorkonzilare Schriften liest, von Enzykliken bis hin zu Katechismen, dann stellt man immer wieder fest, dass dort nichts anderes steht, als was man heute noch in den Schriften der Piusbrüder lesen kann. Und wenn ein einfacher Katholik wie Konrad Adenauer heute eine Kapelle der Piusbruderschaft aufsuchen könnte, dann würde er die dortige Messe sofort wiedererkennen. Was er über die real existierende „Neue Messe“ sagen würde, möchte ich eigentlich gar nicht wissen. Es bräuchte vermutlich viele Erklärungen, bevor er in ihr den Katholizismus, den er als kleines Kind gelernt hat, wiedererkennen würde.

Machen wir etwas Logik:

1. Es hat beim Konzil keinen Bruch im Glauben gegeben. (Aussage des Papstes zur „Hermeneutik der Kontinuität“)

2. Wenn es keinen Bruch im Glauben gegeben hat, dann ist der Glaube der Kirche vor dem Konzil genauso katholisch wie der Glaube der Kirche nach dem Konzil.

3. (aus 1 und 2) Der Glaube der Kirche vor dem Konzil ist genauso katholisch wie der Glaube der Kirche nach dem Konzil.

4. Die Piusbruderschaft lehrt denselben Glauben, den die Kirche vor dem Konzil gelehrt hat.

5. (Aus 3 und 4) Der Glaube der Piusbruderschaft ist genauso katholisch wie der Glaube der Kirche nach dem Konzil.

Wenn nun also Erzbischof Müller Aussage 5 leugnet, indem er sagt, es seien keine weiteren Gespräche mit der Piusbruderschaft erforderlich, weil es beim Glauben keine Kompromisse geben könne, dann muss er eine der Prämissen (1,2 und 4) leugnen. Denn eine durch einen gültigen logischen Schluss gewonnene Konklusion ist wahr, genau dann, wenn die Prämissen wahr sind. Der obige logische Schluss ist gültig. Also ist er genau dann wahr, wenn die Prämissen wahr sind.

Sind die Prämissen wahr? Dass die Piusbruderschaft denselben Glauben lehrt wie die vorkonziliare Kirche, ist unmittelbar offensichtlich. Dieser Eindruck bestätigt sich, wenn man sich mit den Schriften der Piusbruderschaft beschäftigt. Was dort steht, ist nichts anderes, als was die Kirche immer gelehrt hat. Satz 4 ist also wahr.

Die Wahrheit von Satz 2 ergibt sich aus der Bedeutung des Wortes Bruch.

Damit ist noch Prämisse 1 übrig. Der Erzbischof sagt in dem oben zitierten Textabschnitt eindeutig, dass das Konzil in Kontinuität zur gesamtkirchlichen Überlieferung stehe. Wenn sich diese Prämisse aber als wahr erweist, wie der Erzbischof behauptet, so ist auch die Konklusion (Satz 5) wahr. Nur wenn sich die Prämisse als falsch erweist, kann die Konklusion (Satz 5) falsch sein. Doch Erzbischof Müller leugnet Satz 5. Er sagt, Gespräche mit der FSSPX seien sinnlos, weil man keine Kompromisse im Glauben machen könne. Die Piusbrüder haben gesagt, dass sie von ihrer ablehnenden Haltung bestimmter Konzilspassagen nicht abrücken werden. Wenn diese Konzilspassagen dogmatische Glaubenssätze sind, dann machen weitere Gespräche mit der FSSPX wirklich keinen Sinn. Solange sie nicht den ganzen Glauben anerkennen, braucht man nicht unnötig Papier zu füllen und zu schwätzen. Das ist eine wunderbare Einsicht, die den heutigen Kirchenvertretern hinsichtlich der sogenannten Ökumene allzu oft fehlt. Dafür gebührt Erzbischof Müller ein großes Lob.

Doch seine ganze Argumentation, warum man mit der FSSPX nicht weiter zu verhandeln brauche, basiert auf der Prämisse, dass die von der FSSPX abgelehnten Konzilspassagen dogmatische Glaubenssätze seien. Wenn es sich nur um pastorale Aussagen handelt, die für ihre Zeit Gültigkeit besitzen mögen, die aber durchaus nicht zum Glaubensgut im engen Sinne gehören, dann kann man diese Aussagen durchaus ablehnen, und auch offen als falsch kritisieren, ohne sich dadurch eines Defizits im „Glauben“ schuldig zu machen.

Doch für Erzbischof Müller müssen die Piusbrüder alle Aussagen des Konzils anerkennen, um in die volle Gemeinschaft der Kirche zurückkehren zu können. Das Konzil ist für ihn also der zentrale Markstein für die Zugehörigkeit zum katholischen Glauben. Wer das Konzil auch nur in einzelnen Passagen für falsch hält, der gehört nicht dazu, und mit dem braucht man auch gar nicht zu verhandeln, bis er den Irrtum seiner Wege einsehend um Einlass in die Kirche bittet und seinen Irrlehren widersagt.

Damit behandelt er das ganze Konzil als Dogma. Es ist das größte je formulierte Dogma der Kirchengeschichte; das Superdogma eben. Die Mutter aller Dogmen. Ein Dogma, mit dessen Textausgabe man jemanden buchstäblich erschlagen kann. Waren Dogmen früher klar und eindeutig formulierte Lehrsätze, so sind sie heute unübersichtliche Textmassen weitschweifiger, ungelenker, fortschrittsoptimistischer Soziologenprosa.

Damit leugnet er offenbar auch Prämisse 1 (dass es beim Konzil keinen Bruch im Glauben gegeben habe), wie man aus der obigen logischen Analyse entnehmen kann. Der Erzbischof behauptet, es habe keinen Bruch gegeben, doch seine Haltung gegenüber der FSSPX setzt logischerweise die Annahme eines solchen Bruchs voraus.

Wenn man einen einfachen, gläubigen Katholiken von 1950 in eine Zeitmaschine setzen und in die heutige Zeit transportieren könnte, dann wäre er nach dieser Auffassung kein guter Katholik mehr, sondern einer, der den wahren Glauben nicht hat. Er wäre, da der wahre Glaube nach der Lehre der Kirche heilsnotwendig ist, faktisch in der Gefahr des ewigen Todes, sobald der freundliche Erzbischof ihm die neuen Dogmen erklärt hat, und der Zeitreisende damit nicht mehr in unverschuldetem Irrtum verharrt.

Wenn diese Auffassung stimmt, dann gab es auf dem Konzil sehr wohl einen Bruch, und dieser Bruch ging über Äußerlichkeiten und zeitbedingte Erscheinungsformen weit hinaus. Das ist es aber, was die Piusbrüder und Erzbischof Lefebvre immer behauptet haben.

Nun soll also nach dem Willen von Erzbischof Müller nicht mehr katholisch sein, was bis zum Konzil immer katholisch war, obwohl es angeblich keinen Bruch gegeben habe…. Das geht aber nur, wenn die Wahrheit sich ändern kann. Wenn der wahre, ganze Glaube vor dem Konzil heute plötzlich ernsthafte Irrtümer beinhaltet, oder ihm entscheidende Teile fehlen. Eine solche Veränderlichkeit der Wahrheit ist explizit als Modernismus verurteilt worden.

Der offensichtliche Schluss wäre, dass Erzbischof Müller eine modernistische Auffassung von der katholischen Wahrheit hat: sie vermag sich zu ändern, wenn ein Pastoralkonzil das so beschließt. Hier liegt dann auch der Unterschied zur Piusbruderschaft, die eindeutig bekennt, was alle Päpste bis zum Konzil immer bekannt haben: Dass die Wandlung in der Messe eine echte Transsubstantiation ist, dass die Gottesmutter nicht nur symbolisch, sondern tatsächlich Jungfrau ist, dass der wahre Glaube sich nicht ändern kann, usw.

Aber wir sollten nie vergessen, dass die Piusbruderschaft das Superdogma nicht anerkennt und daher eine indiskutable, quasi-häretische Gruppe darstellt, mit der man nicht zu reden braucht, während man eifrig katholische Wahrheiten unter den Tisch kehrt, um sich bei den schismatischen Gefolgsleuten Luthers anzubiedern.

Pius-Katechismus für Erwachsene

Die Piusbruderschaft ist, wie auch immer man zu ihre Haltung zu manchen seit dem Konzil umstrittenen Fragen beurteilen mag, in den grundsätzlichen Fragen des katholischen Glaubens grundsolide. Das gilt auch für den Erwachsenen-Katechismus, den sie auf der Internetseite ihres deutschen Distrikts seit einigen Monaten in unregelmäßigen Abständen zugänglich macht. Dabei handelt es sich um Audio-Aufzeichnungen eines Glaubenskurses für Erwachsene, wie er (meiner Meinung nach) sein sollte. Der katholische Glaube wird klar, systematisch und ohne jede Neuinterpretation im Lichte irgendwelcher angeblich neuer Einsichten aus Philosophie, Theologie und Gender Studies dargestellt, so dass der Zuhörer weiß, was die Kirche glaubt, und oft auch warum sie es glaubt.

Der Kurs ist vom Niveau her allgemeinverständlich, aber keinesfalls anspruchslos. Man kann gut folgen, auch wenn man nicht philosophisch vorgebildet ist, weil womöglich unbekannte Begriffe klar definiert und erklärt werden, statt sie einfach stillschweigend vorauszusetzen und zu hoffen, dass niemandem auffällt, dass keiner weiß, wovon eigentlich die Rede ist (ziemlich gängig bei modernen Theologen).

Alles in allem kann ich den Erwachsenen-Katechismus nur wärmstens allen empfehlen, die eine systematische Erklärung des katholischen Glaubens suchen. Vieles von dem, was ich mir mühselig und aus vielen verschiedenen Quellen selbst habe beibringen müssen, findet man hier zusammengefasst und erklärt.

Und jetzt die noch bessere Nachricht: Den Katechismus gibt es jetzt laut Angabe von pius.info nicht mehr „in unregelmäßigen Abständen“, sondern „jeden Montag“.

Die Pius-Tragödie: Nächster Akt

Man weiß bald nicht mehr, was man dazu noch sagen soll – wieder einmal gibt es Neues von dem Tauziehen um die kirchenrechtliche Stellung der Piusbruderschaft (oder ihr Fehlen) zu berichten. Wieder einmal sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente durchgesickert, und wieder einmal sieht es so aus, als seien auf beiden Seiten – in Rom und in der FSSPX – Kräfte am Werk, die eine fruchtbringende Einigung mit allen Mitteln verhindern wollen. Informieren kann man sich z.B. hier oder hier.

Es sieht, den verlinkten Quellen folgend, jetzt wohl so aus, als habe es bereits im April, als es schon hieß, eine Einigung stehe unmittelbar bevor, oder sei gar eine ausgemachte Sache, eine Verständigung zwischen Bischof Fellay und dem Heiligen Vater gegeben, die aber aus welchen Gründen auch immer zwischen April und Juni wieder zurückgezogen oder modifiziert wurde. Diese Zusammenhänge stellt Côme de Prévigny auf Rorate Caeli trefflich dar. Man wird nun lange Spekulationen über die möglichen Ursachen dieser wechselnden Winde anstellen können – Winde, die im April Bischof Fellay dazu veranlassten, vorsichtig optimistisch zu sein, und die sich jetzt umgekehrt zu haben scheinen. Ich möchte diese Spekulationen nicht befeuern und stelle sie daher nicht an. Stattdessen verliere ich im folgenden einige Worte über ein grundsätzlicheres Problem, das mir hinter diesem nicht enden wollenden Verhandlungsmarathon zu stehen scheint:

Ich weiß, wie gesagt, eigentlich nicht mehr was ich dazu noch sagen soll. Ich glaube inzwischen auch nicht mehr, dass eine Rekonziliation zwischen der Piusbruderschaft und Rom, eine kirchenrechtliche Anerkennung, derzeit sinnvoll oder auch nur durchsetzbar wäre. Man verstehe mich nicht falsch: Ich würde sie wirklich begrüßen, doch die Umstände scheinen nicht richtig zu sein.

Im April, so heißt es in dem jetzt durchgesickerten Schreiben, habe Bischof Fellay eine Erklärung in Rom vorgelegt, die dem Heiligen Vater ausreichend erschien. Doch nun, am 13. Juni, sei aus Rom eine Art Gegenvorschlag eingegangen, dessen Substanz identisch mit der bereits von der FSSPX abgelehnten Präambel vom 14. September 2011 sei. Mit anderen Worten: Alle Annäherungen, alle Schritte, die vielleicht zu einer Einigung hätten führen können, sind damit wieder hinfällig geworden. Aus irgendeinem Grund hat man sich in Rom hinter den Schutzwall bereits abgelehnter Verhandlungsgrundlagen zurückgezogen. Eine Einigung, so wage ich zu behaupten, ist damit wieder in weite Ferne gerückt. Mehr noch: Das Projekt scheint mir gescheitert.

Wenn Bischof Fellay, wie in dem verlinkten Schreiben behauptet, bereits nach der ersten Durchsicht gesagt hat, man könne diesen Vorschlag unmöglich annehmen, dann wäre dies eine sehr bedeutsame Entwicklung. Denn unter den vier Bischöfen der Bruderschaft war Fellay immer derjenige, der einer Rekonziliation am ehesten positiv gegenüberstand.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es jetzt weitergehen wird. Bei der FSSPX steht nun ihr turnusmäßiges Generalkapitel an, und dort wird man alles noch einmal intensiv durchdiskutieren und von allen Seiten beleuchten. Doch was soll das ändern? Die Piusbruderschaft ist nicht bereit, inhaltliche Abstriche von ihrer Position zu machen. Aus ihrer Sicht bleibt das Konzil ein Irrweg, der Novus Ordo nicht nur theologisch minderwertig, sondern praktisch schädlich, da in ihm ein anderer Glaube als der traditionelle katholische vermittelt werde, und die kirchliche Verkündigung seit dem Konzil durch und durch modernistisch, bis hin zur Ebene der Päpste. Und die FSSPX wird nicht plötzlich von diesen Themen schweigen. Sie glaubt, Christus sei entthront worden, und dafür, ihn wieder auf den Thron zu setzen, wird sie bis zum letzten Atemzug kämpfen. Solange Rom dies nicht in einer kirchenrechtlich regulären Stellung erlauben will, wird sie es in irregulärer Stellung tun.

Umgekehrt ist Rom fest davon überzeugt, dass das Konzil ein großer Wurf war, und dieser Weg weitergegangen werden muss, auch wenn so manche zu radikale Interpretation nun abgeschwächt werden soll. Die Neue Messe ist und bleibt, auch nach dem Willen des Papstes, die normative Messe, und in der „pastoralen“ Praxis ist sie weiterhin die einzige, die in Freiheit zelebriert werden kann. Summorum Pontificum ist praktisch eine Karteileiche – das Motu Proprio wird nicht durchgesetzt und von den meisten Bischöfen einfach ignoriert. Sicher möchte man das Konzil ein wenig uminterpretieren, so dass es nicht mehr als radikaler Bruch mit der Tradition erscheint – Reform statt Revolution. Doch es bleibt dabei: Der Unterschied zwischen Reformern und Revolutionären ist nur das Tempo – das Ziel ist dasselbe. Der Reformer bricht langsam mit der Tradition, so dass es niemandem auffällt. Deswegen ist er häufiger erfolgreich als der Revolutionär. Aber brechen tut er ganz genauso. Die Hermeneutik der Reform ist also eine Hermeneutik des langsamen, kontinuierlichen, schonenden Bruchs. Eine „Hermeneutik des Umbiegens“ sozusagen.

Für die Piusbruderschaft ist keine Akzeptanz einer solchen „Hermeneutik des Umbiegens“ möglich. Sie hält unbeirrbar an dem fest, was Erzbischof Lefebvre im Gefolge der Tradition immer geglaubt und gelehrt hat. („Tradidi quod et accepi“) Ginge es wirklich um eine „Hermeneutik der Kontinuität“, so lägen die Dinge womöglich anders. Wollte man in Rom wirklich „Kontinuität“ statt „Reform“, wollte man also wirklich an der Tradition festhalten, bzw. in der „pastoralen“ Praxis zu ihr zurückkehren, so wäre die FSSPX sicher ganz aufgeschlossen. Bischof Fellay hat dies immer wieder deutlich gemacht: Wenn man von der Bruderschaft nicht verlangt, dass sie Abstriche an Glauben, Liturgie und Verkündigung macht, so wird sie nicht nein sagen. Selbst wenn mancher in der FSSPX damit seine Schwierigkeiten hätte, und selbst wenn das einen großen Kampf gegen die Bruchhermeneutiker in der Kirche bedeuten würde.

Doch im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn sie doch Abstriche vom Glauben, von der Liturgie, von der Verkündigung machen soll, dann wird sie nicht ja sagen. Wenn Rom sich weigert, der FSSPX die Gelegenheit zu dem von Erzbischof Lefebvre geforderten „Experiment der Tradition“ zu geben, in voller Freiheit von Behinderungen durch modernistische Ortsbischöfe, die in Europa leider nicht selten sind, dann wird sie – auch das hat Fellay nicht unterschlagen – nein sagen müssen.

Eine kirchenrechtliche Anerkennung einer Piusbruderschaft, die weiterhin einen Bruch zwischen Konzil und Tradition sieht und davon nicht schweigen möchte, scheint mir damit unmöglich, oder zumindest extrem unwahrscheinlich. Beide Seiten haben ihre Überzeugungen, und beide Seiten werden darüber sprechen können, bis sie schwarz werden. Ändern wird das nichts. Für eine Einigung müsste entweder die FSSPX auf ihre Vorbedingung eines freien Experiments der Tradition, das nicht von den Ortsbischöfen ausgehebelt oder aufs Abstellgleis geschoben werden könnte, verzichten, und ihre Konzilskritik weitgehend abschwächen oder einstellen, oder Rom gesteht der FSSPX eben diese volle Freiheit zu. Doch beides scheint inzwischen unmöglich.

Aus der Sicht der FSSPX könnte man möglicherweise sagen: Entweder Rom kehrt zum überlieferten Glauben zurück, oder wir brechen mit dem überlieferten Glauben. Da wir nicht mit dem Glauben brechen können, und Rom nicht dorthin zurückkehren will, ist keine Einigung möglich.

Aus Sicht Roms könnte man vielleicht sagen: Entweder die FSSPX erkennt die Segnungen des Konzils an, oder wir distanzieren uns von dieser dringend nötigen Kirchenreform. Doch wir können das Konzil nicht revidieren, und die FSSPX wird es nicht anerkennen, also ist keine Einigung möglich.

Am Ende, wenn der Rauch aller diplomatischen Initiativen geklärt ist, läuft es immer wieder auf die Integrität des ganzen, überlieferten, wahren katholischen Glaubens heraus. Ist dieser in seiner Substanz durch das Konzil angegriffen? Wenn ja, dann ist keine Versöhnung mit der „Konzilskirche“ möglich, in wie wundervolle diplomatische Floskeln man das auch kleiden mag.

Und dann ist noch die Frage, woran man erkennt, ob die Substanz des Glaubens durch das Konzil angegriffen worden ist. Rein dogmatisch-theologisch gesprochen erkennt man dies durch feinsinnige theologische Analysen der Konzilstexte, wie sie ja auch von katholischen Intellektuellen wie Msgr. Gherardini, Roberto de Mattei und anderen gefordert worden sind. Doch für die FSSPX ist das nicht der alleinige Maßstab. Das Konzil wollte „pastoral“ sein. Also schauen sie einfach ganz pastoral in die durchschnittlichen Gemeinden. Ist der Glaube dort in seiner Substanz angegriffen? Wird das Konzil, das real existierende Ereignis des Konzils, als Waffe gegen die Substanz des Glaubens eingesetzt? Und sie kommen zu dem klaren Ergebnis: Ja, es ist so.

Also können sie davon auch nicht schweigen. Und Rom kann sie davon nicht frei reden lassen. Also gibt es keine Einigung. Wie man dies auch immer diplomatisch formulieren mag.

Einige Klarstellungen zur FSSPX-Diskussion

Mein Beitrag über die mögliche Reaktion der deutschsprachigen Bischöfe auf eine Regularisierung der Piusbruderschaft hat ein reges Interesse hervorgerufen – sowohl im Kommentarbereich hier auf Kreuzfährten, als auch auf der Webseite „Summorum Pontificum“, deren Artikel ich kommentiert hatte. Aufgrund dieser unerwarteten Aufmerksamkeit, und um Missverständnisse auszuschließen, die vielleicht aufgetreten sein könnten, möchte ich an dieser Stelle noch einmal einige Punkte klarstellen:

1. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob es wirklich einen Plan der deutschsprachigen Bischöfe gegen eine regularisierte Piusbruderschaft gibt. Summorum Pontificum, ein sonst recht zuverlässiges Portal, berichtete davon, jedoch ohne eine ausdrückliche Quelle zu nennen. Es erscheint auch recht plausibel, da sehr viele Bischöfe auch gegenüber der vergleichsweise gemäßigten Petrusbruderschaft und anderen bereits heute kirchenrechtlich regulären traditionellen Gruppierungen eine Linie der unbedingten Opposition verfolgt haben. Doch ob der konkrete Plan wirklich existiert, kann ich nicht beurteilen.

2. Ich möchte aus diesem Grund klar und deutlich feststellen, dass es mir in keiner Form darum geht, ein Gerücht zu verbreiten, oder ihm irgendeinen Raum zu geben. Vielmehr bestand und besteht meine Absicht darin, auf die Schwierigkeiten des kirchenrechtlichen Konstrukts einer Personalprälatur für die Piusbruderschaft hinzuweisen. Zudem wollte ich meinen Eindruck darlegen, dass ein solcher „Verhinderungsplan“ jederzeit rechtens wäre, selbst wenn er nicht dem Geist einer Rekonziliation entspräche. Das ohnehin auch ohne mein Zutun veröffentlichte und verbreitete Gerücht eines möglichen internen Anti-Pius-Plans war dazu nur der Anlass, nicht der Grund.

3. Die in der Reaktion auf meinen Beitrag auf Summorum Pontificum angedeutete Unterscheidung zwischen „Recht“ und „richtig“ teile ich in vollem Maße. Wenn man im Vollsinn des Wortes legitim reagieren will, kann man einer kirchenrechtlich anerkannten Piusbruderschaft nicht grundsätzlich die Zusammenarbeit verweigern oder sie gar von jeglicher Aktivität in der Diözese ausschließen, selbst wenn man kirchenrechtlich dazu befugt ist. Die durch das (womöglich fiktive) Schreiben ausgedrückte Haltung ist meines Erachtens vollkommen legal, aber nicht legitim. Gerade im Kirchenrecht müssen formaljuristische Auslegungsfragen immer unter dem übergeordneten Gesichtspunkt des Seelenheils betrachtet werden. Den Ausführungen auf Summorum Pontificum zu diesem Thema kann ich mich nur anschließen.

4. Auf Summorum Pontificum wird meinem Beitrag eine „solide juristische Grundausbildung“ attestiert. Dies mag der Fall sein, oder auch nicht. Ich verfüge allerdings über keine formale kirchenrechtliche Bildung. Wenn ich etwas über kirchenrechtliche Fragen weiß, dann ist dies keine Folge formaler Bildung, sondern nur meines Interesses an einer Einigung zwischen Rom und der Piusbruderschaft. Falls jemand den Eindruck gewonnen haben sollte, ich besäße besondere juristische Expertise, so wäre dieser Eindruck falsch.

5. In manchen Kommentaren zu dem Beitrag über die „FSSPX und das Trojanische Pferd“ (oben verlinkt) wurde die Kritik geäußert, ich hätte eine zu negative Sicht der Absichten aus Rom bzw. des Papstes. Besonders kritisch wurde die These gesehen, Rom stelle der FSSPX entweder eine Falle, oder begehe einen tragischen Irrtum. Ich möchte deutlich betonen, dass ich dem Heiligen Vater keinerlei böse Absicht unterstelle. Er hat auch sicherlich bessere kirchenrechtliche Experten als ich. Zudem ist er direkt über die Sachlage informiert (oder wir wollen es zumindest hoffen – auszuschließen wage ich kaum etwas). Ferner möchte ich betonen, dass ich Bischof Fellay und dem Heiligen Vater vertraue, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

6. Kommentieren kann man nur auf der Basis der bekannten Informationen in Verbindung mit Vermutungen, für die wenigstens vertrauenswürdige Quellen oder gut begründbare Indizien sprechen. Deswegen ist jeder Kommentar immer abhängig von der Verfügbaren Faktenlage. Sollte das rechtliche Konstrukt einer Personalprälatur für die Piusbruderschaft tatsächlich modifiziert werden, wie etwa Bischof Fellay es sich zu wünschen scheint, so könnten alle meine Worte hinfällig sein. Womöglich wäre die Personalprälatur in ihrer modifizierten Form das beste rechtliche Vehikel für eine Regularisierung der FSSPX unter Wahrung ihrer legitimen Anliegen und Handlungsfreiheit auch unter feindlichen Ortsbischöfen. Diese Entwicklungen bleiben selbstverständlich abzuwarten.

7. Das allerwichtigste, das ich in meinem thematisch eng umgrenzten Beitrag nicht erwähnt habe, das man aber eigentlich nie unerwähnt lassen sollte, wenn man zu den Einigungsbestrebungen zwischen Rom und FSSPX spricht, ist allerdings das Gebet. Bischof Fellay unterlässt diesen Hinweis in keinem Interview und keiner Äußerung zum Thema. Alle Leser, gleich welche Auffassung sie zu den diversen umstrittenen Fragestellungen auch haben mögen, sollten dafür beten, dass in jedem Fall Gottes Wille geschehe. Wenn die Einigung jetzt möglich und sinnvoll ist, dann soll sie geschehen. Wenn sie noch verfrüht ist, und beide Seiten mehr Zeit brauchen, dann sollten wir auch diese Verzögerungen akzeptieren.

Ich persönlich hielte es für besonders angemessen, den Heiligen Papst Pius X., den Streiter gegen den Modernismus, den Namensgeber der Piusbruderschaft, den größten Papst des 20. Jahrhunderts, um seine Fürsprache zu bitten. Doch überhaupt sollten wir alles versuchen, und den Himmel mit unseren Gebeten bestürmen, dass ein Weg gefunden werde, damit die großen Gaben, mit denen die FSSPX beschenkt ist, in voller Gemeinschaft mit Petrus zu noch größerem Erfolg eingesetzt werden können, und dass auch die Herzen der Verantwortlichen auf Diözesanebene in den deutschsprachigen Ländern erweicht und dazu bewegt werden, das „Experiment der Tradition“ ohne Vorurteile zuzulassen.

Die FSSPX und das Trojanische Pferd

Summorum Pontificum berichtet aus „gewöhnlich gut informierter Quelle“ über einen angeblich im deutschsprachigen Episkopat zirkulierenden Plan für den Fall einer kirchenrechtlichen Anerkennung der Piusbruderschaft. Dort liest man – Kommentare in roter Schrift und fettgedruckte Hervorhebungen wie immer von Catocon:

Wie wir aus allgemein gut unterrichteter Quelle erfahren haben, gehen die Bischöfe der deutschsprachigen Bischofskonferenzen [Deutschland, Österreich, Schweiz – die üblichen reformkatholischen Hochburgen] davon aus, daß die Rekonziliation der Priesterbruderschaft St. Pius X. – also die Rückkehr der Bruderschaft in die volle kirchliche Einheit mit dem Papst – unmittelbar bevorsteht. [Danach sieht es im Moment wohl aus, wenn die öffentlichen Einlassungen aller Seiten auch nur halbwegs der Wahrheit entsprechen.] Zur Vorbereitung darauf haben die Strategen dieser Konferenzen einen derzeit innerhalb und zwischen den Bischofskonferenzen zur Abstimmung zirkulierenden „Notfallplan“  entwickelt [die Piusbruderschaft würde also einen „Notfall“ auslösen…] , der darauf abzielt, jede Tätigkeit der Bruderschaft in ihrem Amtsbereich unmöglich zu machern [sic!]. Damit lösen sie sich durch bewußten Ungehorsam aus der vollen Einheit mit dem Bischof von Rom und beschreiten den Weg der rechtlichen Kirchenspaltung. [Das ist leider nicht der Fall. Die Bischöfe können rechtlich gesehen jederzeit so handeln, wenn sie das wünschen – mehr dazu: siehe unten]

Nach diesem geheimen Rundschreiben sollen die Mitglieder der beteiligten Bischofskonferenzen auf folgendes Vorgehen verpflichtet werden [es bleibt abzuwarten, was Bischöfe wie Vitus Huonder machen werden, wenn es so weit kommen sollte.]:

  1. Im Falle der Regularisierung der Bruderschaft als Personalprälatur [was wohl der wahrscheinlichste Fall ist] werden die Ortsordinarien den Prälaten als zuständigen Oberen unverzüglich auffordern, alle weisungsgebundenen Mitglieder der Personalprälatur aus ihren Diözesen zurückzuziehen, alle Niederlassungen zu schließen und keine neuen zu errichten. Damit wäre nach dem gegenwärtig gültigen Kirchenrecht jede Tätigkeit der Bruderschaft in deutschsprachigen Diözesen illegal. [Das ist eben eine Personalprälatur. Sie benötigt für Niederlassungen in einer Diözese die Zustimmung des jeweiligen Ortsordinarius. Fehlt diese, so ist die Tätigkeit einer Personalprälatur in dieser Diözese illegal. Das hat nichts mit bischöflichem Rechtsbruch oder Eintreten rechtlichen Schismas zu tun. Kanon 297 sagt dazu: „Die Statuten haben ebenso das Verhältnis der Personalprälatur zu den Ortsordinarien zu bestimmen, in deren Teilkirchen die Prälatur ihre seelsorglichen oder missionarischen Werke nach vorausgehender Zustimmung des Diözesanbischofs ausübt oder auszuüben beabsichtigt]
  2. Im Falle der Errichtung der Bruderschaft St. Pius X. als Ordinariat [sehr unwahrscheinlich, folgt man den Einlassungen Roms und der Piusbrüder – da ist immer nur von Personalprälaturen die Rede. Doch wenn die deutschsprachigen Bischöfe sich darauf vorbereiten, wissen sie ja vielleicht mehr als wir.]sollen die Ortsbischöfe ihre nachgeordneten Behörden und Einrichtungen sowie sämtliche Priester ihrer Diözesen anweisen, in keiner Form mit Priestern oder Institutionen des Ordinariats zusammen zu arbeiten und ihren jegliche Nutzung von Gebäuden und Einrichtungen der Diözesen zu versagen. [Auch das ist nur das gute Recht der Bischöfe. Ein Ordinariat hieße, dass die Diözesanbischöfe keine rechtliche Handhabe gegen die Einrichtungen der Piusbruderschaft hätten – daher ist es einer Personalprälatur bei weitem vorzuziehen. Sie müssten akzeptieren, dass die FSSPX in den deutschen Diözesen tätig wird bzw. bleibt. Doch daraus entsteht ja keine Verpflichtung, mit der FSSPX auch zusammenzuarbeiten.]

Damit beschreiten die Planer der Bischofskonferenzen einen Weg der Rebellion [nein – sie schöpfen nur ihre rechtlichen Möglichkeiten aus], der die Aufrufe der verschiedenen Ungehorsams-Initiativen noch in den Schatten stellt. [Das stimmt einfach nicht. Die Ungehorsamsinitiativen lehnen sich gegen geltendes Recht der Kirche auf. Dieser angeblich oder tatsächlich kursierende Notfallplan gegen die Piusbrüder tut das nicht. Er verweigert nur jegliche Zusammenarbeit mit einer kirchenrechtlich anerkannten FSSPX. Im Fall einer Personalprälatur räumt das Kirchenrecht ihnen diese Befugnis sogar explizit ein, und dass niemand den Kardinal Lehmann wird zwingen können, dem Pater Schmidberger seine Domkirche zur Verfügung zu stellen, wenn er das nicht will, ist wohl zu klar, als dass es noch weiterer Erläuterung bedürfte.] Sie bekennen sich offen zu der Absicht, Maßnahmen der Gesamtkirche für ihren Zuständigkeitsbereich zu konterkarieren [nein, das tun sie nicht, wie oben dargelegt wurde; eine Personalprälatur bedeutet, dass es eine kirchenrechtlich anerkannte Struktur gibt, die, so die Ortsbischöfe dies gestatten, in den jeweiligen Diözesen wirken darf. Genauso soll es nach diesem Schreiben gehalten werden. Das hat noch nicht einmal neben „konterkarieren“ gelegen. Es zeigt nur erneut, warum eine Personalprälatur für die FSSPX Selbstmord wäre, und sie deshalb von keiner an einer Einigung interessierten Seite akzeptiert werden kann.] und bestätigen erneut, daß sie das Schlagwort der „Kollegialität“ als Mittel zur Aufspaltung der Gesamtkirche in Nationalkirchen mißbrauchen. [Im Gegenteil. Die Kooperation von Bischöfen aus mindestens drei (deutschsprachigen) Ländern widerspricht der Nationalkirchenhypothese eklatant.] Innerhalb dieser Nationalkirchen wollen sie – ebenfalls im Widerspruch zum geltenden Recht [ein solcher Widerspruch ist an keiner Stelle in dem Artikel aufgezeigt worden – es ist eine schiere Behauptung, und eine falsche noch dazu – siehe oben] – einen zentralistischen Apparat installieren [von der Installation eines zentralistischen Apparats ist nun wirklich nirgendwo in dem zitierten Schreiben die Rede gewesen.] , der Ortsbischöfen, die Minderheitspositionen vertreten, das Recht zur eigenständigen Leitung ihrer Diözesen bestreitet. [Auch ganz ohne Kollegialität stünde es jedem Ortsbischof natürlich frei, sich mit anderen Ortsbischöfen zu beraten und dann gemeinsame Beschlüsse zu fassen. Wer wollte es Bischöfen verwehren, gemeinsam zu beraten und für ihre Diözesen eine gemeinsame Linie zu finden, so die Exzellenzen dies wünschen? Und wenn sich die Minderheit, die es gern anders hätte, doch dazu entschließt, den Beschlüssen der Mehrheit zu folgen, dann zeigt dies nur, dass die Minderheit nicht bereit ist, gegen den Strom zu schwimmen, und nicht, dass irgendein zentralistischer Apparat faktisch die Macht des Ortsbischofs beschränkt hätte.]

Auf Summorum Pontificum finden sich sonst oft wertvolle Informationen und Analysen, auf die hier auch schon öfters verwiesen worden ist. Auch in diesem Fall mag die ursprüngliche Quelle vertrauenswürdig sein. Ich halte es für sehr plausibel, dass die diversen deutschsprachigen Bischofskonferenzen eine gemeinsame Strategie planen, um die Piusbrüder möglichst stark zu behindern, wenn eine Einigung mit Rom erfolgen sollte. Es würde mich sehr überraschen, wenn die sonst immer gut organisierten modernistischen Kräfte diesmal nicht gut auf alle Eventualitäten vorbereitet wären.

Doch was das von Summorum Pontificum zitierte Schreiben betrifft, das eine gemeinsame Linie der deutschsprachigen Bischöfe gegen die Piusbruderschaft darlegt, so sehe ich nicht den geringsten Grund, dies als einen Rechtsbruch oder gar als schismatischen Akt anzusehen. Im Gegenteil. Dieses Schreiben zeigt, ob es echt ist oder nicht, ob es wirklich kursiert, oder auf falschen Informationen beruht, wieder einmal auf, warum die Personalprälatur vollkommen inakzeptabel für eine Piusbruderschaft ist, die weiterhin ernsthafte Konzilskritik betreiben und gegen Modernismus und Häresien zu Felde ziehen will. Nach can. 294 können nur Priester und Diakone einer Personalprälatur angehören. Die Anhänger der Piusbruderschaft hätten keine Möglichkeit, sich formell dieser Bruderschaft anzuschließen.  Dies würde bedeuten, dass sie für jede bei den Piusbrüdern vorgenommene Firmung oder Eheschließung die Genehmigung des Bistums einholen müssten. Sie stünden weiterhin unter der Jurisdiktionsgewalt des Ortsbischofs. Da die Personalprälatur auf den Weltklerus beschränkt ist, wären auch die der FSSPX angeschlossenen Ordensgemeinschaften ausgeschlossen. Und nach can. 297 könnte die Personalprälatur in einem Bistum nur mit Einwilligung des Ortsbischofs Niederlassungen unterhalten bzw. einrichten. Was also anscheinend seitens des deutschsprachigen Episkopats geplant ist, beschränkt sich auf die Ausübung ihrer kirchenrechtlichen Befugnisse.

Man mag argumentieren, dass diese Handlung nicht der Wille des Papstes wäre, und die Bischöfe sich damit dem Geiste einer solchen Einigung widersetzen, wenn auch nicht dem Buchstaben des Kirchenrechts. Doch der „Geist der Personalprälatur für die FSSPX“ ist, wie der „Geist des Konzils“ keine Grundlage für die Behauptung, jemand habe „schismatisch“ oder „gegen geltendes Recht“ gehandelt. Eine solche Handlung der deutschsprachigen Bischöfe wäre sehr bedauerlich, doch gänzlich erwartbar.

Eine regularisierte Piusbruderschaft mit einem Ordinariat könnte einfach mit den Schultern zucken, wenn die Bischöfe ihnen nicht helfen. Die Situation wäre dann nicht anders als jetzt auch, nur dass sie eine kirchenrechtliche Anerkennung durch Rom im Rücken hätten.

Das kursierende Schreiben ist also kein Beweis für Schisma und Rechtsbruch seitens der Bischöfe, sondern ein weiteres Indiz, dass eine Personalprälatur für die FSSPX kein gangbarer Weg ist. Die Personalprälatur für die Piusbruderschaft ist entweder eine Falle (was ich dem Heiligen Vater nicht zutraue), oder wenn keine Falle, dann doch zumindest ein tragischer Irrtum.

Man sagt, einem geschenkten Gaul schaue man nicht ins Maul. Wir wissen jedoch, wie das für das alte Troja ausgegangen ist…

Ein kleines Pius-Update

In den letzten Wochen hat sich hinsichtlich einer möglichen kirchenrechtlichen Anerkennung der Piusbruderschaft nicht mehr viel getan. Nachdem sich die Glaubenskongregation im Mai mit der Frage befasst hatte, dürfte der ganze Vorgang nun  beim Heiligen Vater liegen. Obwohl mache Spekulationen erwarten ließen, dass eine Entscheidung noch im Mai fallen würde, steht es dem Papst natürlich frei, wie lange er über die Sache nachdenken und was er unternehmen will, wenn er denn handelt. Seitens der Piusbruderschaft weist man immer wieder darauf hin, dass nun alles in den Händen des Papstes liege, und man auf seine nächste Reaktion warte. In dieser Zeit, so etwa Bischof Fellay in diesem Interview, sollten die Gläubigen intensiv für einen guten Ausgang der Verhandlungen beten und in ihren diesbezüglichen Bemühungen nicht nachlassen.

Ich kann daran, egal von welcher „Seite“ der Debatte um die Piusbruderschaft man kommt, nichts schlechtes finden. Die Angelegenheit liegt in den Händen des Papstes, und bis dieser zu einer Entscheidung gelangt ist, und diese dann verkündet, sollten alle Katholiken darum beten, dass Gottes Wille getan werde, und alle Beteiligten sich diesem Willen ganz unterwerfen.

Die Schwierigkeiten sind immens. Nach wie vor scheinen zumindest einige der drei anderen Bischöfe der Bruderschaft jeglichem bisher existierenden Einigungsvorschlag sehr skeptisch gegenüber zu stehen – wie Bischof Tissier de Mallerais bei einer Predigt am Dreifaltigkeitssonntag deutlich zu verstehen gegeben hat. Ob die Bedenken gegen den am Ende vorliegenden Vorschlag stark genug sind, um die Piusbruderschaft zu zersplittern, kann man jetzt noch nicht absehen. Dass aber zumindest eine kleine Rumpf-FSSPX übrigbleiben wird, die sich den Annäherungsversuchen aus Rom entschieden aus Angst vor einer „Ansteckung durch das modernistische Rom“ widersetzt, kann man für den Fall einer erfolgreichen Einigung ebenso absehen, wie dass es die regularisierten Piusbrüder in ihrer neuen kirchenrechtlichen Stellung sehr schwer haben und großen Behinderungen ihres Wirkens durch modernistische Laien, Priester und Bischöfe ausgesetzt sein werden.

Über diese Wahrscheinlichkeiten hinaus, lässt sich sehr wenig über die aktuelle Lage mit zureichender Sicherheit sagen. Überraschend finde ich allerdings, dass angesichts der grassierenden Lecks im Vatikan noch keine Details über die Gespräche mit der FSSPX durchgesickert sind. Wollen wir hoffen, dass das auch so bleibt, bis die Gespräche zu einem guten Ende, worin dies auch bestehen mag, gekommen sind.