Tradi-Ökumene

Seit Monaten, wenn nicht gar Jahren, kündigt sich dieses Ereignis schon an. Jetzt ist es geschehen – Bischof Williamson ist aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen worden, wie man in diesem Kommuniqué des Generalhauses der Bruderschaft nachlesen kann. Ein notorischer Quertreiber, der große Schwierigkeiten mit dem Gehorsam hat, der direkte Anordnungen seines legitimen Oberen nicht befolgt, selbst wenn diese überhaupt nicht im Widerspruch zu Glaube oder Sittenlehre stehen, ist ein großes Problem für jede kirchliche Vereinigung.

Für eine Gruppe wie die Piusbruderschaft, die unter Bischof Fellay den ernsthaften Versuch unternimmt, Widerstand bis zum Ungehorsam gegen die als grenzwertig modernistisch empfundenen Neuerungen des Konzils zu leisten, ohne dadurch einen Bruch mit Rom zu vollziehen, ist so jemand umso schlimmer. In diesem Sinne ist es gut, dass Williamson nun ausgeschlossen worden ist.

Was jetzt passieren wird, ist noch unklar. Williamson und einige (wenige) andere Fellay-Gegner werden vielleicht eine eigene Gruppe eröffnen, vielleicht auch als unabhängige Traditionalisten durch die Welt geistern, und den Abfall der Piusbruderschaft von der Tradition verkünden. Vermutlich wird die Piusbruderschaft sich in Zukunft stärker gegen „williamsonistische“ Strömungen abgrenzen. Ebenso haben sich andere traditionell-katholische Gruppen wie die Petrusbrüder lange von der Piusbruderschaft abgegrenzt, weil diesen – anders als jenen – die kirchenrechtliche Legitimation fehlt.

Trotz wachsender Priesterzahlen und steigender Tendenz bei den Messorten und Messzentren sind die verschiedenen traditionellen bis traditionalistischen Gruppierungen ineffektiv und zum langsamen Tod verurteilt, wenn sie sich immer weiter zersplittern. Wenn wirklich eine Aussicht bestehen soll, der Tradition in Messe, Spiritualität, Theologie usw. wahres Heimatrecht in der Kirche zu verschaffen, auch in der alltäglichen Gemeindepraxis, dann wird das nur funktionieren, wenn die Anhänger der katholischen Tradition entschlossen und einheitlich dafür kämpfen, oder doch zumindest „getrennt marschieren und vereint schlagen“.

Sicher gibt es entscheidende Differenzen zwischen WIlliamson, Fellay, der Petrusbruderschaft und Traditionstreuen, die anderen Gruppierungen angehören, oder innerhalb der diözesanen Strukturen ihren allzu oft vergessenen und einsamen Kampf gegen Banalisierung und Beliebigkeit führen. Williamsons absurde historische Theorie über den Holocaust, die kirchenrechtliche Stellung der FSSPX, die Tatsache, dass einige Petrusbrüder bereit sind, unter bestimmten Umständen den Novus Ordo zu zelebrieren, und die Tatsache, dass die in diözesanen Strukturen tätigen Traditionstreuen dies fast immer tun müssen – all diese Differenzen und viele mehr sollten wir nicht vergessen.

Doch haben wir nicht alle den gleichen Glauben? Gehören wir nicht alle zur gleichen Kirche (weder Williamson noch die FSSPX sind exkommuniziert)? Wäre es nicht besser, wenn alle traditionstreuen Kräfte koordiniert für ihre gemeinsamen Ziele streiten würden, statt ihre Kräfte darauf zu verschleudern, sich praktisch gegenseitig zu exkommunizieren? Die modernistische Strategie ist divide et impera – teile und herrsche. Bisher haben sie Erfolg, weil die Traditionalisten sich teilen, spalten lassen.

Traditionelle Katholiken legen zurecht großen Wert auf die Reinheit der kirchlichen Lehre und Überlieferung, und verweigern Kompromisse, um diese Reinheit nicht zu kompromittieren. Aber in welchen Glaubenssätzen, in welcher Theologie des Messopfers, um nur ein Beispiel zu nennen, unterscheiden sich die Pius- und Petrusbrüder? Ja, ich weiß, die Piusbrüder haben eine irreguläre kirchenrechtliche Stellung, und das ist ein Problem. Doch es ist kein unübersteigbares Problem. Niemand verlangt von den Petrusbrüdern, dass sie den Messbesuch in Pius-Kapellen empfehlen (und umgekehrt). Niemand verlangt von Williamson, dass er sich mit Fellay versöhnt und seine Differenzen inhaltlicher Natur vergisst. Niemand verlangt von den Piusbrüdern, dass sie so tun sollen, als hätte Bischof Williamson sich nicht absolut unerträglich verhalten, und die legitime Autorität des Generaloberen mit Füßen getreten.

Ich fürchte, dass diese Differenzen, diese internen Grabenkämpfe innerhalb der traditionellen katholischen Gemeinschaften, die volle Wiederverankerung der Tradition in lehramtlicher Theologie und pastoraler Praxis, im alltäglichen Leben der Gemeinden, verhindern werden. Ich fürchte, dass in Zukunft jede Äußerung von Williamson aus der FSSPX ebenso negativ kommentiert werden wird, wie es seit langem zwischen Pius- und Petrusbrüdern geschieht. Die einen sind Schismatiker und die anderen haben die Tradition an die Modernisten verkauft. Was für ein Unsinn! Sie alle sind Anhänger der einen, unteilbaren katholischen Tradition, und was sie auch trennen mag, es eint sie ein und derselbe Glaube, die Anhänglichkeit an denselben Papst, und die Feier derselben Sakramente.

Alle, die in Glaube, Papsttum und Sakramenten untereinander geeint sind, und für die Restituition der Tradition in der Kirche eintreten, sollten den Wert etwas ganz pragmatischer, ganz undogmatischer Ökumene lernen. Das mag für traditionalistische Ohren provokativ klingen und ist es vermutlich auch. Doch es geht nicht um dogmatische Kompromisse, sondern um pragmatische Zusammenarbeit.

Mit Zähnen und Klauen verteidigen die verschiedenen Gruppen die katholische Tradition und arbeiten unermüdlich an ihrer Wiederherstellung, wo immer sie beschädigt worden ist. Doch was wäre, wenn sie es schafften, zusammenzuarbeiten? Was wäre, wenn sie nicht mehr ihre Energien darauf verschwendeten, jedem haarklein darzulegen, warum der Traditionalist von Nebenan kein WAHRER Traditionalist ist – sondern ein Schismatiker, oder ein verborgener Modernist?

Vielleicht könnte die Verankerung der Tradition schon viel weiter sein, wenn wir das Feuer unserer Argumente und unserer Tatkraft allein auf die echten Feinde der Tradition – die Neoreformatoren und Modernisten – richten würden.

Wenn die Traditionalisten Erfolg haben wollen, dann müssen sie aufgrund unterschiedlicher Schwerpunkte und Überzeugungen in vielen Einzelfragen vermutlich getrennt marschieren, aber sie müssen auch (aufgrund fundamentaler Einigkeit im Glauben und in den Sakramenten) vereint schlagen. Und das bedeutet: Sie müssen etwas Tradi-Ökumene betreiben. Vielleicht einige inter-traditionalistische Gebetstreffen abhalten, wenn auch sicher nicht in Assisi…

Wahrscheinlich wird die FSSPX jetzt keine Gelegenheit versäumen, um sich von Williamsons Getreuen abzugrenzen – und umgekehrt – so wie es seit Jahren zwischen FSSPX und FSSP geht. Ich habe keine große Hoffnung, dass es diesmal anders laufen wird als sonst.

Während wir uns in internen Scheingefechten zerfleischen, brennt die Kirche, unsere Mutter. Wer würde nicht der Mutter helfen, wenn sie brennt, weil er sich lieber mit seinem Bruder über Details streitet? Nein, alle Brüder, die sich der Tradition verbunden fühlen, müssen mit Wassereimern herbeilaufen, um den Brand zu löschen, auch wenn es unterschiedliche Wassereimer sind. Jeder muss dazutun, was er eben geben kann, auch wenn sein Beitrag den anderen nicht gefällt. Wichtig ist nur, dass wir dabei helfen, den Brand zu löschen.

Die Pius-Tragödie: Nächster Akt

Man weiß bald nicht mehr, was man dazu noch sagen soll – wieder einmal gibt es Neues von dem Tauziehen um die kirchenrechtliche Stellung der Piusbruderschaft (oder ihr Fehlen) zu berichten. Wieder einmal sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Dokumente durchgesickert, und wieder einmal sieht es so aus, als seien auf beiden Seiten – in Rom und in der FSSPX – Kräfte am Werk, die eine fruchtbringende Einigung mit allen Mitteln verhindern wollen. Informieren kann man sich z.B. hier oder hier.

Es sieht, den verlinkten Quellen folgend, jetzt wohl so aus, als habe es bereits im April, als es schon hieß, eine Einigung stehe unmittelbar bevor, oder sei gar eine ausgemachte Sache, eine Verständigung zwischen Bischof Fellay und dem Heiligen Vater gegeben, die aber aus welchen Gründen auch immer zwischen April und Juni wieder zurückgezogen oder modifiziert wurde. Diese Zusammenhänge stellt Côme de Prévigny auf Rorate Caeli trefflich dar. Man wird nun lange Spekulationen über die möglichen Ursachen dieser wechselnden Winde anstellen können – Winde, die im April Bischof Fellay dazu veranlassten, vorsichtig optimistisch zu sein, und die sich jetzt umgekehrt zu haben scheinen. Ich möchte diese Spekulationen nicht befeuern und stelle sie daher nicht an. Stattdessen verliere ich im folgenden einige Worte über ein grundsätzlicheres Problem, das mir hinter diesem nicht enden wollenden Verhandlungsmarathon zu stehen scheint:

Ich weiß, wie gesagt, eigentlich nicht mehr was ich dazu noch sagen soll. Ich glaube inzwischen auch nicht mehr, dass eine Rekonziliation zwischen der Piusbruderschaft und Rom, eine kirchenrechtliche Anerkennung, derzeit sinnvoll oder auch nur durchsetzbar wäre. Man verstehe mich nicht falsch: Ich würde sie wirklich begrüßen, doch die Umstände scheinen nicht richtig zu sein.

Im April, so heißt es in dem jetzt durchgesickerten Schreiben, habe Bischof Fellay eine Erklärung in Rom vorgelegt, die dem Heiligen Vater ausreichend erschien. Doch nun, am 13. Juni, sei aus Rom eine Art Gegenvorschlag eingegangen, dessen Substanz identisch mit der bereits von der FSSPX abgelehnten Präambel vom 14. September 2011 sei. Mit anderen Worten: Alle Annäherungen, alle Schritte, die vielleicht zu einer Einigung hätten führen können, sind damit wieder hinfällig geworden. Aus irgendeinem Grund hat man sich in Rom hinter den Schutzwall bereits abgelehnter Verhandlungsgrundlagen zurückgezogen. Eine Einigung, so wage ich zu behaupten, ist damit wieder in weite Ferne gerückt. Mehr noch: Das Projekt scheint mir gescheitert.

Wenn Bischof Fellay, wie in dem verlinkten Schreiben behauptet, bereits nach der ersten Durchsicht gesagt hat, man könne diesen Vorschlag unmöglich annehmen, dann wäre dies eine sehr bedeutsame Entwicklung. Denn unter den vier Bischöfen der Bruderschaft war Fellay immer derjenige, der einer Rekonziliation am ehesten positiv gegenüberstand.

Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es jetzt weitergehen wird. Bei der FSSPX steht nun ihr turnusmäßiges Generalkapitel an, und dort wird man alles noch einmal intensiv durchdiskutieren und von allen Seiten beleuchten. Doch was soll das ändern? Die Piusbruderschaft ist nicht bereit, inhaltliche Abstriche von ihrer Position zu machen. Aus ihrer Sicht bleibt das Konzil ein Irrweg, der Novus Ordo nicht nur theologisch minderwertig, sondern praktisch schädlich, da in ihm ein anderer Glaube als der traditionelle katholische vermittelt werde, und die kirchliche Verkündigung seit dem Konzil durch und durch modernistisch, bis hin zur Ebene der Päpste. Und die FSSPX wird nicht plötzlich von diesen Themen schweigen. Sie glaubt, Christus sei entthront worden, und dafür, ihn wieder auf den Thron zu setzen, wird sie bis zum letzten Atemzug kämpfen. Solange Rom dies nicht in einer kirchenrechtlich regulären Stellung erlauben will, wird sie es in irregulärer Stellung tun.

Umgekehrt ist Rom fest davon überzeugt, dass das Konzil ein großer Wurf war, und dieser Weg weitergegangen werden muss, auch wenn so manche zu radikale Interpretation nun abgeschwächt werden soll. Die Neue Messe ist und bleibt, auch nach dem Willen des Papstes, die normative Messe, und in der „pastoralen“ Praxis ist sie weiterhin die einzige, die in Freiheit zelebriert werden kann. Summorum Pontificum ist praktisch eine Karteileiche – das Motu Proprio wird nicht durchgesetzt und von den meisten Bischöfen einfach ignoriert. Sicher möchte man das Konzil ein wenig uminterpretieren, so dass es nicht mehr als radikaler Bruch mit der Tradition erscheint – Reform statt Revolution. Doch es bleibt dabei: Der Unterschied zwischen Reformern und Revolutionären ist nur das Tempo – das Ziel ist dasselbe. Der Reformer bricht langsam mit der Tradition, so dass es niemandem auffällt. Deswegen ist er häufiger erfolgreich als der Revolutionär. Aber brechen tut er ganz genauso. Die Hermeneutik der Reform ist also eine Hermeneutik des langsamen, kontinuierlichen, schonenden Bruchs. Eine „Hermeneutik des Umbiegens“ sozusagen.

Für die Piusbruderschaft ist keine Akzeptanz einer solchen „Hermeneutik des Umbiegens“ möglich. Sie hält unbeirrbar an dem fest, was Erzbischof Lefebvre im Gefolge der Tradition immer geglaubt und gelehrt hat. („Tradidi quod et accepi“) Ginge es wirklich um eine „Hermeneutik der Kontinuität“, so lägen die Dinge womöglich anders. Wollte man in Rom wirklich „Kontinuität“ statt „Reform“, wollte man also wirklich an der Tradition festhalten, bzw. in der „pastoralen“ Praxis zu ihr zurückkehren, so wäre die FSSPX sicher ganz aufgeschlossen. Bischof Fellay hat dies immer wieder deutlich gemacht: Wenn man von der Bruderschaft nicht verlangt, dass sie Abstriche an Glauben, Liturgie und Verkündigung macht, so wird sie nicht nein sagen. Selbst wenn mancher in der FSSPX damit seine Schwierigkeiten hätte, und selbst wenn das einen großen Kampf gegen die Bruchhermeneutiker in der Kirche bedeuten würde.

Doch im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn sie doch Abstriche vom Glauben, von der Liturgie, von der Verkündigung machen soll, dann wird sie nicht ja sagen. Wenn Rom sich weigert, der FSSPX die Gelegenheit zu dem von Erzbischof Lefebvre geforderten „Experiment der Tradition“ zu geben, in voller Freiheit von Behinderungen durch modernistische Ortsbischöfe, die in Europa leider nicht selten sind, dann wird sie – auch das hat Fellay nicht unterschlagen – nein sagen müssen.

Eine kirchenrechtliche Anerkennung einer Piusbruderschaft, die weiterhin einen Bruch zwischen Konzil und Tradition sieht und davon nicht schweigen möchte, scheint mir damit unmöglich, oder zumindest extrem unwahrscheinlich. Beide Seiten haben ihre Überzeugungen, und beide Seiten werden darüber sprechen können, bis sie schwarz werden. Ändern wird das nichts. Für eine Einigung müsste entweder die FSSPX auf ihre Vorbedingung eines freien Experiments der Tradition, das nicht von den Ortsbischöfen ausgehebelt oder aufs Abstellgleis geschoben werden könnte, verzichten, und ihre Konzilskritik weitgehend abschwächen oder einstellen, oder Rom gesteht der FSSPX eben diese volle Freiheit zu. Doch beides scheint inzwischen unmöglich.

Aus der Sicht der FSSPX könnte man möglicherweise sagen: Entweder Rom kehrt zum überlieferten Glauben zurück, oder wir brechen mit dem überlieferten Glauben. Da wir nicht mit dem Glauben brechen können, und Rom nicht dorthin zurückkehren will, ist keine Einigung möglich.

Aus Sicht Roms könnte man vielleicht sagen: Entweder die FSSPX erkennt die Segnungen des Konzils an, oder wir distanzieren uns von dieser dringend nötigen Kirchenreform. Doch wir können das Konzil nicht revidieren, und die FSSPX wird es nicht anerkennen, also ist keine Einigung möglich.

Am Ende, wenn der Rauch aller diplomatischen Initiativen geklärt ist, läuft es immer wieder auf die Integrität des ganzen, überlieferten, wahren katholischen Glaubens heraus. Ist dieser in seiner Substanz durch das Konzil angegriffen? Wenn ja, dann ist keine Versöhnung mit der „Konzilskirche“ möglich, in wie wundervolle diplomatische Floskeln man das auch kleiden mag.

Und dann ist noch die Frage, woran man erkennt, ob die Substanz des Glaubens durch das Konzil angegriffen worden ist. Rein dogmatisch-theologisch gesprochen erkennt man dies durch feinsinnige theologische Analysen der Konzilstexte, wie sie ja auch von katholischen Intellektuellen wie Msgr. Gherardini, Roberto de Mattei und anderen gefordert worden sind. Doch für die FSSPX ist das nicht der alleinige Maßstab. Das Konzil wollte „pastoral“ sein. Also schauen sie einfach ganz pastoral in die durchschnittlichen Gemeinden. Ist der Glaube dort in seiner Substanz angegriffen? Wird das Konzil, das real existierende Ereignis des Konzils, als Waffe gegen die Substanz des Glaubens eingesetzt? Und sie kommen zu dem klaren Ergebnis: Ja, es ist so.

Also können sie davon auch nicht schweigen. Und Rom kann sie davon nicht frei reden lassen. Also gibt es keine Einigung. Wie man dies auch immer diplomatisch formulieren mag.

Einige Klarstellungen zur FSSPX-Diskussion

Mein Beitrag über die mögliche Reaktion der deutschsprachigen Bischöfe auf eine Regularisierung der Piusbruderschaft hat ein reges Interesse hervorgerufen – sowohl im Kommentarbereich hier auf Kreuzfährten, als auch auf der Webseite „Summorum Pontificum“, deren Artikel ich kommentiert hatte. Aufgrund dieser unerwarteten Aufmerksamkeit, und um Missverständnisse auszuschließen, die vielleicht aufgetreten sein könnten, möchte ich an dieser Stelle noch einmal einige Punkte klarstellen:

1. Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob es wirklich einen Plan der deutschsprachigen Bischöfe gegen eine regularisierte Piusbruderschaft gibt. Summorum Pontificum, ein sonst recht zuverlässiges Portal, berichtete davon, jedoch ohne eine ausdrückliche Quelle zu nennen. Es erscheint auch recht plausibel, da sehr viele Bischöfe auch gegenüber der vergleichsweise gemäßigten Petrusbruderschaft und anderen bereits heute kirchenrechtlich regulären traditionellen Gruppierungen eine Linie der unbedingten Opposition verfolgt haben. Doch ob der konkrete Plan wirklich existiert, kann ich nicht beurteilen.

2. Ich möchte aus diesem Grund klar und deutlich feststellen, dass es mir in keiner Form darum geht, ein Gerücht zu verbreiten, oder ihm irgendeinen Raum zu geben. Vielmehr bestand und besteht meine Absicht darin, auf die Schwierigkeiten des kirchenrechtlichen Konstrukts einer Personalprälatur für die Piusbruderschaft hinzuweisen. Zudem wollte ich meinen Eindruck darlegen, dass ein solcher „Verhinderungsplan“ jederzeit rechtens wäre, selbst wenn er nicht dem Geist einer Rekonziliation entspräche. Das ohnehin auch ohne mein Zutun veröffentlichte und verbreitete Gerücht eines möglichen internen Anti-Pius-Plans war dazu nur der Anlass, nicht der Grund.

3. Die in der Reaktion auf meinen Beitrag auf Summorum Pontificum angedeutete Unterscheidung zwischen „Recht“ und „richtig“ teile ich in vollem Maße. Wenn man im Vollsinn des Wortes legitim reagieren will, kann man einer kirchenrechtlich anerkannten Piusbruderschaft nicht grundsätzlich die Zusammenarbeit verweigern oder sie gar von jeglicher Aktivität in der Diözese ausschließen, selbst wenn man kirchenrechtlich dazu befugt ist. Die durch das (womöglich fiktive) Schreiben ausgedrückte Haltung ist meines Erachtens vollkommen legal, aber nicht legitim. Gerade im Kirchenrecht müssen formaljuristische Auslegungsfragen immer unter dem übergeordneten Gesichtspunkt des Seelenheils betrachtet werden. Den Ausführungen auf Summorum Pontificum zu diesem Thema kann ich mich nur anschließen.

4. Auf Summorum Pontificum wird meinem Beitrag eine „solide juristische Grundausbildung“ attestiert. Dies mag der Fall sein, oder auch nicht. Ich verfüge allerdings über keine formale kirchenrechtliche Bildung. Wenn ich etwas über kirchenrechtliche Fragen weiß, dann ist dies keine Folge formaler Bildung, sondern nur meines Interesses an einer Einigung zwischen Rom und der Piusbruderschaft. Falls jemand den Eindruck gewonnen haben sollte, ich besäße besondere juristische Expertise, so wäre dieser Eindruck falsch.

5. In manchen Kommentaren zu dem Beitrag über die „FSSPX und das Trojanische Pferd“ (oben verlinkt) wurde die Kritik geäußert, ich hätte eine zu negative Sicht der Absichten aus Rom bzw. des Papstes. Besonders kritisch wurde die These gesehen, Rom stelle der FSSPX entweder eine Falle, oder begehe einen tragischen Irrtum. Ich möchte deutlich betonen, dass ich dem Heiligen Vater keinerlei böse Absicht unterstelle. Er hat auch sicherlich bessere kirchenrechtliche Experten als ich. Zudem ist er direkt über die Sachlage informiert (oder wir wollen es zumindest hoffen – auszuschließen wage ich kaum etwas). Ferner möchte ich betonen, dass ich Bischof Fellay und dem Heiligen Vater vertraue, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

6. Kommentieren kann man nur auf der Basis der bekannten Informationen in Verbindung mit Vermutungen, für die wenigstens vertrauenswürdige Quellen oder gut begründbare Indizien sprechen. Deswegen ist jeder Kommentar immer abhängig von der Verfügbaren Faktenlage. Sollte das rechtliche Konstrukt einer Personalprälatur für die Piusbruderschaft tatsächlich modifiziert werden, wie etwa Bischof Fellay es sich zu wünschen scheint, so könnten alle meine Worte hinfällig sein. Womöglich wäre die Personalprälatur in ihrer modifizierten Form das beste rechtliche Vehikel für eine Regularisierung der FSSPX unter Wahrung ihrer legitimen Anliegen und Handlungsfreiheit auch unter feindlichen Ortsbischöfen. Diese Entwicklungen bleiben selbstverständlich abzuwarten.

7. Das allerwichtigste, das ich in meinem thematisch eng umgrenzten Beitrag nicht erwähnt habe, das man aber eigentlich nie unerwähnt lassen sollte, wenn man zu den Einigungsbestrebungen zwischen Rom und FSSPX spricht, ist allerdings das Gebet. Bischof Fellay unterlässt diesen Hinweis in keinem Interview und keiner Äußerung zum Thema. Alle Leser, gleich welche Auffassung sie zu den diversen umstrittenen Fragestellungen auch haben mögen, sollten dafür beten, dass in jedem Fall Gottes Wille geschehe. Wenn die Einigung jetzt möglich und sinnvoll ist, dann soll sie geschehen. Wenn sie noch verfrüht ist, und beide Seiten mehr Zeit brauchen, dann sollten wir auch diese Verzögerungen akzeptieren.

Ich persönlich hielte es für besonders angemessen, den Heiligen Papst Pius X., den Streiter gegen den Modernismus, den Namensgeber der Piusbruderschaft, den größten Papst des 20. Jahrhunderts, um seine Fürsprache zu bitten. Doch überhaupt sollten wir alles versuchen, und den Himmel mit unseren Gebeten bestürmen, dass ein Weg gefunden werde, damit die großen Gaben, mit denen die FSSPX beschenkt ist, in voller Gemeinschaft mit Petrus zu noch größerem Erfolg eingesetzt werden können, und dass auch die Herzen der Verantwortlichen auf Diözesanebene in den deutschsprachigen Ländern erweicht und dazu bewegt werden, das „Experiment der Tradition“ ohne Vorurteile zuzulassen.

Die Kirche der Zukunft…

… ist klein, aber traditionell katholisch. In der Erzdiözese von New York (2 Millionen Katholiken) wurde im letzten Jahr nur ein einziger Priester geweiht. Das ist die schlechte Nachricht.

Die gute Nachricht: Er feierte seine erste Messe natürlich als levitiertes Hochamt im traditionellen Ritus. Es ist nicht zu erwarten, dass dieser Priester allzu viel Verständnis für die üblicherweise geforderte Anpassungsarie an die moderne Welt aufbringen wird.

Einige Gedanken zur Zukunft der Kirche

Mehr und mehr scheint dies das Bild in der Kirche zu sein. Da sich das Lehramt auch nach dem Konzil gegen einen offenen theologischen Bruch gestellt und viele der besonders unpopulären moralischen Lehren, wie etwa zu Abtreibung, Homosexualität, Scheidung, Verhütung usw. verteidigt hat, ist die Attraktivität der Kirche für die überzeugten Modernisierer zurückgegangen. Die alten Vorkämpfer sterben langsam aus, oder werden irrelevant. Die junge Generation ist, allgemein gesprochen, keineswegs konservativ oder traditionell katholisch. Im Gegenteil, sie hat den Geist der Moderne voll internalisiert. Doch sie ist konsequent. Sie sieht keinen Grund darin, diese starrsinnigen Köpfe in der Kirche weiter ernstzunehmen. Sie will die Kirche nicht verändern – sie geht einfach irgendwohin, wo es ihr besser gefällt. Die Jugend ist pragmatisch. Sie haben die Lektion des Relativismus gelernt: Jeder soll doch machen, was er will. Und wenn es ihnen nicht passt, dann gehen sie halt und zucken mit den Schultern. Es ist ihnen einfach egal.

Die junge Generation verlässt massenhaft die katholische Kirche – es gibt keine Renaissance des Katholizismus in der jungen Generation. Aber weil diese jungen kirchenfernen Menschen gar keine Bindung an die Kirche besitzen, fühlen sie sich ihr gar nicht mehr zugehörig. Sie kümmern sich nicht um irgendwelche Laienräte, und nichts ist für sie langweiliger als Kirchenpolitik. Und sie treten mehr und mehr einfach aus.

Doch wenn die alte Generation der Modernisten ausstirbt, und die Junge austritt, wer bleibt dann noch übrig? Es ist die kleine Minderheit, alt und jung, die den Glauben bewahrt hat, und die ihn weitertragen wird.

Diese Minderheit sieht den liturgischen Schatz der „tridentinischen“ Messe sehr positiv, selbst wenn einige unter ihnen glauben, man könne den Novus Ordo ebenso ehrfürchtig und mit der korrekten katholischen Theologie des Messopfers zelebrieren. Sie alle sehen in der traditionellen Messe einen unermesslichen Schatz, dem heute und für immer ein würdiger Ehrenplatz in der katholischen Kirche zusteht.

Die zum Priesterstand berufenen Männer dieser Minderheit werden sehr oft in der „außerordentlichen Form“ zelebrieren wollen – manche ausschließlich, andere abwechselnd mit der „ordentlichen Form“. Sie teilen eine große Liebe zur wahren katholischen Theologie, selbst wenn viele von ihnen sie nicht als Teil ihrer Ausbildung präsentiert bekommen, und wollen den Glauben verkündigen und verbreiten.

Dies ist eine Minderheit, die sich längst damit abgefunden hat, dass die Volkskirche nicht mehr existiert, und man vor der Wahl steht, noch für einige Jahre weiterhin die Illusion zu präsentieren, indem man halsbrecherische Kompromisse mit der Welt eingeht, oder direkt wieder den unverkürzten katholischen Glauben zu bekennen und für ihn einzustehen, selbst wenn das zu einer kleineren, ärmeren Kirche führt, die ihre weltlichen Ambitionen vollständig einstellen muss.

Es ist dies eine kleine Schar von Katholiken, ein Rest, dessen fortdauernde Existenz uns zugesichert ist, aber auch eine Keimzelle, aus der vieles entspringen kann, wofür heute unsere Vorstellungskraft noch nicht reicht.

Sie lieben die Tradition nicht aus Nostalgie, sondern aus Überzeugung. Sehr viele von ihnen kennen die Tradition gar nicht mehr aus erster Hand, aber sie kennen die Theologie und sind fasziniert von ihr. Und weil sie wirklich von der Wahrheit des katholischen Glaubens überzeugt sind, und weil sie Christus wirklich lieben, werden sie auch seine Gebote halten, so gut sie können. Und sie werden in der Tugend wachsen, nach Heiligkeit streben, und sich nicht mit weltlichem Tand zufriedengeben, wenn sie Gott selbst in Ewigkeit haben können.

Es ist eine kleine Schar, doch das waren die Jünger auch. Darauf kann man aufbauen. Und da die modernen Abrissbirnen die Kirche bis auf die Grundfesten „aufgebrochen“ und „abgebrochen“ haben, ist dieses Aufbauen auch dringend nötig.

Bischof Bernard Fellay, FSSPX, hat in einem langen Vortrag in Wien (Hörempfehlung!) vom 20.5. die aktuelle Situation der Kirche mit einem Winter verglichen, dessen Ende wir absehen können, wenn wir die ersten Knospen blühen sehen. Es sei noch kalt, es friere, es werde womöglich auch noch viel kälter, aber wir wissen, am Ende kommt der Frühling.

Der Winter mag noch lang sein, doch die ersten Anzeichen des Frühlings sind nicht mehr zu übersehen. Eine kleine, schwache, zarte, doch quicklebendige Kirche erhebt sich zittrig und noch unsicher, mit tastenden Schritten, aus den Trümmern der Moderne, bereit ihr Kreuz zu tragen, bereit zu leiden, bereit zu sterben für die Person, die die Wahrheit ist, entschlossen auf ihren Bräutigam zu warten, und Ihm zu dienen, und Ihm zu Füßen zu fallen in Liebe, wenn Er kommt in Herrlichkeit.

Zum internen Streit in der Piusbruderschaft

Angesichts der nahenden Entscheidung in den Verhandlungen zwischen der Piusbruderschaft und dem Vatikan über eine mögliche kirchenrechtliche Einigung brodelt es innerhalb der Bruderschaft. Auf der einen Seite stehen neben dem Generaloberen Bischof Fellay auch einige Distriktobere, darunter Pater Schmidberger. Sie haben in den letzten Wochen mehrfach versucht, die Piusbrüder auf sich womöglich wandelnde Umstände vorzubereiten, namentlich eine reguläre kirchenrechtliche Stellung mit allem was dazugehört.

Andererseits gibt es, wie erwartet, auch Widerstände innerhalb der Bruderschaft, und sie scheinen heftiger als ich zu hoffen gewagt hatte. Die in solchen Fragen immer gut informierte traditionell katholische Website Rorate Caeli hat ausführlich über die Thematik berichtet.

Katholisches.info spricht von „letzten Sabotageversuchen“ angesichts einer bevorstehenden Einigung mit Rom.

Anlass der erneuten Spekulationen um das Ausmaß des Widerstands gegen eine Einigung mit Rom war ein privater Briefwechsel zwischen den Bischöfen de Galarreta, Tissier de Mallerais und Williamson auf der einen Seite und dem Generalhaus der Bruderschaft auf der anderen Seite. Dieser Briefwechsel hatte auf bisher ungeklärten Kanälen den Weg in die Öffentlichkeit gefunden, obgleich er nicht für ihre Augen bestimmt war. Man kann Vermutungen über den Ursprung des Lecks anstellen, doch mangels handfester Beweise sehe ich keinen Sinn darin. Fellay wirbt seit einiger Zeit für die von ihm vorsichtig befürwortete Einigung, die drei anderen Bischöfe haben schwere Bedenken, die sie in dem vertraulichen Schreiben auch zum Ausdruck bringen.

Doch bevor man jetzt, je nach der persönlichen Meinung, die man von der FSSPX hat, entweder über ihre mögliche Spaltung jubiliert oder dieselbe bedauert, sollten weitere Aspekte Berücksichtigung finden, die zu einer anderen Einschätzung der Lage führen könnten:

1. Ich habe das höchst kritische Schreiben der drei anderen Bischöfe gelesen. (Ich werde es hier nicht zitieren, da es entweder vertraulich gedacht war, oder zur Sabotage der Einigungsbestrebungen diente – und daher in jedem Fall keine weitere Publikation verdient) Es ist zwar scharf in der Sache, bleibt aber sachlich. Dies muss man eingestehen, selbst wenn man Inhalt und Stoßrichtung nicht teilt. Dasselbe gilt auch für das Antwortschreiben von Bischof Fellay.

2. Sollten sich Piusbruderschaft und Rom tatsächlich auf ein praktisches Abkommen einigen, das der Bruderschaft Handlungsfreiheit hinsichtlich der Fortführung ihres bisherigen Werkes ohne inhaltliche Abstriche gewährt, wäre dies sowohl für manche Piusbrüder als auch – besonders – für die innerkirchlichen Modernisten ein schwerer Schlag. Für die einen ist Rom bloß modernistisch und daher unberührbar. Für die anderen – die innerkirchlichen Modernisten – sind die Piusbruder bloß traditionalistisch, aber ebenso unberührbar. Einig sind sie sich nur in ihrer fanatischen Ablehnung jeder Annäherung zwischen Rom und Ecône. Im Gegensatz zu dieser unwahrscheinlichen Allianz stehen sowohl Bischof Fellay als auch Papst Benedikt. Ihnen gebührt daher unsere Unterstützung und, abermals, unser Gebet in diesen entscheidenden Tagen und Wochen.

3. Die Piusbruderschaft leistet für die Kirche bereits heute einen unschätzbaren Dienst, und hat dies in den letzten Jahrzehnten immer getan. Man kann ihr sicher vieles vorwerfen, aber sie hat die traditionelle Messe immer hochgehalten, als sie praktisch in die Wüste geschickt worden war, und dasselbe gilt auch für den traditionellen Glauben, als er mindestens in der Praxis inakzeptabel geworden war. Diesen Dienst braucht die Kirche auch weiterhin. Mit einer schweigenden, ruhigen, stillen, nicht mehr provozierend die Irrtümer der Modernisten aufzeigenden Piusbruderschaft wäre niemandem geholfen, und sei sie auch noch so sehr in voller Einheit mit Rom. Doch wenn die Bruderschaft ihre berechtigte Kritik weiter äußern, ihren Dienst ungehindert fortsetzen kann, dann ist es für alle Beteiligten weitaus besser, wenn dies im Rahmen einer kirchenrechtlichen Struktur geschieht, die der Bruderschaft eine reguläre Stellung innerhalb der Kirche verleiht.

4. Das kirchenrechtliche Zwielicht, in dem die FSSPX seit langer Zeit steht, hat in einer schweren Zeit für die Gesamtkirche die Bewahrung großer katholischer Schätze ermöglicht, auf die man heute zurückgreifen kann. Angesichts der weit verbreitenden Apostasie kann man zumindest annehmen, dass die an den illegalen Bischofsweihen beteiligten Personen, allen voran Erzbischof Lefebvre, in gutem Glauben gehandelt haben, und dass es gute Gründe für die Annahme eines Notstands gab, und sie damit subjektiv gerechtfertigt oder zumindest entschuldigt waren. Doch wenn der Papst ihnen jetzt die Hand reicht, und sie wieder vollständig ins Boot holen möchte, und wenn er von ihnen nicht verlangt, in Zukunft von ihrer Konzilskritik abzusehen, wie könnte man diese ausgestreckte Hand dann zurückweisen? Deutet nicht der Widerstand dreier Bischöfe gegen eine mögliche Einigung darauf hin, dass sie mit Rom dauerhaft gebrochen und sich zumindest faktisch dem Sedisvakantismus zugewandt haben?

5. Es mag sein, dass das so ist, doch man muss auch ein gewisses Verständnis für die Haltung der drei skeptischen Bischöfe aufbringen. Sie haben sich, soweit wir wissen, in einem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Schreiben geäußert. Selbst Bischof Williamson, sonst nicht nur für aberwitzige Konspirationstheorien, sondern auch für ein sehr loses Mundwerk bekannt, war in seinen öffentlichen Äußerungen bisher für seine Verhältnisse zurückhaltend. Bevor man einem wichtigen Abkommen seinen Segen erteilt, muss man es prüfen, und wenn man Bedenken hat, muss man sie klar, deutlich und ohne falsche Zurückhaltung intern diskutieren. Ob die drei skeptischen Bischöfe eine Einigung, so sie denn ausgehandelt wird, wirklich ablehnen werden, können wir vom heutigen Informationsstand gar nicht wissen. Sie sehen sie sehr skeptisch – das ist richtig. Sie haben intern schwere Bedenken geäußert, die dann an die Öffentlichkeit gelangt sind. Es ist nicht auszuschließen, dass der veröffentlichte Briefwechsel Teil eines internen Meinungsfindungsprozesses ist, an dessen Ende eine Einigung mit Rom zu den ausgehandelten Bedingungen steht.

6. Aus Sicht der katholischen Tradition wäre die Spaltung der Piusbruderschaft eine schwere Tragödie. Eine einige Piusbruderschaft mit fast 600 traditionellen katholischen Priestern, die unermüdlich für die ganze, unverkürzte Lehre in Glauben, Moral und Disziplin kämpfen, wäre eine wertvolle Verstärkung für die konservativen und traditionalistischen Kräfte, die bereits heute von innen gegen den „Geist des Konzils“ und die Verirrungen des Modernismus ankämpfen. Alle vier Bischöfe der FSSPX sollten gründlich über ihre Verantwortung vor der ganzen Kirche und ihrem göttlichen Haupt nachdenken, bevor sie eine Entscheidung in dieser Frage treffen, und sie sollten den Willen Gottes tun, und nicht ihren eigenen, selbst wenn dies bedeutet, über seinen Schatten zu springen, und ein Risiko einzugehen.

Rom-FSSPX: Beten für die Einigung

Die Gespräche zwischen Rom und der Piusbruderschaft ziehen sich ja jetzt schon seit Jahren hin, doch in den letzten Wochen und Monaten haben sich die Ereignisse überschlagen. Schien noch im März eine Einigung aussichtslos, bewarf Rom die Bruderschaft mit einem Ultimatum, das sich nach letzter Abfahrt vor der Exkommunikation anhörte, und hatte man sich schon damit abgefunden, dass auch dieser Einigungsversuch wohl wieder an den theologischen Differenzen scheitern würde, so kam im April plötzlich die Wende. Bischof Fellay habe die immer noch geheime Präambel unterzeichnet, hieß es. Doch in Wahrheit war alles etwas komplizierter, und die Geheimdiplomatie hielt relativ dicht.

Im Mai, so hieß es dann, solle der Papst über den erneut modifizierten Vorschlag der Piusbruderschaft entscheiden. Doch was steht drin? Offiziell ist immer noch alles geheim, doch vor einigen Tagen äußerte sich etwas überraschend Pater Niklaus Pfluger (FSSPX) bei einer Tagung sehr ausführlich zur Lage der Verhandlungen, und deckte dabei sogar einige Karten auf. Ich zitiere nur einen kurzen Absatz aus dem verlinkten Bericht (die ganze Rede des Paters kann hier als Audiodatei heruntergeladen werden):

„Kein praktisches Abkommen ohne eine lehrmäßige Einigung“ – so lautete das Prinzip, mit dem die Piusbruderschaft in die Gespräche mit dem Heiligen Stuhl gegangen war. Doch die Verhandlungen der vergangenen beiden Jahren haben offenkundig werden lassen, daß die unterschiedlichen Standpunkte in zentralen Fragen der Kirchenlehre nicht überbrückt werden können. Hervorhebungen von Catocon.

„In den vergangenen Wochen wurde nun deutlich, daß Papst Benedikt XVI. so sehr an einer kanonischen Lösung für die Bruderschaft interessiert ist, daß er bereit ist, mit ihr ein Abkommen zu schließen, auch wenn diese die strittigen Texte des II. Vatikanischen Konzils und die Neue Messe nicht anerkennt. Sollte sich die Bruderschaft aber unter diesen Umständen immer noch einer Vereinbarung verweigern, wurde ihr eine mögliche erneute Exkommunikation in Aussicht gestellt.

Unter diesen Umständen hält es der Generalobere, Bischof Bernard Fellay, nicht für möglich, das Angebot des Papstes zurückzuweisen. Es käme einem Abgleiten in den Sedisvakantismus gleich, sollte man sich dem Wunsch des Heiligen Vaters auch dann noch verschließen, wenn dies mit keinerlei Anerkennung falscher Glaubenslehren verbunden sei.“

Ebenfalls in den ersten Maitagen war im Mitteilungsblatt des deutschen Distrikts der Bruderschaft ein Text von Pater Schmidberger zu lesen, in dem er die Gläubigen auf eine mögliche Anerkennung durch Rom vorbereitete. Ähnlich äußerten sich auch die Oberen anderer Distrikte. (USA und Benelux).

Wird es nun also zu einer Einigung zwischen Rom und der Piusbruderschaft kommen? Wir wissen es noch nicht, und jetzt liegt alles in der Hand des Heiligen Vaters, der sicher auf den Rat des Heiligen Geistes vertrauen wird.

Es bleibt damit also nur das intensive, beharrliche Gebet, zu dem ich hiermit auch aufrufen möchte.

Piusbruderschaft: Weitere Klärungen erforderlich

Nachdem bereits in den vergangenen Wochen im Internet mehr und mehr Gerüchte über eine mögliche Ablehnung der „lehrmäßigen Präambel“ (oder wie auch immer man den am 14. September übergebenen Text auf Deutsch nennen möchte) durch die Piusbruderschaft kursiert waren, gibt es nun, wie viele Leser sicher schon erfahren haben werden, eine autoritative Wortmeldung von Bischof Bernard Fellay, dem Generaloberen der Piusbruderschaft, zum Thema. Hier ist er in deutscher Übersetzung einsehbar. Ich werde im Folgenden Auszüge daraus hier kurz kommentieren, und zwar in gewohnter Weise in rot. Die Fragen, die Bischof Fellay gestellt wurden, sind fettgedruckt.

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. und die „doktrinelle Präambel“

Warum wird die doktrinelle Präambel, welche Ihnen Kardinal Levada am 14. September übergeben hat, mit solcher Geheimhaltung behandelt, sowohl von Seiten der Glaubenskongregation als auch der Priesterbruderschaft St. Pius X.? Was verbirgt dieses Stillschweigen vor den Priestern und vor den Gläubigen der Tradition? (Ich würde wohl gerne mal einige Kirchenmäuse, die am 14. September dabei waren, ausführlich befragen, um herauszufinden, was da drin steht. Aber Geduld ist bekanntlich eine Tugend.)

Diese Disktretion (was auch immer das sein soll…) ist normal für jedes wichtige Vorhaben, sie garantiert dessen Seriösität. Die uns übergebene doktrinelle Präambel ist, wie im Begleitschreiben angegeben, ein Dokument, das mit Erläuterungen und Änderungen versehen werden kann. (Diesen Spielraum wird die Piusbruderschaft wohl ausschöpfen.) Es handelt sich um keinen endgültigen Text. Wir werden in Kürze eine Antwort auf dieses Dokument geben, bei der wir mit Offenheit die lehrmäßigen Positionen angeben werden, an denen wir unbedingt glauben festhalten zu müssen. (Das macht den Eindruck, als ob nach wie vor von Seiten der FSSPX Probleme von dogmatischem Rang gesehen würden – ein schlechtes Zeichen für eine baldige Einigung.) Unsere beständige Sorge seit Beginn der Gespräche mit dem Heiligen Stuhl war – das wissen unsere Gesprächspartner genau – in aller Loyalität die traditionelle Position zu vertreten. (Sie vertreten in der Tat die traditionelle Position. Die eigentlich spannende Frage ist allerdings die, inwieweit diese Position durch das Konzil autoritativ modifiziert wurde, also ob es einen Bruch oder eine fundamentale Kontinuität gab. Waren die lehrmäßigen Veränderungen – im Gegensatz zu den pastoralen Veränderungen auf Gemeindeebene – oberflächlich, oder gingen sie ans dogmatische Fundament? Hier liegt, wie man sagt, der Hund begraben.)

Trotz der augenblicklichen Situation, die umfangreicher (noch ein schlechtes Zeichen – hatte man in Rom nicht gesagt, man werde eine Frist von einigen wenigen Monaten einräumen?) Abklärungen bedarf, ist die Diskretion von Seiten Roms ebenfalls geboten, denn der Text läuft große Gefahr, die Opposition der Progressisten hervorzurufen. (Besonders, wenn der Text tatsächlich langfristig akzeptabel sein sollte, mit einigen Veränderungen. In diesem Fall würden die Progressisten sich sicher aufregen. Fast 600 Piusbrüder in voller Einheit mit Rom? Haben die Kircheseienden dieser Hemisphäre schlimmere Alpträume?) Sie lehnen schon die Idee einer Diskussion über das Konzil ab, weil sie dieses Pastoralkonzil (interessant, wie Bischof Fellay hier diese Sprachregelung vom Pastoralkonzil aufgreift. Könnte ein gutes Zeichen sein.) als undiskutabel und als „nicht-verhandelbar“ betrachten, so als handle es sich um ein dogmatisches Konzil. (Wird in der Präambel über den Unterschied zwischen dogmatischen und pastoralen Konzilien gesprochen? Vermutlich nicht. Aber die Unterscheidung ist vom Konzil selbst gemacht worden – es wäre nur schön, wenn man auch wüsste, was damit genau gemeint wäre…)

Trotz all dieser Vorsichtsmaßnahmen wurden die Beschlüsse des Oberentreffens der FSSPX in Albano am 7. Oktober im Internet verbreitet, aus verschiedenen Quellen, die aber übereinstimmen.

Indiskretionen gibt es im Internet zu Hauf! Es ist wahr, dass diese doktrinelle Präambel nicht unsere Annahme finden kann, obwohl ein Rahmen für eine „legitime Diskussion“ über gewisse Punkte des Konzils vorgesehen ist. Wie groß ist dieser Rahmen? (Ein springender Punkt.) Der Vorschlag, den ich in diesen Tagen den römischen Autoritäten machen werde (Bischof Fellay wird einen Vorschlag machen. Auch hier würde ich gern Kirchenmaus spielen…), sowie ihre Antwort wird es uns erlauben, die Möglichkeiten abzuwägen, die uns gegeben sind. (Sorgfältig abgewogene Diplomatensprache. Zumindest Bischof Fellay missfällt das Polemisieren hinsichtlich der nachkonziliaren Kirche derzeit scheinbar.) Was auch immer das Resultat dieser Gespräche sein wird, das Schlussdokument – ob akzeptiert oder abgelehnt –wird veröffentlicht werden. (Ausgang offen?)

Da dieses Dokument in Ihren Augen wenig klar ist, wäre es da nicht das Einfachste, es gegenüber seinen Verfassern als nicht-annehmbar abzulehnen?

Das Einfachste vielleicht, aber nicht das Ehrlichste. Weil das Begleitschreiben die Möglichkeit vorsieht, klärende Bemerkungen anzufügen, scheint es mir notwendig, diese zu erbitten, anstatt sie von vornherein abzulehnen. (Eine Ablehnung ist also derzeit wohl das Wahrscheinlichste – es sei denn, Rom macht plötzlich weitere Konzessionen, worin auch immer die bestehen mögen.) Was nicht bedeutet, dass der Antwort vorgegriffen wird, die wir geben werden.

Weil die Debatte zwischen Rom und uns wesentlich lehrmäßig (der Knackpunkt sind die dogmatischen Fragen – keine strukturellen Probleme wie eine kirchenrechtliche Lösung. Es geht ums Dogma.) ist und weil sie sich hauptsächlich um das Konzil dreht, aber auch weil diese Disputation nicht nur die Priesterbruderschaft St. Pius X. betrifft, sondern sehr wohl die ganze Kirche, werden die Präzisierungen, die wir entweder erhalten oder nicht, ein nicht zu vernachlässigendes Verdienst haben. Sie werden besser herausstellen, wo die Schwierigkeiten sind und wo die Lösungen liegen. Das ist genau der Geist, der beständig unsere theologischen Gespräche in den letzten beiden Jahren geleitet hat. (Ein klares Wort zu der Ausrichtung der Piusbrüder. Sie halten an dem Dogma fest, das sie für richtig halten, und stellen die Einigung an die zweite Stelle. Doch die Piusbruderschaft glaubt alle Dogmen, die 1962 von der Kirche geglaubt wurden, und nach eigener Aussage hat das Konzil keine neuen Dogmen definiert. Ein einfacher Geist könnte sich fragen: Wo ist dann das Problem? Reicht der Glaube an die Lehre der Kirche nicht mehr aus? Dazu später mehr.)

(…)
Also hat sich nach zwei Jahren der theologischen Gespräche zwischen Rom und der Bruderschaft St. Pius nichts geändert?

Diese Gespräche haben es unseren Theologen ermöglicht, ohne Umwege die zentralen Punkte des Konzils darzustellen, die für das Licht der Tradition eine Schwierigkeit darstellen. (Okay. Wie wir wissen wurde die Sachlage ganz klar gemacht. Das ist nicht neu.) Parallel dazu und vielleicht auch wegen dieser theologischen Gespräche haben sich während dieser beiden letzten Jahre andere Stimmen als unsere Gehör verschafft. Sie formulieren Kritikpunkte, die sich mit den unsrigen über das Konzil vereinen. So hat Mons. Brunero Gherardini, in seinem Werk „Vatikan II, ein anstehender Diskurs“, die unterschiedlichen Grade der Autorität der Dokumente sowie den „Gegengeist“ betont, der sich von Anfang an in das II. Vatikanum eingeschlichen hat. Ebenso hat S.E. Bischof Athanasius Schneider den Mut gehabt, während eines Kongresses in Rom Ende 2010 einen Syllabus zu fordern, der die Irrtümer in der Interpretation des Konzils verurteilt. (Bravo, Exzellenz!) Im gleichen Geist hat der Historiker Roberto de Mattei in seinem letzten Buch „Vatikanum II, eine bislang ungeschriebene Geschichte“ die widersprüchlichen Einflüsse gezeigt, welche auf das Konzil ausgeübt wurden. Man müsste hier auch die Bittschrift der italienischen Intellektuellen an Benedikt XVI. erwähnen, die eine vertiefende Untersuchung des Konzils fordern.

All diese Initiativen, all diese Interventionen zeigen klar, dass nicht mehr die Priesterbruderschaft St. Pius X. allein die doktrinellen Probleme sieht, welche das II. Vatikanum aufwirft. Diese Bewegung breitet sich aus und kann nicht mehr gestoppt werden. (Ob sie gestoppt werden kann lassen wir jetzt einmal dahingestellt. Aber es gibt wohl unbestreitbar einen Trend zur Konzilskritik aus Sicht der Tradition. Das kann nur gut sein.)

Ja, aber diese universitären Studien, diese wissenschaftlichen Analysen bringen keine konkrete Lösung für die Probleme, welches das Konzil hier und jetzt stellt. (Achtung, es folgt der Schlachtplan nach Bischof Fellay:)

Diese Arbeiten werfen die lehrmäßigen Schwierigkeiten auf, welche das Konzil stellt, und zeigen folglich, warum das Anhangen am Konzil problematisch ist. Das ist ein erster, wesentlicher Schritt.

In Rom selbst zeigen die unterschiedlichen Interpretationen, die man von der Religionsfreiheit gibt, die Änderungen, die bezügliche dieses Themas am „Katechismus der katholischen Kirche“ (KKK) und im Kompendium vorgenommen wurden, die Korrekturen, die augenblicklich für das Kirchenrecht studiert werden…, all das zeigt die Schwierigkeit, die sich ergibt, wenn man sich um jeden Preis an die Konzilstexte halten will. Von unserem Standpunkt aus zeigt das auch sehr gut die Unmöglichkeit, in beständiger Weise einer Lehre anzuhangen, welche in Bewegung ist. (Es ist wohl die postkonziliare Lehre gemeint, die in der Tat zumindest manchmal etwas schwammig erscheint. Man hat noch keine bequeme Lage in dem Bett gefunden, das man sich durch das Konzil bereitet hat. Ist eine solche Lage möglich, in der man sich nicht mehr herumwälzt? Das scheint mir, bildhaft formuliert, das Problem.)

Was ist in Ihren Augen heute lehrmäßig feststehend?

Die einzige Lehre, die sich nicht ändert, ist offensichtlich das Credo, das katholische Glaubensbekenntnis. (Ich bin sowieso der Meinung: Lasst jeden Piusbruder das Credo aufsagen, es so meinen, und gebt ihnen dann die passende kirchenrechtliche Struktur. Aber ich bin ja auch nicht Papst.) Das II. Vatikanum wollte pastoral sein; es hat kein Dogma definiert. Es hat den Glaubensartikeln nicht hinzugefügt: „Ich glaube an die Religionsfreiheit, an den Ökumenismus, an die Kollegialität…“ (Eben. Es hat keine Dogmen definiert. Doch unterhalb der Formulierung eines Dogmas gibt es in der katholischen Theologie noch verschiedene Sicherheitsgrade, die den Katholiken an geringere, aber doch ernstzunehmende Aussagen binden. Gehört die Lehre von der Religionsfreiheit hier hinein? Oder ist sie eine reine pastorale Option, die man auch einfach sein lassen kann? Hier liegen die Detailfragen, um die es wahrscheinlich gehen wird.)  Ist das Credo heute nicht mehr genügend, um als katholisch anerkannt zu werden? (Nein. Und das ist auch gut so. Denn die Realpräsenz steht nicht im Credo, und eine Reihe anderer Glaubenssätze ebenso. Doch alle diese Glaubenssätze glaubt die Piusbruderschaft ja auch…) Drückt es nicht mehr den ganzen Glauben aus? (Nein, Exzellenz, das tut es nicht, und das hat es nie getan. Auch nicht vor dem Konzil. Die Analogie mit dem Credo ist schön und passend, aber jetzt wird sie überstrapaziert.) Verlangt man jetzt von denen, welche ihre Irrtümer abschwören und mit der Kirche verbunden werden, dass sie ihren Glauben an die Religionsfreiheit, den Ökumenismus und die Kollegialität bekennen? (Offenbar. Wo liegt sonst das Problem?) Wir, die geistigen Söhne von Erzbischof Lefebvre, der es sich immer verboten hat, eine parallele Kirche zu begründen, der immer dem ewigen Rom treu sein wollte, wir haben überhaupt keine Schwierigkeit, vollumfänglich allen Artikeln des Credo anzuhangen. (Ehrlicherweise muss man sagen, dass das nicht auf alle, ähm, Würdenträger in der Kirche zutrifft. Und schon gar nicht auf diejenigen, die von der Kirche und im Namen der Kirche in Deutschland sprechen. Besonders Theologen, aber auch genug Priester.)

Kann es in diesem Kontext eine Lösung für die Krise in der Kirche geben?

Ohne ein Wunder kann es keine unmittelbare Lösung geben. (Das ist ein wichtiger Satz.) Um es mit einem Ausdruck von Johanna von Orleans zu sagen: Zu wollen, dass Gott den Sieg gibt, ohne die Soldaten zur Schlacht zu rufen, ist eine Form der Fahnenflucht. Das Ende der Krise zu wollen, ohne sich betroffen oder involviert zu fühlen, heißt, die Kirche nicht wirklich zu lieben. (Nicht nur Glaube, auch Werke. Man muss sich die Hände schmutzig machen, damit sie rein bleiben können…) Die Vorsehung entbindet uns nicht davon, unsere Standespflicht zu erfüllen, dort, wo wir hingestellt sind, sowie unsere Verantwortung zu übernehmen und den Gnaden zu entsprechen, die sie uns gewährt. (Jetzt kommt, abgesehen von den theologischen Streitfragen, ein sehr starkes praktisches Argument für den traditionellen Glauben:)

Die gegenwärtige Situation der Kirche in unseren ehemals christlichen Ländern (ehemals christlich!) ist ein dramatischer Niedergang an Berufungen: Vier Weihen in Paris 2011 (eine Stadt mit vielen Millionen Einwohnern in einem ehemals hochkatholischen Land. Leben wie Gott in Frankreich, das war mal ein Sprichwort.) , eine einzige(!!) in der Diözese von Rom für 2011/2012; das bedeutet eine alarmierende Verknappung der Priester: Wie das Beispiel des Pfarrers von Aude, der 80 Kirchtürme hat; das sind so sehr ausgeblutete Diözesen (wahre Worte…) , dass man sie in Frankreich in sehr naher Zukunft zusammenlegen muss, so wie man schon die Pfarreien zusammengelegt hat… Mit einem Wort, die kirchliche Hierarchie steht heute Strukturen vor, die überdimensioniert sind für einen Personenkreis, der im konstanten Rückgang begriffen ist. (Wir verwalten in der Kirche der „ersten Welt“ nur den Niedergang. In zwei Generationen ist alles weg, wenn wir so weiter machen.) Da streikt jede Verwaltung, nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet. Man muss, um ein Bild zu gebrauchen, ein Kloster, das für 300 Schwestern gebaut ist, für drei übriggebliebene unterhalten. Kann das noch zehn Jahre so weitergehen? (Nein, kann es nicht. Ich stimme mit dem Bischof überein, dass wir dringend eine Rückwende zur Tradition, eine radikale Entweltlichung und Hinwendung zu Gott brauchen, eine gründliche Abkehr von der ganzen Idee der Anpassung an den Zeitgeist, an die Moderne oder irgendwelche Trends. Ein ehrlich und redlich gelebter traditioneller Katholizismus ist wie eine Oase in der Wüste, und ich kann das beurteilen, habe ich doch jahrelang in der Wüste gelebt. Aber eben in Einheit mit Rom – sonst ist es kein traditioneller Katholizismus in vollem Maße.)

Junge Bischöfe und Priester, welche diese Situation erben, werden sich immer mehr der Sterilität (ein absolut treffendes Wort! Sterilität ist der Inbegriff unserer Zeit. Wir haben nicht nur eine körperliche Verhütungsmentalität in der Sexualität, sondern auch eine geistliche Verhütungsmentalität in der Religion. Alles hängt hier miteinander zusammen. Wir sind steril. Wie ein moderner Operationssaal, oder eine moderne Kirche, oder eine moderne Frau, oder eine moderne Familie, oder ein modernes Labor, oder, oder, oder…. Doch was steril ist, das stirbt nach einer Generation aus, wie auch wir.)  der 50 Jahre Öffnung zur modernen Welt bewusst. Sie geben nicht einzig und allein der Laisierung der Gesellschaft Schuld, sie fragen sich auch nach der Verantwortung des Konzils, das die Kirche dieser Welt in voller Säkularisation geöffnet hat. Sie fragen sich, ob die Kirche sich bis zu diesem Punkt der Moderne anpassen konnte, ohne den Geist derselben anzunehmen. (Nein, kann man nicht. Ein Mikrometer Anpassung an die Moderne entspricht der Aufnahme von 100% ihres Geistes. Der heilige Papst Pius X. hat den Modernismus richtig als die Synthese aller Häresien bezeichnet.)

Diese Bischöfe und diese Priester stellen sich diese Fragen, und einige stellen sie uns… im Geheimen, so wie Nikodemus. Wir antworten ihnen, dass man sich angesichts eines solchen Niedergangs fragen muss, ob die Tradition eine einfache Option oder eine notwendige Lösung ist. (Sie ist keine Option, sie ist die Wahrheit. Aber diese Wahrheit kann nur in Einheit mit Rom vertreten werden.) Zu antworten, sie sei eine Option, bedeutet, die Krise zu minimalisieren, ja, zu leugnen, und sich mit Maßnahmen zufrieden zu geben, die ihre Unwirksamkeit schon unter Beweis gestellt haben. (Das alte Problem: Scheitert ein Medikament, wird man die Dosis erhöhen. Nur noch etwas mehr Aderlass, dann wird alles gut…)

(…)

Das Interview geht noch eine Weile weiter, und man kann und sollte es bei dem oben angegebenen Link zur Piusbruderschaftsseite zur Gänze lesen.

Bischof Fellay hat nicht nur nach außen hin einen schweren Stand, sondern auch innerhalb der FSSPX gibt es viele Gegner – allen voran Bischof Williamson. Das Drama um die mögliche Einigung mit dem Vatikan wird nun noch eine Weile weitergehen. Der Vatikan wird sich wahrscheinlich auch Zeit nehmen, um wieder eine Antwort auf den „Vorschlag“ der Piusbrüder zu formulieren, und womöglich geht das dann noch mehrmals hin und her.

Solange es hier noch keine klare Entscheidung gibt, rufe ich alle meine Leser zum Gebet für die Einheit der Piusbruderschaft mit Rom auf, damit eine wichtige Stimme des traditionellen Katholizismus wieder ihre volle Wirkungskraft entfalten und den bereits heute im Weinberg arbeitenden Streitern für den Glauben in vollem Maße helfen kann.

Schon vor einigen Monaten hatte ich speziell zum Gebet für Bischof Fellay und die anderen für die Verhandlungen zuständigen Würdenträger aufgerufen, damit sie die Kraft haben mögen, sich gegen Anfeindungen aus den eigenen Reihen und aus der Öffentlichkeit hinwegzusetzen, und, um den Heiligen Vater zu zitieren, nicht vor den Wölfen zu fliehen, die auf sie lauern.

Diesen Aufruf möchte ich hiermit wiederholen.

„Das sage ich Deiner Mutter!“

Auf Rorate Caeli ist zu lesen:

[Bishop Fellay] also related the following story from Lourdes, which according to the bishop took place a few years back: there was this little girl who was very ill, and who had gone to Lourdes in the hope of being healed. She stood in line to be blessed with the Blessed Sacrament, as is the practice in that shrine. However, when the priest blessed her with the Blessed Sacrament, nothing happened to her. She then pointed to the Blessed Sacrament (which by then had been brought over to another person) and said, „I’ll tell this to Your Mother!“. At that instant, she was healed! The bishop did not neglect to speak about the need to pray the rosary and to have trusting recourse to the intercession of the Blessed Virgin. In the course of this he remarked that the crisis in the Church was so great that, humanly speaking, it can’t be raised up, and only divine intervention can do so.

Eine kurze, den Inhalt ungefähr wiedergebende Übersetzung:

„Bischof Fellay erzählte die folgende Geschichte aus Lourdes, die ihmzufolge vor einigen Jahren stattgefunden hat. Da war dieses kleine sehr kranke Mädchen nach Lourdes gekommen, um geheilt zu werden. Sie stand in der Reihe, um mit dem Heiligen Sakrament gesegnet zu werden, wie das in dem dortigen Schrein praktiziert wird. Als der Priester sie dann mit dem Sakrament segnete, geschah nichts. Das Mädchen zeigte dann auf das Sakrament und verkündete: Das sage ich Deiner Mutter! In diesem Moment wurde sie geheilt! Der Bischof sprach darüber, wie wichtig es ist, den Rosenkranz zu beten und sich vertrauensvoll an die Heilige Jungfrau zu wenden. In diesem Zusammenhang sagte er, dass die Kirchenkrise so schwerwiegend sei, dass die Kirche rein menschlich gesprochen nicht gerettet werden kann – nur ein göttlicher Eingriff vermöge dies.“

Ein schöner, aber auch ernster Absatz.

Beten für Fellay

Heute ist es soweit: Das lange antizipierte Treffen zwischen hochrangigen Vertretern des Vatikan und der Piusbruderschaft im Rahmen eines wirklich bedeutsamen Dialogprozesses wird heute stattfinden. Was wurde nicht alles spekuliert! Der Vatikan wolle den Piusbrüdern eine Personalprälatur anbieten, nach dem Vorbild von Opus Dei. Andere wollten erfahren haben, ein Ordinariat nach dem Vorbild von Anglicanorum Coetibus stehe den Piusbrüdern ins Haus. Die Spekulationen über eventuelle Spaltungen innerhalb der Bruderschaft zwischen Fellay und Williamson, zwischen Anhängern einer Einigung und quasi-sedevakantistischen Gegnern wollten nicht abreißen.

Die Versuchung sich an diesen Spekulationen zu beteiligen war für viele sehr groß, und einige sind ihr erlegen. Gestern nun, am 13. September, fand ich diesen Text in englischer Sprache, der abermals zu wissen behauptete, was denn genau bei dem Treffen geschehen werde.

Im Gegensatz zu so mancher Spekulation erscheint mir diese Quelle schon eher vertrauenswürdig – Andrea Tornielli ist oft ganz gut informiert – doch ich bleibe bei meinem Aufruf: Beten statt spekulieren!

Und deswegen möchte ich an dieser Stelle alle Katholiken, ob sie Anhänger der neuen oder der alten Messform sind, ob sie bisher eher skeptisch gegenüber der Piusbruderschaft waren, oder schon lange die Regularisierung herbeigesehnt haben, darum bitten, am heutigen Tag für alle Beteiligten, besonders für Bischof Fellay, auf dem nun die Hauptlast zu liegen scheint, zu beten. Ich denke, dass wir uns in einer entscheidenen Phase befinden. Father Z spricht oft von einem Marshall-Plan, den Papst Benedikt für die Kirche hat, einen Plan, durch den die Kirche – besonders in Europa – wieder gestärkt werden kann.

In diesem Plan wäre dann die Rückkehr von fast 500 traditionellen katholischen Priestern, die alle Dogmen der Kirche anerkennen und vorbehaltlos auch in der Öffentlichkeit vertreten, in den Schoß der vollen Gemeinschaft mit der heiligen Mutter Kirche so etwas wie die Luftbrücke über Berlin. Die Kirche in Deutschland und im ganzen Westen befindet sich quasi in einem Belagerungszustand. Die Mächte der Weltlichkeit haben fast alle Bastionen eingenommen und selbst in der Kirche sind viele noch vor 50 Jahren uneinnehmbar geglaubte Festungen gefallen – in der Liturgie, in der Volksfrömmigkeit und im praktischen Glauben vieler einfacher Katholiken, Priester und teils sogar Bischöfe.

Wenn die Informationen aus dem oben verlinkten Artikel stimmen, dann wird Bischof Fellay heute ein zweiseitiges Dokument in die Hand bekommen, in dem sich die Zusammenfassung der vom Vatikan vertretenen Positionen zu den theologischen Streitfragen mit der Piusbruderschaft befinden. Die Zustimmung zu den dort beschriebenen Positionen sei, soweit Tornielli, Voraussetzung für eine Rückkehr in volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche.

Was allerdings auf diesen zwei Seiten steht, weiß er nicht, ich weiß es nicht, keiner weiß es im Moment.

Aus Torniellis Artikel geht ferner hervor, dass das Angebot wohl praktisch unverhandelbar ist. Fellay dürfe sich Bedenkzeit ausbitten, er dürfe auch um Klarstellungen einzelner Punkte ersuchen, aber die Piusbruderschaft werde schließlich dieses Papier so annehmen müssen, oder sich gegen eine Einigung mit Rom aussprechen.

Wie gesagt, ob das alles stimmt, weiß derzeit niemand außerhalb eines sehr engen Zirkels in Rom – und in dem Zirkel spricht derzeit niemand darüber.

Wir werden also einfach warten müssen – warten und beten, denn die Piusbruderschaft wäre aus so vielen wichtigen Gründen eine Bereicherung für die ganze Kirche.

Ich hoffe und bete, dass der Vatikan den Piusbrüdern ein annehmbares Angebot macht, das weiterhin die nötige schwere Kritik an einigen Passagen der Konzilstexte und erst recht ihrer gängigen Auslegungen ermöglicht, und das, ganz wichtig, die Bruderschaft nicht unter die Oberhoheit der Ortsbischöfe stellt, was hier in Deutschland ein Desaster wäre.

Ich hoffe und bete, dass Bischof Fellay und die anderen an einer Einigung interessierten Kräfte in der Piusbruderschaft sich gegen die Obstruktionisten durchsetzen können, und das oben erwähnte vernünftige Angebot des Vatikans ohne großes Zögern akzeptieren, ohne Wenn und Aber in den Schoß der Kirche zurückkehren, um ihre gedeihliche Arbeit der letzten Jahre und Jahrzehnte nunmehr ohne Zweifel an ihrem Status in der Kirche mit dem vollen Segen Petri fortzuführen.

Und mit einer kleinen Lachfalte im Mundwinkel hoffe und bete ich für den Fall einer Einigung zwischen der Bruderschaft und dem Vatikan, dass die lieben FreundInnen von Non Serviam Wir Sind Kirche das Erlebnis gut überstehen und sich mit den dann entstehenden neuen Verhältnissen gut arrangieren…

Außerdem hoffe ich, dass sich viele diesem Gebet anschließen werden, alle Beteiligten werden es brauchen.