Kardinal Marx: „Wir sind Kirche“, trauen uns aber nicht es zu sagen…

Zu den üblichen Streitthemen hat sich Kardinal Marx vor der Vollversammlung der Diözesansowjets im Erzbistum München-Freising geäußert. Einige Auszüge aus dem kath.net-Artikel mit dem wie üblich roten Kommentar und Hervorhebungen von Catocon)

Die katholische Kirche werde zwar niemals die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe abschaffen, es brauche jedoch pastorale Antworten auf die Lebenssituation von Menschen in zweiter Ehe (was soll das sein? Ich dachte, der Kardinal hätte gerade noch gesagt, die Ehe sei unauflöslich? Gibt es plötzlich Vielehe?), sagte der Erzbischof am Freitagabend vor dem Diözesanrat der Katholiken in Freising. Das Thema werde weiterhin auf der Agenda der Bischofskonferenz stehen. «Da wird es keine einfachen Antworten geben.» (Nun, immerhin schreckt der Kardinal vor einer generellen Forderung nach Art Erzbischof Zollitschs zurück. Aber sind diese Worte nicht erneut Beispiele derselben Anpassungsrhetorik, die generell die deutschen Bischöfe auszeichnet? „Man werde ZWARdie Unauflöslichkeit der Ehe nicht abschaffen, ABER…“. Was ist so schwer daran, dass jemand, der kirchlich heiratet, dann zivilrechtlich geschieden wird, und zivilrechtlich erneut heiratet, entweder sexuell enthaltsam oder in schwerer Sünde lebt (Ehebruch), und daher, solange er in dieser schweren Sünde persistiert, nicht zur Kommunion zugelassen ist? Ja, das zu vermitteln, könnte heutzutage schwer sein, aber da geht es dann um „Vermittlung“, nicht um ein „schweres Thema, das auf der Agenda steht“.Die „pastorale Antwort“, die gegeben werden könnte, sollte und müsste, wäre katechetischer Natur, indem die Lehre der Kirche zu Ehe und Familie „an der Basis“ nicht länger verschwiegen oder halb geleugnet wird. Der Rest ist psychologischer Natur und nicht Aufgabe der Bischofskonferenz, sondern der individuellen Priester und Gemeinden.)

Auch bei der Frage der Eucharistie für konfessionsverschiedene Ehepaare müsse die Kirche im Einzelfall auf die Bedürfnisse der Menschen reagieren. (Die Bedürfnisse der Menschen sind wichtig, kein Zweifel. Doch die Kirche kann hier nicht auf sie reagieren. Der Empfang des Leibes Christi kann nicht mit Gedächtnisfeiern evangelischer Art verglichen werden – und wer ein evangelisches Verständnis vom „Abendmahl“ zur Kommunion bringt, sollte nicht empfangen – selbst wenn er das subjektive „Bedürfnis“ danach hat. Wir haben oft genug „Bedürfnisse“, die wir nicht befriedigen können. Dazu hat man Selbstbeherrschung, nicht Bischofskonferenzen, die krampfhaft hinter empfundenen „Bedürfnissen“ imperialer Individualisten herlaufen. Wo ist der Mut, Herr Kardinal?)

(…)

Der Forderung nach dem Diakonat der Frau erteilte Marx eine Absage. «Das findet nicht meine Zustimmung.» (Diese Haltung ist zu loben. Danke, Eminenz.)

Gleichzeitig sei es nötig, dass die Kirche Frauen stärker bei der Besetzung von Ämtern berücksichtige, die nicht an die Weihe gebunden seien. (Ein schöner Satz wird immer von einem schrecklichen auf Schritt und Tritt verfolgt in der schönen neuen deutschen Kirche. Wenn sich Frauen und Männer in der Kirche engagieren, ist das immer schön. Aber die „stärkere Einbindung“ von Frauen zu fordern, ist doch für einen Kardinal arg feministisch. Es riecht nach Konzession an den Zeitgeist, wie man im Folgenden noch deutlicher sehen wird.)

Es sei zudem nötig, die Laien stärker in Entscheidungen einzubinden.  Dafür brauche es ein stärkeres synodales Denken. Es dürfe durch Priester und Bischöfe keinen Klerikalismus geben, (ja, Klerikalismus ist schlecht. Die Vorstellung, man müsse in der Kirche irgendein besonderes Amt mit besonderen Kompetenzen ausüben, ist schrecklich. Wir sehen in diesen Worten von Kardinal Marx die schlimmste und extremste Form des Klerikalismus: Die, die glaubt, der Laie habe keinen Wert, wenn er nicht durch besondere „Ämter“ eingebunden sei.) in dem der Geistliche immer das letzte Wort habe. «Das ist nicht der Geist, den wir wollen.» Es brauche mehr Partizipation. (Ja, lasst uns alle eine bunte, neue, partizipative, grüne, egalitäre, offene, liebe, nette, brave, nutzlose Kirche sein. Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat!)

Im Umgang mit Homosexuellen habe die Kirche oft den «falschen Ton» angeschlagen. (Ja, ich finde auch: Das unerträgliche Anbiedern der Kirche an die Homosexuellenlobby sollte endlich enden!) (…) In der Sexualmoral müsse sich die Kirche fragen, ob sie ihre richtige Haltung nicht zu oft mit einer «Verbotsrhetorik» verkünde. (Sie verkündet weder mit einer Verbotrhetorik, noch mit einer anderen Rhetorik. Faktisch verkündet sie gar nicht.)

Der Erzbischof unterstrich, dass die Arbeit der Kirche weiter professionalisiert (Genau! Noch mehr Professionalisierung! Ich mache hier nur meinen Job! Glaube? Irrelevant und hinderlich!) werden müsse, vor allem dann, wenn es um die Liturgie gehe. (Bitte nicht!) «Wir müssen das Niveau von Verkündigung und von Gottesdiensten immer weiter verbessern. (Neeeeeiiin!! Nicht durch mehr Professionalisierung! Wie wäre es mit mehr Frömmigkeit, mehr Glaube, mehr Treue gegenüber den liturgischen Büchern?) Es sei eine Grundaussage des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass alle Gläubigen zur Weitergabe des Glaubens gerufen seien. (Genau. Und deswegen wird der Glaube auch nicht weitergegeben: Wenn alle zuständig sind, fühlt sich niemand zuständig.) Deshalb befürworte er die Gründung einer Ehrenamtsakademie für das Erzbistum. (Auf Lateinisch heißt das: Non sequitur. Bloß weil alle Prämissen falsch sind und die Konklusion auch, muss man nicht gleich auch noch die Gesetze der Logik ignorieren, oder? Kardinal Marx scheinbar wohl.)

Ich bitte die Leser den ganzen Artikel auf kath.net zur Kenntnis zu nehmen, ich habe doch an einigen Stellen deutlich gekürzt.

Kardinal Marx ist für einen Kirchenmann seines Ranges jung, jemand, der scheinbar sehr glitschig die Karriereleiter hochrutschen kann. Er sagt nichts direkt Häretisches, stärkt aber durch seine Mentalität und sein Verhalten den Glauben nun wahrlich nicht.

Kardinal Marx macht sich wieder einmal um das inoffizielle Motto des Dialogprozesses „Mut zur Angst“ verdient.

Kardinal Lehmann und die Avantgarde der Revolution

Kardinal Lehmann ist weithin bekannt als einer der schärfsten Anti-Römer in der Deutschen Bischofskonferenz – und betrachtet man die Konkurrenz, die er dort hat, so muss man neidlos anerkennen, dass es sich um eine große Leistung handelt. Als katholischer Bischof noch entschlossener gegen Kirchliches Lehramt, Papst und Vatikan zu hetzen als der Vorsitzende, Erzbischof Zollitsch, es gewohnheitsmäßig tut, ohne dabei direkt abgesetzt zu werden, erfordert ein besonderes Maß an institutioneller Vetternwirtschaft, Protektion und diplomatisches Geschick.

Der Unterschied zwischen Kardinal Lehmann und Erzbischof Zollitsch ist nun, dass letztere ein lieber netter Großvater sein möchte, der es allen Recht macht, und dann zusieht, wie die Kinder sich köstlich amüsieren, ohne ihnen Vorschriften zu machen. Ein, im Wesentlichen, wohlmeinender, wenn auch vollkommen fehlgeleiteter Ansatz. Kardinal Lehmann ist hingegen kein Großvater, sondern ein Strippenzieher im schlechtesten Sinn des Wortes. Worum es ihm im innersten seines Herzens geht, kann man von außen natürlich nicht beurteilen, aber es sieht zumindest so aus, als sei sein einziges Ziel die Durchsetzung seiner ideologischen Vision einer Neuen Kirche ohne Bindung an Tradition (außer die Tradition der deutschkatholischen Spalter) und Papst (solange er dieses Amt nicht selbst oder durch eine Marionette ausübt).

Kardinal Lehmann repräsentiert in Reinform den schlechten Hirten aus Deutschland. Dass dies nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern sich auf eine lange Reihe guter Bestätigungen verlassen kann, ist jedem klar, der aufmerksam sich mit kirchlichen Fragen in Deutschland beschäftigt hat. Doch man muss gar nicht in die Vergangenheit zurückgehen, um den Schleim zu entdecken, der durch die Flure und Versammlungssäle im Bistum Mainz fließt; es genügt allein ein Blick auf diese eifrige Selbstdemaskierung des verehrten Kardinals aus der Karnevalsstadt.

Auch wenn die herannahende Karnevalssaison und die Stunksitzung der deutschen Bischöfe diese Aufmerksamkeit vielleicht gar nicht verdient – immerhin ist der einzelne Bischof, nicht die Bischofskonferenz, Träger kirchlicher Autorität – so lohnt es sich doch, erneut einen Blick auf die Forderungen der Kirchenrevoluzzer zu werfen. Da heißt es in dem oben verlinkten Kath.net-Artikel:

Im ZDF-Heute-Journal vom Dienstag meinte Lehmann, dass die deutschen Bischöfe bei „Reformthemen“ wie Diakonat der Frau oder wiederverheiratete Geschiedene Vordenker seien. “Da ist Raum genug, um in unserem Land das auch vorzubereiten, zu formulieren, in Rom an die Tür zu klopfen, um dann zu sagen; das haben wir erarbeitet.“

Ich bin kein Tele-Visionär, also habe ich die Aussagen nicht persönlich mitbekommen, aber wenn sie so stimmen, wie kath.net sie wiedergibt (und daran zu zweifeln habe ich keinen Grund), dann ist die Los-von-Rom-Bewegung wohl bereits in vollem Gange.

So wollen die hochmütigen deutschen Bischöfe als in Rom „an die Türe klopfen“, um die erste Stufe der Priesterweihe von Frauen (Diakonat) zu ertrotzen. Ferner wollen sie „Wiederverheiratet-Geschiedene“ (also unbußfertige Ehebrecher) zur Kommunion zulassen. Was ist von diesen Forderungen zu halten?

Diakonat der Frau

Ich bin kein theologischer Experte, so dass ich die Frage, ob durch Ordinatio Sacerdotalis auch die Frage nach der Diakonatsweihe definitiv und für immer festgelegt worden ist, den Theologen überlasse. Drei wesentliche Argumente sprechen aber trotzdem gegen das Diakonat der Frau:

1. Es gibt nur ein Sakrament der Priesterweihe – nicht je ein separates Sakrament für Diakonats-, Priester- und Bischofsweihen. Es erscheint mir daher lächerlich, wenn jemand sagte, Ordinatio Sacerdotalis schlösse nur die „Priesterweihe“ nicht aber die „Diakonatsweihe“ aus – beides gehört unter dasselbe Sakrament, das derzeit eben in drei Stufen gespendet wird. Entweder Frauen können dieses Sakrament gültig empfangen (was durch Ordinatio Sacerdotalis erneut ausgeschlossen worden ist), oder sie können es nicht. Entweder ALLE Weihestufen (einschließlich Bischofs- und sogar Papstamt) oder gar keine (also auch kein Diakonat)

2. Selbst wenn es derzeit noch keine unfehlbare Deklaration gegen die Diakonatsweihe von Frauen geben sollte, so wäre es ein unerträglicher Bruch mit der Tradition der Kirche einerseits, und der Weltkirche andererseits. Es gab und gibt keine weiblichen Diakone, da die Diakonatsweihe meist eine Durchgangsstation zur Priesterweihe ist. Die pastoralen Folgen eines solchen Schrittes wären immens. Revidierte die Kirche ihre Haltung in dieser wichtigen Frage, so wäre ihre Verlässlichkeit in allen anderen kontroversen Fragen plötzlich in Zweifel gezogen. Ein Dammbruch wäre die Folge.

3. Aber selbst wenn auch dies nicht der Fall sein sollte, wäre es in einer Zeit, in der der Feminismus die ganze westliche Welt, und auf dem Wege der ökonomischen Globalisierung und der Entwicklungshilfe mehr und mehr auch den Rest des Planeten, im Griff hat ein fatales Zeichen der Kapitulation vor einer der größten Häresien des 20. und 21. Jahrhunderts. Das Argument, mit dem die Diakonatsweihe für Frauen gefordert wird, ist in keiner Weise im Einklang mit einer christlichen Sexualethik. Es sagt im Wesentlichen: Männer können Diakone werden, Frauen nicht. Das ist ungerecht, weil Mann und Frau gleich sind. Also muss es geändert werden. Doch es ist kein Argument für die Diakonatsweihe denkbar, das weniger überzeugend aus der Sicht eines Katholiken sein könnte.Die Prämisse ist ebenso falsch wie die Schlusfolgerung. Es ist nicht notwendigerweise ungerecht, wenn Männer X werden können und Frauen nicht, wenn ein guter Grund für diesen Unterschied vorliegt (deshalb verurteilt die Kirche richtigerweise auch nicht „Diskriminierung“ als Solche, sondern nur „ungerechte Diskriminierung“ – sie erkennt, dass bestimmte Formen der Unterscheidung (lat. discriminare) legitim sein können). Die Frage ist also: Gibt es einen guten Grund, warum Männer Diakone werden können, und Frauen nicht – eine Frage, die sich die Aktivisten ebensowenig stellen wie Kardinal Lehmann.

Zulassung von unbußfertigen Ehebrechern zur Kommunion

Hier liegt der Fall noch klarer. Ich möchte daher nur auf das Schreiben an die Bischöfe über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen verweisen, das alle wesentlichen Fragen und Einwände in bewundernswerter Klarheit (und, im Gegensatz zu mir, diplomatischerer Sprache) abhandelt.

Es bleibt keine andere Möglichkeit offen: Wenn man an die Unauflöslichkeit der Ehe und die Realpräsenz des Herrn in der Eucharistie glaubt (und beides sind unveränderliche Lehren der Kirche, die zum absoluten Kernbestand des Katholizismus gehören), dann können „Wiederverheiratete Geschiedene“ nicht zur Kommunion zugelassen werden, solange sie nicht in sexueller Enthaltsamkeit leben. Nach Erzbischof Zollitsch ist damit auch Kardinal Lehmann die Frage zu stellen, an welche der beiden Lehren er nicht glaubt. Glaubt er nicht an die Unauflöslichkeit der Ehe? Oder nicht an die Realpräsenz? Eines von beiden muss es sein. Denn: Ist die Ehe unauflöslich, und der Herr wirklich präsent, so „isst man sich selbst das Gericht“. Man begeht eine weitere Todsünde zu den anderen Sünden, die schon auf dem Gläubigen lasten.

Abschlussgedanken

Es bleibt daher keine andere Schlussfolgerung, als dass sich Kardinal Lehmann und Erzbischof Zollisch längst von der Gemeinschaft mit dem Papst abgewandt haben. Sie glauben scheinbar, sie seien so etwas wie die Avantgarde der Revolution, der Neuen Kirche.

Selten eine so alte, so müde, so langweilige Avantgarde gesehen.

Pater Deneke über Hand- und Mundkommunion

Ich bin gestern durch einen Kommentar auf einen exzellenten Vortrag von Pater Bernwald Deneke zum Thema Hand- und Mundkommunion aufmerksam geworden. Heute habe ich die Zeit gefunden, ihn mir anzuhören und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass er in exzellenter Weise die Gründe für die Mund- und gegen die Handkommunion darstellt. Ich möchte ihn daher allen Lesern dieses Blogs empfehlen – den Befürwortern der Mundkommunion als hervorragende Zusammenstellung guter Argumente, den Gegnern der Mundkommunion als Information über die Argumente der Befürworter und Anstoß zur Reflektion, und erst recht allen, die keine feste Auffassung zum Thema haben, oder es für unbedeutend halten, damit sie sich der Tragweite dieser Frage bewusst werden.

Ferner möchte ich auf das auch in dem Vortrag von Pater Deneke erwähnte Buch des Weihbischofs Athanasius Schneider „Dominus Est“ verweisen, in dem es ebenfalls um die Frage des Kommunionempfangs geht.

Hier nun die Links:

Zum Vortrag von Pater Deneke

Zum Buch von Weihbischof Schneider „Dominus Est“

Gemeindefeiern benötigen keine ehrfürchtigen Liturgien…

Auf Rorate Caeli findet sich heute ein Artikel, der sich mit der Frage nach der Ursache für die in vielen Messen in der ordentlichen Form auftretenden Missbräuche beschäftigt. Hier ein kurzer Auszug – doch der ganze Artikel ist recht kurz und lesenswert.

All other problems with the New Mass are intimately related with this gravest of problems [handling of the Body of the Lord]. If the Sacred Liturgy is the „summit toward which the activity of the Church is directed“ (SC, 10), the handling of the Body of Christ by the non-ordained is the pit from which all and every single liturgical abuse flows. Because if God present in the Most Holy Sacrament is treated as „crumbs“, then reality vanishes and all that remains, in appearance, are empty and ridiculous symbolisms – and no wonder people do not respect these, change them at will, and expect them to adapt to one’s own preferences.

(Hervorhebungen von Catocon)

In der Tat. Wenn bei der Messe nicht wirklich der Herr gegenwärtig ist, dann ist die Messe eine Gemeindefeier. Und warum sollte die Gemeinde nicht für sich selbst entscheiden, wie sie heute zu feiern beliebt?

Doch genau dieser Eindruck, dass der Herr nicht wirklich gegenwärtig ist, entsteht durch den gedankenlosen Umgang mit Seinem Leib.

Ein interessanter Gedanke.

Thesen zur traditionellen Messe (2)

These: Es gibt faktisch drei Formen des Römischen Ritus: Die Außerordentliche, die Ordentliche, und die Unordentliche Form.

Die ersten zwei Formen sind offiziell von Rom approbierte gültige Messen. In ihnen findet wirklich eine Wandlung statt, und sie können von Gläubigen generell ohne Nachteil (und oft mit signifikantem Vorteil) besucht werden.

Die Außerordentliche Form ist die traditionelle Messe. Ihr Aufbau und ihr Ablauf sind klar und eindeutig festgelegt. Sie hat sich über die Jahrhunderte als exzellente geistliche Nahrung vieler Heiliger auf dem Weg durch das irdische Jammertal bewährt. Manche kritisieren die vielen Heiligsprechungen unter Johannes Paul II. Aber fast alle dieser neuen Heiligen hatten eines gemeinsam: Sie waren mit der traditionellen Messe aufgewachsen, und die meisten hatten nie eine andere gekannt. Wer wissen will, was bei der Außerordentlichen Form vor sich geht, der kann, selbst wenn er des Lateinischen nicht mächtig ist, jederzeit alle notwendigen Informationen in deutscher Sprache sowie sehr gute deutsche Übersetzungen der lateinischen Messtexte in Volksmessbüchern wie dem Schott finden (die inzwischen auch wieder neu erhältlich sind). Dort finden sich auch klare und verständliche Erklärungen zur Bedeutung vieler Riten und Feste. Das alte Argument, man könne also die Messe auf Latein gar nicht verstehen ist damit, wenn es je etwas anderes als eine Schutzbehauptung gewesen sein sollte, heute vollends hinfällig. Kostenlose, theologisch akkurate und allgemeinverständliche Erläuterungen zu den Riten und Formen sind jederzeit erhältlich, etwa hier.

Leider wird sie nach wie vor selten gefeiert, da sie von den Anhängern der anderen beiden Formen oft als veraltet abgelehnt wird. Manche möchten eben keine gut verständliche Messe, die den einfachen Gläubigen aus dem modernen Alltag in ein tiefes göttliches Mysterium einführt, sondern ein Wegwerfprodukt, dass man jeden Tag „neu machen“ kann. Also wendet man sich, je nach Geschmacksrichtung, überwiegend den anderen Formen zu.

Die unordentliche Form des Römischen Ritus ist die heute wohl häufigste Form. In fast allen Gemeinden kommt sie in der einen oder anderen Spielart vor. Und das tollste ist, es ist die Mitmach-Messe. Jeder kann am Altar seine persönlichen Talente vorführen, besonders wenn er keine hat. Alle haben Spaß und alle Teilnehmer freuen sich, dass sie wieder einmal den langen beschwerlichen Weg vom Altenheim zur Kapelle geschafft haben. Menschen unter 60 gehen generell gar nicht mehr zur unordentlichen Form (außer sie sind Messdiener oder Kommunionkinder), da sie „von Kirche“ den Schnauzbart voll haben, um das einmal zart auszudrücken. Es ist umstritten, ob der allmächtige Gott diese unordentliche Form überhaupt als Gottesdienst zu erkennen vermag – also weiß man auch nicht, ob dort wirklich eine Wandlung stattfindet. Wer nicht Gefahr laufen möchte, ein bloßes Stück Brot als den lebendigen Herrn zu verehren, der möge an solchen Messen nicht teilnehmen, oder wenigstens nicht kommunizieren (außer per Handy).

Die theologische Dokumentation dieser Form der Messe ist nicht allzu ausgeprägt, da es generell keinen theologischen Inhalt zu dokumentieren gäbe, außer, dass wir heute alle wieder Spaß haben wollen, bevor wir unser Gebiss einweichen gehen.

Die ordentliche Form des römischen Ritus ist ziemlich selten und schwer zu finden. Sie ähnelt der außerordentlichen Form insofern als sie eine gültige, von Rom promulgierte Messe darstellt, deren Mitfeier (einschließlich Kommunion) ungefährlich und sogar empfehlenswert ist. Wer das Glück hat, regelmäßig eine strikt nach den Vorgaben aus Rom gefeierte Messe in der ordentlichen Form besuchen zu können, der gehört wahrscheinlich heute einer privilegierten Minderheit an. In einer anderen Folge der Thesen über die traditionelle Messe werde ich mich vielleicht einmal dazu äußern, welche Form warum besser ist – die ordentliche oder die außerordentliche. Zu denken geben sollte aber schon hier, dass die ordentliche Form gerade dann am besten und theologisch gehaltvollsten gefeiert werden kann, wenn sie möglichst nahe an der außerordentlichen Form ist.

Der wesentliche Platz, der laut dem letzten Konzil dem gregorianischen Gesang zugebilligt werden sollte, die theologisch verfälschungssichere lateinische Originalsprache, die Wendung des Priesters zum Herrn statt zur Gemeinde usw. sind jeweils Annäherungen an die traditionelle Messe. Doch hier soll es nicht darum gehen, diese beiden Formen gegeneinander auszuspielen.

Sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Form des römischen Ritus sind wirkliche Messen. Die unordentliche Form ist nur eine besonders lange und peinliche Form der Selbstdarstellung auf Kosten der Würde aller Beteiligten.

Anhänger beider offiziell approbierter Formen des römischen Ritus sollten sich darauf einigen können, dass zuerst die unordentliche Form wegrationalisiert werden muss. Ob die ordentliche Form, wenn sie ehrfürchtig zelebriert wird, dann noch einer erneuten Überarbeitung bedarf (zumindest im lateinischen Original, von der Übersetzung schweige ich vornehm), kann erst einmal dahingestellt bleiben, auch wenn jeder dazu eine dezidierte Meinung haben wird (den Autor dieses Artikels nicht ausgenommen).

Erzbischof Zollitsch zum Dritten…

Das inoffizielle Motto des Dialogprozesses...

Das inoffizielle Motto des Dialogprozesses...

[Bild auf Aliveandyoung.net gefunden.]

O hätte er doch geschwiegen – und hätten vor allem seine Verteidiger geschwiegen, so wären sie, nicht Philosophen, so doch gute Katholiken geblieben. Doch so, leider, ein drittes Interview des Erzbischofs, in dem er seine Position richtigzustellen versucht. Einige Zitate aus dem Kath.net-Artikel zum Thema:

Erzbischof Robert Zollitsch wehrt sich gegen den Vorwurf, er wolle die Unauflöslichkeit der Ehe infrage stellen. «Das tue ich ganz und gar nicht», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Freiburger Erzbischof in einem Interview des «Mannheimer Morgen» (Montag).
(…)
In der Seelsorge stelle sich aber die Frage nach einem «theologisch verantwortungsvollen und pastoral angemessenen Umgang. Darüber gilt es offen und unaufgeregt zu beraten.»

Zuerst ist es natürlich zu begrüßen, dass Erzbischof Zollitsch die Unauflöslichkeit der Ehe nicht aufheben möchte – das könnte er auch gar nicht. Doch dann stößt er leider erneut in dieselbe Kerbe, die ich verschiedentlich (Links siehe unten) bereits kritisiert hatte. Man solle einen „theologisch verantwortungsvollen und pastoral angemessenen Umgang“ finden, über den man „offen beraten“ müsse. Das ist allerdings zunächst einmal eine Leerfloskel. Alle Seiten sind sich einig, dass eine Lösung nur theologisch verantwortungsvoll und pastoral angemessen sein dürfe. Hat jemals in der Geschichte der Kirche jemand behauptet, er wolle theologisch verantwortungslos und pastoral unangemessen handeln? Die ganze Frage besteht doch gerade darin, was denn theologisch verantwortungsvoll und pastoral angemessen sei. Da behaupten die einen, man müsse Wiederverheiratet-Geschiedene zur Kommunion zulassen, und andere lehnen dies ab.

Aus der Unauflöslichkeit der Ehe, zu der Zollisch sich anscheinend in dem neuen Interview bekennt, und dem katholischen Eucharistieverständnis folgt allerdings notwendig der Ausschluss von der Kommunion für Menschen, die nach einer zivilrechtlichen Scheidung in eine neue sexuelle Beziehung eintreten. Das ist keine Frage pastoralen Umgangs, sondern zuerst nur theologischer Wahrheit. Wie man diese Tatsache, diese nicht veränderbare Tatsache, pastoral vermittelt, mit wieviel Fingerspitzengefühl man vorgeht, das alles kann offen und unaufgeregt diskutiert werden. Doch die theologischen Tatsachen stehen nicht ständig offen zur Diskussion. Sie sind eben längst Tatsachen, an denen sich weitere Diskussionen zu orientieren haben.

Aber bei aller Kritik am Erzbischof, die hier in den letzten Wochen laut geworden ist, bleibt er weit unter dem was sein Stellvertreter, der Bischof von Aachen Heinrich Mussinghoff, erklärt. Während Erzbischof Zollitsch die Unauflöslichkeit der Ehe wenigstens noch formal unangetastet lassen möchte, strebt Mussinghoff eine vollständige Protestantisierung des Themas an. Kath.net schreibt:

[Bischof Mussinghoff] betonte, dass keine offizielle Zulassung zu den Sakramenten angestrebt werde. In Einzelfällen sollte aber beispielsweise die subjektive Gewissensentscheidung eines Katholiken toleriert werden, die Kommunion zu empfangen. Auch weil Kinder aus diesen Beziehungen nur schwer in den Glauben finden könnten, wenn ihre Eltern dauerhaft nicht zur Kommunion gehen dürften.

(Hervorhebungen von Catocon)

Das geht über die Worte des Erzbischofs von Freiburg deutlich hinaus. Die Zulassung zur Kommunion zur „individuellen Gewissensentscheidung“ zu machen, erkennt den Primat des Gewissens gegenüber der kirchlichen Lehre an. Wenn mein individuelles Gewissen mir sagt, es sei akzeptabel in Ehebruch zu leben und eine Konkubine zu haben, wer ist dann Gott mir Vorschriften zu machen!? Schließlich bin ich doch ein freier, aufgeklärter, moderner Mensch – ich bin emanzipiert von diesen ganzen verstaubten Autoritäten, die mir vorschreiben wollen, was ich zu tun und was zu lassen habe! Wenn ich Ehebruch begehen will, dann nenne ich das „Neue Erfahrungen machen“ und „mich umorientieren“, und das ist doch nichts Schlimmes! Kirche und Gott haben sich aus meinem Leben herauszuhalten! Außerdem gehe ICH zur Kommunion, wann ICH das WILL. NON SERVIAM!

In dem Moment, in dem die subjektive Gewissensentscheidung eines Katholiken bei einem Thema von öffentlicher Relevanz – etwa wenn ein Paar offen im Konkubinat oder in Ehebruch lebt, wie in diesen Fällen häufig – als ausschlaggebend gewertet wird, hat das Lehramt der Bischöfe offiziell abgedankt. Bischof Mussinghoff fordert nichts weniger als eine zweite Reformation – das Primat des Gewissens.

Damit wird abermals ratifiziert, was die Bischofskonferenz schon mit der Königssteiner Erklärung 1968 angedeutet hat. Wir verneigen uns vor dem Zeitgeist, wir sind ein Fähnchen im Wind, keine Kompassnadel, die immer zum Herrn zeigt. Wir lassen alles zu, solange ihr euer Gewissen zu Brezeln verknoten könnt, um euch selbst zu rechtfertigen. Wir glauben an die Rechtfertigung nicht durch Gnade, nicht durch den Glauben, nicht durch gute Werke, sondern durch den menschlichen Willen. Sünde ist keine Sünde, wenn ihr euer Gewissen vorher erstickt habt, und es jetzt alles mit sich machen lässt.

Der Zustand der katholischen Kirche in Deutschland ist allerdings inzwischen so schlecht, dass selbst die Worte von Bischof Mussinghoff noch gemäßigt und katholisch anmuten gegen das was scheinbar in den normalen deutschen Gemeinden alltägliche Praxis ist:

Unterstützung hatte Zollitsch auch von einzelnen Kirchenrechtlern und Moraltheologen erhalten: Der emeritierte Münsteraner [Münster: Das Große Häreticum für alle, ohne Numerus Clausus! – Anmerkung von Catocon] Kirchenrechtler Klaus Lüdicke sagte, schon heute sei es in Deutschland der Normalfall, Gläubigen, die in einer neuen Ehe lebten, die Kommunion nicht zu verweigern. Das solle die Kirche auch amtlich akzeptieren.

Ist das wirklich so? Ich kenne nur eine Gemeinde, und die erst seit kurzem. Wer dort geschieden ist und wer wiederverheiratet, ist mir vollkommen unbekannt. Wenn in Deutschland wirklich allwöchentlich der Leib unseres Herrn entweiht wird, wenn allwöchentlich mit priesterlichem Segen massenhaft bekanntermaßen in schwerer Sünde lebende Menschen zur Kommunion zugelassen werden, dann repräsentiert Bischof Mussinghoff wohl den traditionalistischen Flügel der Kirche. Man sagt, der Fisch stinkt vom Kopf her. Aber was ist, wenn der katholische Fisch gar nicht vom Kopf her stinkt, sondern von den Füßen?

Natürlich ändert sich an der Lehre der Kirche auch dann nichts, wenn 99,9% oder selbst 100% aller dem Namen nach katholischen Gemeinden gegen sie aufbegehrten. Auch ein spontanes Massenschisma der deutschen Gemeinden vermöchte nicht einen einzigen Buchstaben an der Wahrheit verändern, dass zivilrechtlich geschiedene Menschen, die eine neue Sexualbeziehung mit einem anderen Menschen eingehen, in schwerer Sünde leben. Daher ist es auch manifest falsch, was Eberhard Schockenhoff, einer der bekannteren Radikalhäretiker der Schimatischen Kirche Deutschlands, vertritt:

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff sagte, Zollitsch habe die Unauflösbarkeit der Ehe nicht infrage gestellt. Er wolle nur einen barmherzigeren Weg des Umgangs mit Menschen, deren Ehe gescheitert sei [Von sich aus scheitern keine Ehen – das besorgen schon die Eheleute selbst! – Anmerkung von Catocon] . «Man kann von außen nicht jede Entscheidung für eine zivile Zweitehe als objektiv schwere Sünde qualifizieren», fügte der Theologe hinzu.

Doch, Herr Schockenhoff, OBJEKTIV ist es auf jeden Fall eine schwere Sünde. Inwiefern Menschen für dieses Verhalten die Schuld tragen, hängt natürlich von ihrem Kenntnisstand ab. Wer gar nicht über die Lehre der Kirche und die Wahrheit informiert ist, dessen individuelle Schuld ist anders zu bewerten als die Schuld des wissentlichen und willentlichen Überzeugungstäters. Objektive schwere Sünden liegen vor bei Sünden hinsichtlich einer schwerwiegenden Materie. Die Ehe ist als Sakrament der Kirche auf jeden Fall eine schwerwiegende Materie. Ferner muss die Sünde noch wissentlich und willentlich begangen werden, damit die schwere Sünde auch wirklich schuldhaft ist. Jeder Mensch, der in Deutschland eine Zivilehe eingeht, tut dies willentlich – sonst wäre die Ehe ungültig.

Nun kann es immer sein, dass jemand zum Zeitpunkt des Eheschlusses gar nicht über die objektiv schwere Sündhaftigkeit seines Verhaltes informiert war. In solchen Fällen ist die individuelle Schuld natürlich entsprechend zu reduzieren oder gar zu verneinen. Doch spätestens nachdem ein guter Pastor dem betroffenen Paar die Wahrheit ganz pastoral gesagt hat, liegt die Sache klar. Ein weiteres Persistieren in schwerer Sünde kann dann nicht mehr als „unwissentlich“ gewertet werden, sondern nur noch als „wissentlich“. Dasselbe gilt für einen Priester, der in vollem Wissen um die Situation einem solchen Paar die Kommunion spendet. Was mit Hirten geschieht, die zulassen, dass ihre Schäfchen sich „das Gericht essen“, wie Paulus das ausdrückt, die ihre Schäfchen in den Abgrund stoßen, kann man in der Bibel nachlesen. Jesus, soviel möchte ich verraten, hält nicht viel von schlechten Hirten.

Man kann fürchterlich komplizierte Einzelfälle konstruieren, meinetwegen ein Mensch, der nach einer zivilen Wiederheirat vom orthodoxen zum katholischen Glauben konvertiert, mit einer russisch-orthodoxen Frau verheiratet ist (hier wäre prinzipiell die Interkommunion möglich, wenn ich richtig informiert bin), vier kleine Kinder hat usw. Doch solche extrem seltenen Einzelfälle müssen nicht durch individuellen Gewissensprimat der Betroffenen (Mussinghoff), amtskirchliche Anpassung an gängige häretische Praxis (Lüdicke) oder theologische Diskussion im Dalogprozess (Zollitsch) gelöst werden, sondern durch individuelle pastorale Beratungsgespräche auf der Grundlage kompromisslos feststehender dogmatischer Wahrheit.

Ich hatte gehofft, nach den letzten beiden Wochen nicht jetzt schon wieder negativ über unsere deutschen Bischöfe schreiben zu müssen, aber es bleibt nicht aus. Der Papstbesuch scheint in der deutsch-katholischen Landschaft so einige in Unruhe zu versetzen. Da muss man sich dringend noch einmal von Rom absetzen, um nur ja nicht unter die Räder der rapide rollenden Medienmaschine zu geraten. Man will ja ankommen – um jeden Preis.

Links zu früheren Artikeln über die Zollitsch-Interviews:

Erzbischof Zollitsch und die Häresie

Erzbischof Zollitsch und die Häresie: Weitere Stimmen

„Herr Zollitsch und das Zirkuspferd“

Erzbischof Zollitsch legt nach

Links zur leidigen Zollitsch-Debatte

The Recovery of the Sacred

Einen sehr interessanten Artikel zum Thema Liturgie gibt es derzeit auf CatholicCulture.org zu lesen: „The Recovery of the Sacred„. Aus meiner Sicht sehr zu empfehlen, da der Artikel sehr sinnvolle Gedankenanstöße für die weitere Entwicklung der Liturgie gibt, die mir größtenteils im Geiste der „Reform der Reform“ unseres Heiligen Vaters zu sein scheinen. Der Artikel ist ziemlich lang, daher folgen einige wenige Auszüge, doch lohnt sich die Lektüre zur Gänze.

There is need for general liturgical uniformity and officially prescribed rites, although a degree of variety has always existed and can exist provided it is not extreme. The notion of a continually changing liturgy subject to local experimental variations is subversive of public liturgy and hence subversive of the public existence of the Church. Liturgical experimentation cannot in the nature of things be successfully inhibited, but it is important that the Church distinguish clearly and forcefully between what is official liturgy and what is not.

(…)

The traditions of the Church must be conceded genuine authority in liturgy as in other matters. Hence departures from these traditions should be sparing and carefully considered. The sense of the sacred depends heavily on the sense of tradition lying behind it.

Genuine Catholic liturgy is not possible without an acceptance of the legitimacy and authority of the Church. The tendency simply to use Catholic ritual for private purposes is corrupting of that liturgy.

The validity and effectiveness of the ritual depends heavily on its being seen as public and official. Hence the importance of compulsory Sunday Mass attendance or, when it was in effect, the compulsory Friday abstinence. Insofar, as rites are seen as primarily a matter of personal preference, they lose much of their significance.

(…)

Systematic instruction is necessary in the full meaning of the Mass, particularly its sacrificial nature and its character as a timeless mystical action. By default much of this meaning has been lost since the Second Vatican Council, and in some cases has been deliberately undermined. Without some understanding of this theology, the deepest significance of the rite is missed and its importance greatly reduced, since the idea of the Mass as community meal is neither rich enough nor profound enough to sustain the weight of this most sacred of Catholic acts.

(…)

A Dominican theologian has speculated, for example, that the changes in the Roman Missal were intended to “correct” traditional Catholic belief about the Real Presence,10 and numerous Catholics have reached a similar conclusion, although this was certainly not the intention of the Second Vatican Council. The practice of taking Communion in the hands cannot help but reinforce this same impression among Roman Catholics, where the contrary practice has been deeply ingrained, even though it probably causes no difficulty among Anglo-Catholics because it has been so long established among them. A ritual which is theoretically unobjectionable may take on an unwanted significance when it involves the dramatic alteration of existing customs. For example, the removal of the tabernacle from the high altar in many churches, although usually done with good intentions, cannot help but appear symbolically as the „dethroning“ of the sacrament. It has helped diminish eucharistic piety.

(…)

An alternative might be for every reasonably large parish to provide one Latin Mass each Sunday at a convenient time. It would be particularly effective if this were a High Mass sung by congregation and choir together. Parishioners might then be encouraged to familiarize thcmselves with both Latin and vernacular worship on a regular basis and not identify themselves exclusively with either.

Warum können nur Männer Priester sein?

Eine interessante Diskussion zur allein Männern vorbehaltenen Priesterweihe entspinnt sich derzeit auf Johannes‘ Blog. Johannes behauptet dort, die Lehre der Kirche zu diesem Thema beruhe einzig auf der entsprechenden Verfügung Jesu – und aus der natürlichen Vernunft stammende Argumente seien zwar überzeugend, aber nicht logisch zwingend.

Im Gegensatz dazu behaupte ich, dass die Lehre der Kirche natürlich auf der Offenbarung Jesu beruht, dass aber die Geschlechtsspezifik der Priesterweihe, gegeben das katholische Verständnis der Vorgänge am Altar (Priester als „alter Christus„), mit Notwendigkeit von der natürlichen Vernunft des Menschen erkannt werden kann.

Johannes hat dazu zwei Artikel und einen Kommentar, ich bisher drei Kommentare geschrieben. Alle Texte enthalten meines Erachtens sehr interessante Denkanstöße zu diesem faszinierenden Thema. Ich möchte daher meine Leser einladen, Johannes auf seinem Blog zu besuchen, und sich vielleicht auch an der dortigen Diskussion zu beteiligen.

Protestantischer als Martin Luther

Eines der ständig wiederkehrenden Themen dieses Blogs ist der Verfall der katholischen Identität in Deutschland und dem christlichen Westen allgemein. Dieser Blogartikel von Mundabor passt sehr gut dazu. Bezüglich der Frage nach der Legitimität der Handkommunion (nicht der Legalität, da gibt es keine Frage: Sie ist derzeit nach den Regeln der Kirche in Deutschland erlaubt) gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen Martin Luther und den Konzilsvätern:

Taking Lessons from Luther is exactly what our heroes, the “Conciliar Fathers”, should have done once come back to their diocese after V II. Luther would have told them that communion must be:

1. kneeling, and
2. on the tongue

Es ist kaum zu bestreiten, dass ein wesentliches Ziel der Konzilsväter (oder zumindest der Mehrheit unter den einflussreicheren Kräften beim letzten Konzil) darin bestand, die Kirche von ihren Riten und Praktiken her dem Protestantismus anzunähern. Manche behaupten auch, dass durch das Konzil etwas an der Theologie der Kirche verändert worden sei, andere wiederum erklären, man müsse die Texte nur richtig interpretieren, dann werde man den korrekten Sinn im Einklang mit der Tradition schon feststellen. Letzteres ist die Linie des Heiligen Vaters – Hermeneutik der Reform statt des Bruchs – und daher hat diese Vorstellung erst einmal bis zum Beweis des Gegenteils ein größeres Gewicht. Mir persönlich erscheinen manche Differenzen zwischen der Tradition und dem II. Vatikanischen Konzil schwer zu überbrücken, aber ich bin auch nicht der größte lebende Theologe des 20. Jahrhunderts, wie unser Papst. Doch darum soll es mir hier gar nicht gehen. Was ich sagen will ist folgendes:

Wieder einmal stellen wir fest, dass die Kirche sich mit ihrem Versuch der Annäherung an den Protestantismus bloß an die verweltlichte Form des Protestantismus wie er in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich geworden ist, angepasst hat. Selbst die authentischen Traditionen, die die Lutheraner dem großen Schisma zum Trotz noch bewahrt hatten, wurden einfach so über Bord geworfen.

Mundabor dazu:

This means that even people who did not believe in the Real Presence managed to deal with the host in a more respectful way than the “Conciliar fathers” did once returned to their dioceses.

Go figure.

Ich bleibe dabei: Es gibt einen unfehlbaren Weg, die Spaltung zwischen Protestanten und Katholiken zu heilen. Man muss nur eine Zeitmaschine bauen, mit ihr in die Zeit Luthers reisen, und Martin Luther einen Tag vor seinem berüchtigten Thesenanschlag glaubhaft versichern, was seine zukünftigen Schüler aus dem christlichen Glauben gemacht haben. Luther nähme sofort jede Kritik am Papst und der Kirche zurück, suchte eilig einen Beichtstuhl auf, und begäbe sich dann auf Knien nach Rom, um Buße zu tun und um Vergebung zu flehen, den ganzen Weg über sich selbst geißelnd vor Scham.

Ähnliches könnte man wahrscheinlich auch mit Calvin und den anderen „Reformatoren“ machen. Bei ihren geistigen Schülern, den Neo-Reformatoren in der katholischen Kirche wäre dieser Versuch vermutlich sinnlos – im Gegensatz zu den echten Reformatoren glauben sie nämlich gar nicht mehr im traditionellen Sinne an den christlichen Gott, nicht mehr an Jesus Christus und den Heiligen Geist, und definitiv nicht mehr an die Kirche.

Martin Luther war ein Häretiker – er glaubte nicht die Lehre der Kirche, sondern schnitzte sich seinen Glauben selbst, indem er Teile der Überlieferung ablehnte. Jedoch gab es für seine Handlungen noch psychologische, subjektive Rechtfertigungsgründe. Es gab wirklich Missstände in der Kirche. Und was er statt der Lehre der Kirche glaubte, war zwar falsch, und sollte schlimme Folgen zeitigen, doch war für sich genommen noch als christlicher Glaube erkennbar. Und er glaubte es wirklich, nicht nur aus Eigennutz, Karrierestreben oder Gefälligkeit gegenüber der Welt. Das alles ändert nichts an der objektiven Verwerflichkeit seiner Taten, aber er hatte, wie gesagt, wenigstens noch seine christlichen Gründe, so fehlgeleitet er auch gewesen sein mag.

Doch die heutigen Verbands- und Berufskatholiken, und mit ihnen ein signifikanter Teil der Bischöfe, haben selbst diese Form des ehrlichen Glaubensirrtums im Geiste der Moderne überwunden. Sie glauben nicht an die Realpräsenz und haben auch sonst ihren Glauben auf lutheranische Weise von spezifisch katholischen Elementen „gereinigt“ – aber sie haben ihn auch von spezifisch lutheranischen Elementen gereinigt. Luther wäre nie auf die Idee gekommen, dass Homosexualität, Abtreibung, Tötung von ungeborenen Menschen (Embryonen) im Namen wissenschaftlicher Fortschung usw. etwas anderes seien als schwere moralische Übel. Und weder Luther noch Calvin hätten Clownmessen geduldet.

Verglichen mit den Verbands- und Stuhlkreiskatholiken in Deutschland erscheinen Luther und Calvin auf einmal ziemlich attraktiv. Es ginge der Kirche in Deutschland besser, wenn diejenigen, die öffentlich für die Kirche sprechen, doch wenigstens einen so festen christlichen Glauben besäßen, wie die großen häretischen Reformatoren Luther und Calvin!

Relativismus als Dialogmittelweg?

Kath.net ist eine der wenigen Nachrichtenquellen, die ein gläubiger Katholik normalerweise in Ruhe lesen kann, ohne redaktionellen Anfeindungen ausgesetzt zu sein. Das trifft auch (wenn auch nur zu einem geringen Teil) auf den Gastkommentar von Andreas Püttmann zur sogenannten Dialoginitiative und ihrem Auftakt in Mannheim zu. Leider ist es jedoch auch das Beste, was man aus katholischer Perspektive dazu sagen kann. Ansonsten ist er ein unklares Sammelsurium zur Schau getragener „Offenheit“ gegenüber denjenigen, die den Glauben und die Sittenlehre der Kirche im Geiste des Säkularismus zu demontieren suchen. Beispiele gefällig?

(1) Suggestive Titelwahl

Püttmann schreibt bereits im Titel – „Dialogseligkeit und Dialogressentiment“ – einen Gegensatz hoch, der wohl nur in seinem Kopf als solcher zu verurteilen ist. Wenn man der Meinung ist, dass Glaubens- und Sittenwahrheiten auf den Tisch gehören und abgebaut werden sollen, damit die Kirche an oberflächlicher „Relevanz“ gewinnt, dann wird man zu den „Dialogseligen“, denn es ist transparent, dass dies das einzige Ziel der Dialoginitiative ist. Ansonsten hätte man die Sache ganz anders aufziehen müssen. Ist man hingegen der Meinung, dass Glaube und Sittenlehre durch das ordentliche Lehramt der Kirche festgelegt sind und nicht dem Mehrheitswillen angepasst werden dürften, dann wird man diesen Dialogprozess ablehnen. Püttmann bezeichnet diese beiden Gegensätze extrem tendenziös als „Seligkeit“ und „Ressentiment“. Wie wir alle wissen, ist im katholischen Kontext „Seligkeit“ etwas sehr Gutes, während „Ressentiment“ eie nicht von Argumenten zu untermauerndes, generell vorurteilsbehaftetes, irrationales Gefühl der Abneigung ist, von dem Menschen normalerweise Abstand nehmen sollten. Schon die Titelwahl zeigt also die Tendenz des Kommentars: Die Abrißbirnen der Kirche sind „selig“, während die Verteidiger des Lehramts von „Ressentiments“ zerfressen sind.

(2) Die Kirche für 30 Silberstücke und etwas weltliches Ansehen verjuxen?

In den ersten zwei Absätzen scheint es dann, als ob der Titel unberechtigt oder unbedacht gewählt sei. Püttmann schreibt, man habe in der Dialoginitiative zwischen der „Diskursethik von Habermas“ und der naturrechtlichen Tradition der Kirche, besonders des Papstes Benedikt zu wählen. Er charakterisiert damit treffend die Wahl, vor der der heutige Katholik steht. Er kann sich der Lehre der Kirche, dem sittlichen Naturrecht und dem Heiligen Vater anschließen, oder einem kruden Soziologismus, der jeder Fundierung in der Wahrheit entbehrt und immer das als „richtig“ ansieht, was die Mehrheit im „Diskurs“ oder „Dialog“ beschließt.

„Nimmst Du nicht an der Wahrheit Maß, dann bleibt Dir nur der Habermas“, lautet ein Bonmot des Professors für Christliche Gesellschaftslehre, Lothar Roos. Er hält es offensichtlich mehr mit Ratzinger, dem Naturrecht und der Lehrtradition als mit dem berühmten „Diskursethiker“.

Zwischen der Erkenntnislehre dieser beiden „Päpste“ haben die deutschen Katholiken in gewisser Hinsicht jetzt zu wählen.

Man ist geneigt, Püttmann für diese klare Darstellung der Alternativen zu loben. Umso erschreckender ist das was folgt:

Denn alle Stuhlkreise hatten drei Prioritäten einer zukünftigen Kirche „mit großer Ausstrahlungskraft“ zu wählen und von dieser wiederum die wichtigste, die dann coram publico vorgetragen wurde. Hierbei dominierten – ohne dass es dazu im Plenum Widerworte der anwesenden Bischöfe gab – die bekannten „Reizthemen“: Frauenpriestertum (oder –diakonat), Zölibat, Machtverteilung zwischen Geweihten und Laien sowie Fragen des Sechsten Gebotes, insbesondere zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen.

Darüber lässt sich trefflich debattieren, mit guten Argumenten auf beiden Seiten. Modifikationen kirchlicher Morallehre unter veränderten zivilisatorischen Bedingungen und humanwissenschaftlichen Erkenntnissen gab es früher schon, etwa bei den „Ehezwecken“, der Todesstrafe, der Sklaverei, oder dem Zinsverbot. Wo „Glaube und Vernunft“ wirklich voneinander lernen sollen, ist die geistig-geistliche Anstrengung auch zur Überprüfung kirchlicher Lehren legitim, zumal wenn diese nicht zum „Credo“ des Christentums gehören.

An dieser Stelle angekommen, muss man sich fragen, ob Herr Püttmann nicht vielleicht lieber einer Glaubensgemeinschaft beitreten sollte, in der die Wahrheit dasselbe ist wie die Meinung der Mehrheit. Man lasse sich diese zwei Absätze auf der Zunge zergehen. Erst stellt Püttmann absolut klar, worum es geht: Kirche, Papst, Lehramt, Naturrecht auf der einen Seite, Habermas, Zeitgeist, Diskursethik und Relativismus auf der anderen Seite. Dann plädiert er auf Neutralität zwischen beiden Seiten! Es hätten, so Püttmann, die üblichen Reizthemen dominiert, darunter Frauenpriestertum, Homosexualität, „Machtverteilung“ zwischen Laien und Geweihten, „Fragen des sechsten Gebots“ – also Sexualmoral auf Dialogchinesisch verklausuliert.

Das alles sind aber keine „Diskussionsthemen“, sondern Teil der unveränderlichen Lehre der Kirche. Homosexuelle Akte sind sündig, Frauen können nicht Priester werden, Sexualität außerhalb der Ehe, Scheidung, Verhütung, Abtreibung usw. sind ebenfalls durch das Lehramt klar entschieden worden. Püttmann behauptet, alle diese Fragen seien diskutabel, mit guten Argumenten auf beiden Seiten, auch innerhalb der Kirche, schließlich habe die Kirche ja schon früher ihre Lehre abgeändert. Nun, wenn Püttmann das wirklich glaubt, kann er dann guten Gewissens das Apostolische Glaubensbekenntnis sprechen? „Ich glaube an… die heilige katholische Kirche…“? Wenn die Kirche als Institution ihre Lehre abgeändert hat, und dies wieder tun kann, dann ist sie nicht die Kirche, die Gott „in die ganze Wahrheit führen“ wollte. Dann ist sie eine menschliche Erfindung und alles was sie sagt ist prinzipiell so suspekt, wie die Worte gewohnheitsmäßiger Lügner. Denn dann wäre die Kirche nichts anderes als eine gewohnheitsmäßige Lügnerin, die seit 2000 Jahren viele Millionen Menschen verführt hat. Sie wäre die schändlichste Institution, die jemals die Erde besudelt hätte. Sie hätte ferner ihre Existenzberechtigung verloren.

Eine bloß menschliche Organisation kann nämlich auch nicht Brot und Wein in den Herrn verwandeln. Es gäbe damit in der katholischen Kirche keine Eucharistie, keine Realpräsenz, keine Wandlung, im Tabernakel keinen Herrn. Keine Existenzberechtigung für Priester, kein Lehramt, nichts. Die Kirche wäre ihres ganzen Sinnes beraubt, wenn sie ihre Lehre wirklich abändern könnte.

Kann die Kirche von Zeit zu Zeit disziplinarische Vorschriften modifizieren? Ja, sie kann, und sie hat. Das ist etwa bei der Todesstrafe der Fall. Die Kirche lehnt die Tötung Unschuldiger generell ab. Sie lehnt NICHT generell die Todesstrafe ab, aber sie hält dazu an, sofern möglich, andere Mittel zu wählen, wie etwa lebenslange Haftstrafen. Die Todesstrafe ist in modernen westlichen Gesellschaften, gegeben aktuelle Sicherheitsstandards in Gefängnissen, gegeben die Möglichkeit lebenslanger Haftstrafen usw. nicht notwendig. Dies ist jedoch keine Veränderung der kirchlichen Moral, sondern eine Veränderung der gesellschaftlichen Umstände, auf die die kirchliche Moral angewendet wird. Die Sittenlehre ist dieselbe: Die Tötung als Strafe für ein Kapitalverbrechen ist nicht an sich unmoralisch, aber sie ist in der heutigen Gesellschaft kaum oder gar nicht notwendig. Lesen Sie den Katechismus, Herr Püttmann, bevor Sie behaupten, die Kirche habe „ihre Lehre verändert“.

Soweit zu der lächerlichen Behauptung, die Kirche könne in den von Püttmann und den „Dialogseligen“ aufgebrachten Themengebieten, einfach das Gegenteil von dem sagen, was sie immer gelehrt hat, ohne damit jegliche Glaubwürdigkeit zu verspielen, die sie je gehabt haben mag. Denn bei ihnen geht es nicht um die Anwendung moralischer Prinzipien auf eine neue Zeit, sondern um eine Änderung der Prinzipien. Sexualität ist natürlich auf die Fortpflanzung hingeordnet – daher sind sexuelle Akte, die prinzipiell die Möglichkeit der Fortpflanzung willentlich ausschließen, immer moralisch falsch. Darunter fallen sowohl Verhütung, als auch Homosexualität, um nur zwei Reizthemen der Kirchendemonteure zu nennen. (Für Katholiken sind das übrigens keine „Reizthemen“, sondern wunderschöne Glaubenswahrheiten!) Und es gibt auch keine „Wiederverheiratet-Geschiedene“ aus dem einfachen Grund, dass es keine „Geschiedenen“ gibt. Scheidung ist unmöglich. Was durch den Ehebund zusammengefügt worden ist, ist zusammengefügt. Kein Mensch kann diesen Bund aufheben – und der Versuch ist moralisch verwerflich. Man kann also Menschen, die freiwillig und öffentlich in schwerer Sünde persistieren, obgleich ihnen die Möglichkeit gegeben worden ist, aus diesem Zustande zu entfliehen, keinesfalls zur Kommunion zulassen.

Herr Püttmann behauptet ferner, die genannten Glaubens- und Sittenwahrheiten gehörten nicht zum Credo. Wie oben schon gezeigt, stimmt auch das nicht. Wer seinen Glauben an die Kirche bekennt, und dann die Lehre der Kirche nicht akzeptiert, der widerspricht sich selbst. Eine von zwei Aussagen muss falsch sein – entweder man glaubt an die Kirche, oder man glaubt ihr nicht. Da muss man sich schon entscheiden.

Die meisten im Mannheimer Meinungsbild vertretenen Thesen sind offen oder versteckt häretisch. Und das zu sagen ist „Ressentiment“, um Herrn Püttmanns Kommentartitel zu zitieren.

(3) Der Ausverkauf des Glaubens

Doch Herr Püttmann ist offenbar entschlossen, allen irgendwie zu gefallen, und damit ein Kind seiner Zeit – nur die Kirche bewahrt den Menschen vor der Sklaverei, ein Kind seiner Zeit zu sein, wie Chesterton sagen würde. Denn er kritisiert dann auch noch die „Seligen“, um Herrn Püttmanns Dialogterminologie zu folgen:

Man kann dies der „Reformpartei“ [Püttmann meint die Mutablilität der Glaubens- und Moralwahrheiten, von der er oben verklausuliert sprach – Anm. von Catocon] zugestehen und dennoch finden, dass die „Reizthemen“-Fixation an der radikalsten Herausforderung, der Glaubenskrise, vorbeigeht: [1] An den Zweifeln an unserer christlichen Auferstehungshoffnung, [2] der göttlichen Allmacht und Güte angesichts von Leid und Katastrophen, [3] der Realpräsenz Christi in der Eucharistie, [4] am Sinn des Bußsakraments, [5] am Auftrag zur Mission. Von all dem hörte man aber kaum etwas in Mannheim.

Nun, wenn die Kirche die Lehre in Glaubens- und Moralfragen einfach so abändern kann, was Herr Püttmann ja seinen „Dialogseligen“ zugesteht, dann gibt es kein einziges Argument mehr gegen den Reformeifer, denn Herr Püttmann hier ungerecht kritisiert. Wenn die Lehre der Kirche wirklich beliebig ist – was er den Neo-Reformatoren ja erklärtermaßen zugestanden hat – warum soll man dann nicht versuchen „anzukommen“ und der Welt zu gefallen? Gehen wir die obenvon mir mit Ziffern versehenen Anliegen Püttmanns vor dem Hintergrund seines zur Schau gestellten und zugestandenen Relativismus also durch:

[1] Die Auferstehungshoffnung: Sie basiert auf den durch das Neue Testament überlieferten Worten Jesu. Das Neue Testament ist eine Sammlung von frühchristlichen Schriften, die verbindlich von der Kirche zu einem Kanon zusammengestellt worden ist. Wenn aber die Kirche ihre Lehren einfach so ändern kann, vielleicht ist dann ja demnächst das Thomas-Evangelium Teil des Kanons, und das Johannes-Evangelium nicht mehr, um nur ein Beispiel zu nennen. Die Bibel bezeugt, interpretiert durch die Linse der Tradition, die Auferstehungshoffnung, doch wenn die Linse Tradition (=Lehramt) suspekt geworden ist, was sie werden muss, wenn man den Neo-Reformatoren Püttmanns Zugeständnisse macht, dann kann man die Bibel auch anders interpretieren. Fragen Sie mal Herrn Bultmann. Die Auferstehungshoffnung kann nicht bestehen ohne das Lehramt der Kirche, und das ist, nach Herrn Püttmanns Auffassung, schön öfters im Irrtum gewesen, kann also keine Glaubwürdigkeit mehr für sich beanspruchen.

[2] Die göttliche Allmacht und Güte im Angesicht von Katastrophen: Ist ebenfalls nicht mehr notwendig, wenn man erst einmal Herrn Püttmanns Zugeständnisse gemacht hat. Die Gnostiker waren in der Lage, sich die Texte so zurechtzulegen, dass der Gott des Alten Testaments böse war, und Jesus ihn abgelöst hat. Das passiert eben schonmal ohne Treue zum Lehramt der Kirche…

[3] Die Realpräsenz Christi in der Eucharistie: Wenn das Lehramt der Kirche in wichtigen Fragen der Sitten- oder Glaubenslehre irrt, kann man ihm kein Vertrauen mehr schenken. Und da die einzig Gott angemessene Anbetung eines bloßen Brotes nichts anderes ist als Gotteslästerung er schlimmsten Art, reicht schon ein geringer Zweifel an der absoluten Vertrauenswürdigkeit des Lehramts dazu aus, um davon Abstand zu nehmen. Es ist aber einzig die Überlieferung der Kirche – in Bibel und Lehramtstexten – die uns die Realpräsenz garantiert. Das Dogma fällt dann also auch.

[4] Der Sinn des Bußsakraments: Beichten ist unangenehm. Warum beichten, wenn ich einfach behaupten kann, da müsse sich bei meiner Lieblingssünde die Kirche einfach geirrt haben!? Unter Herrn Püttmanns Konzessionen an die „Dialogseligen“ GIBT ES KEINEN Sinn des Bußsakraments mehr.

[5] Auftrag zur Mission: Wenn die Kirche sich in Fragen des Glaubens und der Sittenlehre korrigieren kann und fortan eine neue, modernere, Moral vertreten kann, dann ist die Wahrheit entweder bloß relativ, oder die Kirche hat sich in ihrer Geschichte über 2000 Jahre geirrt, bis die Aufgeklärten „Dialogseligen“ sie unter ihrer abgestandenen Dunstglocke von, um Herrn Püttmann zu zitieren, „Ressentiments“ zu befreien. So eine Institution hat eigentlich keinen Grund zur Mission. Und der Auftrag Jesu zur Mission ist im Neuen Testament – das, wie wir weiter oben gesehen haben, ja aus der Feder der frühen Kirche stammt, und von der nicht ganz so frühen Kirche im 4. Jahrhundert kanonisiert worden ist. Sie ist also auch nicht mehr zuverlässig.

Wir sehen also: Alle für Herrn Püttmann wichtigen Punkte sind faktisch nicht mehr haltbar oder zumindest extrem fragwürdig, wenn man den „Dialog-Seligen“ Püttmanns Zugeständnisse erst einmal gemacht hat. Warum sich die Mutter aller Stuhlkreise in Mannheim also mit solchen Trivialitäten befassen soll, sagt Herr Püttmann uns nicht.

(4) Scheinargumente

Herr Püttmann nennt dann noch drei „Argumente“, die die „Dialogseligen“ zu größerer „Mäßigung“ anhalten sollen:

Mehr Skepsis gegenüber allzu leichtfüßigem „Reform“-Eifer sollte auch wecken, dass die Reformideen der Mannheimer Wunschliste (1.) genau die Agenda widerspiegeln, die der Kirche von der säkularen Gesellschaft und ihren Medien ständig aufgedrängt werden; sie (2.) im noch rascher geschrumpften deutschen Protestantismus bereits weitgehend realisiert sind; und dass sie (3.) nicht von der deutschen Kirchenprovinz, sondern nur von der römisch-katholischen „Weltkirche“ zu entscheiden sind, in der die Deutschen kaum 2 Prozent der Mitglieder auf die Waage bringen. Rom aber hat in diesen Fragen schon klar gesprochen, teilweise definitiv wie Johannes Paul II. zum Priestertum der Frau.

Doch Herr Püttmann hat von Anfang an gesagt, dass die von ihm jetzt kritisierte Agenda sehr gute Argumente für sich habe, und die Kirche diese Fragen auch abändern könnte, wenn sie wollte. Warum soll eine Agenda schlecht sein, nur weil sie von Säkularisten stammt, da doch die Kirche nicht als verlässlich gelten kann, wenn man Herrn Püttmanns Annahmen zu Ende denkt? Das Argument, die Kirche solle sich nicht protestantisieren, weil die Protestanten noch stärker geschrumpft seien, könnte da schon eher tragen, ist jedoch bloß Marketingstrategie. Und dass Deutschland nur 2% in der Weltkirche ausmacht, ist irrelevant, wenn man so denkt wie die „Dialogseligen“ und in Teilen auch Herr Püttmann – denn das bedeutet ja bloß, dass die anderen noch nicht so aufgeklärt sind wie wir und wir die Chance haben, intellektuelle Avantgarde für einen neuen, aus dem Sumpf der Papisten und der „Ressentiments“ befreiten Glauben zu werden. Eine verlockende Aussicht, wenn man die Unfehlbarkeit des Lehramts in Glaubens- und Sittenfragen erst einmal aufgegeben hat, wie die „Dialogseligen“ und ihr faktischer, wenn auch nicht erklärter, Erfüllungsgehilfe Herr Püttmann.

Dasselbe gilt für das Argument, der Papst habe die Priesterweihe der Frau definitiv ausgeschlossen. Ja, aber wenn die Kirche doch ihre Lehre schon öfters geändert hat, wie Herr Püttmann weiter oben ja behauptet, dann kann sie dies wieder tun. Und wenn man Humanae Vitae und Casti Connubii dem Zeitgeist opfern kann, was Herr Püttmann zumindest für „mit guten Argumenten auf beiden Seiten“ diskutabel hält, warum dann nicht auch Ordinatio Sacerdotalis?

(5) Der Feldzug gegen die Wahrheit

Püttmann fährt dann fort, nachdem er pflichtgemäß einige Konzessionen an die „Ressentiment“-Seite der Debatte gemacht hat, die Kritiker der Mutter aller Stuhlkreise anzugreifen. Beispiel Lebensrecht:

Im gleichen Blatt klagte der Vorsitzende des „Bundesverbandes Lebensrecht“, man habe bei der Teilnehmerauswahl die Lebensschützer wohl „vergessen“.

Die Erklärung ist viel einfacher: Sie gehören dort als Organisationen nicht hin. Denn die „Aktion Lebensrecht für Alle“ oder die „Christdemokraten für das Leben“ sind aus gutem Grund überkonfessionell konzipiert. Ihre Sprecher dürfen nicht selbst dazu beitragen, den Lebensschutz als eine katholische Sondermoral erscheinen zu lassen und so das Geschäft ihrer Gegner zu betreiben, die das Thema gern in die Kirchenecke abdrängen.

Dieses Argument schießt in seiner Inköhärenz wirklich den Vogel ab und übertrifft fast noch die vorherigen Einlassungen des Kommentators. Lebensrechtsverbände gehören nicht an den Verhandlungstisch innerhalb der katholischen Kirche, weil sie nicht allein katholisch, sondern überkonfessionell sind? Ich fürchte, da erübrigt sich jedes Argument, ich versuche es aber trotzdem. In allen heute diskutierten Fragen der Sittenlehre kann die Wahrheit von allen Menschen guten Willens, ob gläubig oder nicht, erkannt werden. Wenn allein die Tatsache, dass es auch nichtkatholische Lebensrechtler gibt, den Ausschluss der Lebensrechtler vom Verhandlungstisch in der Kirche bedeutet, dann darf überhaupt keine an Fragen der Sittenlehre interessierte Gruppe, die auch vielleicht Nichtkatholiken beinhalten könnte, mehr in der Kirche mitreden.

Komisch, wie Herrn Püttmanns „Sorge“ um die Überkonfessionalität des Lebensschutzes immer wieder zu den gleichen Ergebnissen führt, wie die „Sorge“ der Abtreibungslobbys, die alle Lebensschützer von der öffentlichen Debatte ausschließen möchten. Wieder einmal liegt Herr Püttmann mit den Konsequenzen seiner Worte voll auf der Linie seiner „Dialogseligen“, „Säkularisten“ und „Diskursethiker“. Herr Püttmann weiter:

Fatal wäre auch der Eindruck, die 300 am Gesprächsforum beteiligten Katholiken hätten sich nicht alle um das menschliche Lebensrecht zu sorgen, weil es dafür spezielle Organisationen gebe.

Aha. Und weil Mitglieder von Gemeinderäten in den Stuhlkreisen vertreten waren, könnte der Eindruck entstehen, es müssten sich nicht „alle beteiligten Katholiken“ um den Zustand der Gemeinden sorgen, weil es dafür spezielle Organisationen gebe? Es wird immer lächerlicher. Es geht nur darum, das Lebensrecht aus der Kiche auszusperren, die Anliegen der Lebensschützer zusammen mit ihren Kreuzen in der Spree zu versenken, wie Herrn Püttmanns Gesinnungsgenossen (?) es jedes Jahr beim Marsch für das Leben in Berlin vormachen!

Ferner beklagt sich Herr Püttmann noch darüber, dass viele „Konservative“ – gemeint sind kirchentreue Katholiken – die Gremienkatholiken einer „schweigenden Mehrheit“ von Katholiken an der Basis gegenübersetzten. Er argumentiert, wenn man das so nennen kann:

Der Veränderungsdruck, den die Mannheimer Stuhlkreise ventilierten, entspricht durchaus der letzten großen Repräsentativbefragung deutscher Katholiken im „Trendmonitor“ 2010: Vier von fünf Katholiken kritisieren den Zölibat, drei von vier „die Rolle der Frau in der Kirche“, eine Zweidrittelmehrheit „den Umgang mit Kritikern innerhalb der katholischen Kirche“. Noch breitere und wachsende Mehrheiten stören sich an der „Haltung zur Sexualität“ (79%), am „Umgang mit Homosexuellen in der Kirche“ (68%) und an der Lehre zur Empfängnisverhütung (85%)

Nun, ich möchte noch einige Zahlen hinzufügen: 90% der Katholiken gehen nicht zur Messe. Mehr als 70% glauben nicht an die Realpräsenz usw. Die Umfrage unterschiedet, wie Herr Püttmann später selbst kleinlaut zugesteht, nicht nach Kirchgängern und apathischen Taufscheinchristen, denen der Austritt zu stressig ist. Zur letzteren Gruppe gehören die 90% der Katholiken, die es nicht einmal mehr für nötig halten, regelmäßig zur Messe zu kommen – eine Stunde in der Woche für den Herrn scheint ihnen zuviel. Ja, diese 90% sind säkularisiert. Und sie vertreten säkularistische Positionen. Kein Wunder.

Doch was ist mit den 10% der Katholiken, die noch die Kirche aufsuchen? Denken dort auch große Mehrheiten, die Kirche solle aufhören Kirche zu sein und sich lieber als Sozialverband und Umweltschutzorganisation neu definieren? Man weiß es nicht. Eine andere Umfrage zeigt aber, dass über 40% der regelmäßigen Kirchgänger eine in ihrer Pfarrei angebotene Messe in der außerordentlichen Form zumindest einmal monatlich aufsuchen würden, und 68% fänden es normal, wenn beide Formen in der Pfarrei zelebriert würden. Ich fürchte, dass diese Leute nicht gerade erbaut wären, wenn die Kirche ihren Glauben „zeitgemäßer“ gestaltete, und sich damit selbst ad absurdum führte.

Abschließend sagt Herr Püttmann noch und offenbart damit die Wurzel seines Irrtums:

Wo der Dialog nur als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Einsichten betrachtet wird, muss er in Frustration enden.

Hier offenbart sich Herr Püttmann als einfacher Relativist. Beide Seiten des „Dialogs“ werden, völlig unabhängig vom Wahrheitswert ihrer Aussagen, als gleichberechtigt nebeneinanderstehend gedacht, und dann müssten sie von ihren „eigenen Einsichten“ abstrahieren und nicht mehr versuchen sie durchzusetzen. Ein wundervolles Rezept – wenn es keine objektive Wahrheit gibt, sondern alles, Habermas folgend, als „Diskurs“ verstanden wird, in dem jede Gruppe ihre „Ethik“ demokratisch beschließt. Diese Mentalität verunmöglicht es Herrn Püttmann leider, sich erfolgreich für die Lehre der Kirche und die Wahrheit einzusetzen.

Natürlich muss der Dialog in Frustration enden, wie Herr Püttmann sagt, aber nicht weil es da „Selige“ und „Ressentimentgeladene“ gibt, sondern weil die Kirche von ihrem Herrn, nicht von ihrem Stuhlkreis und den Massenmedien, in die ganze Wahrheit geführt wird.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass es sich bei dem Gastkommentar um das Schwächste handelt, das ich bei kath.net jemals gelesen habe. Herr Püttmann unternimmt den Versuch, einen Mittelweg zwischen „Dialogseligen“ und „Dialogressentiment“ zu finden, spricht aber sowohl durch die Titelwahl als auch durch den Inhalt des Kommentars den lehramtstreuen Katholiken jegliches Argument ab und schreibt ihnen stattdessen eben diffuse „Ressentiments“ gegen die ehrlichen, wenn auch teilweise aus seiner Sicht fehlgeleiteten und übereifrigen, „Reformbemühungen“ der „Seligen“ zu. Dass das nicht gerade ein Mittelweg ist, sondern eher eine distanzierte Parteinahme für den „Reformflügel“ der Kirche, ist aber auch klar.

Eine solche Parteinahme ist Herrn Püttmanns gutes Recht, aber man sollte sie auch als solche bezeichnen, und nicht als „Mittelweg“ verkaufen.