Wozu überhaupt übersetzen?

Quelle: Johannes (Eum loquatur)

Die deutschen Bischöfe sperren sich seit vielen Jahren gegen die korrekte Übersetzung der Wandlungsworte in der ordentlichen Form der Messe. Da soll es auf einmal „für alle“ heißen, obwohl die normative lateinische Originalfassung „pro multis“, für viele, besagt. Begründet wird dies mit allerlei schönen und netten Argumenten, die aber alle nicht darüber hinwegtäuschen können, dass hier eine klare Verfälschung der Wandlungsworte in ihrem Inhalt vorliegt. Dies ist keine Kleinigkeit, sondern sehr besorgniserregend. An anderer Stelle mag man darüber streiten, wie schlimm diese falsche Übersetzung ist. Hier soll jedoch ein anderer Aspekt kurz erwähnt werden:

Warum überhaupt eine Übersetzung? Warum kann man nicht einfach eine allgemeine, also katholische, Messe auch in einer allgemeinen Sprache feiern? Warum müssen in der lateinischen Kirche hunderte lokale Sprachen durch die Liturgie reflektiert werden? Die Kirche hat doch schon eine Sprache, nämlich Latein. Und wer sich für den Inhalt der Texte interessiert, und kein Latein kann, dem steht in der heutigen Zeit doch ohne Probleme die Möglichkeit offen, sich über die Texte zu informieren. Es wäre sogar jederzeit möglich, zweisprachige Ausgaben der Messtexte den Gesangbüchern gleich in den Kirchen auszulegen, wenn man es allen ganz leicht machen möchte, die lateinischen Texte nachzuvollziehen.

Es gibt keinen Grund dafür, die fraglichen Wandlungsworte überhaupt zu übersetzen. Und sehr viele gute Gründe dagegen. Aber wenn man aufgrund einer an den Turmbau zu Babel erinnernden Obsession mit der Sprachverwirrung schon unbedingt eine deutsche Übersetzung der Wandlungsworte anstelle des Originals in der Messe verwenden möchte, dann sollte man sich doch wenigstens dazu durchringen können, eine möglichst originalgetreue Übersetzung anzufertigen.

Nun fordert der Papst in einem auf kath.net dokumentierten Brief abermals die Änderung ein. Werden diesmal Taten folgen? Es wäre zu hoffen, doch ich würde nicht darauf wetten. Papier ist geduldig und die Bischöfe verschleppen die überfällige Korrektur schon seit Jahren und Jahrzehnten.

Als Zeichen und Aufforderung findet sich das obige Bild fortan in meiner Seitenleiste.

Ratschläge für „Anfänger“ in der traditionellen Messe

Gerade in der Zeit der unsäglichen Karnevalsmessen, die oft wirklich kaum noch etwas mit Messe, dafür umso mehr mit Karneval zu tun haben, wird sich vielleicht so mancher Katholik fragen, ob nicht der Besuch einer traditionellen lateinischen Messe auch eine Alternative sein könnte.

Doch selbst wenn eine traditionelle Messe in vernünftig erreichbarer Entfernung am Sonntag verfügbar ist: Wer nach 1965 geboren oder konvertiert ist, der hat oft gar keine Ahnung, was man bei einer solchen Messe zu erwarten hat. Die Tridentinische Messe ist weitgehend in Vergessenheit geraten; die sie umgebende Kultur fast noch mehr. Aus diesem Grund nun einige Links, teilweise in deutscher, teilweise in englischer Sprache, aus denen man mehr erfahren kann:

Hier ein Artikel von Father Z zum Thema (englisch, die Kommentare sind auch lesenswert)

Hier ein Erlebnisbericht von meiner ersten Messe in der außerordentlichen Form

Hier eine Erklärung der Riten der traditionellen Messe (außerst empfehlenswert!)

Die traditionelle Messe in Ihrer Nähe (man beachte auch die dort verlinkte Standortkarte)

Und schließlich hier noch eine Videosammlung und eine allgemeine Einführung in die traditionelle Messe (englisch)

Nehmen wir an, jemand fragte mich, was er bei seiner ersten traditionellen Messe zu erwarten hat, würde ich in etwa so antworten:

„Ehrfurcht, Stille, Frömmigkeit, Anbetung, eine Messe, die Himmel und Erde an einem Ort vereinigt, Raum und Zeit durchdringt, eine Art „zeitlose Zeit“ herstellt, und dadurch einen Vorgeschmack auf den Himmel bietet, eine Messe, in der der Herr Jesus Christus selbst real präsent ist, und in der man das nicht nur verstandesmäßig glauben, sondern fast schon aus der Atmosphäre spüren kann. Eine Messe, die zwar komplexer ist als der Novus Ordo, und auch überwältigend und verwirrend sein kann, wenn man versucht dem Ritus z.B. im Messbuch zu folgen, die aber solchen Intellektualismus gar nicht nötig hat. Selbst wenn man einfach nur die oben beschriebene Atmosphäre genießt und in sie eintaucht, hat man schon viel gewonnen. Dies gilt besonders im Hochamt, wo die Würde der Messe geradezu augenfällig (und „ohrenfällig“) ist, wenn der gregorianische Chorgesang zusammen mit dem Weihrauch und den Gebeten der versammelten Gemeinde zum Himmel emporsteigt, aber auch in der stillen Messe ist dies so, da hier die Stille ebensolche Würdigkeit ausdrückt. Später, wenn man dann mit der Atmosphäre vertraut ist, kann man sich mit den Feinheiten des Ritus beschäftigen. Was man zu erwarten hat, ist nichts weniger als die Messe aller Zeiten, in der nicht alles anders, aber vieles besser ist als im Novus Ordo. Und wenn man sich sorgt, man könnte negativ auffallen, den Faden verlieren, etwas nicht verstehen, dann muss man aber auch bedenken, dass wir in der realen Gegenwart des Herrn, verglichen mit dem Herrn, alle negativ auffallen, den Faden verlieren, und nur wenig verstehen. Und dass selbst wir „fundamentalistischen Tradis“ niemandem den Kopf abreißen, der keine Ahnung hat.“

Und was würden meine (womöglich mit der außerordentlichen Form erfahrenen) Leser einem solchen interessierten Fragesteller antworten?

Kardinal Ranjith über die Liturgie

Auf kath.net findet sich derzeit ein Artikel mit der etwas reißerischen Überschrift „Kardinal Ranjith für Rückkehr des Vetus Ordo“. Die Überschrift entspricht jedoch nicht ganz den Tatsachen. Wie wir gleich sehen werden, ist seine Forderung wesentlich bescheidener, weniger radikal, und besteht eigentlich nur aus dem, was auch der Heilige Vater bereits mehrfach gefordert und mit Summorum Pontificum sogar in kirchliches Recht gegossen hat – nämlich ein gleichberechtigtes Fortbestehen zweier Formen des einen römischen Ritus, d.h. sowohl der „Neuen“ als auch der „Alten“ Messe.

Kardinal Ranjith, der ehemalige Sekretär der römischen´Kongregation für Liturgie und Sakramentenordnung, äußerte sich in einer Grußbotschaft an einen Kongreß der internationalen Vereinigung Una Voce, die sich für die traditionelle Form der Heiligen Messe einsetzt. Daher wird er die Gemeinsamkeiten mit Una Voce hervorgehoben haben, wie das in Grußworten eben so üblich ist. Die Unterschiede werden eher reduziert oder gar nicht dargestellt.

Mit diesen Vorbemerkungen und der dadurch hoffentlich entstandenen Zurückhaltung folgt hier nun der Text der Grußbotschaft im Wortlaut (in deutscher Übersetzung, wie sie auf kath.net zu finden war, mit Kommentaren wie immer in roter Farbe.)

Ich möchte zuerst Ihnen allen meine Dankbarkeit ausdrücken für den Eifer und Enthusiasmus, mit dem Sie das Anliegen der Wiederherstellung derwahren liturgischen Traditionen der Kirche voranbringen. (Dafür können wir übrigens alle dankbar sein. Man beachte aber die Formulierung: Die Wiederherstellung der WAHREN liturgischen Traditionen. Die Krise wird hier nicht heruntergespielt oder geleugnet, wie leider sonst sehr oft üblich. )

Wie Sie wissen, ist es der Gottesdienst, der den Glauben vermehrt und dessen heroische Verwirklichung im Leben. (Father Z würde sagen: Save the Liturgy, Save the World!) Er ist das Mittel, mit dem Menschen auf die Ebene des Transzendenten und Ewigen hinauf gehoben werden: der Ort einer tiefen Begegnung zwischen Gott und Mensch. (Und dies muss sich eben auch in der liturgischen Form spiegeln.)

Aus diesem Grund kann Liturgie nie etwas sein, das der Mensch kreiert. (Kreativität ist großartig, wie Sexualität. Doch sowohl Kreativität als auch Sexualität gehören nicht an jeden Ort gleichermaßen, und es gibt in beiden Fällen Orte, an denen sie überhaupt nichts zu suchen haben.) Wenn wir Gott verehren, wie wir es wollen und die Regeln selbst aufstellen, dann riskieren wir, Aarons goldenes Kalb wieder zu errichten. (Klare Worte! Danke, Eminenz!)

Wir sollten immer auf Gottesdienst als Teilnahme an dem, was Gott Selbst tut, bestehen, ansonsten riskieren wir, Götzendienst zu betreiben. (Dies möchte man doch gern den in den Gemeinden und Bistümern für Liturgie zuständigen Menschen zuflüstern – in diesen Worten sehen wir auch, worin nur die wahre „tätige Teilnahme“ bestehen kann, die in pervertierter Form so üblich geworden ist, nämlich in der inneren Teilnahme am großen Geheimnis der Messe.) Die liturgische Symbolik hilft uns, uns über das Menschliche hinauf zum Göttlichen zu erheben. (Es sind eben nicht bloß „leere Formen“ – die Symbole sind voller Inhalt für den, der Augen hat zu sehen. Doch wir sehen ja heute nicht mehr weit, sondern nur noch fern…)

Dabei ist es meine feste Überzeugung, dass der Vetus Ordo in großem Ausmaß und in der erfüllendsten Weise (also in erfüllenderer Weise als der „Novus Ordo“!) diesen mystischen und transzendenten Ruf (!) zu einer Begegnung mit Gott in der Liturgie darstellt.

Deshalb ist die Zeit für uns gekommen, nicht nur den Inhalt der neuen Liturgie durch radikale Änderungen zu erneuern, sondern auch mehr und mehr eine Rückkehr des Vetus Ordo zu unterstützen, als einen Weg für eine wahre Erneuerung der Kirche, was die Väter der Kirche, die beim Zweiten Vatikanischen Konzil saßen, so sehr ersehnt haben. (Dieser Absatz ist leider zweideutig: Wir sollen „nicht nur“ den Inhalt der neuen Liturgie durch radikale Änderungen erneuern. Nicht nur, aber auch, so klingt es an. Wenn wir also die neue Liturgie auch durch radikale Änderungen erneuern sollen, dann ist die wichtigste Frage, worin diese Änderungen bestehen. Diese Frage findet leider keine Antwort. Die „radikalen Änderungen“ könnten in die Richtung dessen gehen, was der heutige Papst in seinem Werk „Der Geist der Liturgie“ beschrieben hat, also Zelebrationsrichtung zum Herrn, statt zum Volk, Rückkehr der lateinischen Sprache, des gregorianischen Chorals usw. Andererseits könnte es auch in die Richtung gehen, die die Freunde des Konzilsgeistes sich wünschen. Auch das wären „radikale“ Veränderungen an der Ordnung der Liturgie. Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Kardinal persönlich kein Anhänger einer weiteren Verwässerung der Liturgie ist. Dann wäre es aber wünschenswert, wenn er die Deutung seiner Worte als Aufforderung zu radikalen Experimenten mit dem Novus Ordo explizit ausschlösse. Vielleicht konzentriere ich mich hier auch zu stark auf Bedeutungsnuancen und einzelne Worte, aber meine philosophische Ausbildung macht es mir unmöglich, auf derartige Erbsenzählerei zu verzichten…)

Das aufmerksame Lesen der Konzilskonstitution über die Heilige Liturgie, Sacrosanctum Concilium, zeigt, dass die übereilten Veränderungen, die später in die Liturgie eingebracht wurden, niemals im Sinn der Konzilsväter waren. (Hier ist wieder die These der Kontinuität. Ja, Sacrosanctum Concilium mag für sich genommen mit der Tradition in Einklang stehen. Doch diejenigen, die den Text geschrieben und über ihn abgestimmt haben, haben ihn dann in ihren Heimatbistümern nach ihren Wünschen umgesetzt oder zumindest die Umsetzung in der bekannten Weise geduldet. In der Umsetzung der Liturgiekonstitution sehen wir einen nicht geringen Teil dessen, was die Verfasser des Textes mit den Worten gemeint haben. Und diese Umsetzung ist sicher nicht konsistent mit der wahren Liturgie der Kirche, sondern zeichnet sich durch Missbrauch der Liturgie als Ort menschlicher und bloß menschlicher Schaffenskraft aus. Dies heißt natürlich keinesfalls, dass der Konzilstext nicht in Übereinstimmung mit den liturgischen Prinzipien gelesen werden kann, die Kardinal Ranjith und auch der Heilige Vater in ihm finden möchten. Doch im „Sinne der Konzilsväter“, oder zumindest im Sinne der Mehrheit der Konzilsväter waren diese Änderungen schon – sie waren Bischöfe, und hätten sich gegen diese Änderungen jederzeit zur Wehr setzen können, während und besonders nach dem Konzil. Von einer solchen Abwehrhaltung ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, leider nur wenig bekannt.)

Daher ist die Zeit für uns gekommen, mutig zu sein bei unserer Arbeit für eine wahre Reform der Reform (ein weiterer Schlüsselbegriff, der aber inhaltlicher Füllung bedarf, welche seine Anhänger bislang oft eher schuldig geblieben sind) und auch eine Rückkehr zur wahren Liturgie der Kirche, die sich in ihrer zweitausendjährigen Geschichte in einem kontinuierlichen Fluss entwickelt hatte. (Und worin besteht diese „wahre Liturgie“? Ist sie repräsentiert durch die traditionelle Messe? Durch den Novus Ordo? Durch beide? Eine Mischung von beiden? Hier fehlt die inhaltliche Deutlichkeit.) Ich wünsche und bete, dass dies geschehe. (Er betet, dass „was“ geschehe? Eine Rückkehr zur ttraditionellen Messe? Eine Reform der Reform im Sinne des Heiligen Vaters, die allerdings die Fortexistenz des Novus Ordo als Regelfall eindeutig befürwortet, und sich so sicher nicht mit den Zielen von Una Voce deckt?)

Gott segne Ihre Bemühungen mit Erfolg.

+Malcolm Kardinal Ranjith
Erzbischof von Colombo
24/8/2011

Vielleicht sollte ich eine solche Grußbotschaft nicht überbewerten. Natürlich kann und will man in einer solchen Kürze nicht alle wesentlichen Punkte ansprechen und wird auch notwendig in einer gewissen Mehrdeutigkeit verharren. Dass der Kardinal die traditionellen liturgischen Formen sehr positiv sieht, und Schritte in Richtung auf eine weitere Normalisierung der traditionellen Messe befürwortet, ist auch kaum zu bezweifeln. Schon die Tatsache, dass er sich überhaupt in einem Grußwort an Una Voce wendet, bezeugt diese Haltung.

In meinem Kommentar habe ich mich daher auf die Grauzonen beschränkt, die es nun einmal leider auch gibt. Und die von kath.net gesehene Aufforderung zur „Rückkehr zum Vetus Ordo“ finde ich in dem Grußwort einfach nicht. Ich finde einen Kardinal, der ehrlich die traditionellen Formen bevorzugt, der ihre Vorteile klar sieht und artikuliert. Aber wohin der Kardinal zurückkehren will, das ist nicht die traditionelle Messe, sondern die „wahre Liturgie der Kirche“, die sich allein schon aufgrund der Vielzahl gültiger katholischer Riten in der ganzen Welt nicht in der Tridentinischen Messe erschöpfen kann. Doch eine der gültigen Liturgien ist eben auch der Novus Ordo, der damit per definitionem Teil der „wahren Liturgie der Kirche“ ist, zumindest sofern man sich an die Vorgaben des Messbuchs hält. Die Forderung des Kardinals scheint sich mir also auf die inzwischen im Vatikan fest verankerte Absicht zur Bekämpfung liturgischer Missbräuche innerhalb des Novus Ordo zu beschränken.

Dass dies natürlich besser ist als die in Deutschland übliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Missbrauch der Liturgie als Theateraufführung von und für Menschen, versteht sich von selbst. Aber es stellt keine Forderung nach einer Rückkehr zum Vetus Ordo dar, und geht auch in keiner Weise über die bereits heute gültige, aber von vielen Bischöfen ignorierte, Rechtslage hinaus, wie sie in Summorum Pontificum niedergelegt ist.

Was ich eigentlich sagen will: Die von kath.net als gute Neuigkeit verkaufte Botschaft ist war gut, aber nicht neu.

Was heißt „die Neue Messe anerkennen“?

Anlässlich eines Kommentars zum gestrigen Artikel über die Hermeneutik des Konzils möchte ich mich nun mit der Frage beschäftigen, was wir eigentlich genau meinen, wenn wir sagen, jemand solle „die Neue Messe anerkennen“.

Hier sind vier Vorschläge zu der im Titel gestellten Frage.

1. Wir erkennen an, dass der Novus Ordo, so wie er von der Kirche promulgiert worden ist, eine gültige Messfeier ist, d.h. dass der Herr dort wahrhaft gegenwärtig ist. Allerdings behaupten wir, er sei eine minderwertige Form der Messe, deren Besuch dem Gläubigen objektiven Schaden zufügt, da er dort protestantisiert und vom wahren Glauben entfernt wird.

2. Wir erkennen an, dass der Novus Ordo im Sinne von (1.) eine gültige Messfeier ist, und zusätzlich, sofern er strikt im Rahmen der kirchlichen Normen des Messbuchs usw. gefeiert wird, ohne Bedenken durch einen Gläubigen besucht werden kann. Allerdings bleibt es so, dass er theologisch minderwertig ist und wieder abgeschafft gehört.

3. Wir erkennen an, dass der Novus Ordo im Sinne von (1.) eine gültige Messfeier ist, die im Sinne von (2.) nicht schädlich ist, und zusätzlich, dass der Novus Ordo trotz seiner theologischen Mängel dauerhaft neben der traditionellen Messe weiter bestehen soll. Allerdings werden wir ihn niemals selbst zelebrieren.

4. Wir erkennen an, dass der Novus Ordo im Sinne von (1.) eine gültige Messfeier ist, die im Sinne von (2.) nicht schädlich ist, und eine Existenzberechtigung im Sinne von (3.) hat, und zusätzlich sind wir auch bereit, trotz gewisser Bedenken hinsichtlich der liturgischen Form und dem was sie theologisch zuweilen nur verwässert ausdrückt, den Novus Ordo zu feiern. Allerdings haben wir eine persönliche Präferenz für den traditionellen Ausdruck der Liturgie.

5. Wir erkennen an, dass der Novus Ordo im Sinne von (1.) eine gültige Messfeier ist, die im Sinne von (2.) nicht schädlich ist, und eine Existenzberechtigung im Sinne von (3.) hat, und die wir im Sinne von (4.) auch selbst zu zelebrieren bereit sind, und sehen ihn auch theologisch als vollwertigen, gleichberechtigten Ausdruck des wahren Glaubens der Kirche an. (Koexistenz zweier Formen des einen Römischen Ritus, vgl Summorum Pontificum)

6. Den Novus Ordo anzuerkennen, bedeutet zusätzlich zu (5.) noch, ihn als die regelmäßige oder normale und normative Form des römischen Ritus zu sehen. Das bedeutet, dass die Feier der Tridentinischen Messe in der Gesamtkirche die Ausnahme bleiben muss.

7. Den Novus Ordo anzuerkennen, bedeutet, dass die alten liturgischen Formen als überholt gesehen und höchstens noch als bedauerlicher Ausnahmefall geduldet werden dürfen, für diejenigen, die den alten Formen aus falscher Nostalgie hinterhertrauern.

Die Frage nach der Anerkennung der Neuen Messe kam gestern im Zusammenhang mit möglichen Wegen der Einigung mit der Piusbruderschaft auf. Welche dieser sieben aufeinander aufbauenden Stufen der Anerkennung muss von der Piusbruderschaft gefordert werden, damit sie in die volle Gemeinschaft der Kirche aufgenommen werden kann?

Nr. 1 ist wohl heute die Position der Piusbruderschaft, die Ecclesia Dei Gemeinschaften, je nach Schattierung, irgendwo zwischen Nr. 2 und 4, der Heilige Vater, soweit ich ihn verstehe, vertritt Position Nr. 5, die deutschen Bischöfe in ihrer Mehrzahl Position Nr. 6, manche besonders „progressive“ deutsche Bischöfe und die Mehrzahl der Verbandskatholiken Nr. 7.

Was sollte gerechterweise von der Piusbruderschaft gefordert werden? In meinem gestrigen, oben verlinkten Artikel schrieb ich zum Thema:

Die Piusbruderschaft wird anerkennen müssen, dass die „Neue Messe“, gefeiert nach den liturgischen Normen des Messbuchs, gültig ist, und zumindest nicht schädlich für den Gläubigen. Sie müssen sie nicht feiern und nicht gut finden, aber sie dürfen nicht vom Besuch einer ehrfürchtig zelebrierten Novus Ordo Messe abraten.

In meiner kleinen Typologie entspricht dies Nr. 2. Die „Neue Messe anzuerkennen“ bedeutet in diesem Sinne keinesfalls, dass man sie gut findet, feiert, oder auch nur akzeptiert, dass sie weiter existieren kann. Im Rahmen dieser Position könnten die Piusbrüder alle ihre theologischen Bedenken gegen den Novus Ordo unvermindert vorbringen. Alles was von ihnen gefordert wäre, ist die Anerkennung der Tatsache, dass die Kirche den Novus Ordo eingeführt hat, in ihm der Herr selbst gegenwärtig ist, und diese Gegenwart allein bereits positive Effekte auf die Seele des Gläubigen hat, und daher eine ehrfürchtig zelebrierte Messe in diesem Ritus keinen Schaden bringt, wenn auch nicht den immensen seelischen Nutzen, den die überlieferte Messe hätte.

Was spricht eigentlich, aus der Sicht der Piusbruderschaft, gegen eine solche Haltung? Außer der üblichen, typisch menschlichen Tendenz zu Hochmut und Verbohrtheit, die es dort sicher auch gibt. Weiß irgendein Leser eine Antwort darauf? Ich meine, der Herr ist in jeder gültigen Messe anwesend – nach eigenem Eingeständnis ist der ehrfürchtig nach den Normen der Kirche zelebrierte Novus Ordo gültig, also ist der Herr auch anwesend. Doch die reale Gegenwart des Herrn allein ist doch schon ein großer Segen für den Gläubigen, oder nicht?

Tridentinische Messe: „He is going to his castle“

Wie sich regelmäßige Leser meines Blogs sicher erinnern werden, habe ich am Christkönigsfest (nach dem traditionellen Kalender) erstmals eine tridentinische Messe besucht, und meine durch theologische Vorüberlegungen hohe Meinung von dieser enorm reichen und schönen Liturgie hat sich bestätigt. Inzwischen kann ich überhaupt nicht mehr verstehen, warum man diesen Ritus so grundlegend reformieren musste. Kleinere Reformen, wie es sie im Laufe der langen Geschichte immer gegeben hat – aber doch nicht eine so gründliche Liturgiereform, die kaum noch einen Stein auf dem anderen lässt!

Ein weiterer Erlebnisbericht einer Erstteilnahme an der Tridentinischen Messe an demselben Christkönigssonntag, allerdings in englischer Sprache, findet sich auf diesem Blog.

Father Z hat den Artikel offenbar auch gefunden und einen wichtigen, etwas missverständlich formulierten Punkt deutlich gemacht, so dass auch die Lektüre seines Kommentars empfohlen sei.

Ich will an dieser Stelle unkommentiert einige kurze Auszüge aus dem Artikel präsentieren, die ich als besonders treffend empfunden habe:

As for myself, I found the Mass exceptionally beautiful. During the consecration, four altar servers knelt with lit candles. Before them were two altar servers kneeling holding the priest’s chausible. And then, before them, was the priest holding above them all, almost like at the top of a pyramid, surrounded by a cloud of incense, the consecrated Host. It was so beautiful.

(…)

There is nothing wrong with participation (…) but it makes you focus more on physically doing something rather than on praying or meditating. It is like filling your day with work and not taking any time to quiet your soul. There is nothing wrong with work; it can be very good. But without that time to quiet the soul, it becomes much harder to really enter into prayer. And constant participation makes it easier to fall into the belief that doing something is the equivalent of drawing closer to God, even if you are doing it mindlessly. All „Martha“ and no „Mary“ makes possible the illusion that „Martha“ is all that is needed, is enough, or is as good as it gets. My thoughts after such a prayerful, meditative Mass were simply that, „Participation is overrated.“

(…)

The weekend we were there happened to be the Feast of Christ the King in the old calendar. They had a life-sized statue of Christ the King which they processed on a platform. It was so beautiful. My girls loved it! It was interesting seeing their reactions to aspects of the differences in the Mass. Cecilia was especially fascinated by the priest going up to the altar each time to speak. My favorite comment had to be by Felicity though. When it came time for the homily, the priest climbed the steps up to the pulpit. (You can see the ornate, elevated pulpit in the first picture.) Felicity looked up in awe and said, „He’s going to his castle!“ Now, when was the last time anyone in your church thought it was a castle? Does your parish look like the home of a King? I know our regular parish doesn’t. Out of the mouths of babes.

Nun doch noch ein kurzer Kommentar. Was scheint aus diesem Erlebnisbericht hervor?

– Schönheit

– Die Messe als Ort der Beruhigung der Seele, des Austretens aus der Hast des Alltags

– Anteilnahme an der Messe durch alle Sinne statt krampfhaftem „Mitmachen“

Drei sehr starke Argumente gegen die moderne Mitmachmesse, und zumindest für einen sehr eng an die Tradition und ihre Liturgie angelehnten Novus Ordo, besser noch für die Tridentinische Messe.

Frischer Wind in der Liturgie

Auf dem Blog „Frischer Wind“ findet sich ein interessanter Auszug aus einem Interview des Liturgikers Alcuin Reid. Hier ein Vorgeschmack:

„Wir müssen erneut einen Blick auf die im Gefolge des Konzils erarbeitete Liturgiereform werfen. Nicht als Anhänger irgendeiner Seite, sondern als gute Historiker, gute Theologen und gute Katholiken. Wenn es klar ist, dass wir wesentliche Elemente der liturgischen Überlieferung verloren oder solche eingeführt haben, die schaden, dann müssen wir die Aufrichtigkeit besitzen, das zuzugeben und das Erforderliche veranlassen.

 

Das hat eingesetzt mit dem Apostolischen Schreiben Sacramentum Caritatis und dem Motuproprio Summorum Pontificum sowie dem persönlichen Vorbild von Papst Benedikt XVI. bei seinen liturgischen Zelebrationen. Außerdem müssen wir mit Nächstenliebe und pastoralem Gespür vorgehen.

(…)

Den Rest gibt es, wie gesagt, beim Frischen Wind zu lesen.

Der oben hervorgehobene Abschnitt über das persönliche Vorbild Benedikt XVI. erscheint allerdings im Angesicht der fragwürdigen „Gestaltung“ der Messen bei seinem Besuch in Deutschland gerade im Moment etwas ironisch. Man sollte sich wohl an des Papstes persönlichem Vorbild orientieren, aber nur, wenn an der Planung der Messen keine anderen deutschen Bischöfe beteiligt waren…

Nähme sich jemand die Papstmessen vom Deutschlandbesuch zum Vorbild, so könnte er, verglichen mit dem heutigen Zustand der meisten deutschen Gemeindemessen eine Menge lernen, vor allem vom persönlichen Verhalten des Papstes. Doch sollte er mindestens von einer Imitation musikalischer Darbietungen, in jedem Sinn des Wortes laienhafter Einmischungen in die Liturgie, der Durchgenderung der Messdienerschaft und einigen anderen Details absehen, wenn er eine möglichst würdige Novus-Ordo-Messliturgie beabsichtigt.

Man könnte auch einfach sagen, dass der Novus Ordo umso besser und ehrfürchtiger zelebriert wird, je näher er am traditionellen Ritus ist. In diesem Fall sollte man als langfristiges Ziel allerdings eine Rückkehr zur traditionellen Messe als erstrebenswert ansehen, besonders wenn man über die ars celebrandi hinaus auch auf theologische Mehrdeutigkeiten im Novus Ordo blickt.

Thesen zur traditionellen Messe (3)

These: Der Wegfall des Stufengebets in der Neuen Messe hat maßgeblich zum Verlust der Ehrfurcht vor dem Altar, und mittelbar damit vor dem Opfer Christi, beigetragen.

In der außerordentlichen Form der Messe beten Priester und Altardiener, bevor sie überhaupt zum Altar treten, was selbst in der ehrfürchtigsten und den liturgischen Vorschriften perfekt entsprechenden Messen in der ordentlichen Form nicht der Fall ist.

Dieses Stufengebet drückt, ganz abgesehen von dem konkreten Inhalt, allein schon durch seine äußere Form, Ehrfurcht gegenüber dem Altar aus, an den man nicht herantritt, ohne sich vorher entsprechend vorzubereiten. Doch warum Ehrfurcht vor dem Altar? Weil dort auf dem Altar der Herr selbst in der Messe gegenwärtig wird. Besonders im Kontext der Messe signalisiert ein achtloser Umgang mit dem Altar auch einen achtlosen Umgang mit dem auf dem Altar zu vollziehenden Opfer. Der Priester tritt erst nach dieser betenden Vorbereitung, die mit dem Confiteor ein Bekenntnis der eigenen Schuld enthält, und damit die Unwürdigkeit des Priesters vor dem großen Geheimnis des Glaubens ausdrückt, zum Altar.

Entfällt das Stufengebet, so tritt der Priester direkt zum Altar, nachdem er in die Kirche eingezogen ist, so wie die Gläubigen auch an ihre Kirchenbänke treten, vielleicht noch (wenn man Glück hat) nach einer Kniebeuge. Der Unterschied zwischen der Herangehensweise an eine Kirchenbank und an einen Altar verschwimmt also.

Der Unterschied ist zunächst einer der äußeren Zeichen. Gern wird nun behauptet, die äußeren Zeichen seien irrelevant, weil es in Wahrheit doch auf die innere Haltung ankomme, und ob sie stimme, könne man nicht an äußeren Zeichen ablesen. Und was kann man dagegen schon sagen? Natürlich ist die innere Haltung letztlich das, worauf es ankommt. Und natürlich gibt es genügend Fälle, in denen die äußeren Zeichen korrekt vollzogen werden, ohne dass die innere Haltung dazu passt. Doch diese strenge Trennung der inneren und der äußeren Dimension übersieht einen ganz entscheidenen Punkt.

Wenn jemand innerlich vom Glauben weit entfernt ist, dann werden auch noch so viele äußere Zeichen ihn nicht innerlich verändern. Aber umgekehrt funktioniert es schon: Jede innere Haltung muss sich zwangsläufig auch in äußerem Handeln ausdrücken, weil der Zusammenhang beim Menschen zwischen Körper und Seele, außen und innen, kaum enger sein könnte. Können wir wirklich sagen „X liebt Y“, wenn X dies niemals durch körperliche Handlungen ausdrückt, wenn er sie niemals verliebt anschaut, ihr niemals Blumen schenkt, sie küsst, oder auf welche andere Weise auch immer seine Liebe sozusagen Fleisch werden lässt? Eine rein „innerliche“ Liebe ist steril und vergeht bald von allein.

Jede innere Haltung muss sich in äußeren Zeichen ausdrücken, sonst wird sie im Laufe der Jahre verdorren. Und sie will es auch. Der Liebende will seiner Geliebten Zeichen seiner Liebe entgegenbringen. Und auf die gleiche Weise will der Gläubige auch Gott Zeichen seiner Liebe entgegenbringen. Auch Gottesliebe nicht ohne Zeichen (selbst Gott liebt uns glücklicherweise nicht ohne äußere Zeichen seiner Liebe – nicht ohne die Sakramente).

Die äußeren Zeichen, in denen sich die eigentlich wichtige innere Haltung ausdrückt, sind also ein unverzichtbarer Teil der inneren Haltung.

Doch mehr noch: Auf den Menschen mit offenem Herzen wirkt der Vollzug äußerer Zeichen auch wieder auf die innere Haltung zurück. Wenn wir einen Menschen lieben, und wir ihm ein äußeres Zeichen unserer Liebe entgegenbringen, dann drücken wir damit nicht nur unsere Liebe auf eine für ihn erkennbare Weise aus, sondern wir stärken auch die Liebe in uns. Selbst wenn wir uns gerade nicht danach fühlen, sollten wir das Zeichen dennoch vollziehen, weil es uns an das erinnert, was wir fühlen sollten. Wir sollten unseren Ehepartner lieben, selbst wenn wir gerade sauer auf ihn sind. Also bringen wir ihm die äußeren Zeichen der Liebe entgegen. Meist werden wir nach kurzer Zeit feststellen, dass unser Zorn verflogen und durch eine tiefere Liebe ersetzt worden ist.

Die äußeren Zeichen sind nicht nur notwendiger Ausdruck der inneren Haltung, sondern mehr noch, Stützpfeiler, durch die die innere Haltung gestärkt, vertieft, und zuweilen sogar zurückgewonnen werden kann.

Liebe äußert sich im menschlichen Leben immer durch Rituale, und so also auch die Liebe des Menschen zu Gott (durch Gebete, besonders durch die Liturgie), aber auch Gottes zu den Menschen (besonders durch das allerheiligste Sakrament des Altares, in der Gott im perfekten Ausdruck seiner unendlichen Liebe zu uns, seinen gebrochenen Leib uns zur Speise gibt, aber auch durch die anderen Sakramente). Keine Liebe ohne Ritual, ohne äußere Zeichen ihrer Gegenwart.

Was für die Liebe gilt, trifft auch auf die Ehrfurcht zu, weil Ehrfurcht vor Gott nichts ist als ein Ausdruck der Liebe. Weil wir Gott lieben, wollen wir ihm geben, was ihm zusteht – und ihm gebührt Anbetung, also auch Ehrfurcht. Und so wie wir die besonderen Orte ehren, an denen wir mit geliebten Menschen besondere Augenblicke verbracht haben, so ehren wir auch, auf unermesslich größere Weise, die Orte, an denen wir Gott in einer ganz besonderen Weise begegnen können; der größte dieser Orte ist natürlich der Altar.

Fassen wir also zusammen: So wie äußere Zeichen nicht zusammenhanglos neben der inneren Haltung stehen, sondern vielmehr ihr notwendiger Ausdruck sind, so findet auch die Ehrfurcht vor dem Altar als Ort, an dem Gott sakramental gegenwärtig wird, ihren notwendigen Ausdruck in der speziellen Reinigung und Vorbereitung des Priesters, bevor er zum Altar treten kann.

Und mehr noch: So wie durch den Vollzug äußerer Zeichen eine von uns als richtig und notwendig erkannte innere Haltung gestärkt und zuweilen gar erst hervorgerufen werden kann, so stärkt auch das äußere Zeichen der besonderen Vorbereitung in Form des Stufengebets die innere Haltung von Respekt und Ehrfurcht vor dem Altar Gottes.

Im Umkehrschluss bedeutet das allerdings: Der Wegfall des Stufengebets als äußerem Zeichen schwächt die innere Haltung ebenso wie der Wegfall äußerer Zeichen etwa im Falle der Liebe unter Menschen die Liebe schwächt, und bringt sie auf lange Sicht mehr und mehr zum Verlöschen. Eine nicht mehr ausgedrückte Liebe wird nicht mehr lange bestehen, und eine nicht mehr ausgedrückte Ehrfurcht wird nicht mehr lange ehrfürchtig sein.

In wie viel größerem Maße trifft dies auf das gläubige Volk zu, das Woche für Woche in der Kirche sieht, wie dem Altar nur noch wenige, ziemlich schwache Zeichen der Ehrfurcht entgegengebracht werden, und selbst diese vielleicht noch Ehrfurcht, nicht länger aber innere Vorbereitung und Reinigung des unwürdigen Priesters vor dem heiligen Altare Gottes ausdrücken? In wie viel größerem Maße wird das gläubige Volk zu dem Ergebnis kommen, dass, wenn der Priester nicht mehr der Bitte um Reinigung und der betenden Vorbereitung bedarf, es auch selbst keinen Respekt mehr vor dem Altar zu haben braucht.

Und das führt wiederum zu einem Rückgang von Ehrfurcht und Achtung vor dem heiligen Opfergeschehen, das sich am Altare in der Messe vollzieht, denn wir bringen besonderen Orten besondere Achtung entgegen. Dies heißt aber auch: Orten, denen wir keine besondere Achtung entgegenbringen, sind für uns auch keine allzu besonderen Orte.

Menschliche Haltungen drücken sich durch äußere Zeichen aus – in allen Lebensbereichen, also auch in der Liturgie. Selbst die beste Novus Ordo Messe hat aber kein Stufengebet, und auch kein äquivalentes Zeichen der inneren Reinigung und Vorbereitung auf das Hinzutreten zum Altar.

Es mag andere gewichtige Gründe für (oder vielleicht sogar gegen?) das traditionelle Stufengebet zu Beginn der Messe geben. Doch allein der hier aufgeführte Grund ist gewichtig genug, um die Forderung nach einer Wiedereinführung des Stufengebets zu rechtfertigen, und die informierte Meinung zu vertreten, dass der Novus Ordo in diesem Punkt theologisch ärmer ist, als die traditionelle Messe.  (Doch davon mehr in einer späteren Folge dieser Artikelreihe.)

Gemeindefeiern benötigen keine ehrfürchtigen Liturgien…

Auf Rorate Caeli findet sich heute ein Artikel, der sich mit der Frage nach der Ursache für die in vielen Messen in der ordentlichen Form auftretenden Missbräuche beschäftigt. Hier ein kurzer Auszug – doch der ganze Artikel ist recht kurz und lesenswert.

All other problems with the New Mass are intimately related with this gravest of problems [handling of the Body of the Lord]. If the Sacred Liturgy is the „summit toward which the activity of the Church is directed“ (SC, 10), the handling of the Body of Christ by the non-ordained is the pit from which all and every single liturgical abuse flows. Because if God present in the Most Holy Sacrament is treated as „crumbs“, then reality vanishes and all that remains, in appearance, are empty and ridiculous symbolisms – and no wonder people do not respect these, change them at will, and expect them to adapt to one’s own preferences.

(Hervorhebungen von Catocon)

In der Tat. Wenn bei der Messe nicht wirklich der Herr gegenwärtig ist, dann ist die Messe eine Gemeindefeier. Und warum sollte die Gemeinde nicht für sich selbst entscheiden, wie sie heute zu feiern beliebt?

Doch genau dieser Eindruck, dass der Herr nicht wirklich gegenwärtig ist, entsteht durch den gedankenlosen Umgang mit Seinem Leib.

Ein interessanter Gedanke.

Thesen zur traditionellen Messe (1)

Als im Jahr 1970 der Novus Ordo promulgiert worden ist, war ich weder Katholik noch überhaupt geboren. Daher habe ich keine positiven oder negativen Erinnerungen an die damalige Zeit und ihre Entscheidungen, weder eine Bitterkeit über radikale Reformen noch über ihr angebliches Ausbleiben. Als ich jedoch im Jahre 2008 erstmals den katholischen Glauben ernsthaft betrachtete, fühlte ich mich sofort zum „alten“ Ritus hingezogen. Aber nicht aus guten liturgischen Gründen – ich war liturgischer Analphabet.  Ich begegnete im Internet (und ich lernte den Katholizismus zuerst ausschließlich durch das Internet kennen) drei Gruppen von Katholiken:

(1) Die einen hatten sich demselben Zeitgeist angepasst, vor dem ich gerade erst zu fliehen begonnen hatte – diese waren überzeugte Anhänger der „Neuen Messe“.

(2) Die anderen waren überzeugte Gegner des Modernismus und verteidigten die moralischen Positionen, zu denen ich unabhängig vom katholischen Glauben 2008 gerade zu finden begonnen hatte, mit Entschlossenheit und Ernsthaftigkeit – diese waren überzeugte Anhänger der „Alten Messe“.

(3) Die dritte Gruppe, für die das beste Beispiel wohl der amerikanische Blogger und Autor Mark Shea ist, ähnelte der zweiten Gruppe in ihrer Verteidigung der moralischen Werte, von denen ich mehr und mehr überzeugt war. Sie respektierten die Messe sowohl in der „neuen“ als auch der „alten“ Variante – obgleich sie generell persönlich eher den Novus Ordo zu bevorzugen schienen.

Dieser Eindruck bestätigte sich wieder und wieder – wenn ich von einem katholischen Autor wusste, wie er zur „Alten Messe“ stand, konnte ich in 99% der Fälle seine Position zu theologischen und moralischen Fragen vorhersehen. Ich habe in drei Jahren bisher noch keinen Katholiken im Internet oder anderswo angetroffen, der sowohl Humanae Vitae als auch den Novus Ordo für den großen Wurf hielt. Ebenso kenne ich niemanden, der sowohl Humanae Vitae als auch den Novus Ordo ablehnt.

Damals erschien mir dies äußerst überraschend – ich hatte wie gesagt keine Ahnung von gesunder katholischer Lehre und war ein religiöser und liturgischer Analphabet. Ich hatte auch keine Ahnung vom wirklichen Aufbau der beiden konkurrierenden Formen der Messe – meine Begegnung mit dieser Debatte fand erstmal ausschließlich im moralischen Rahmen statt. Ich war gegen Abtreibung und die Zerstörung der traditionellen Familie – ich fand Gleichgesinnte unter den Gegnern der Liturgiereform, während das Stimmungsbild unter den Befürwortern höchst gemischt war, wobei die Ablehnung der moralischen Revolution von 1968 umso stärker wurde, je mehr Sympathie ein katholischer Autor mit der Tridentinischen Messe hatte. Je radikaler seine Unterstützung des Novus Ordo, umso revolutionärer auch seine gesellschaftspolitischen Ansichten. Es war ganz natürlich, sich in dieser Lage zum „Traditionalismus“ in liturgischen Fragen hingezogen zu fühlen.

Es dauerte dabei nicht lange, bis ich einen etwas tieferen Einblick in die unter Katholiken immer gern kontrovers diskutierte Frage der Liturgie und der Messe gewann, und dann auch aus liturgischen und theologischen Gründen die außerordentliche Form zu favorisieren begann. Damals jedoch, 2008 oder 2009, war ich noch längst nicht von der Richtigkeit der katholischen Lehre überzeugt. Ich hielt die Existenz Gottes für plausibel, und wäre, wenn man mich zu einer Entscheidung gezwungen hätte, vermutlich in eine konservative evangelikale Freikirche eingetreten. Den Katholizismus, den ich aus dem Fernsehen und von diversen diffus miterlebten Verlautbarungen von Bischöfen kannte, konnte ich weder ernst nehmen noch glauben. Es war zu offensichtlich, dass diese Repräsentanten des Katholizismus sich für ihre eigene Religion schämten und sie bei jeder Gelegenheit herunterzuspielen suchten. Doch meine Aktivitäten im Internet hatten mich mit einer Religion in Kontakt gebracht, die sich nicht ihrer selbst schämte, sondern eine wirkliche Alternative anzubieten schien, eine Alternative, zu der wenigstens große Sympathie für die tridentinische Messe einfach dazugehörte.

Das sah ich, unbedarft wie ich war, bei meinen ersten Kontakten mit dem Katholizismus im Internet. Abschließend möchte ich diese Erfahrungen in zwei Thesen zusammenfassen:

1. These: Je freundlicher ein Katholik zur traditionellen lateinischen Messe steht, umso klarer, entschlossener und überzeugter ist sein Eintreten für die traditionelle katholische Moral, auch und gerade in besonders umstrittenen Themengebieten.

2. These: Solange die Gültigkeit des Novus Ordo nicht generell geleugnet wird, ist eine positive Haltung zur traditionellen Messe ein absolut sicheres Anzeichen für Lehramtstreue in allen Bereichen.

Mundkommunion: Priester, Protestanten und Canizares

Als ich kurz vor Ostern 2011 ein letztes Mal am Glaubenskurs zur Vorbereitung meines Übertritts in die katholische Kirche teilnahm (ich war der einzige Konvertit, so dass der Kurs eine Art Zweiergespräch zwischen dem Pastor und mir war), ging es unter anderem um die Art des Kommunionempfangs. Ich hatte dem Pastor gegenüber schon mehrfach durchblicken lassen, dass ich in praktisch allen Bereichen traditionelle Normen bevorzuge, und einmal auch schon nach der Mundkommunion gefragt. Da er persönlich nichts dagegen hatte (das wäre ja auch noch schlimmer gewesen, schließlich ist Mundkommunion nicht nur erlaubt, sondern sogar die Norm der Kirche – und Handkommunion die zulässige Ausnahme!), probierten wir beides in einer kleinen Trockenübung aus. Natürlich gab es in unserer Gemeinde keinerlei Vorrichtungen für die Mundkommunion im Knien mehr – man musste sich also direkt auf den Steinboden knien.

Das alles war ja noch halbwegs in Ordnung, doch dann kam es zu einem kleinen Problem: Der Ritus der Messe in der ordentlichen Form sieht vor, dass der Kommunikant nach Empfang des Leibes Christi noch „Amen“ sagt. Und wie soll das bitte geschehen? Mit vollem Mund? Natürlich kann man auch „Amen“ sagen, bevor man den Herrn auf der Zunge empfängt. Aber das erscheint mir wie ein Notbehelf und aus naheliegenden Gründen ziemlich unpraktisch. Im traditionellen Ritus hingegen bleibt der Kommunikant still und empfängt in Andacht und Demut seinen Herrn. Seit dieser Erfahrung in der „Trockenübung“ komme ich nicht umhin zu vermuten, dass dieser Teil des Novus Ordo explizit dazu dient, die Mundkommunion zu erschweren und unpraktikabel zu machen. Ich habe ferner davon gehört, dass schon vor der Einführung des Novus Ordo die Handkommunion, damals noch als echter liturgischer Missbrauch, in vielen Gegenden praktiziert worden sei.

Am nächsten Tag, dem Gründonnerstag, predigte der Pastor „zufällig“ über genau dieses Thema: Mundkommunion oder Handkommunion. (Ich sprach ihn später an, und er erklärte mir, er habe die Predigt größtenteils mit Hinblick auf meine Fragen zum Thema konzipiert – plausibel, denn sonst hat in der Gemeinde absolut niemand ein Interesse an kniender Mundkommunion!) Der zentrale Punkt der Predigt war folgender: Die Mundkommunion ist zulässig, und wer sie nutzen möchte, kann dies tun, aber der Pastor selbst hielt die Handkommunion für symbolisch besonders treffend, da man durch das Stehen mit geöffnet und vor sich hin gestreckten Händen symbolisiere, dass wir „mit leeren Händen“ vor Gott stehen (!) und dies sei ein besonders guter äußerer Ausdruck der korrekten inneren Haltung zum Empfang der Kommunion.

Es versteht sich von selbst, bei solchen Auffassungen und „Argumenten“, dass der Pastor mit keinem Wort die Realpräsenz explizit ansprach (er machte Andeutungen, die man in diese Richtung ausdeuten konnte, wenn man so geneigt war, und widersprach ihr auch nicht, aber er war ziemlich zweideutig in dieser Frage). Alles in allem brachte mir die Predigt tatsächlich ein besseres Verständnis dafür, warum die Anhänger der Handkommunion so denken wie sie denken. Doch von der „Überlegenheit“ der Handkommunion konnte er mich nicht überzeugen. Ich möchte kurz begründen warum:

1. Wir machen eine Kniebeuge vor dem Herrn im Tabernakel, knien vor dem Herrn beim Hochgebet, selbst im Novus Ordo ist das alles so. Offenbar ist also die kniende Haltung in der Liturgie der Kirche die angemessene Form der demütigen Verehrung. Stehend hören wir hingegen das Evangelium, bitten im Kyrie um Vergebung, besingen im Gloria den Ruhm des Herrn und bekennen im Credo unseren Glauben. Wenn also die körperliche Haltung überhaupt etwas bedeutet (und in jeder Form der Liturgie ist das der Fall – unausweichlich, wenn man betrachtet, wie sehr Körper und Seele, Außen und Innen beim Menschen verflochten sind), dann ist offenbar die kniende Haltung angemessen, da der Herr selbst präsent ist.

2. Welche der folgenden Haltungen ist besserer Ausdruck unserer Hilf- und Machtlosigkeit vor dem Herrn: (a) Leere Hände im Stehen oder (b) kniend mit geöffnetem Mund? Erstere erinnert an jemanden, der um Almosen bittet oder bettelt; zweitere erinnert an jemanden, der sich von seinem himmlischen Vater füttern lässt. Ich fürchte, die Sache ist klar. (b) drückt weitaus deutlicher und eindeutiger die angemessene Haltung aus.

3. Der Papst, dessen Liturgien Vorbildcharakter für die Kirche haben, spendet selbst nur die Mundkommunion im Knien.

4. Die Mundkommunion ist jahrhundertelang die einzige Form der Kommunionspendung gewesen, bis sie etwa in den 1960er oder 1970er Jahren durch die Handkommunion weitgehend abgelöst wurde (in der Praxis – theoretisch ist sie immer noch die Norm). Wir leben in einer Zeit, in der die Tradition der Kirche weitgehend zurückgedrängt wird, nicht zuletzt von Kreisen innerhalb der Kirche selbst. Zugleich verfällt die Kirche vor unseren Augen. Dieses Zusammentreffen sollte uns zu denken geben, ob es wirklich eine so gute Idee war, traditionelle liturgische und andere Normen einfach abzustreifen. Die Mundkommunion ist eine dieser liturgischen Traditionen, die aus besseren Zeiten stammen.

5. Spendung des Herrn direkt in die Hand ermöglicht eine Unzahl liturgischer Missbräuche, die nicht möglich wären, erhielte man die Mundkommunion. Es gibt Fälle, bei denen „Gläubige“ die Eucharistie als Souvenir mitnehmen, sie einfach wegwerfen, bewusst entweihen, sorglos mit ihr umgehen, so dass einzelne Partikel auf dem Boden landen und dann zertreten werden (Herr, erbarme dich!) und vieles mehr. Das alles ist bei der Mundkommunion schwieriger.

6. Der Gläubige kann sich durch seine anbetende Haltung und die Tatsache, dass er nicht sofort „dem nächsten in der Reihe“ Platz machen muss (wie bei einer Massenabfertigung), viel besser auf den Akt der Anbetung und der Ehrfurcht konzentrieren. Er muss nicht, während er kommuniziert, einen Fuß vor den anderen setzen, anderen Gläubigen ausweichen usw. sondern kann im Knien andächtig verharren.

Diese sechs Gründe erschöpfen mit Sicherheit nicht die lange Liste der Vorteile der Mundkommunion, aber sie geben doch einen ersten Verdacht, dass die Handkommunion im Stehen in Wahrheit gar nicht dazu dient, „ehrfürchtig den Herrn anzubeten“, sondern den Akt der Kommunion, den Empfang des Leibes unseres Herrn, zu trivialisieren, so wie auch der Rest der Meßliturgie trivialisiert worden ist, und man beinahe schon den Katechismus braucht, um zu erfahren, dass dort ein Opfer stattfindet und worum es sich dabei handelt.

Abschließend möchte ich noch eine Anekdote nicht unerwähnt lassen: Als ich kürzlich mit einem evangelischen Gläubigen sprach, kamen wir zufällig auf das Thema Liturgie und Kommunionspendung. Das evangelische Abendmahl ist ja bloß ein einfaches Erinnerungsmahl, sagte ich, und mein Gesprächspartner stimmte zu. Doch die Katholiken glauben, dass es sich nicht um eine Erinnerung an Jesus handelt, sondern um Jesus selbst, um die Re-Präsentation des Kreuzesopfers. Mein Gesprächspartner konnte mir zwar nicht zugestehen, dass ich mit dieser Auffassung im Recht sei – er blieb bei seiner evangelischen Position des Gedächtnismahls. Er konnte nicht glauben wie die Kirche glaubt, aber sagte in etwa folgendes: „Wenn ich wirklich glauben würde, dass es sich bei diesem Brot um Jesus selbst handelt, dann würde ich vor Jesus niederknien und ihn in aller Ehrfurcht und Andacht empfangen wollen“. Dies war etwa der Sinngehalt seiner Worte. Und wieder einmal fiel mir auf, dass selbst gläubige Protestanten mehr Verständnis für die Tradition der Kirche haben als unsere „fortschrittlichen“ Hirten.

Glücklicherweise scheint sich zumindest in Rom mehr und mehr ein etwas anderer Geist durchzusetzen. Kardinal Canizares, seines Zeichens Präfekt der päpstlichen Liturgiekommisson, und daher keine unwichtige Stimme in solchen Fragen, empfiehlt für die ganze Kirche den Empfang des Herrn kniend und in den Mund.

Jetzt haben also schon die gläubigen Protestanten und die Liturgiekommission in Rom das Prinzip verstanden. Es wird Zeit, dass die deutschen Bischöfe und Priester ihnen folgen und auch zur Besinnung kommen.