„Gebt es doch den Armen!“

Once you strip the altar, you might as well roll dice for its garments. (Patrick Archbold)

A Church truly dedicated to the poor would provide them the most magnificent liturgy possible. (Patrick Archbold)

In der heutigen Zeit ist es populär, prachtvolle Kirchen, liturgische Gewänder und edle Gefäße abzulehnen, weil es die Aufgabe der Kirche sei, den Armen zu helfen. Die „Kirche der Armen“ solle sich auch durch einen kargen äußeren Ausdruck auszeichnen, sozusagen in einer Art vorauseilender Solidarität. Diese Auffassung ist nicht neu. Schon zu biblischen Zeiten war diese Auffassung unter den Aposteln des Herrn vertreten, und zwar passenderweise durch Judas, wie der Evangelist Johannes schreibt:

„Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den er von den Toten auferweckt hatte.2 Dort bereiteten sie ihm ein Mahl; Marta bediente und Lazarus war unter denen, die mit Jesus bei Tisch waren.3 Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.4 Doch einer von seinen Jüngern, Judas Iskariot, der ihn später verriet, sagte:5 Warum hat man dieses Öl nicht für dreihundert Denare verkauft und den Erlös den Armen gegeben?6 Das sagte er aber nicht, weil er ein Herz für die Armen gehabt hätte, sondern weil er ein Dieb war; er hatte nämlich die Kasse und veruntreute die Einkünfte.7 Jesus erwiderte: Lass sie, damit sie es für den Tag meines Begräbnisses tue.8 Die Armen habt ihr immer bei euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch.“

Es ist kein Zufall, dass es gerade der Verräter Judas war, der diese säkularisierte Haltung vertreten hat. Er, der nach dem Zeugnis der Evangelisten Matthäus und Markus direkt nach dieser Episode seinen Verrät in Gang gesetzt und den Herrn für 30 Silberstücke verkauft hat, konnte natürlich nicht wirklich verstehen, warum das Hochheilige außerhalb bloß weltlicher Nutzenkalküle steht, und warum es den Armen nicht wirklich geholfen hätte, das wertvolle Öl zu verkaufen und den Erlös unter die Armen zu verteilen. Für ihn war Jesus, der sich einfach mit diesem prächtigen Öl salben ließ, ein Verschwender, einer, der knappe Ressourcen nicht für die Armen einsetzte, und sie auch nicht einmal in die eigenen Taschen wirtschaftete, sondern sie für die Salbung des Heiligen ausgab. Der Herr selbst wurde an diesem Tag gesalbt, und Er sollte gekreuzigt werden; ihn würde man nicht alle Tage in körperlicher Form bei sich haben – die Armen hingegen schon.

Christus erkannte, wie auch Maria in dieser Geschichte, dass den Armen nicht damit gedient ist, das Heilige zu vernachlässigen, oder seine innere Schönheit durch äußere Hässlichkeit und Kargheit zu verstecken. Nein, ihm gebührt ein der inneren Pracht und Heiligkeit angemessener äußerer Ausdruck, weil geistliche und materielle Realität in einer Welt der Inkarnation, der Fleischwerdung Gottes untrennbar zusammengehören. Was für Christus gilt, das gilt ebenso für den wahrhaft gegenwärtigen Herrn im hochheiligen Messopfer und für die Altäre und Kirchen, auf bzw. in denen man es zelebriert. Die würdige Zelebration der heiligen Liturgie ist natürlich nicht abhängig von irgendeinem Prunk. Die Hütte, in der sich die Gläubigen in einem bitterarmen Dorf treffen, um vor einem einfachen Holzkreuz auf einem liebevoll, doch mit einfachsten Mitteln geschmückten Tischaltar der Feier des Heiligen Messopfers beizuwohnen, ist ebenso würdig, wie das prunkvolle Pontifikalamt eines Pius XII. Dies liegt aber nicht daran, dass die liturgische Pracht egal oder unwichtig wäre, sondern an den zur Verfügung stehenden Mitteln.

Das geistliche Zentrum des katholischen Lebens ist die Kirche, und in der Kirche der Altar, auf dem das Messopfer gefeiert wird. Das Messopfer, die erneute (unblutige) Vergegenwärtigung des allein heilbringenden Kreuzesopfers unseres Herrn Jesus Christus, das höchste der sieben Sakramente, ist Mittelpunkt des irdischen Gnadenlebens des Katholiken. Und da das geistliche Leben wichtiger ist als das bloß weltliche Leben, ist auch die geistliche Mitte wichtiger als die weltliche Mitte, und dies muss sich auch im Einsatz der Ressourcen widerspiegeln. Eine Messe, die trotz immensen Wohlstands an einem Sperrholzaltar in schlichten Gewändern und mit einfachen, statt edlen Gefäßen zelebriert wird, ist kein Akt von Demut oder Präferenz für die Armen, sondern der Herabwürdigung des Heiligen vor den profanen Ideologien dieser Welt.

Wenn Maria den Herrn salbt, dann tut sie dies, weil sie (anders als Martha, Judas, und die heutigen Apostel der Armen, ob mit oder ohne weißer Soutane) von einem tiefen Verständnis der Bedeutung des Heiligen durchdrungen ist. Sie versteht etwas vom Vorrang des Geistlichen, so wie ja auch in der Liebe zuerst die Gottesliebe kommt, und dann (als Folge aus der Gottesliebe) die Liebe zum Nächsten. Wer nicht Gott, und damit das Messopfer, in dem Gott selbst auf unseren Altären gegenwärtig wird, an die erste Stelle setzt, sondern die weltlichen Sorgen der Menschen, der handelt damit gegen Christus und gegen seine Lehre.

Es ist ein Irrglaube, dass man mittels Bildersturm und Holzaltar eine Kirche der Armen schaffen könnte. Die Kirche der Armen, die wirkliche Kirche der Armen, ist nicht die falsche Demut der Holzaltäre und Eisenkreuze, sondern das sind die gotischen Kathedralen, jene prachtvollen Meisterwerke der Baukunst im Dienste des Herrn, die von den Armen und für die Armen gebaut worden sind, und immer am meisten von den Armen geliebt wurden und ihnen zur bildreichen und wortlosen Inspiration gereicht haben.

Wohlhabende Liturgieprofessoren erklären uns, wie ihr geistliches Vorbild, von dem oben im Evangelium die Rede war, man solle auf Pracht und Prunk verzichten, und das Geld lieber den Armen geben. Progressistische, modernistische Theologen und ihre Anhänger in der Kirchenhierarchie reden uns dies seit Jahrzehnten ebenfalls ein. Doch das wahre Geschenk an die Armen sind nicht die dreißig Silberstücke, die man durch die Auslieferung des Heiligen bekommt, nicht die dreihundert Denare, die man durch minimalistische Feier der Heiligen Geheimnisse womöglich unter die Armen ausschütten könnte.

Das wahre Geschenk an die Armen ist das Hochheilige Messopfer, durch das die Erlösung, die Gnade Gottes, an sie ausgeschüttet wird, und die ewige Schau des Herrn von Angesicht zu Angesicht im Himmel, zu dem diese Gnade führt, wenn sie denn gläubig angenommen wird.

Das wahre Geschenk an die Armen ist der Herr. Dominus est – es ist der Herr, heißt ein Büchlein von Weihbischof Athanasius Schneider, das zwar hauptsächlich mit anderen liturgischen Fragen beschäftigt ist, aber den richtigen, katholischen Geist verströmt, und daher von höchster Wichtigkeit ist, gerade in dieser Zeit, in dem der Antiliturgismus, die Bilderstürmerei, die Ablehnung wertvoller und wichtiger Zeichen und Symbole, bis in die höchsten Positionen der Kirche tragischerweise Einlass gefunden hat.

Lassen wir uns von diesen Irrtümern, die bis auf Judas zurückgehen, nicht beeindrucken, sondern setzen wir uns für die ehrfürchtige, würdige, und prachtvolle Feier der göttlichen Liturgie ein, die eben mehr ist als nur ein weltliches Fest, das ggf. hinter wirtschaftlichen Erwägungen zurückzustehen hätte.

Es ist ein schlimmer Irrtum, Demut und Bescheidenheit gegen die würdige Feier der göttlichen Geheimnisse auszuspielen, so als ob die Braut Christi sich nicht mehr für ihren Bräutigam schmücken sollte, wenn die Gelegenheit dies nahelegt, damit sie prahlen kann, sie sei ja so demütig und solidarisch mit den Armen.

Summorum Pontificum

Im Jahr 2007 erließ der Papst ein ganz wichtiges Kirchengesetz, nämlich Summorum Pontificum. Mit diesem „Motu Proprio“ erhielt die traditionelle Messe wieder volles Heimatrecht in der Kirche. Jeder Priester hat das Recht, die liturgischen Traditionen seiner Kirche wieder für sich zu entdecken und die Messe aller Zeiten zu zelebrieren. Bis heute stellen sich die Modernisten mit Macht gegen die Umsetzung von Summorum Pontificum, größtenteils mit Erfolg. Doch es sind rechtliche Fakten geschaffen worden, und ein zukünftiger Papst kann auf diesem wichtigen Fundament aufbauen. Anlässlich der Abdankung des Heiligen Vaters zum Ende des laufenden Monats sei hier dieses wichtige Motu Proprio vollständig und ungekürzt in deutscher Übersetzung präsentiert: (Die lateinische Originalfassung findet sich hinter dem Link. Doch trotz der lateinfreundlichen Ausrichtung dieses Blogs scheint es mir angemessen, hier die deutsche Übersetzung zu zitieren, da den meisten Lesern die Lektüre des lateinischen Originals sicher schwerer fallen dürfte, als die der deutschen Übersetzung…)

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Deutsch

Achtung: Inoffizielle vom Vatikan veröffentlichte Übersetzung

Motu Proprio SUMMORUM PONTIFICUM

Die Sorge der Päpste ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt, „zum Lob und Ruhm Seines Namens“ und „zum Segen für Seine ganze heilige Kirche“.

Seit unvordenklicher Zeit wie auch in Zukunft gilt es den Grundsatz zu wahren, „demzufolge jede Teilkirche mit der Gesamtkirche nicht nur hinsichtlich der Glaubenslehre und der sakramentalen Zeichen übereinstimmen muss, sondern auch hinsichtlich der universal von der apostolischen und ununterbrochenen Überlieferung empfangenen Gebräuche, die einzuhalten sind, nicht nur Irrtümer zu vermeiden, sondern auch damit der Glaube unversehrt weitergegeben wird; denn das Gesetz des Betens (lex orandi) der Kirche entspricht ihrem Gesetz des Glaubens (lex credendi).“ (1)

Unter den Päpsten, die eine solche gebotene Sorge walten ließen, ragt der Name des heiligen Gregor des Großen heraus; dieser sorgte dafür, dass sowohl der katholische Glaube als auch die Schätze des Kultes und der Kultur, welche die Römer der vorangegangenen Jahrhunderte angesammelt hatten, den jungen Völkern Europas übermittelt wurden.

Er ordnete an, dass die in Rom gefeierte Form der heiligen Liturgie – sowohl des Messopfers als auch des Officium Divinum – festgestellt und bewahrt werde.

Eine außerordentlich große Stütze war sie den Mönchen und auch den Nonnen, die unter der Regel des heiligen Benedikt dienten und überall zugleich mit der Verkündigung des Evangeliums durch ihr Leben auch jenen äußerst heilsamen Satz veranschaulichten, dass „dem Gottesdienst nichts vorzuziehen“ sei (Kap. 43). Auf solche Weise befruchtete die heilige Liturgie nach römischem Brauch nicht nur den Glauben und die Frömmigkeit, sondern auch die Kultur vieler Völker.

Es steht fraglos fest, dass die lateinische Liturgie der Kirche – mit ihren verschiedenen Formen in allen Jahrhunderten der christlichen Zeit – sehr viele Heilige im geistlichen Leben angespornt und so viele Völker in der Tugend der Gottesverehrung gestärkt und deren Frömmigkeit befruchtet hat.

Dass aber die heilige Liturgie diese Aufgabe noch wirksamer erfüllte, darauf haben verschiedene weitere Päpste im Verlauf der Jahrhunderte besondere Sorgfalt verwandt; unter ihnen ragt der heilige Pius V. heraus, der mit großem seelsorglichen Eifer auf Veranlassung des Konzils von Trient den ganzen Kult der Kirche erneuerte, die Herausgabe verbesserter und „nach der Norm der Väter reformierter“ liturgischer Bücher besorgte und sie der lateinischen Kirche zum Gebrauch übergab.

Unter den liturgischen Büchern des römischen Ritus ragt das Römische Messbuch deutlich heraus; es ist in der Stadt Rom entstanden und hat in den nachfolgenden Jahrhunderten schrittweise Formen angenommen, die große Ähnlichkeit haben mit der in den letzten Generationen geltenden.

„Dasselbe Ziel verfolgten die Päpste im Lauf der folgenden Jahrhunderte, indem sie sich um die Erneuerung oder die Festlegung der liturgischen Riten und Bücher bemühten und schließlich am Beginn dieses Jahrhunderts eine allgemeine Reform in Angriff nahmen“. (2) So aber hielten es Unsere Vorgänger Clemens VIII., Urban VIII., der heilige Pius X., (3) Benedikt XV., Pius XII. und der selige Johannes XXIII.

In jüngerer Zeit brachte das Zweite Vatikanische Konzil den Wunsch zum Ausdruck, wonach mit der gebotenen Achtsamkeit und Ehrfurcht gegenüber dem Gottesdienst dieser ein weiteres Mal reformiert und den Erfordernissen unserer Zeit angepasst werden sollte.

Von diesem Wunsch geleitet hat Unser Vorgänger Papst Paul VI. die reformierten und zum Teil erneuerten liturgischen Bücher im Jahr 1970 für die lateinische Kirche approbiert; überall auf der Erde in eine Vielzahl von Volkssprachen übersetzt, wurden sie von den Bischöfen sowie von den Priestern und Gläubigen bereitwillig angenommen.

Johannes Paul II. rekognoszierte die dritte Editio typica des Römischen Messbuchs. So haben die Päpste daran gearbeitet, dass „dieses ‚liturgische Gebäude‘ […] in seiner Würde und Harmonie“ neu erstrahlte. (4)

Andererseits hingen in manchen Gegenden durchaus nicht wenige Gläubige den früheren liturgischen Formen, die ihre Kultur und ihren Geist so grundlegend geprägt hatten, mit derart großer Liebe und Empfindung an und tun dies weiterhin, dass Papst Johannes Paul II., geleitet von der Hirtensorge für diese Gläubigen, im Jahr 1984 mit dem besonderen Indult „Quattuor abhinc annos“, das die Kongregation für den Gottesdienst entworfen hatte, die Möglichkeit zum Gebrauch des Römischen Messbuchs zugestand, das von Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegeben worden war; im Jahr 1988 forderte Johannes Paul II. indes die Bischöfe mit dem als Motu Proprio erlassenen Apostolischen Schreiben „Ecclesia Dei“ auf, eine solche Möglichkeit weitherzig und großzügig zum Wohl aller Gläubigen, die darum bitten, einzuräumen.

Nachdem die inständigen Bitten dieser Gläubigen schon von Unserem Vorgänger Johannes Paul II. über längere Zeit hin abgewogen und auch von Unseren Vätern Kardinälen in dem am 23. März 2006 abgehaltenen Konsistorium gehört worden sind, nachdem alles reiflich abgewogen worden ist, nach Anrufung des Heiligen Geistes und fest vertrauend auf die Hilfe Gottes, BESCHLIESSEN WIR mit dem vorliegenden Apostolischen Schreiben folgendes:

Art. 1. Das von Paul VI. promulgierte Römische Messbuch ist die ordentliche Ausdrucksform der „Lex orandi“ der katholischen Kirche des lateinischen Ritus. Das vom hl. Pius V. promulgierte und vom sel. Johannes XXIII. neu herausgegebene Römische Messbuch hat hingegen als außerordentliche Ausdrucksform derselben „Lex orandi“ der Kirche zu gelten, und aufgrund seines verehrungswürdigen und alten Gebrauchs soll es sich der gebotenen Ehre erfreuen.

Diese zwei Ausdrucksformen der „Lex orandi“ der Kirche werden aber keineswegs zu einer Spaltung der „Lex credendi“ der Kirche führen; denn sie sind zwei Anwendungsformen des einen Römischen Ritus.

Demgemäß ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom sel. Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern. Die von den vorangegangenen Dokumenten „Quattuor abhinc annos“ und „Ecclesia Dei“ für den Gebrauch dieses Messbuchs aufgestellten Bedingungen aber werden wie folgt ersetzt:

Art. 2. In Messen, die ohne Volk gefeiert werden, kann jeder katholische Priester des lateinischen Ritus – sei er Weltpriester oder Ordenspriester – entweder das vom seligen Papst Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegebene Römische Messbuch gebrauchen oder das von Papst Paul VI. im Jahr 1970 promulgierte, und zwar an jedem Tag mit Ausnahme des Triduum Sacrum.

Für eine solche Feier nach dem einen oder dem anderen Messbuch benötigt der Priester keine Erlaubnis, weder vom Apostolischen Stuhl noch von seinem Ordinarius.

Art. 3. Wenn Gemeinschaften der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des apostolischen Lebens – seien sie päpstlichen oder diözesanen Rechts – es wünschen, bei der Konvents- bzw. „Kommunitäts“-Messe im eigenen Oratorium die Feier der heiligen Messe nach der Ausgabe des Römischen Messbuchs zu halten, die im Jahr 1962 promulgiert wurde, ist ihnen dies erlaubt.

Wenn eine einzelne Gemeinschaft oder ein ganzes Institut bzw. eine ganze Gesellschaft solche Feiern oft, auf Dauer oder ständig begehen will, ist es Sache der höheren Oberen, nach der Norm des Rechts und gemäß der Gesetze und Partikularstatuten zu entscheiden.

Art. 4. Zu den Feiern der heiligen Messe, von denen oben in Art. 2 gehandelt wurde, können entsprechend dem Recht auch Christgläubige zugelassen werden, die aus eigenem Antrieb darum bitten.

Art. 5 § 1. In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen, die der früheren Liturgie anhängen, dauerhaft existiert, hat der Pfarrer deren Bitten, die heilige Messe nach dem im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Messbuch zu feiern, bereitwillig aufzunehmen. Er selbst hat darauf zu achten, dass das Wohl dieser Gläubigen harmonisch in Einklang gebracht wird mit der ordentlichen Hirtensorge für die Pfarrei, unter der Leitung des Bischofs nach der Norm des Canon 392, wobei Zwietracht zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche zu fördern ist.

§ 2. Die Feier nach dem Messbuch des sel. Johannes XXIII. kann an den Werktagen stattfinden; an Sonntagen und Festen kann indes ebenfalls eine Feier dieser Art stattfinden.

§ 3. Gläubigen oder Priestern, die darum bitten, hat der Pfarrer auch zu besonderen Gelegenheiten Feiern in dieser außerordentlichen Form zu gestatten, so z. B. bei der Trauung, bei der Begräbnisfeier oder bei situationsbedingten Feiern, wie etwa Wallfahrten.

§ 4. Priester, die das Messbuch des sel. Johannes XXIII. gebrauchen, müssen geeignet und dürfen nicht von Rechts wegen gehindert sein.

§ 5. In Kirchen, die weder Pfarr- noch Konventskirchen sind, ist es Sache des Kirchenrektors, eine Erlaubnis bezüglich des oben Genannten zu erteilen.

Art. 6. In Messen, die nach dem Messbuch des sel. Johannes XXIII. zusammen mit dem Volk gefeiert werden, können die Lesungen auch in der Volkssprache verkündet werden, unter Gebrauch der vom Apostolischen Stuhl rekognoszierten Ausgaben.

Art. 7. Wo irgendeine Gruppe von Laien durch den Pfarrer nicht erhalten sollte, worum sie nach Art. 5 § 1 bittet, hat sie den Diözesanbischof davon in Kenntnis zu setzen. Der Bischof wird nachdrücklich ersucht, ihrem Wunsch zu entsprechen. Wenn er für eine Feier dieser Art nicht sorgen kann, ist die Sache der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ mitzuteilen.

Art. 8. Ein Bischof, der für Bitten dieser Art seitens der christgläubigen Laien Sorge tragen möchte, aber aus verschiedenen Gründen daran gehindert wird, kann die Sache der Päpstlichen Kommission „Ecclesia Dei“ berichten, die ihm Rat und Hilfe zu geben hat.

Art 9 § 1. Der Pfarrer kann – nachdem er alles wohl abgewogen hat – auch die Erlaubnis geben, dass bei der Spendung der Sakramente der Taufe, der Ehe, der Buße und der Krankensalbung das ältere Rituale verwendet wird, wenn das Heil der Seelen dies nahe legt.

§ 2. Den Bischöfen ist die Vollmacht gegeben, das Sakrament der Firmung nach dem alten Pontificale Romanum zu feiern, wenn das Heil der Seelen dies nahe legt.

§ 3. Die geweihten Kleriker haben das Recht, auch das Römische Brevier zu gebrauchen, das vom sel. Johannes XXIII. im Jahr 1962 promulgiert wurde.

Art. 10. Der Ortsordinarius hat das Recht, wenn er es für ratsam hält, eine Personalpfarrei nach Norm des Canon 518 für die Feiern nach der älteren Form des römischen Ritus zu errichten oder einen Rektor bzw. Kaplan zu ernennen, entsprechend dem Recht.

Art. 11. Die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“, die von Johannes Paul II. im Jahr 1988 errichtet wurde (5), fährt fort mit der Erfüllung ihrer Aufgabe. Diese Kommission soll die Form, die Amtsaufgaben und die Handlungsnormen erhalten, mit denen der Papst sie ausstatten will.

Art. 12. Dieselbe Kommission wird über die Vollmachten hinaus, derer sie sich bereits erfreut, die Autorität des Heiligen Stuhls ausüben, indem sie über die Beachtung und Anwendung dieser Anordnungen wacht.

Alles aber, was von Uns durch dieses als Motu Proprio erlassene Apostolische Schreiben beschlossen wurde, ist – so bestimmen Wir – gültig und rechtskräftig und vom 14. September dieses Jahres, dem Fest der Kreuzerhöhung, an zu befolgen, ungeachtet jeder anderen gegenteiligen Anordnung.

Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 7. Juli, im Jahr des Herrn 2007, dem dritten Jahr Unseres Pontifikats.

Anmerkungen:
(1) INSTITUTIO GENERALIS MISSALIS ROMANI, EDITIO TERTIA, 2002, Nr. 397. (2) PAPST JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus vom 4. Dezember 1988, Nr. 3: AAS 81 (1989) 899. (3) Ebd. (4) HL. PAPST PIUS X., Apostolisches Schreiben „Motu Proprio“ Abhinc duos annos vom 23. Oktober 1913: AAS 5 (1913) 449-450; vgl. PAPST JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus, Nr. 3: AAS 81 (1989) 899. (5) Vgl. PAPST JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben „Motu Proprio“ Ecclesia Dei adflicta vom 2. Juli 1988, Nr. 6: AAS 80 (1988) 1498.

„Das war früher so, heute ist das anders“

Manchmal gibt es gute Predigten, manchmal schlechte, und manchmal welche, die man schon vergessen hat, bevor sie vorbei sind. Dies ist leider der alltägliche Zustand, den man in katholischen Gemeinden erleben kann. Die schwierigen Glaubenswahrheiten werden regelmäßig ausgespart, weil die heutigen Menschen das nicht hören wollen. „Das kann man heute nicht mehr sagen“. „Die Menschen haben sich verändert, und die Kirche muss sie da abholen, wo sie sind.“

Und was die gesellschaftlichen Themen betrifft, zu denen eine auch zur sittlichen Leitung der Christen berufene Kirche nicht schweigen kann, wie Lebensrecht, die natürliche Familie und einige mehr, so hört man auch bloß den lauten Atem der Stille.

Ist das sein Leib und sein Blut? Wirklich und wahrhaftig? Ist die Bibel das Wort Gottes? Sind die Dogmen der heiligen Mutter Kirche wahr, heute, gestern und morgen? Ist Maria auch heute noch, auch im körperlichen Sinne, eine reine Jungfrau? Ist die Tötung der Unschuldigen grundsätzlich moralisch falsch? Was ist mit homosexuellen Akten? Was mit Scheidung, Verhütung, der Verehrung des Mammon? Diese Fragen werden nur selten klar beantwortet. Predigten, die auf diese Themen überhaupt zu sprechen kommen, so ist mein Eindruck, dienen hauptsächlich zur Verschleierung der katholischen Wahrheit, nicht zu ihrer Verkündigung.

Meistens beschäftigen sich die Predigten nicht einmal mit der Auslegung des in der Messe gelesenen Evangeliums, sondern bestehen größtenteils aus Luftblasen, die in einer krampfhaft infantilisierten Soziologenprosa nur die heiße Luft politisch korrekter Wohlfühlfloskeln transportieren.

Eigentlich sollte der katholische Laie in der Feier des Heiligen Messopfers nicht kritisch filtern, was der Hirte vorträgt. Eigentlich sollte er in kindlichem Vertrauen dem Wort des Hirten lauschen und sich darauf verlassen können, dass er aus seinem Mund die Worte des Herrn hört und dass sie ihm erklärt werden, so dass er sie in der Welt verkündigen und leben kann. Eigentlich sollte der Laie nicht als Kritiker agieren – doch manchmal geht es leider nicht anders.

Über unglückliche Predigten, über Floskeln und Leerformeln, kann man einfach hinweggehen. Ich bin sicher, schlechte Predigten dieser Art gab es immer und es wird sie immer geben.

Doch manchmal geht das nicht. Denn nicht selten kommt es vor, dass die Worte der Predigt schlicht missverständlich sind oder gar der Überlieferung der Kirche widersprechen. „Das war früher so; heute ist das anders“. Früher war die Kirche ja so freudlos, sie wusste nicht, dass die Messe eine Feier, ein Fest sein sollte. Sie war ja so humorlos und so unmodern und so unfreundlich und so wenig weltoffen. Früher hat die Kirche das Höllenfeuer gepredigt, heute redet sie von Versöhnung und sagt, dass alle Menschen sich lieb haben sollen.

Wenn etwa, wie ich kürzlich persönlich bezeugen durfte, ein katholischer Priester in einer Predigt erklärt, man habe ja hinsichtlich des sonntäglichen Messbesuchs früher von einer „Pflicht“ geredet, doch das sei einseitig und unangemessen gewesen, weil die Messe ja eigentlich ein Fest sein solle, und deshalb dürfe man heute nicht mehr von einer „Sonntagspflicht“ sprechen, dann kann der Laie nicht einfach in kindlichem Vertrauen annehmen, was der Hirte da lehrt.

Und da derartige Vorkommnisse nicht selten sind, muss der Laie filtern, was da eigentlich gesagt wird. Er muss zum Kritiker und zum Theologen werden, wenn er nicht von Irrlehren eingefangen werden will, die von der Kanzel (vom Ambo?) gepredigt werden. Er kann kein kindliches Vertrauen aufbringen, weil es zu oft enttäuscht worden ist. Zu oft hat man den Laien mit leeren Floskeln abgespeist, und zu selten hat man ihm die gesunde katholische Lehre gepredigt.

Ich habe an anderer Stelle bereits einige Vergleiche zwischen der „ordentlichen“ und der „außerordentlichen“ Form der Messe gezogen, doch es scheint mir angemessen, auf einen offensichtlichen Unterschied hinzuweisen:

Ist die Gebetsrichtung „ad Dominum“, die Liturgiesprache Latein, der Altarraum frei von geschäftigen Laien, so ist die Chance 99,5%, dass dort gesunde katholische Lehre gepredigt wird, der man in kindlichem Vertrauen lauschen kann. Beginnt die Messe zudem mit einem Stufengebet, und endet mit dem Schlussevangelium, so steigt die Chance auf 100%.

Wer das Glück hat, eine solche traditionelle Messe sonntags in erreichbarer Nähe zu haben, der sollte im Interesse der gesunden katholischen Lehre diese Chance nicht verstreichen lassen.

Im „Novus Ordo“ kann der ganze, wahre, katholische Glaube verkündigt werden. Im „Vetus Ordo“ wird er es.

Wer an einer solchen Messe interessiert ist, der kann hier schauen, ob es eine auch in seiner Nähe gibt. (Je nach Berührungsängsten mit den Piusbrüdern gibt es auch hier noch weitere Möglichkeiten. Die Erlaubtheit des Messbesuchs bei der FSSPX diskutiert etwa Father Z hier.)

Schaden kann es nicht…

… auch wenn ich das Anliegen für völlig unrealistisch halte:

Es gibt eine Petition, die den Heiligen Vater bittet, die Messe auch einmal öffentlich im überlieferten tridentinischen Ritus zu zelebrieren – das Anliegen kann ich nur unterstützen. Vielleicht möchte ja der eine oder andere Leser seine Unterstützung auch in dieser Petition kundtun? Ich möchte dies empfehlen.

Es wäre ein sehr schönes und sehr wichtiges Symbol, wenn der Papst die angeblich ja wieder mit „Heimatrecht“ in der Kirche ausgestattete traditionelle Messe auch öffentlich zelebrieren würde.

Hermeneutik der Kontinuität – Ein praktisches Beispiel

Das Konzil ist für viele, wenn auch nicht für alle, ein ewiger Zankapfel.

Manche lehnen das Konzil mit Stumpf und Stiel ab, weil es modernistisch sei. Solche Ideen finden sich auf dem „Williamson-Flügel“ der Piusbruderschaft nicht selten. Ihnen ist entgegenzuhalten, dass 95% des Konzils nichts anderes tun, als bereits bekannte Lehren zu wiederholen, und sei es vielleicht auch in weniger prägnanter Form, so bleiben es doch dieselben Lehren. Warum sollten diese Lehren auf einmal modernistisch sein, bloß weil sie von anderen Textabschnitten umgeben sind, die ziemlich modernistisch klingen?

Andere lehnen das Konzil ebenso radikal mit Stumpf und Stiel ab, weil es ihnen nicht weit genug gegangen ist. Diese Gruppe hatte lange Zeit die praktische Interpretationshoheit über das Konzil und rechtfertigte ihr Unwesen mit dem „Geist“ des Konzils, der kein anderer war, als der Geist von „68“. Sie werten jede Kritik am Geist von 68 als Kritik am Konzil. Auch sie verunmöglichen eine rationale Rezeption der Texte.

Zwischen diesen Extrempositionen bewegt sich der Heilige Vater mit seiner Hermeneutik der Reform in Kontinuität mit der ganzen Tradition der Kirche. Ob sie tatsächlich für alle Konzilstexte vollkommen ausreichend ist, bedarf weiterer theologischer Klärung. Für die meisten Texte passt sie jedoch unzweifelhaft.

Father Z präsentiert auf seinem sehr lesenswerten Blog nunmehr einen Artikel, in dem er eine sehr traditionelle Interpretation der Texte aus Sacrosanctum Concilium über den Gregorianischen Choral vorlegt. Er demonstriert, dass es die Absicht des Konzils war, der Gregorianik einen absolut zentralen Platz in der Liturgie zuzuweisen. In der Praxis ist er aber fast völlig verdrängt worden. Father Z kommt zu der Schlussfolgerung:

„When we read SC 116 “latinly”, it says that, barring something out of the ordinary, Gregorian chant is the first type of sacred music that is to be used in the Roman liturgy, because the Church claims and acknolwedges and declares Gregorian chant to have the “first place” among all legitimate types of sacred music. Just as when a father recognized a first-born son that son became the principle heir, to be preferred over even all other legitimate children, so to the Church places Gregorian chant in the first place over all other types of sacred liturgical music. At the same time, there are rare occasions when something other than Gregorian chant can be used.“

[Wenn wir SC 116 „lateinisch“ lesen, besagt es, dass Gregorianischer Choral, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, die erste Art von heiliger Musik ist, die in der römischen Liturgie zu benutzen ist, weil die Kirche behauptet und anerkennt und erklärt, dass der Gregorianische Choral den „ersten Rang“ unter allen legitimen Arten heiliger Musik hat. Wenn der Vater einen erstgeborenen Sohn anerkannte, bekam dieser Sohn der vornehmliche Erbe, der selbst allen anderen legitimen Kindern vorzuziehen ist. Ebenso setzt die Kirche den Gregorianischen Choral an die erste Stelle, vor alle anderen Arten heiliger liturgischer Musik. Gleichzeitig gibt es seltene Gelegenheiten, zu denen etwas anderes als der Gregorianische Choral benutzt werden kann.]

Ein beeindruckendes Beispiel für die Tatsache, dass die Hermeneutik der Kontinuität das Konzil in ein Licht zu rücken vermag, in dem es bislang zu selten betrachtet worden ist.

Die Sammlung der Konzilstexte in einer Vielzahl von Sprachen findet sich übrigens auf der Vatikanseite, damit wir alle lesen können, was das Konzil wirklich gesagt hat.

Wozu überhaupt übersetzen?

Quelle: Johannes (Eum loquatur)

Die deutschen Bischöfe sperren sich seit vielen Jahren gegen die korrekte Übersetzung der Wandlungsworte in der ordentlichen Form der Messe. Da soll es auf einmal „für alle“ heißen, obwohl die normative lateinische Originalfassung „pro multis“, für viele, besagt. Begründet wird dies mit allerlei schönen und netten Argumenten, die aber alle nicht darüber hinwegtäuschen können, dass hier eine klare Verfälschung der Wandlungsworte in ihrem Inhalt vorliegt. Dies ist keine Kleinigkeit, sondern sehr besorgniserregend. An anderer Stelle mag man darüber streiten, wie schlimm diese falsche Übersetzung ist. Hier soll jedoch ein anderer Aspekt kurz erwähnt werden:

Warum überhaupt eine Übersetzung? Warum kann man nicht einfach eine allgemeine, also katholische, Messe auch in einer allgemeinen Sprache feiern? Warum müssen in der lateinischen Kirche hunderte lokale Sprachen durch die Liturgie reflektiert werden? Die Kirche hat doch schon eine Sprache, nämlich Latein. Und wer sich für den Inhalt der Texte interessiert, und kein Latein kann, dem steht in der heutigen Zeit doch ohne Probleme die Möglichkeit offen, sich über die Texte zu informieren. Es wäre sogar jederzeit möglich, zweisprachige Ausgaben der Messtexte den Gesangbüchern gleich in den Kirchen auszulegen, wenn man es allen ganz leicht machen möchte, die lateinischen Texte nachzuvollziehen.

Es gibt keinen Grund dafür, die fraglichen Wandlungsworte überhaupt zu übersetzen. Und sehr viele gute Gründe dagegen. Aber wenn man aufgrund einer an den Turmbau zu Babel erinnernden Obsession mit der Sprachverwirrung schon unbedingt eine deutsche Übersetzung der Wandlungsworte anstelle des Originals in der Messe verwenden möchte, dann sollte man sich doch wenigstens dazu durchringen können, eine möglichst originalgetreue Übersetzung anzufertigen.

Nun fordert der Papst in einem auf kath.net dokumentierten Brief abermals die Änderung ein. Werden diesmal Taten folgen? Es wäre zu hoffen, doch ich würde nicht darauf wetten. Papier ist geduldig und die Bischöfe verschleppen die überfällige Korrektur schon seit Jahren und Jahrzehnten.

Als Zeichen und Aufforderung findet sich das obige Bild fortan in meiner Seitenleiste.

Ratschläge für „Anfänger“ in der traditionellen Messe

Gerade in der Zeit der unsäglichen Karnevalsmessen, die oft wirklich kaum noch etwas mit Messe, dafür umso mehr mit Karneval zu tun haben, wird sich vielleicht so mancher Katholik fragen, ob nicht der Besuch einer traditionellen lateinischen Messe auch eine Alternative sein könnte.

Doch selbst wenn eine traditionelle Messe in vernünftig erreichbarer Entfernung am Sonntag verfügbar ist: Wer nach 1965 geboren oder konvertiert ist, der hat oft gar keine Ahnung, was man bei einer solchen Messe zu erwarten hat. Die Tridentinische Messe ist weitgehend in Vergessenheit geraten; die sie umgebende Kultur fast noch mehr. Aus diesem Grund nun einige Links, teilweise in deutscher, teilweise in englischer Sprache, aus denen man mehr erfahren kann:

Hier ein Artikel von Father Z zum Thema (englisch, die Kommentare sind auch lesenswert)

Hier ein Erlebnisbericht von meiner ersten Messe in der außerordentlichen Form

Hier eine Erklärung der Riten der traditionellen Messe (außerst empfehlenswert!)

Die traditionelle Messe in Ihrer Nähe (man beachte auch die dort verlinkte Standortkarte)

Und schließlich hier noch eine Videosammlung und eine allgemeine Einführung in die traditionelle Messe (englisch)

Nehmen wir an, jemand fragte mich, was er bei seiner ersten traditionellen Messe zu erwarten hat, würde ich in etwa so antworten:

„Ehrfurcht, Stille, Frömmigkeit, Anbetung, eine Messe, die Himmel und Erde an einem Ort vereinigt, Raum und Zeit durchdringt, eine Art „zeitlose Zeit“ herstellt, und dadurch einen Vorgeschmack auf den Himmel bietet, eine Messe, in der der Herr Jesus Christus selbst real präsent ist, und in der man das nicht nur verstandesmäßig glauben, sondern fast schon aus der Atmosphäre spüren kann. Eine Messe, die zwar komplexer ist als der Novus Ordo, und auch überwältigend und verwirrend sein kann, wenn man versucht dem Ritus z.B. im Messbuch zu folgen, die aber solchen Intellektualismus gar nicht nötig hat. Selbst wenn man einfach nur die oben beschriebene Atmosphäre genießt und in sie eintaucht, hat man schon viel gewonnen. Dies gilt besonders im Hochamt, wo die Würde der Messe geradezu augenfällig (und „ohrenfällig“) ist, wenn der gregorianische Chorgesang zusammen mit dem Weihrauch und den Gebeten der versammelten Gemeinde zum Himmel emporsteigt, aber auch in der stillen Messe ist dies so, da hier die Stille ebensolche Würdigkeit ausdrückt. Später, wenn man dann mit der Atmosphäre vertraut ist, kann man sich mit den Feinheiten des Ritus beschäftigen. Was man zu erwarten hat, ist nichts weniger als die Messe aller Zeiten, in der nicht alles anders, aber vieles besser ist als im Novus Ordo. Und wenn man sich sorgt, man könnte negativ auffallen, den Faden verlieren, etwas nicht verstehen, dann muss man aber auch bedenken, dass wir in der realen Gegenwart des Herrn, verglichen mit dem Herrn, alle negativ auffallen, den Faden verlieren, und nur wenig verstehen. Und dass selbst wir „fundamentalistischen Tradis“ niemandem den Kopf abreißen, der keine Ahnung hat.“

Und was würden meine (womöglich mit der außerordentlichen Form erfahrenen) Leser einem solchen interessierten Fragesteller antworten?

Vom Sonntag als Ruhetag

Auf dieses scheinbar selbst in christlichen Kreisen neuerdings umstrittene Thema bin ich durch einen entsprechenden Beitrag bei Alipius aufmerksam geworden. Alipius und einige andere Kommentatoren (mich eingeschlossen) haben dort die klassische Auffassung vertreten, der Sonntag müsse als Ruhetag geschützt bleiben, und dies sei auch auf „verkaufsoffene Sonntage“ anzuwenden, die abgeschafft, oder wo es sie noch nicht gibt, verhindert werden müssten. Diese Haltung fand teils scharfen Widerspruch seitens anderer Kommentatoren, die die Auffassung vertraten, ob jemand einen Ruhetag beachten möchte, sei doch einzig und allein seine Sache, der Staat aber dürfe keinerlei Beschränkungen für die Sonntagsarbeit auferlegen, da dadurch die Freiheit der Individuen beschränkt würde. Ob man selbst dann den Sonntag als Ruhetag beachte sei Privatsache – und wenn man vom Arbeitgeber „gezwungen“ wird, gegen sein eigenes Gewissen, am Sonntag zu arbeiten, dann könne man ja kündigen.

Dass ein Ruhetag dem Gemeinwohl diene, wurde ebenfalls nicht als einsichtig betrachtet. Das Gemeinwohl sei bloß der Wille der Mehrheit, und wenn die Mehrheit verkaufsoffene Sonntage will, dann müsse man ihr dies zugestehen, oder vom Gedanken des Gemeinwohls als Grundlage für gesetzliche Bestimmungen gänzlich absehen (vermutlich bliebe dann als Grundlage nur noch der krude Utilitarismus mit seinem Nützlichkeitskalkül übrig).

Dass es gewisse Arbeiten gebe (Priester, Ärzte…) die auch am Sonntag verrichtet werden müssten, wurde ebenfalls als Grund genommen, um Sonntagsarbeit generell zu rechtfertigen. Als willkürlich wurde die Unterscheidung zwischen (a) notwendiger Arbeit (z.B. Notoperationen, nicht aufschiebbare Tätigkeiten), (b) Arbeit für den Sonntag (z.B. das Lesen von Messen, Kirchenmusik und vergleichbare Tätigkeiten, die der kollektiven Gottesverehrung und Heiligung des Sonntag dienen) und (c) allen anderen Tätigkeiten eingestuft. Schließlich sei ja auch ein Einkaufsbummel angenehm, und könne daher als Arbeit für den Sonntag eingestuft und in ihr ein höherer Zweck gesehen werden.

Angesichts der Tatsache, dass selbst die elementarsten Gründe für den Sonntag als generellen Ruhetag selbst in einer mit großer Mehrheit gläubig-katholischen Leserschaft nicht mehr unumstritten sind, erscheint es mir an dieser Stelle notwendig, einige Worte über den Sonntag als Ruhetag zu verlieren, und etwas weiter auszuholen, als es in einem Kommentarbereich möglich ist.

Zuerst möchte ich auf den großartigen Aufsatz von Robert Spaemann „Anschlag auf den Sonntag“ verweisen, zu finden in der Aufsatzsammlung „Grenzen – Zur ethischen Dimension des Handelns“. Dort legt Spaemann sehr eindrucksvoll die wesentlichen Gründe für den Sonntag aus einer säkularen Perspektive vor. Es sind jedoch Gründe, die scheinbar in der heutigen Zeit nicht mehr als Konsens selbst in christlicher Umgebung gelten können.

Warum ist der Sonntag ein Ruhetag?

Der Sonntag hat seine Wurzeln im jüdischen Sabbat, und steht im Christentum für den Tag der Auferstehung Jesu Christi. Jeder Sonntag ist in diesem Sinne eine Art Echo des Ostersonntags. Es ist der Tag der kollektiven und öffentlichen Gottesverehrung, der Tag, an dem das bloß weltliche Leben möglichst ruhen soll, um sich ganz auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Wesentliche des Sonntags kann aufgrund seiner religiösen Bedeutung jedoch niemals bloß weltlich sein. Das Weltliche ist es ja gerade, das am Sonntag zurückzutreten, zu ruhen hat.

Alle weltlichen Funktionen des Sonntags ergeben sich erst aus seinem religiösen Zweck. Das Wesen einer Sache ist durch ihren Zweck bestimmt, also durch das, wofür sie da ist. Das Wesen des Sonntags ist durch einen Zweck bestimmt, und dieser Zweck ist religiös, nämlich als Tag des Herrn, als der Tag der Woche, der dem Herrn gewidmet ist.

Entzöge man dem Sonntag diese Bedeutung und interpretierte ihn bloß weltlich als notwendige Ruhe von der im Alltag stattfindenden Arbeit, so gäbe es tatsächlich keinen Grund mehr für einen gesamtgesellschaftlich als Ruhetag definierten Sonntag. Man könnte einfach festlegen, dass nur an sechs Wochentagen gearbeitet werden darf, und welcher der private, individuelle Ruhetag ist, müsste dann jeder selbst festlegen.

Und selbst dieser Ruhetag wäre dann nicht mehr heilig, sondern höchstens nützlich.

Die Debatte um den Sonntag ist daher eine Debatte um Religion, und speziell um die Bedeutung die die Religion in öffentlichen Angelegenheiten haben soll. Es ist vollkommen unmöglich, diese Debatte ohne Bezugnahme auf die christliche Tradition zu führen. Und der Sonntag als Ruhetag hat keinerlei Argumente mehr auf seiner Seite, wenn man sich auf eine Debatte auf rein weltlicher Ebene einlässt.

Wenn man nun, wie heute aufgrund des latenten Liberalismus üblich, Religion als Privatsache sieht, dann ist ein Tag, der für die kollektive Gottesverehrung beiseite gestellt wird, nicht mehr notwendig. Jeder kann dann „seinen eigenen privaten Gott“ verehren, wann und wie er will.

Alle weltlichen Zwecke, die dem Sonntag zugeschrieben werden – Entspannung, Zusammensein mit der Familie usw – können auch an anderen Tagen erledigt werden. Und zumindest die Familie als Kerneinheit des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist ohnehin im Begriff irrelevant zu werden. An ihre Stelle tritt ein Staat, der alle wesentlichen Funktionen der Familie übernimmt, und eine permanent pubertär veranlagte, wechselhafte Sexualität ohne Bindung, ja ohne Bindungsfähigkeit, und mit Termin beim Abtreibungsarzt, falls ein „Unfall“ passiert.

Entspannung ist keinesfalls an einen bestimmten Tag gebunden, und erst recht nicht daran, dass sich alle am gleichen Tag „entspannen“. Einen hedonistischen Ruhetag kann und wird es niemals geben.

Der Anschlag auf den Sonntag als Mammonverehrung

Nun kann man sich die Frage stellen, warum der Sonntag angegriffen wird. Niemand wird doch prinzipiell gegen das Ausruhen sein. Um Ausruhen und Entspannen geht es bei der Debatte auch gar nicht. Es geht um den Sonntag als Nicht-Alltag. Es ist der herausgehobene Tag, der Tag, der anders ist als alle anderen. Der Tag, an dem nämlich wirtschaftliche Profiterwägungen irrelevant sind, an dem der Mensch an den höheren Zweck erinnert wird, zu dem er einst erschaffen worden war. Dies können die Schlangen dieser Gesellschaft nicht zulassen. Wir müssen eine stetige Kost von süßen Äpfeln zu uns nehmen, damit wir gar nicht erst auf die Idee kommen, die goldene, ökonomisch effiziente Schlangengrube, in der wir leben, zu hinterfragen.

Der süße, vergoldete Apfel des Mammons muss uns Tag für Tag, Stunde für Stunde vor Augen stehen. Man muss immer alles jetzt haben können. Sonst könnte das Betäubungsmittel nachlassen, dass unsere spirituellen und religiösen Sinne lähmt. Ich will am Sonntag meinen „Einkaufsbummel“ haben, heißt nichts anderes als: Ich will auch den Sonntag noch als Tag des Mammon statt als Tag des Herrn entweihen. Und zwar selbst dann, wenn man selbst gar nicht kauft. Der verkaufsoffene Sonntag ist selbst schon das Einfallstor dafür. Denn er hebt den Zusammenhang zwischen der Verehrung des wahren Gottes und der dafür beschränkt notwendigen Sonntagsarbeit auf, so dass der Eindruck entsteht, weil der Priester am Sonntag arbeitet, könne auch die Verkäuferin arbeiten. (Nur ganz nebenbei bemerkt ist der verkaufsoffene Sonntag, der besonders frauendominierte Berufe trifft, und den auch mehrheitlich Frauen nutzen würden, besonders perfide, weil die Frau nun auch noch am Sonntag aus dem Herzen der Familie entrissen wird, um ökonomische Sklavenarbeit zu tun, nachdem dieses Zerstörungswerk an den Wochentagen bereits durch ähnliche Propagandaarbeit, wie sie nun gegen den Sonntag getrieben wird, weitgehend verwirklicht worden ist.)

Die Zukunft des Sonntags

Die ohnehin schon ausgehöhlte Heiligkeit des Sonntags wird keinerlei Zukunft haben, wenn nicht der Sinn für den Zweck des Sonntags wiederentdeckt wird. Und das geht nicht durch verweltlichte Betrachtungen über die medizinischen, psychologischen oder sonstigen Vorteile eines Entspannungstages. Denn Ruhe, echte Ruhe, ist mehr als Untätigkeit.

Save the Liturgy – Save the World

Es scheint mir eine gemeinsame Wurzel zwischen dem liturgischen Aktionismus – alle müssen irgendwas tun, damit sie „aktiv an der Messe teilnehmen“ – und dem Angriff auf den Sonntag zu geben, und zwar die Vorstellung, Ruhe sei Untätigkeit, das „Fehlen von Arbeit“. Wer in der Liturgie einfach nur ruhig dort sitzt, steht, kniet, oder welche Haltung auch immer einnimmt, der ruht, aber er ist keinesfalls untätig. Nichts ist aktiver als Kontemplation. Wer den Sonntag heiligt, am Sonntag ruht, der ist ebenfalls nicht untätig. Die Ruhe ist auch hier Kontemplation, selbst wenn sie mit aktiven Handlungen verbunden ist, stehen diese aktiven Handlungen unter dem Zeichen der Kontemplation. Natürlich ist sie auch Entspannung, aber erst in zweiter Linie.

Ruhe ist nicht das Fehlen von Arbeit. Arbeit ist das Fehlen von Ruhe.

Der mit der Familie verbrachte Sonntag ist Rückkehr zu dem wesentlicheren Leben, das keinen ökonomischen Zwängen gehorcht. An diesem Tag vermeidbare ökonomische Transaktionen einzuführen, käme einer vollständigen Abschaffung der Sonntagsruhe gleich.

Inkrementalistischer Maximalismus

Einleitung

Der Titel klingt ein bißchen wie eine Mischung aus dem Produkt des Verstandes eines irren Philosophen mit einem Fremdwörterbuch, doch er scheint mir ganz treffend zu sein für die hier zu beschreibende Haltung.

Der folgende Artikel ist aus Anlass eines Kommentars auf diesem Blog entstanden; er ist aber nicht als Antwort auf diesen Artikel geschrieben und schon gar nicht als Kritik gemeint. Der Kommentar hat mich lediglich auf die Idee für diesen Artikel gebracht. Bei dem Artikel handelt es sich vielmehr um eine allgemeine Betrachtung über das Verhältnis von kleinen Fortschritten und dem Streben nach dem großen Ziel, das für den traditionellen Katholiken hinsichtlich der derzeitigen Kirchenkrise wohl nur in einer Rückkehr zur furchtlosen Verkündigung der Glaubenswahrheiten, ihrer entschlossenen Umsetzung im sittlichen Leben, und ihrem ehrfürchtigen und andächtigen Zelebrieren im traditionellen Messopfer bestehen kann.

Inkrementalistischer Maximalismus

Der inkrementalistische Maximalist strebt nach einem festen, unveränderlichen Ziel, das er nie aus den Augen verliert, er strebt nach dem Maximum. Aber zugleich hat er die Tatsache im Auge, dass er auf der Welt Widerständen begegnet, selbst in Kreisen, die eher als Verbündete und Mitstreiter erscheinen müssten, und daher nicht das ganze Ziel auf einmal erreicht. Daher sind ihm Kompromisse zwar zuwider, aber er geht sie trotzdem ein. Er ist mit kleinen Schritten zufrieden, solange sie in die richtige Richtung gehen, aber er würde niemals einem Schritt zustimmen, der in die falsche Richtung geht.

Er unterscheidet sich vom reinen Maximalisten durch seine pragmatische Kompromissfähigkeit und vom reinen Pragmatiker durch sein zielorientiertes, entschlossenes Handeln und Festhalten selbst an scheinbar unerreichbaren Zielen. Er will den Weg bis zum Ende gehen, aber er weiß, dass der längste Weg mit dem ersten Schritt beginnt, der bei einem langen Fußmarsch noch gar nicht wie ein Fortschritt anmutet, sondern eher als auf der Stelle treten erscheint. Er macht Kompromisse, ohne sein Ziel zu kompromittieren. Er freut sich leicht, aber ist nie zufrieden mit dem Erreichten.

Die Haltung des inkrementalistischen Maximalisten ist die vernünftigste Haltung in einer gefallenen Welt. Man kann nie alles erreichen, was man sich vorgenommen hat, und auch das niemals sofort oder ohne Widerstände. Alles ist unfertig und es wird zumindest als Menschenwerk unfertig bleiben. Dies ist jedoch für den inkrementalistischen Maximalisten kein Grund zur Verzweiflung, denn er ist froh, wenn er wenigstens einen Schritt zu seinem Ziel unternommen hat, wenn er auch nicht zufrieden ist, weil noch weitere Schritte zu tun sind.

Er ist absolut dogmatisch in den Prinzipien und dennoch im Rahmen dieser Prinzipien überaus flexibel.

Die Haltung des inkrementalistischen Maximalisten ist zudem die einzige, die nicht entweder zum zynischen Pessimismus oder zum unrealistischen Optimismus führt.

Kirchenkrise

Und damit komme ich auf die Situation in der Kirche: Unabhängig von der Frage, inwiefern die Texte der diversen strittigen Dokumente in Kontinuität mit der Tradition zu lesen sind, muss konstatiert werden, dass die Kirche in einer sehr tiefen Krise steckt, dass selbst innerhalb der Kirche sehr viele diese Krise leugnen und andere sie sogar insgeheim bejubeln, weil sie ihnen das Erreichen ihrer weltlich motivierten Ziele erleichtert und die Zerstörung der Kirche voranzubringen scheint. Das Trümmerfeld ist immens und die Suche nach Ursachen hat begonnen. Ist es das Konzil? Nur das Konzil, oder auch andere Zusammenhänge? Wenn ja, welche? Die Interpretation des Konzils? Seine Texte? Diese Fragen müssen aufgerollt werden, und sind sehr dringlich. Doch dieser Debatte möchte ich mich in diesem Artikel enthalten. Die Ursachen müssen festgestellt werden – furchtlos und ohne Scheuklappen – und dann müssen sie beseitigt werden.

Der Verfall der Liturgie ist in jedem Fall mit dem Verfall des Glaubens untrennbar verbunden, wenn auch der Zusammenhang nicht absolut ist. Eine schlechte, verweltlichte Liturgie führt zum Verfall des Glaubens. Umgekehrt führt der Verfall des Glaubens aber wiederum zu einem Verfall der Einsicht in die Notwendigkeit der Liturgie, und damit letztlich zu einem weiteren Verfall der Liturgie. Es ist im Wortsinne ein Teufelskreis.

Wenn nun zum Beispiel, wie kürzlich angekündigt, der Erzbischof von Miami ein Pontifikalamt im überlieferten Ritus zelebrieren wird, ist dies für den inkrementalistisch-maximalistischen Traditionalisten (4x ist in einem Satz… ähm… ist rekordverdächtig; sechsmal auch…) zunächst einmal ein Grund zur Freude. Natürlich wünscht er sich mehr. Er wünscht sich eine Wiedergeburt der Tradition in allen Bereichen. Er ist der Überzeugung, dass eine Rückkehr zur traditionellen Messe erforderlich ist, zumindest insofern, als dass die wesentlichen im Novus Ordo fehlenden Elemente, die im Einzelnen aufzuzählen hier zu weit führen würde, wiederhergestellt werden müssen. Er ist der Überzeugung, dass der gesamte traditionelle Glaube wieder selbstverständlich werden muss, erst in der Kirche, dann auch außerhalb, und dass die „Neuevangelisierung“ nur so zum Erfolg geführt werden kann.

Da ändert ein Pontifikalamt in der „forma extraordinaria“, so außerordentlich Form und Symbolcharakter auch sein mögen, überhaupt nichts an der misslichen Lage der Kirche. Die Kirchen bleiben leer, der Glaube weithin tot, die Menschen lauwarm und die Atmosphäre verweltlicht. Doch es ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung, ein wahrer Fortschritt im eigentlichen Sinn dieses Wortes, wenn ein Diözesanerzbischof einer großen westlichen Diözese sich nicht scheut, mit diesem Ritus sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, ihn selbst zu zelebrieren. Größere Schritte sind denkbar und auch notwendig. Aber dieser eine Schritt ist getan.

Ein Eindruck

Mein Eindruck ist (vielleicht täusche ich mich, das möchte ich nicht ausschließen) dass viele überzeugte Traditionalisten diese kleinen Fortschritte viel zu kritisch sehen und zugleich viele andere glaubenstreue Katholiken über jeden kleinen Fortschritt jubeln, als ob jetzt bald die Kirche wieder in Ordnung wäre. Ich möchte diese beiden Gruppen „Maximalisten“ und „Optimisten“ nennen. Die Maximalisten sagen regelmäßig von den Optimisten, diese seien gar nicht wirklich traditionalistisch, sondern „neo-konservativ“ (was immer das heißen mag), denn sie seien ja damit zufrieden, dass der Papst seine Messen jetzt etwas traditioneller zelebriert als sein Vorgänger, oder dass mal eine vereinzelte Messe im traditionellen Ritus stattfindet usw. Im Gegensatz dazu werden die Maximalisten dann von den Optimisten als radikal oder gar fundamentalistisch bezeichnet, weil sie nicht bereit seien, die realen Fortschritte gutzuheißen, und sich lieber in einem Ghetto einschließen, statt aus den gegebenen Möglichkeiten das beste zu machen.

Wer in diesem ebenso endlosen wie sinnlosen Streit im Recht sein mag? Dazu habe ich keine Meinung. Beide Haltungen sind, unter den jeweiligen Prämissen, durchaus logisch. An beiden ist, wie man sagt, „etwas dran“. Sie sind nicht ganz falsch. Doch eben auch nicht ganz richtig.

Schlussfolgerungen

Die traditionelle Messe, die hier und dort nach Summorum Pontificum gefeiert wird, ist nicht genug. Eine Rückkehr zumindest zu den wesentlichen Elementen der traditionellen Liturgie ist dringend erforderlich. Besser wäre eine Restitution der Liturgie, die in Summorum Pontificum wieder freigegeben worden ist, zu ihrem rechtmäßigen Platz als nicht nur außerordentliche, sondern selbstverständliche Form des Römischen Ritus. Insofern haben die Maximalisten Recht. Der Papst könnte und sollte wieder nach diesem Ritus zelebrieren, und schließlich gilt dies überhaupt für alle Bischöfe und letztlich für die normale Feier der Messe in den einzelnen Gemeinden. Ähnliches ließe sich über die Katechese, die Theologie, die Priesterausbildung und diverse andere Bereiche ebenfalls sagen.

Doch die traditionelle Messe, die hier und dort nach Summorum Pontificum gefeiert wird, ist immerhin ein Anfang. Sie macht einige notwendige Elemente der Liturgie innerhalb der Kirche wieder hoffähig, wo sie über vierzig Jahre kaum noch existierten. Und jede Feier der traditionellen Messe ist ein Schritt in die richtige Richtung. Insofern haben die Optimisten Recht.

Doch wirklich Recht haben die inkrementalistischen Maximalisten, diejenigen, die sich über die kleinen Fortschritte genauso freuen wie die Optimisten, und dieselbe Zielvorstellung haben wie die Maximalisten, und daher nicht zufrieden mit der Entwicklung in der Kirche sein können, bis eine umfassende Rückkehr zur Tradition, nicht nur in der Liturgie, sondern auch in der Katechese und all den anderen umstrittenen Bereichen, stattgefunden hat.

Es mag inhaltliche Unterschiede geben, inwiefern eine vollständige Rückkehr zur Tradition gewünscht wird, oder ob nicht manche Veränderungen seit dem Konzil doch wirklich Verbesserungen sein könnten, die auch in einer der Tradition verpflichteten Kirche ihren angemessenen Platz finden müssen. Und wenn es solche Unterschiede gibt, dann sollten diese freundlich und in gegenseitiger Verbundenheit diskutiert werden, denn es handelt sich durchaus um wichtige und ernstzunehmende Fragen. Doch von diesen Unterschieden abgesehen, sollten alle der Tradition verbundenen Katholiken zusammen für die von ihnen gewünschten Veränderungen eintreten, mit den Mitteln, die ihnen in ihrer jeweiligen Lage zur Verfügung stehen, und sich über jeden noch so kleinen Erfolg freuen, als ob gerade ein großer Durchbruch gelungen sei.

Über ein Pontifikalamt

Ein Pontifikalamt in der „außerordentlichen Form“, also im traditionellen Römischen Ritus, zelebriert von einem Diözesanerzbischof. Es handelt sich um den Erzbischof Wenski aus der Erzdiözese Miami.

Wann wird es endlich ein deutscher Erzbischof aus einer bedeutenden Diözese dem Erzbischof Wenski gleich tun und damit das Potenzial für eine ähnliche Signalwirkung entfalten? Vor allem ein relativ frischer Erzbischof, der, wie Wenski, erst knapp 18 Monate im Amt ist.

Bild und Information via Rorate Caeli.

Noch ein Hinweis, direkt aus dem oben zitierten Artikel:

The Pontifical Mass will be broadcast by Live Mass [in Rorate’s sidebar links], and also by iMass (app for iOS devices), starting at 1930 EST (Feb. 03, 0030 GMT). The Rev. Fr. C. Goodwin FSSP will be joining Live Mass as commentator for this Liturgy.
Link: Live Mass
P.S. So etwas wäre vor Summorum Pontificum wohl nicht geschehen. Vielen Dank, Benedikt!