Grußbotschaft zum 500. Lutherjubiläum

In den letzten Tagen geisterte die Vorstellung durchs Internet, Papst Franziskus könne möglicherweise 2017 das „Reformationsjubiläum“ feiern oder etwas dergleichen (etwa hier). Laut Vatikan ist noch keine Entscheidung gefallen.

Es folgt ein kleiner bescheidener Vorschlag von Catocon: Wir schicken den Lutheranern keinen Papst, sondern ein Grußwort des Papstes. Vielleicht könnte man ja schreiben:

„Liebe Lutheraner, getrennte Brüder in Christo

wie dem verlorenen Sohn wenden Wir Uns euch anlässlich des 500. Jahrestags des Beginns des lutheranischen Schismas in väterlicher Liebe zu. Wir sehen freilich keine Veranlassung, den Abfall einer großen Anzahl Christen vom wahren Glauben Jesu Christi und Seiner Kirche, der katholischen Kirche, zu feiern. Vielmehr verharren Wir in tiefer Trauer ob des Unwillens, der Uns von lutheranischer Seite entgegenschlägt, wenn Wir – wie Wir das unermüdlich getan haben – euch zur Rückkehr in die Kirche Christi aufrufen.

Solange das Schisma des Häretikers Martin Luther und seiner heutigen Anhänger sich weiter fortsetzt, ist es Unser Wille, gute freundschaftliche und diplomatische Beziehungen zu euch und allen Irrenden zu führen, jedoch ohne jemals die Fragen ausklammern zu können, die Uns leider von Euch trennen. Wir bieten anlässlich des genannten Jahrestags allen Lutheranern guten Willens die Möglichkeit einer Rückkehr in die katholische Kirche an, bei der sie ihre legitimen Traditionen fortführen können, die in 500 Jahren gewachsen sind. Wir gedenken dabei analog dem Modell zu verfahren, das Unser Vorgänger Benedikt XVI. für die Anglikaner entworfen hat. Selbstverständlich gehört zu einer solchen Rückkehr immer die vollständige Unterwerfung unter die gesamte Wahrheit des katholischen Glaubens, wie er sich in heiliger Schrift und heiliger Überlieferung findet. Interessierte Lutheraner müssen natürlich allen Irrlehren widersagen, denen sie sich unter der geistlichen Leitung Martin Luthers hingegeben haben, könnten jedoch ihre eigenen legitimen Traditionen fortführen, an denen vielen gutwilligen Lutheranern so viel liegt.

Wir sind auch eingedenk der Tatsache, dass viele von euch sich niemals persönlich für Schisma und Häresie entschieden haben, da ihr in Familien mit langer lutheranischer Tradition hineingeboren worden seid. Wir sind daher zu großer Milde bereit, wenn ihr euch dazu entschließt, zum wahren Glauben zurückzukehren und eure großen geistlichen Gaben, die der Herr euch gegeben hat, in den Dienst des Herrn und Seiner Kirche zu stellen. Die verfahrenstechnischen und kirchenrechtlichen Details seien an anderer Stelle im Detail ausgearbeitet, sollen Euch aber keine unangemessenen Hindernisse in den Weg legen.

Wir enthalten Uns eines Gedenkens des Schismas Martin Luthers, um euch nicht mehr gegen Uns aufzubringen als nötig. Nicht enthalten können Wir Uns jedoch einiger Worte über die absurden Erwartungen, die manche von lutheranischer Seite hinsichtlich der ökumenischen Gespräche hatten. Wir wissen, dass euch von katholischer Seite falsche Hoffnungen gemacht worden sind, es sei vielleicht eine „Interkommunion“ möglich ohne die vollständige Rückkehr der verirrten Schäfchen unter das Primat des Nachfolgers Petri und den durch ihn garantierten überlieferten Glauben. Dasselbe gilt für andere Fragen des sogenannten ökumenischen Dialogs. Leider ist es den Katholiken nicht möglich, die Wahrheitsfrage aus dem ökumenischen Dialog auszuschließen, oder über die Wahrheit des katholischen Glaubens zu diskutieren als sei sie eine offene Frage, die erst noch der Beantwortung oder eines Urteils seitens ökumenischer Dialoge bedürfte. Diesen schrecklichen Irrtum glauben Wir mit diesen klaren Worten ausgeräumt zu haben.

Es bleibt Uns dann nur noch übrig, denjenigen unter euch, die wenigstens noch am natürlichen Sittengesetz und den Elementen der Wahrheit, die Luther aus dem Schatz der Kirche übernommen hat, festhalten, Unseren ehrlichen Dank für diese, wenn auch begrenzte, Treue auszusprechen, und euch mitzuteilen, dass Wir mit großer Freude erwarten, in allen Dingen, die wir ohne Kompromisse gemeinsam haben, eine Periode gedeihlicher Zusammenarbeit zu beginnen, auf dass die antichristlichen Angriffe, denen wir alle in unserer modernen Zeit ausgesetzt sind, vor dieser vereinten Front unverfälschter christlicher Sittenlehre zurückschrecken werden und dadurch dem christlichen Europa sein Antlitz zurückgegeben und der ganzen Welt ein christliches Antlitz gegeben werde.

Diejenigen unter euch, die weder an dem natürlichen Sittengesetz noch an der lutheranischen Überlieferung festgehalten haben, werden sicher nicht erfreut ob dieser klaren Worte sein, und Wir sehen auch keine Möglichkeit, euch entgegenzukommen, ohne von der Wahrheit des Glaubens der Kirche abzuweichen. Uns bleibt nur, euch die Hand des Friedens und der Versöhnung entgegenzustrecken. Das Tor der Kirche ist immer offen für euch und niemals wird man euch abweisen, wenn ihr auf den Weg der Wahrheit, die Christus ist, zurückkehren wollt. „Klopfet an, so wird euch aufgetan“. Das gilt für den Eintritt in die Kirche Gottes, die katholische Kirche, ebenso wie für den Eintritt ins Himmelreich.

Papst [xxx]“

Ziemlich unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird, aber es wäre vielleicht heilsam und klärend. Klarheit ist die erste Voraussetzung der Wahrheit.

Protestantischer als Martin Luther

Eines der ständig wiederkehrenden Themen dieses Blogs ist der Verfall der katholischen Identität in Deutschland und dem christlichen Westen allgemein. Dieser Blogartikel von Mundabor passt sehr gut dazu. Bezüglich der Frage nach der Legitimität der Handkommunion (nicht der Legalität, da gibt es keine Frage: Sie ist derzeit nach den Regeln der Kirche in Deutschland erlaubt) gibt es einen fundamentalen Unterschied zwischen Martin Luther und den Konzilsvätern:

Taking Lessons from Luther is exactly what our heroes, the “Conciliar Fathers”, should have done once come back to their diocese after V II. Luther would have told them that communion must be:

1. kneeling, and
2. on the tongue

Es ist kaum zu bestreiten, dass ein wesentliches Ziel der Konzilsväter (oder zumindest der Mehrheit unter den einflussreicheren Kräften beim letzten Konzil) darin bestand, die Kirche von ihren Riten und Praktiken her dem Protestantismus anzunähern. Manche behaupten auch, dass durch das Konzil etwas an der Theologie der Kirche verändert worden sei, andere wiederum erklären, man müsse die Texte nur richtig interpretieren, dann werde man den korrekten Sinn im Einklang mit der Tradition schon feststellen. Letzteres ist die Linie des Heiligen Vaters – Hermeneutik der Reform statt des Bruchs – und daher hat diese Vorstellung erst einmal bis zum Beweis des Gegenteils ein größeres Gewicht. Mir persönlich erscheinen manche Differenzen zwischen der Tradition und dem II. Vatikanischen Konzil schwer zu überbrücken, aber ich bin auch nicht der größte lebende Theologe des 20. Jahrhunderts, wie unser Papst. Doch darum soll es mir hier gar nicht gehen. Was ich sagen will ist folgendes:

Wieder einmal stellen wir fest, dass die Kirche sich mit ihrem Versuch der Annäherung an den Protestantismus bloß an die verweltlichte Form des Protestantismus wie er in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich geworden ist, angepasst hat. Selbst die authentischen Traditionen, die die Lutheraner dem großen Schisma zum Trotz noch bewahrt hatten, wurden einfach so über Bord geworfen.

Mundabor dazu:

This means that even people who did not believe in the Real Presence managed to deal with the host in a more respectful way than the “Conciliar fathers” did once returned to their dioceses.

Go figure.

Ich bleibe dabei: Es gibt einen unfehlbaren Weg, die Spaltung zwischen Protestanten und Katholiken zu heilen. Man muss nur eine Zeitmaschine bauen, mit ihr in die Zeit Luthers reisen, und Martin Luther einen Tag vor seinem berüchtigten Thesenanschlag glaubhaft versichern, was seine zukünftigen Schüler aus dem christlichen Glauben gemacht haben. Luther nähme sofort jede Kritik am Papst und der Kirche zurück, suchte eilig einen Beichtstuhl auf, und begäbe sich dann auf Knien nach Rom, um Buße zu tun und um Vergebung zu flehen, den ganzen Weg über sich selbst geißelnd vor Scham.

Ähnliches könnte man wahrscheinlich auch mit Calvin und den anderen „Reformatoren“ machen. Bei ihren geistigen Schülern, den Neo-Reformatoren in der katholischen Kirche wäre dieser Versuch vermutlich sinnlos – im Gegensatz zu den echten Reformatoren glauben sie nämlich gar nicht mehr im traditionellen Sinne an den christlichen Gott, nicht mehr an Jesus Christus und den Heiligen Geist, und definitiv nicht mehr an die Kirche.

Martin Luther war ein Häretiker – er glaubte nicht die Lehre der Kirche, sondern schnitzte sich seinen Glauben selbst, indem er Teile der Überlieferung ablehnte. Jedoch gab es für seine Handlungen noch psychologische, subjektive Rechtfertigungsgründe. Es gab wirklich Missstände in der Kirche. Und was er statt der Lehre der Kirche glaubte, war zwar falsch, und sollte schlimme Folgen zeitigen, doch war für sich genommen noch als christlicher Glaube erkennbar. Und er glaubte es wirklich, nicht nur aus Eigennutz, Karrierestreben oder Gefälligkeit gegenüber der Welt. Das alles ändert nichts an der objektiven Verwerflichkeit seiner Taten, aber er hatte, wie gesagt, wenigstens noch seine christlichen Gründe, so fehlgeleitet er auch gewesen sein mag.

Doch die heutigen Verbands- und Berufskatholiken, und mit ihnen ein signifikanter Teil der Bischöfe, haben selbst diese Form des ehrlichen Glaubensirrtums im Geiste der Moderne überwunden. Sie glauben nicht an die Realpräsenz und haben auch sonst ihren Glauben auf lutheranische Weise von spezifisch katholischen Elementen „gereinigt“ – aber sie haben ihn auch von spezifisch lutheranischen Elementen gereinigt. Luther wäre nie auf die Idee gekommen, dass Homosexualität, Abtreibung, Tötung von ungeborenen Menschen (Embryonen) im Namen wissenschaftlicher Fortschung usw. etwas anderes seien als schwere moralische Übel. Und weder Luther noch Calvin hätten Clownmessen geduldet.

Verglichen mit den Verbands- und Stuhlkreiskatholiken in Deutschland erscheinen Luther und Calvin auf einmal ziemlich attraktiv. Es ginge der Kirche in Deutschland besser, wenn diejenigen, die öffentlich für die Kirche sprechen, doch wenigstens einen so festen christlichen Glauben besäßen, wie die großen häretischen Reformatoren Luther und Calvin!