Werden alle Menschen gerettet? Und worauf es wirklich ankommt:

„Der Herr hat uns alle mit dem Blut Christi erlöst, nicht nur die Katholiken. Alle! ‚Pater, und die Atheisten?’ Auch sie. Alle! Und dieses Blut macht uns zu Kindern Gottes erster Klasse! Wir sind als Kinder nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen worden und das Blut Christi hat uns alle erlöst!“

Papst Franziskus, 22. Mai 2013

Sind wir also tatsächlich alle erlöst? Egal ob wir glauben? Sind die Atheisten tatsächlich, einfach so, ohne weiteres, wie der Papst das hier darstellt, erlöst? Das kommt darauf an, was man genau meint. Ich bin natürlich kein renommierter Theologie, sondern nur ein einfacher Konvertit, der sich in den letzten vier bis fünf Jahren mit diesen Fragen ziemlich oft „herumgeschlagen“ hat. Soweit ich das verstanden habe, sagt die katholische Kirche zu der Frage, wer denn nun erlöst wird, folgendes:

1. Christus ist für alle Menschen gestorben, d.h. jedem einzelnen Menschen ist das Tor in den Himmel, der Weg der Umkehr zurück zu Gott, offen. Niemand, absolut niemand, ist von dieser Chance ausgeschlossen. Jeder kann die von Christus angebotene Erlösung annehmen. Sie ist ein Geschenk, und wie alle Geschenke erhält man es „gratis“, also aus Gnade. In diesem Sinne kann man sagen, dass Christus sein Blut für alle Menschen vergossen hat, auch für die Atheisten. [Das bedeutet auch, dass man die Worte des Heiligen Vaters nicht so heterodox auslegen muss, wie sie auf den ersten Blick erscheinen, auch wenn sie mindestens unglücklich gewählt bleiben.]

2. Doch es reicht nicht, wenn Christus uns dieses „Geschenk“ macht. Wir müssen das Geschenk auch annehmen.

3. Die Taufe ist heilsnotwendig. Wer nicht getauft ist, kann nicht erlöst werden. Jemand, der unverschuldet keine Gelegenheit zu einer „normalen“ Taufe hatte, sich aber hätte taufen lassen, wenn er die Chance gehabt hätte, der kann erlöst werden (Begierdetaufe). Ebenso auch der nicht getaufte Märtyrer, dessen Martyrium eine wahre Taufe des Blutes ist.

4. Außerhalb der Kirche ist kein Heil. Mit Kirche ist hier die von Christus gestiftete Kirche gemeint, die die katholische Kirche ist, und nicht irgendeine nebelhafte, unsichtbare, faserige Gemeinschaft, die nur in den Herzen der Menschen existiert. Auch hier gilt wieder, dass es einige Menschen geben kann, die nicht Mitglied der sichtbaren katholischen Kirche sind, die aber diesen Mangel nicht verschuldet haben, und dem ihnen gegebenen göttlichen Licht gefolgt sind, so gut sie konnten. Auch diese können prinzipiell das ewige Heil erlangen.

5. Alle Menschen, die gerettet werden, werden durch Christus, und damit durch Seinen mystischen Leib, die katholische Kirche, gerettet. Auch diejenigen Erlösten, die außerhalb der sichtbaren Einheit der Kirche (Papst, Glaube, Sakramente) versterben, werden durch Christus und damit durch die Kirche erlöst.

6. Die falschen Religionen sind also keine Mittel des Heils. Allerdings finden sich in allen Religionen gewisse wahre Bruchstücke inmitten der Irrtümer. Christus selbst ist die Wahrheit. Insofern eine falsche Religion also die Wahrheit lehrt, hilft sie ihren Anhängern praktisch zur Wahrheit, und damit zu Christus zu gelangen. Doch wer durch so ein Trümmerstück der Wahrheit gerettet wird, der wird nicht durch die Irrlehren gerettet, mit denen das Trümmerstück in der falschen Religion vermengt worden ist, sondern durch Christus, und das heißt durch seinen mystischen Leib, also durch die katholische Kirche. Alle Wahrheit ist katholische Wahrheit. Niemand wird durch die falsche Religion erlöst, sondern, wenn überhaupt, trotz der falschen Religion, durch die wahre.

7. Wir wissen nicht, welche individuellen Menschen gerettet werden, abgesehen von den kanonisierten Heiligen. Einerseits reicht die sichtbare Gemeinschaft der Kirche nicht aus – man kann auch als Katholik die ewige Verdammnis erleiden, trotz aller Heilsmittel, die man hätte in Anspruch nehmen können – andererseits kann man auch außerhalb der sichtbaren Gemeinschaft der Kirche erlöst werden – man kann z.B. auch als Atheist dem göttlichen Licht so gut wie möglich folgen und dadurch implizit die Entscheidung für das universelle Heilsangebot Gottes treffen, die dann durch die Gnade Gottes zur Rettung genügt.

8. Aus den genannten Gründen ist es theoretisch kein Widerspruch in sich, wenn man annehmen würde, dass alle Menschen erlöst würden. Jedoch sagt Gott selbst in der Bibel eindeutig, dass viele nicht den schmalen Pfad in den Himmel, sondern den breiten Weg in die Hölle nehmen. Dies allein reicht schon aus, um jegliche Allerlösungslehre kategorisch auszuschließen. Zudem haben wir das konstante Zeugnis der gesamten Überlieferung bis zu dem Pastoralkonzil der 60er-Jahre, und das überwältigende Zeugnis der Heiligen. Diese Zeugnisse sagen praktisch übereinstimmend, dass die Zahl der Verdammten gewaltig und die Zahl der Auserwählen gering ist.

9. Diese Zeugnisse geben uns keine „Bevölkerungsstatistik“ von Himmel und Hölle an die Hand. Wir können nicht sagen, „90% werden verdammt und 10% werden erlöst“ (oder umgekehrt). Wir kennen die Zahlen nicht und es ist müßig, zu viel über sie zu spekulieren. Was wir jedoch wissen, ist dass nicht alle Menschen gerettet und nicht alle verdammt werden.

10. Aus dem, was man über die Heilsnotwendigkeit von Taufe, Kirche, wahrem Glauben sagen kann, folgt eindeutig, dass jemand, der ungetauft, fern der Kirche und ungläubig verstirbt, eher schlechte Chancen hat (auch wenn wir es nie genau wissen können), während ein Katholik, der nach besten Kräften der Kirche und dem wahren Glauben gefolgt ist, die besten Chancen haben wird (auch wenn man es nie mit Sicherheit wissen kann).

Zusammenfassung: Gott will alle Menschen erlösen, doch der Mensch hat Freien Willen. Er ist wirklich in der Lage, zu Gott „ja“ oder „nein“ zu sagen. In letzter Konsequenz akzeptiert Gott die freie Entscheidung des Menschen.

Jeder Mensch, und sei er noch so verdorben, kann durch das „ja“ zu Gott erlöst werden.

Jeder Mensch, und sei er noch so vortrefflich, kann durch das „nein“ zu Gott verdammt werden.

Und das ist es letztlich, worauf es wirklich ankommt: Ob wir das ewige Heil oder die ewige Verdammnis erlangen, hängt von unserer Willensentscheidung für oder gegen Gott, für oder gegen Christus, seinen Sohn, ab.

Wir werden nicht alle erlöst, weil nicht alle „ja“ zu Gott sagen.

Daraus folgt ganz klar: Sagen wir hier und heute „ja“ zu Gott, ja zu Christus, ja zu der einen, wahren von ihm eingesetzten Kirche, ja zum ganzen überlieferten Glauben, ja zu den Sakramenten, ja zum Papst, ja zu einem heiligmäßigen Leben nach den Geboten Gottes, kurzum „ja“ zu dem Erlösungsangebot, das Christus uns durch Sein Blut zum Geschenk gemacht hat.

Anlässlich des Todes von Margaret Thatcher…

… möchte ich auf die bekannte Tatsache hinweisen, dass Frau Thatcher hinsichtlich ihrer moralischen Überzeugungen, insbesondere ihrer Haltung zum Thema Abtreibung, entsetzliche Positionen vertreten hat, die mit dem Christentum überhaupt nicht vereinbar sind. Thatcher war eine durch und durch anti-christliche Premierministerin. Ihr Ziel war eine Deregulierung der britischen Wirtschaft und des britischen Arbeitsmarktes, was ihr teilweise gelungen ist. Man mag diese Wirtschaftspolitik gut oder schlecht finden – darum geht es hier nicht. Doch Wirtschaftspolitik, so wichtig sie auch sein mag, muss bei der Einschätzung eines Politikers immer hinter den grundsätzlichen moralischen Fragen zurückstehen. Und in diesen Fragen hat Thatcher nicht nur katastrophal versagt (wie Reagan, der die Entsittlichung der USA nicht aufhalten konnte, obwohl er selbst z.B. pro-life war), sondern spielte schlicht auf der falschen Seite.

Dass der Papst Thatcher, wie kath.net berichtet, nun mittels eines Beileidstelegramms lobt, mag in seiner Position als Staatsoberhaupt des Vatikans aus Gründen von Diplomatie und Höflichkeit unumgänglich sein. Doch Frau Thatchers Politik „christliche Werte“ zu unterstellen, wie er es laut kath.net getan hat, kommt einer völligen Sinnentleerung dieses Begriffs gleich, die selbst in der Diplomatensprache nicht so freizügig eingesetzt werden sollte.

Es bleibt dabei, dass sie die Tötung der Unschuldigen befürwortet hat, und das allein genügt, um den Begriff „christliche Werte“ in Verbindung mit ihr völlig ungeeignet werden zu lassen.

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Persönliche Anmerkung:

[Eine Frage hätte ich als Konvertit noch an erfahrene Katholiken: Wie ist das eigentlich mit dem Gebet für eine Seele, von der man vermuten muss, dass sie die ewige Verdammnis erlangt hat? Darf man für solche Seelen beten, wie man es für die Seelen im Fegefeuer tut? Soweit ich weiß, betet die Kirche ja nicht für die Seelen der Verdammten in der Hölle. Andererseits können wir niemals genau wissen, ob eine Seele nun gerettet worden ist, es sei denn, die Kirche spricht sie heilig. Wie ist es also mit dem Gebet für eine solche Seele, wie der von Frau Thatcher, einer Häretikerin und Befürworterin der Tötung der Unschuldigen? Das ist eine der praktischen Fragen des katholischen Lebens, auf die ich noch keine Antwort gefunden habe.]

Heilige Abtreiber?

Können Frauen, die abgetrieben haben, heiliggesprochen werden? Aus christlich-katholischer Perspektive ist diese Frage sehr leicht: Natürlich können sie, aber nur wenn sie die schwere Sünde der vorgeburtlichen Kindstötung ehrlich bereuen und das Bußsakrament empfangen. Gott vergibt in Seiner unendlichen Barmherzigkeit jede Sünde, wenn der Sünder es nur zulässt, wenn er die Barmherzigkeit nicht durch Unbußfertigkeit aus seinem Herzen verstößt. Gott will jeden von uns, egal welche Missetaten auf unser Konto gehen, jeden von uns auf ewig bei sich haben. Doch da Gott uns freien Willen gegeben hat (ohne freien Willen könnten wir weder einander noch Gott lieben, da wir dann nur mechanische Konstrukte wären, ohne Fähigkeit zur eigenen, unabhängigen Entscheidung), können wir uns gegen die Annahme dieses unendlichen Gnadengeschenks der Erlösung von unseren Sünden zur Wehr setzen. Es ist dem Menschen möglich, das Geschenk der Erlösung abzulehnen, indem er nicht bereut, seine sündhaften Wege nicht mit der Hilfe Gottes zu verlassen sucht, sondern in ihnen persistiert bis zum Ende seines Lebens. Gott gibt viele Chancen, aber am Ende ist es unsere Entscheidung, ob wir erlöst werden wollen oder nicht. Die Tore der Hölle sind von innen abgeschlossen. Niemand, der dorthin kommt, wird, wenn er erst einmal dort ist, die Gerechtigkeit des Urteils bestreiten.

Also kann selbstverständlich auch der schlimmste Abtreiber, der schlimmste Mörder, und, um es erst recht auf die Spitze zu treiben, selbst ein Stailn oder Hitler, die Erlösung erlangen. Natürlich tilgt selbst die beste, ehrlichste und tiefste Reue samt Bußsakrament nicht die zeitlichen Folgen der Sünden, so dass die genannten Schwerverbrecher wahrscheinlich sehr ausführliche Bekanntschaft mit den bereits erlösten, aber noch im Prozess der Reinigung befindlichen Seelen im Fegefeuer machen werden. Aber in letzter Konsequenz steht keinem Menschen etwas anderes auf dem Weg in den Himmel im Wege als er selbst. Und wer erlöst ist, wer bei Gott ist und Sein Angesicht auf ewig schaut, der ist bereits heilig. Daher kann die Kirche natürlich auch schwerste Sünder heiligsprechen – immer Reue und Buße vorausgesetzt.

Alle Menschen sind Sünder – nicht alle Sünden sind natürlich gleich schwer, aber wir alle haben Reue und Buße wahrhaft nötig. Die Sünden mancher Menschen sind größer als die anderer Menschen. Doch Gott ist in der Lage selbst die tiefste Wunde zu heilen. Das alles ist vollkommen klar aus der Sicht der christlichen Theologie.

Dennoch liest man dann Artikel wie diesen, in dem Mark Shea mit diesen und ähnlichen Argumenten systematisch die unbedachten und ignoranten Argumente zerlegt, die auf der Religionsseite von CNN verzapft worden sind. Auch der Religionskommentator bei CNN kommt zu dem Ergebnis, eine Abtreiberin könne heiliggesprochen werden. Er begründet dies auch: Das habe zwei Gründe, erklärt er. Erstens habe es etwas mit der Christlichen Lehre der Vergebung zu tun, aber vor allem liege es daran, dass viele Katholiken „von der offiziellen Parteilinie“ in Fragen wie Homosexualität, Verhütung und Abtreibung abweichen. Diese Argumentation wird von Shea wie gesagt systematisch zerlegt, was auch das einzige ist, das man mit solch ignorantem Unfug tun kann. Aber dass ein solcher Artikel ernst genommen wird, zeigt wie wenig selbst in einem relativ religiös geprägten Land wie den USA über den Katholizismus im Speziellen und das Christentum im Allgemeinen bekannt ist. Die elementarsten Informationen fehlen den Religionskommentatoren – und sicherlich auch den einfachen Leuten, denen die Unsinnigkeit des Arguments gar nicht auffällt.

Solange jemand nicht einmal den Unterschied zwischen Vergebung und Entschuldigung von Sünden verstanden hat, kann er eigentlich nichts hinsichtlich des Christentums sagen oder schreiben, ohne sich lächerlich zu machen. Wenn ich eine Sünde entschuldige, dann sage ich: „War schon nicht so schlimm“. Vergebe ich sie, dann sage ich fast genau das Gegenteil: „Es war schlimm, aber ich vergebe dir.“ Dieser fundamentale Unterschied kann einer interessierten und halbwegs intelligenten Person selbst heutzutage eigentlich nicht entgehen.

In seinem lesenswerten Artikel verweist Shea dann auf die vielen Abtreibungsärzte und Frauen, die abgetrieben haben, nur um später ihr Unrecht einzusehen und umzukehren. Sie alle sind mit offenen Armen empfangen worden, sie alle sind vollauf akzeptiert worden, auch und gerade von den traditionellsten und konservativsten Elementen in der Kirche und der weiteren Pro-Life-Bewegung. Die einzigen, die vielleicht etwas weniger gut reagiert haben, sind genau die „Katholiken“, die Abtreibung nicht für sündhaft halten, und deshalb dachten, es gebe gar nichts zu bereuen. Die also, wie der umwissende Religionskommentator und Soziologe auf CNN es formulieren würde, nicht der offiziellen Parteilinie folgen. (Natürlich folgen auch traditionelle Katholiken keiner „Parteilinie“, da die Kirche keine Partei ist. Doch Ideologen und Soziologen – oft genug tragen beide Worte dieselbe Bedeutung – können nur von sich auf andere schließen, und wer alles politisiert hat, wird überall Parteien sehen. Katholiken hingegen folgen keiner Partei, sondern Gott und Seiner Kirche.)

Abschließend lässt sich also sagen: Natürlich kann NUR derjenige, der die Lehre der Kirche über die Vergebung der Sünden akzeptiert, für die Heiligsprechung einer Frau sein, die abgetrieben hat. Denn wer nicht glaubt, dass es da Sünden zu vergeben gäbe, der wird auch in einer entschlossenen Umkehr keinen besonderen Wert sehen. Die Heiligen sind eben nicht in erster Linie „perfekte Menschen“, sondern fehlerhafte Menschen, die sich Gott zugewandt und ihn und den Nachsten wirklich zu lieben versucht haben.