Erzbischof Zollitsch legt nach

Hatte man gerade noch gedacht, das umfassend negative Stimmungsbild aus für die Kirche relevanten Kreisen, von seinem Bischofskollegen Meisner bis zu der seltenen und daher umso deutlicheren und wichtigeren Stellungnahme des Nuntius Périsset (auf die ich hier verwiesen hatte), hätte Erzbischof Zollitsch zum Nachdenken veranlassen können, so wird man durch dieses WELT-Interview leider enttäuscht. Im Gegenteil: Zollitsch legt in dem Interview noch einen drauf, indem er in die Liste seiner durch zeitgeistgerechten Fortschritt zu lösenden Fragen auch noch die Interkommunion einbezieht. So spricht er:

Die Welt: In Deutschland mit vielen konfessionsverschiedenen Ehen wird es als Mangel empfunden, dass es bei der eucharistischen Gastfreundschaft keine Fortschritte gibt und wiederverheiratete Geschiedene von Sakramenten ausgeschlossen sind. Wird der Papst hier ein Zeichen setzen?

Erzbischof Robert Zollitsch: Diese Fragen beschäftigen uns, sie kommen auch in unserem Gesprächsprozess vor. Sie sind dem Papst bekannt. Es sind Fragen, die es theologisch zu durchdringen wie auch pastoral zu bedenken gilt. Allerdings gehe ich davon aus, dass es bei diesem Besuch nicht zu konkreten Aussagen kommen wird, da ist noch einiges zu prüfen. Wir sind an den Fragen dran. Wir wollen sie nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben, aber wir brauchen entsprechende Zeit, um das seriös zu lösen.

Das wollen wir doch einmal untersuchen, um herauszufinden, was besagtes Wortgeschwurbel denn nun eigentlich bedeutet: Gefragt, was denn mit der „eucharistischen Gastfreundschaft“ – in diesem Zusammenhang deutlich als Codewort für Interkommunion zu erkennen – sei, könnte man als katholischer Bischof vieles sagen. Man könnte erklären, dass es zwischen der katholischen Eucharistie und dem evangelischen Gedächtnismahl immense Unterschiede gibt. Man könnte klar sagen, dass es nicht um Gastfreundschaft geht, denn die äußert sich nicht in der Eucharistie, sondern eben im Umgang mit Gästen. Wir begrüßen evangelische Christen, aber sie können nicht die Eucharistie empfangen, weil… So hätte man antworten können. Da man als Bischof weiß, dass solche Fragen in Interviews gestellt werden, könnte man sich sogar vorher schon Antworten zurechtlegen, über die Fragen nachgedacht haben sollte ein Bischof ja schon. Unvorbereitet kann es den Erzbischof nicht getroffen haben.

Aber das alles sagt er nicht. Stattdessen erklärt er, das sei ein Thema, über das man beim „Gesprächsprozess“ reden werde, dass zwar nicht so schnell gelöst werden könne, aber für das man eine „seriöse Lösung“ finden werde, wenn man sich die nötige Zeit genommen habe. Das kann nun wieder zweierlei bedeuten. Es ist geschickt genug formuliert, dass man nicht gezwungen ist, eine Kapitulation vor dem Zeitgeist und einen grundsätzlichen Verrat an der Eucharistie darin zu erblicken. Möglicherweise hat er nur gemeint, dass man darüber sprechen werde, warum es keine Interkommunion geben könne, dass man vielleicht neue Wege finden wolle, das Problem durch Erklärung und Katechese zu „lösen“. Aber glaubt das irgendjemand ernsthaft? Da geht ein Erzbischof, der Vorsitzende der Bischofskonferenz zu einem Interview mit einer säkularen Zeitung, im vollen Wissen, dass solche Fragen sehr wahrscheinlich gestellt werden, und antwortet dann so, auf eine Weise, die weder die Lehre der Kirche zum Thema erwähnt, noch erklärt, ja nicht einmal unbedingt konsistent mit ihr ist?

Viel wahrscheinlicher ist die Interpretation, dass der Erzbischof signalisieren wollte, dass er auch diese „Heilige Kuh“ auf dem Altar des Zeitgeistes im Götzendienst zu opfern bereit ist, um sich noch etwas mehr Ansehen und Zuneigung in einflussreichen Kreisen zu erschleichen.

Früher haben die Apostel des Herrn wenigstens noch 30 Silberstücke für diese Art Dienstleistung genommen.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz – und der ist er nun einmal, auch wenn Kardinal Meisner aufgrund von Zollitschs Häresien lieber zwischen dem „Erzbischof von Freiburg“ und dem „Vorsitzenden der Bischofskonferenz“ unterscheiden möchte – signalisiert in diesem Interview also allen Ernstes, dass man im Rahmen des Dialogprozesses auch über die Interkommunion sprechen und, zu gegebener Zeit, auch eine „Lösung“ für dieses „Problem“ finden werde. Nun, gegeben das Wissen um die Zusammensetzung der Dialogrunden, welche „Lösung“ könnte das wohl sein, wenn nicht die Einführung der Interkommunion, und damit die endgültige Trennung von Rom, das vorsätzliche und vollständige Schisma. Doch das Schisma ist faktisch längst da, auch wenn der Erzbischof es umständlich leugnet:

Erzbischof Robert Zollitsch: Ich persönlich sehe dafür [für ein Schisma; Anm. von Catocon] keine Anzeichen. Es ist richtig: Wir haben eine katholische Bandbreite, in vielen Fragen gehen die Positionen auseinander. Aber das ist nicht die Frage eines Schismas. Wir versuchen, in dieser großen Bandbreite den Weg nach vorne zu finden und möglichst viele dabei mitzunehmen. Es hat immer Katholiken gegeben, die der Kirche eng verbunden waren, und daneben gab es welche, die kein so enges Verhältnis hatten. Das ist ein Element der Volkskirche.

Die Welt: Verfolgt man die Diskussionen über Reformwünsche, drängt sich einem der Eindruck von Richtungskämpfen gerade zu auf.

Erzbischof Robert Zollitsch: Es kommt darauf an, was man unter Richtungskämpfen versteht. Es gibt unterschiedliche Ansichten, das ist richtig und auch selbstverständlich. Wir wollen aber gemeinsam in dieser Kirche leben und wirken.

Hier haben wir das Standard-„Argument“ der Verfallsverwalter im deutschen Episkopat vor uns. Es gibt kein Schisma, wir bleiben alle miteinander im Gespräch, und im katholischen Zelt ist ja Platz für alle, egal was sie so denken und glauben.

Eine kleine Information für diese Zelthäretiker: Ja, im katholischen Zelt ist Platz für alle. Jedem Menschen steht es frei, egal wo er herkommt und was er vorher getan oder geglaubt hat. Volkermörder, Politiker, Abtreibungsärzte, Konzernchefs, Ehebrecher – selbst die Schlimmsten finden ihren Platz im Schoß der Kirche. Im katholischen Zelt ist wirklich Platz für alle, und das Zelt steht jedem offen. Jedem, der denn auch wirklich hinein will. Im katholischen Zelt ist wirklich Platz für alle. Aber nicht alle Plätze sind auch besetzt. Für jeden Menschen ist Platz – aber einige Menschen möchten ihren Platz nicht einnehmen. Sie ziehen es lieber vor, das Gegenteil der katholischen Lehre nicht nur zu praktizieren (das tun wir alle – man nennt das Sünde), sondern zu glorifizieren, für Richtig zu halten. Sie brechen nicht nur das moralische Gesetz, sondern finden „das auch gut so“, um einmal eine öffentliche Figur zu zitieren, die Erzbischof Zollitschs Haltung zu den Grünen teilt. Sie sündigen nicht nur, sondern wollen, dass die Kirche ihre spezielle Sünde als richtig einstuft. Sie wollen nicht ihren Platz im Zelt einnehmen, sondern das Zelt einfach umbauen. Doch das können wir als Katholiken nicht zulassen. Wir heißen jeden Menschen, so sündig er auch sein mag, willkommen. Jeder hat hier seinen Platz. Aber nicht, wenn er das Zelt abbrechen möchte, statt es mit uns gemeinsam als Gemeinschaft der Sünder auf der Pilgerreise zur Heiligkeit zu pflegen, zu schützen, und mit Gottes Hilfe zu verteidigen.

Lieber Erzbischof Zollitsch, das heißt es, wenn wir sagen, im katholischen Zelt sei Platz für alle. Nicht, dass wir den von Gott geoffenbarten Glauben und die aus der natürlichen Vernunft erkennbare, von der göttlichen Offenbarung bestätigte Moral leugnen, vertuschen oder ignorieren, sondern dass alle Menschen von Herzen dazu eingeladen sind, zu uns zu kommen, und sich mit uns auf die Pilgerreise durch die Welt hin zu unserem Schicksal in Ewigkeit zu begeben.

Lieber Erzbischof Zollitsch, ich bin ein ehemaliger Atheist. Einer der Gründe, warum ich über viele Jahre für Sie und alles was Sie als Bischof repräsentieren, an vorderster Stelle die Kirche und ihre Lehre, nur Verachtung empfunden habe, ist genau diese Art der „Einladung“. Wenn das Angebot der Kirche wirklich beliebig ist, wenn es wirklich keinen unverhandelbaren Glaubensinhalt gibt, wenn alles durch „Dialoge“ und „Kompromisse“ auf menschlicher Basis entschieden werden kann, dann vertritt Ihre Kirche nicht Gott, sondern sie tut nur so. Dann ist sie auch nicht glaubwürdig. Dann ist sie bloß ein Haufen von alten Herren, die sich anmaßen, sie wüssten besser was die Menschen brauchen als diese selbst. Dann ist sie wirklich nur die Verwirklichung einer Machtphantasie, wie viele Ihrer Kritiker von atheistischer und kirchenfeindlicher Seite behaupten. Inzwischen habe ich glücklicherweise – allerdings ohne Zutun von Ihnen und Ihrer Bischofskonferenz – den Irrtum meiner Wege eingesehen und eine Umkehr versucht. Ich bin Mitglied der einen, heiligen, katholischen, apostolischen Kirche unseres Herrn geworden, nicht weil ich Stuhlkreise liebe und mehr „Mitsprache“ in „Leitungsämtern“ wünsche, sondern weil ich als Sünder dringend der Erlösung durch Gott bedarf, und die Lehre der Kirche zu diesem Thema der Wahrheit entspricht.

Lieber Erzbischof Zollitsch, in einem liegen Sie jedenfalls richtig: Es hat immer schon Menschen gegeben, die kirchenferner waren als andere, und das liegt in der Natur einer Volkskirche. Doch es gibt verglichen mit früher zwei wesentliche Unterschiede: Erstens gibt es heute keine Volkskirche mehr, da 40% des Volkes eben keiner Kirche mehr angehören. Und zweitens hat man die „Kirchenfernen“ früher nicht zu Bischöfen gemacht.

Doch Seine Exzellenz ist immer noch nicht fertig. Er hat für heute immer noch nicht genug häretische oder zumindest grenzwertige Aussagen getätigt. Hier noch ein Beispiel aus demselben Interview:

Die Welt: In den Erklärungen des Papstes ist immer von „kirchlichen Gemeinschaften“ die Rede, wenn es um den Protestantismus geht. Sie aber sprechen von „Kirchen“. Ein Dissens?

Erzbischof Robert Zollitsch: Wenn ich an Deutschland denke: Die evangelische Kirche versteht sich als Kirche. Und ich respektiere das. Es geht mir nicht darum, um Begriffe zu streiten. Aber letztlich bleibt uns die Frage nicht erspart, wer unter „Kirche“ was versteht.

Immerhin rettet der Erzbischof seine Aussage mit dem letzten Satz noch vor dem gerechtfertigten Vorwurf absichtsvoller Häresie. doch seine Praxis, auf die der Interviewer anspielt, ständig von „den Kirchen in Deutschland“ zu sprechen, oder die evangelische Glaubensgemeinschaft unterschiedlos zur katholischen auch als Kirche zu bezeichnen, ohne überhaupt nur anzudeuten, dass es hier zwei unterschiedliche Arten von Institutionen gibt – eine (und nur eine) Kirche sowie viele religiöse Gruppen, von denen man manche vielleicht aus Respekt vor ihrem (falschen) Selbstbild oder aus diplomatischen Gründen als „Kirche“ bezeichnet.

Direkt darauf angesprochen, dass er diesen wichtigen Unterschied nicht macht, schreckt er dann doch davor zurück, evangelische und katholische Kirche gleichzusetzen. Er beschränkt sich darauf, dies zu problematisieren, indem er auf eine Frage anspielt, die „uns letztlich nicht erspart“ bleibe. Auffällig ist, dass er aber auch hier in keiner Form erklärt, dass es einen echten und bedeutsamen Unterschied zwischen katholischen und evangelischen Institutionen gibt. Selbst direkt auf einen entsprechenden Unterschied in päpstlichen Verlautbarungen angesprochen, verzichtet er auf eine Klarstellung seines zumindest fragwürdigen, möglicherweise häretischen Sprachgebrauchs.

Er schließt zumindest die Deutung seiner Sprachregelung zu „den Kirchen“ auf den religiösen Indifferentismus und Relativismus nicht aus. Er widerspricht ihr in keiner Form, im Gegenteil, seine Worte eignen sich sogar vorzüglich zu einer solchen Deutung. Aber er bekennt sich auch nicht offen und ehrlich zu ihr – was zwar falsch, aber wenigstens noch ehrenwert wäre.

Der Erzbischof beschreitet lieber den äußerstmöglichen Weg der Anpassung an die dumpfe Zeitgeiststimmung, der ohne offenen Bruch mit der Kirche (der EINZIGEN) möglich erscheint. Obschon der Bruch zwischen Kirche und deutschen Bischöfen ziemlich offensichtlich bereits heute vorbereitet wird. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus dem faktischen Schisma der deutschen Bischofskonferenz und ihres Vorsitzenden auch ein formales Schisma wird, das sich dann auch kirchenrechtlich niederschlägt.

Eine kleine Scherzfrage mit einem ernsten Kern zum Abschluss: Wenn der kanonische Status der Piusbrüder erst einmal regularisiert worden und das formale Schisma durchgezogen ist, wer wird dann der nächste Vorsitzende der deutschen katholischen Bischofskonferenz? Pater Schmidberger oder Pater Maußen? (letzterer, zumindest seinem Geburtsjahr nach, ein echter „68er“!)

5 Gedanken zu „Erzbischof Zollitsch legt nach

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  2. Warum hat keiner der anderen Bischöfe der DBK den Mumm, diesem Mann öffentlich zu widersprechen, so wie Sie das getan haben? Auch Kardinal Meisner scheut anscheinend den entscheidenden Schritt. Das ist der eigentliche Skandal. Das gemeine Kirchenvolk schert sich nicht um diese Dinge, viele werden Erzbischof Zollitsch sogar zustimmen, aber nur aus bloßer Ignoranz und Dummheit, als Resultat einer jahrzehntelangen Indoktrination der Modernisten. Wann steht einer der Bischöfe auf und widerspricht öffentlich?

    • wk1999, ich kritisiere Kardinal Meisner nur ungern, er ist einer von nur wenigen guten Hirten, die wir in Deutschland haben. Meine folgenden Sätze sind daher reine Spekulation. Könnte es sein, dass der Kardinal vor einer zu offenen Konfrontation mit Erzbischof Zollitsch und der vermutlich hinter ihm stehenden Meheheit des deutschen Episkopats scheut, damit ihm nicht dieselbe Behandlung zuteil wird, wie vor einiger Zeit dem Bischof Mixa? Fürchtet er, dass man ihn absägt? Ich habe keine Ahnung, warum um er sich nicht traut – dass er die Äußerungen des Erzbischofs inhaltlich nicht teilt, ist wohl keine Frage. Er hat sich ja auch entsprechend im Domradio geäußert, allerdings ohne expliziten Widerspruch.

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