Erzbischof Zollitsch zum Dritten…

Das inoffizielle Motto des Dialogprozesses...

Das inoffizielle Motto des Dialogprozesses...

[Bild auf Aliveandyoung.net gefunden.]

O hätte er doch geschwiegen – und hätten vor allem seine Verteidiger geschwiegen, so wären sie, nicht Philosophen, so doch gute Katholiken geblieben. Doch so, leider, ein drittes Interview des Erzbischofs, in dem er seine Position richtigzustellen versucht. Einige Zitate aus dem Kath.net-Artikel zum Thema:

Erzbischof Robert Zollitsch wehrt sich gegen den Vorwurf, er wolle die Unauflöslichkeit der Ehe infrage stellen. «Das tue ich ganz und gar nicht», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Freiburger Erzbischof in einem Interview des «Mannheimer Morgen» (Montag).
(…)
In der Seelsorge stelle sich aber die Frage nach einem «theologisch verantwortungsvollen und pastoral angemessenen Umgang. Darüber gilt es offen und unaufgeregt zu beraten.»

Zuerst ist es natürlich zu begrüßen, dass Erzbischof Zollitsch die Unauflöslichkeit der Ehe nicht aufheben möchte – das könnte er auch gar nicht. Doch dann stößt er leider erneut in dieselbe Kerbe, die ich verschiedentlich (Links siehe unten) bereits kritisiert hatte. Man solle einen „theologisch verantwortungsvollen und pastoral angemessenen Umgang“ finden, über den man „offen beraten“ müsse. Das ist allerdings zunächst einmal eine Leerfloskel. Alle Seiten sind sich einig, dass eine Lösung nur theologisch verantwortungsvoll und pastoral angemessen sein dürfe. Hat jemals in der Geschichte der Kirche jemand behauptet, er wolle theologisch verantwortungslos und pastoral unangemessen handeln? Die ganze Frage besteht doch gerade darin, was denn theologisch verantwortungsvoll und pastoral angemessen sei. Da behaupten die einen, man müsse Wiederverheiratet-Geschiedene zur Kommunion zulassen, und andere lehnen dies ab.

Aus der Unauflöslichkeit der Ehe, zu der Zollisch sich anscheinend in dem neuen Interview bekennt, und dem katholischen Eucharistieverständnis folgt allerdings notwendig der Ausschluss von der Kommunion für Menschen, die nach einer zivilrechtlichen Scheidung in eine neue sexuelle Beziehung eintreten. Das ist keine Frage pastoralen Umgangs, sondern zuerst nur theologischer Wahrheit. Wie man diese Tatsache, diese nicht veränderbare Tatsache, pastoral vermittelt, mit wieviel Fingerspitzengefühl man vorgeht, das alles kann offen und unaufgeregt diskutiert werden. Doch die theologischen Tatsachen stehen nicht ständig offen zur Diskussion. Sie sind eben längst Tatsachen, an denen sich weitere Diskussionen zu orientieren haben.

Aber bei aller Kritik am Erzbischof, die hier in den letzten Wochen laut geworden ist, bleibt er weit unter dem was sein Stellvertreter, der Bischof von Aachen Heinrich Mussinghoff, erklärt. Während Erzbischof Zollitsch die Unauflöslichkeit der Ehe wenigstens noch formal unangetastet lassen möchte, strebt Mussinghoff eine vollständige Protestantisierung des Themas an. Kath.net schreibt:

[Bischof Mussinghoff] betonte, dass keine offizielle Zulassung zu den Sakramenten angestrebt werde. In Einzelfällen sollte aber beispielsweise die subjektive Gewissensentscheidung eines Katholiken toleriert werden, die Kommunion zu empfangen. Auch weil Kinder aus diesen Beziehungen nur schwer in den Glauben finden könnten, wenn ihre Eltern dauerhaft nicht zur Kommunion gehen dürften.

(Hervorhebungen von Catocon)

Das geht über die Worte des Erzbischofs von Freiburg deutlich hinaus. Die Zulassung zur Kommunion zur „individuellen Gewissensentscheidung“ zu machen, erkennt den Primat des Gewissens gegenüber der kirchlichen Lehre an. Wenn mein individuelles Gewissen mir sagt, es sei akzeptabel in Ehebruch zu leben und eine Konkubine zu haben, wer ist dann Gott mir Vorschriften zu machen!? Schließlich bin ich doch ein freier, aufgeklärter, moderner Mensch – ich bin emanzipiert von diesen ganzen verstaubten Autoritäten, die mir vorschreiben wollen, was ich zu tun und was zu lassen habe! Wenn ich Ehebruch begehen will, dann nenne ich das „Neue Erfahrungen machen“ und „mich umorientieren“, und das ist doch nichts Schlimmes! Kirche und Gott haben sich aus meinem Leben herauszuhalten! Außerdem gehe ICH zur Kommunion, wann ICH das WILL. NON SERVIAM!

In dem Moment, in dem die subjektive Gewissensentscheidung eines Katholiken bei einem Thema von öffentlicher Relevanz – etwa wenn ein Paar offen im Konkubinat oder in Ehebruch lebt, wie in diesen Fällen häufig – als ausschlaggebend gewertet wird, hat das Lehramt der Bischöfe offiziell abgedankt. Bischof Mussinghoff fordert nichts weniger als eine zweite Reformation – das Primat des Gewissens.

Damit wird abermals ratifiziert, was die Bischofskonferenz schon mit der Königssteiner Erklärung 1968 angedeutet hat. Wir verneigen uns vor dem Zeitgeist, wir sind ein Fähnchen im Wind, keine Kompassnadel, die immer zum Herrn zeigt. Wir lassen alles zu, solange ihr euer Gewissen zu Brezeln verknoten könnt, um euch selbst zu rechtfertigen. Wir glauben an die Rechtfertigung nicht durch Gnade, nicht durch den Glauben, nicht durch gute Werke, sondern durch den menschlichen Willen. Sünde ist keine Sünde, wenn ihr euer Gewissen vorher erstickt habt, und es jetzt alles mit sich machen lässt.

Der Zustand der katholischen Kirche in Deutschland ist allerdings inzwischen so schlecht, dass selbst die Worte von Bischof Mussinghoff noch gemäßigt und katholisch anmuten gegen das was scheinbar in den normalen deutschen Gemeinden alltägliche Praxis ist:

Unterstützung hatte Zollitsch auch von einzelnen Kirchenrechtlern und Moraltheologen erhalten: Der emeritierte Münsteraner [Münster: Das Große Häreticum für alle, ohne Numerus Clausus! – Anmerkung von Catocon] Kirchenrechtler Klaus Lüdicke sagte, schon heute sei es in Deutschland der Normalfall, Gläubigen, die in einer neuen Ehe lebten, die Kommunion nicht zu verweigern. Das solle die Kirche auch amtlich akzeptieren.

Ist das wirklich so? Ich kenne nur eine Gemeinde, und die erst seit kurzem. Wer dort geschieden ist und wer wiederverheiratet, ist mir vollkommen unbekannt. Wenn in Deutschland wirklich allwöchentlich der Leib unseres Herrn entweiht wird, wenn allwöchentlich mit priesterlichem Segen massenhaft bekanntermaßen in schwerer Sünde lebende Menschen zur Kommunion zugelassen werden, dann repräsentiert Bischof Mussinghoff wohl den traditionalistischen Flügel der Kirche. Man sagt, der Fisch stinkt vom Kopf her. Aber was ist, wenn der katholische Fisch gar nicht vom Kopf her stinkt, sondern von den Füßen?

Natürlich ändert sich an der Lehre der Kirche auch dann nichts, wenn 99,9% oder selbst 100% aller dem Namen nach katholischen Gemeinden gegen sie aufbegehrten. Auch ein spontanes Massenschisma der deutschen Gemeinden vermöchte nicht einen einzigen Buchstaben an der Wahrheit verändern, dass zivilrechtlich geschiedene Menschen, die eine neue Sexualbeziehung mit einem anderen Menschen eingehen, in schwerer Sünde leben. Daher ist es auch manifest falsch, was Eberhard Schockenhoff, einer der bekannteren Radikalhäretiker der Schimatischen Kirche Deutschlands, vertritt:

Der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff sagte, Zollitsch habe die Unauflösbarkeit der Ehe nicht infrage gestellt. Er wolle nur einen barmherzigeren Weg des Umgangs mit Menschen, deren Ehe gescheitert sei [Von sich aus scheitern keine Ehen – das besorgen schon die Eheleute selbst! – Anmerkung von Catocon] . «Man kann von außen nicht jede Entscheidung für eine zivile Zweitehe als objektiv schwere Sünde qualifizieren», fügte der Theologe hinzu.

Doch, Herr Schockenhoff, OBJEKTIV ist es auf jeden Fall eine schwere Sünde. Inwiefern Menschen für dieses Verhalten die Schuld tragen, hängt natürlich von ihrem Kenntnisstand ab. Wer gar nicht über die Lehre der Kirche und die Wahrheit informiert ist, dessen individuelle Schuld ist anders zu bewerten als die Schuld des wissentlichen und willentlichen Überzeugungstäters. Objektive schwere Sünden liegen vor bei Sünden hinsichtlich einer schwerwiegenden Materie. Die Ehe ist als Sakrament der Kirche auf jeden Fall eine schwerwiegende Materie. Ferner muss die Sünde noch wissentlich und willentlich begangen werden, damit die schwere Sünde auch wirklich schuldhaft ist. Jeder Mensch, der in Deutschland eine Zivilehe eingeht, tut dies willentlich – sonst wäre die Ehe ungültig.

Nun kann es immer sein, dass jemand zum Zeitpunkt des Eheschlusses gar nicht über die objektiv schwere Sündhaftigkeit seines Verhaltes informiert war. In solchen Fällen ist die individuelle Schuld natürlich entsprechend zu reduzieren oder gar zu verneinen. Doch spätestens nachdem ein guter Pastor dem betroffenen Paar die Wahrheit ganz pastoral gesagt hat, liegt die Sache klar. Ein weiteres Persistieren in schwerer Sünde kann dann nicht mehr als „unwissentlich“ gewertet werden, sondern nur noch als „wissentlich“. Dasselbe gilt für einen Priester, der in vollem Wissen um die Situation einem solchen Paar die Kommunion spendet. Was mit Hirten geschieht, die zulassen, dass ihre Schäfchen sich „das Gericht essen“, wie Paulus das ausdrückt, die ihre Schäfchen in den Abgrund stoßen, kann man in der Bibel nachlesen. Jesus, soviel möchte ich verraten, hält nicht viel von schlechten Hirten.

Man kann fürchterlich komplizierte Einzelfälle konstruieren, meinetwegen ein Mensch, der nach einer zivilen Wiederheirat vom orthodoxen zum katholischen Glauben konvertiert, mit einer russisch-orthodoxen Frau verheiratet ist (hier wäre prinzipiell die Interkommunion möglich, wenn ich richtig informiert bin), vier kleine Kinder hat usw. Doch solche extrem seltenen Einzelfälle müssen nicht durch individuellen Gewissensprimat der Betroffenen (Mussinghoff), amtskirchliche Anpassung an gängige häretische Praxis (Lüdicke) oder theologische Diskussion im Dalogprozess (Zollitsch) gelöst werden, sondern durch individuelle pastorale Beratungsgespräche auf der Grundlage kompromisslos feststehender dogmatischer Wahrheit.

Ich hatte gehofft, nach den letzten beiden Wochen nicht jetzt schon wieder negativ über unsere deutschen Bischöfe schreiben zu müssen, aber es bleibt nicht aus. Der Papstbesuch scheint in der deutsch-katholischen Landschaft so einige in Unruhe zu versetzen. Da muss man sich dringend noch einmal von Rom absetzen, um nur ja nicht unter die Räder der rapide rollenden Medienmaschine zu geraten. Man will ja ankommen – um jeden Preis.

Links zu früheren Artikeln über die Zollitsch-Interviews:

Erzbischof Zollitsch und die Häresie

Erzbischof Zollitsch und die Häresie: Weitere Stimmen

„Herr Zollitsch und das Zirkuspferd“

Erzbischof Zollitsch legt nach

Links zur leidigen Zollitsch-Debatte

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