Der Herausgeber von „eigentümlich frei“, einer im klassischen, besten Sinn des Wortes liberalen, also wirklich an Freiheit interessierten Monatszeitschrift, André Lichtschlag, hat einige sehr interessante und sehr treffende Worte in einem Interview mit Misesinfo.org zu verschiedenen wichtigen Themen gefunden. Ich empfehle die Lektüre des ganzen Interviews. Einige Auszüge mit rotem Kommentar von Catocon folgen.
Unter Politikern dürften Sie [Herr Lichtschlag] nicht allzu viele Abonnenten haben. Im einem der letzten Hefte findet sich eine Aussage Ihres Autors Edgar L. Gärtner „Früher wurde gelogen um des Überlebens willen. Heute lügen Politiker, um den Selbstmord Europas zu vertuschen“. Steht es so schlimm um uns?
Auch der selige Papst Johannes Paul II. sprach von der herrschenden „Kultur des Todes“. [Eigentümlich frei, ef, ist eine der wenigen nichtkatholischen Medien, in denen von solchen Begriffen überhaupt im positiven Sinne die Rede ist.] Kein Wunder, wir leben im schleichenden Sozialismus. Und am Ende ist Sozialismus immer gleichbedeutend mit Tod. [Es ist kein Zufall, dass der polnische Papst, dem zuweilen eine wichtige Rolle beim Zusammenbruch des Ostblocks zugeschrieben wird, auch das Wort von der „Kultur des Todes“ prägte. Der Zusammenhang zwischen Tod und Sozialismus ist frappierend.] Der russische Mathematiker und Philosoph Igor Schafarewitsch hat das wie kein anderer tiefgreifend analysiert in seinem Buch „Der Todestrieb in der Geschichte – Erscheinungsformen des Sozialismus“. Ein Beispiel: Paragraph 4 Absatz 4 der Tierschutz-Hundeverordnung besagt: „Ein Welpe darf erst im Alter von über acht Wochen vom Muttertier getrennt werden.“ Warum? Weil das Welpen ansonsten schwere Verhaltensstörungen – der langsame Tod – entwickelt. [Selbst im Tierreich tritt diese Mutter-Kind-Bindung sehr häufig auf. Wie viel mehr benötigt dann erst der Mensch eine solche Bindung, ist er doch in viel höherem Maße auch nachgeburtlich noch über viele Jahre abhängig von der Zuneigung, Zuwendung und Versorgung der Mutter!] Oder die Nahrungsaufnahme vollständig verweigert und stirbt – der schnelle Tod. Acht Wochen im Leben eines Hundes entsprechen nach gängiger Faustformel einem guten Menschenjahr. Und dies ist die Minimalforderung im Tierschutzgesetz. Nach dem Willen unserer Politiker dürfte Mutter dann schon wieder arbeiten und das Kind in der Verwahranstalt Krippe abliefern.[Klare Worte. Wenn die Liberalen in Deutschland alle so wären, könnte man glatt FDP wählen.] Und das ist nur ein Beispiel für den Tod als Weg der sozialistischen Gleichheit [Im Tod sind alle Menschen gleich, zumindest dem Körper nach. Und der Sozialist glaubt nicht ans ewige Leben. Gleichheit bedeutet den Tod, sofern sie nicht im christlichen Sinn als Gleichheit der Würde bzw. Gottesebenbildlichkeit verstanden wird. Leben ist ja gerade ein Spannungsverhältnis, ein geordnetes Gegeneinander von Differenzen. Wie öde und fade die weltumspannende Ursuppe, in der alle individuellen Vielfältigkeiten aufgehen müssen, damit keine „Ungleichheiten“ und „Diskriminierungen“ mehr bestehen! Jeder Schöpfungsakt in Genesis ist ein Akt der Unterscheidung, also Diskriminierung. Licht von Finsternis, Wasser oberhalb des Gewölbes vom Wasser unterhalb des Gewölbes, usw, bis schließlich auch Mann und Frau getrennt erschaffen werden – als Verschiedene, doch geeint durch ihre Gottesebenbildlichkeit. Gleichheit im sozialistischen Sinn ist Ent-Schöpfung.] , wie er sich unter anderem auch in der nordkoreanischen Grassuppe zur Volksbeköstigung präsentiert. Oder in mehr als 100 Millionen Ermordeten als Opfer der rotsozialistischen Experimente. [Die entprechende Rechnung für den hässlichen Zwilling, den nationalen Sozialismus, beginnen wir hier gar nicht. Sie ist auch so schon bekannt genug.] Oder in der Nach-uns-die-Sintflut-Einstellung des Lebens und Verzehrens im Jetzt auf Kosten von Zukunft und Vergangenheit, was Keynes bekanntlich mit dem sozialdemokratisch-programmatischen Satz umschrieb: „Auf lange Sicht sind wir alle tot.“ (Könnte man eine größere Antithese zur christlichen Hoffnung auf das ewige Leben denken?)
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Kürzlich haben Sie in „eigentümlich frei“ einen Auszug aus dem Buch „Beyond democracy“ von Frank Karsten und Karl Beckmann abgedruckt.
Das im August auf Deutsch erscheinen wird, woran ich nicht ganz unschuldig bin.
Die beiden Autoren behaupten, „Demokratie“ bedeute nicht Freiheit und lasse die Tür offen für immer weiter zunehmende Staatseingriffe. So wie die Mehrheit der Menschen „Demokratie“ interpretieren dürfte, ein Widerspruch, oder? [Eine sehr interessante Frage. Wie ist nun das Verhältnis von Demokratie und Freiheit?]
Die meisten Menschen verwechseln Demokratie mit Freiheit. Sie halten sie für Synonyme. Dabei sind es eigentlich Gegensätze. Demokratie bedeutet, dass der Nachbar über die Höhe meines Gehalts abstimmt. [So kann man das sehen…] Es bedeutet Mitbestimmung von Fremden über meine persönlichen Belange. [Kollektivismus. Und solange der Mythos der Volkssouveränität geglaubt wird, kann die regierende Elite – und schon C.S. Lewis wusste, dass jede Regierung eine Oligarchie ist – sich immer mehr in private Angelegenheiten einmischen, weil das Volk ja glaubt, die Elite sei ihm verantwortlich. Die Elite wird das sehr amüsant finden…] Freiheit bedeutet Selbsteigentum und Selbstbestimmung in eigenen Belangen. [Dieses Freiheitsverständnis zeigt, dass Lichtschlag bei aller Sympathie doch kein traditioneller Katholik ist. Freiheit bedeutet nämlich etwas mehr als dies. Die erste Freiheit ist die Freiheit von der Sünde. Doch diese Einsicht steht einem Liberalen natürlich nicht zur Verfügung. Man sollte sie von Lichtschlag daher auch nicht erwarten.] Es ist kein Zufall, dass die Sozialisten ihr Diebstahlprogramm gerne mit der Forderung nach der „Demokratisierung aller Lebensbereiche“ – oder wie Willy Brandt es sagte: „Mehr Demokratie wagen!“ – schmücken. Demokratie weckt niederste Instinkte, vor allem den Neid. Demokratie ist eine Form des Kollektivismus.Und ein Mittel des schleichenden Sozialismus.Die großen alten griechischen Philosophen und die amerikanischen Gründerväter verachteten die Demokratie.[Als die Philosophen noch die Weisheit liebten, nicht bloß die Sophisterei…] Klingt verrückt? Weil die Huldigung der Demokratie in unseren Tagen zur Ersatzreligion wurde, zum Gott, der aber keiner ist, wie der Ökonom Hans-Hermann Hoppe so schön titelte.
Wenn es die Demokratie ist, die diese Fehlentwicklungen hervorbringt, was ist dann die Alternative? Wie sehen Sie die Privatrechtsgesellschaft, die Professor Hoppe u.a. in seinem neuen Buch “Wettbewerb der Gauner” beschreibt?
Hoppe entlarvt wie kaum ein anderer die Fehler und Probleme der Demokratie. Und er stellt heraus, warum im Zweifel eine traditionelle Erbmonarchie weniger schädlich ist. [!!] Hoppe steht in der Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und erkennt mit deren Methoden, warum ein Staat immer die Tendenz hat, seine Kompetenzen Schritt für Schritt auf Kosten der Freiheit auszuweiten, auch und gerade in einer Demokratie. Insofern zeigt er, warum der Glaube an einen liberalen Minimal- oder Nachtwächterstaat naiv sein muss. [In der Tat. Denn aus einem solchen Staat ist etwa in den angelsächsischen Ländern seit dem 19. Jahrhundert der heutige Maximalstaat geworden, der sich in jede Ritze des privaten Lebens schiebt, um seine ideologischen Verirrungen über den Bürger zu stülpen.] Denn auch dieser wird sich ausweiten. Andererseits erscheint mir bei allem Erkenntnisgewinn auch die Hoffnung auf eine natürliche, staatsfreie Ordnung in gewisser Weise naiv zu sein. [Das ist generell das Problem mit radikalliberalen Staatsdenkern. Sie fordern eine anarchische Selbstorganisation, doch „Anarchie“ ist nur ein anderes Wort für „zukünftige Herrschaft des Stärksten!] Denn jedes Kind in einer Spielgruppe weiß, dass dort, wo ein Machtvakuum entsteht, es sich unweigerlich wieder füllt. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass einige nach Macht und Gewalt streben, sobald sich die Möglichkeit ergibt. Und andere, noch mehr an der Zahl, wollen beherrscht werden und fürchten Eigenverantwortung. [Und jetzt kommen die hervorragenden Schlussfolgerungen, die meiner Ansicht nach die einzige prakikable Möglichkeit des Umgangs mit der pluralistischen, modernen Gesellschaft darstellt] Wenn das alles eine menschliche Konstante ist, wovon ich ausgehe, dann sollten wir in Demut nach den kleinen Lösungen suchen. Eine Rückkehr zum Monarchen von Gottes Gnaden – immerhin eine Ordnung, die über die Jahrtausende funktionierte [!!]– wird es nach 1789 und den vielschichtigen Folgen so ohne weiteres auch nicht geben. [„In Demut“ nach kleinen, lokalen Lösungen suchen, durch die Menschen mit ähnlichen Weltanschauungen, die ähnliche Ziele und Vorstellungen haben, zusammenfinden, und ihr jeweiliges Lebensmodell unbehelligt ausleben können. Das hieße radikale Dezentralisierung, Abbau internationaler Verpflichtungen, Rückkehr zum Regionalismus oder Lokalismus, Ende aller Weltregierungs- und Weltverbesserungsideologien usw. Natürlich ist das auch nicht umsetzbar. Doch eine andere Lösung gibt es nicht, sofern wir einigermaßen friedlich beisammen leben wollen. Der Multikulturalismus bzw. Pluralismus, wie er heute geradezu fanatisch gefordert wird, ist jedenfalls eine Illusion, weil er alle beteiligten Kulturen verstümmelt bzw. zu bloßen künstlichen Karikaturen herabwürdigt, in denen kein Volk mehr leben kann.] Insofern ist vielleicht am Ende die Demokratie dann doch wieder – wie Churchill einwarf – „die schlechteste aller Regierungsformen, ausgenommen alle anderen“. Und in ihrem Rahmen sollten wir so gut es geht nach kleineren, überschaubaren politischen und wirtschaftlichen Einheiten streben und „weniger Politik wagen“. [Das ist überhaupt die wichtigste Einsicht Lichtschlags. Viel zu viel ist „politisch“. Manche sagen gar, „alles ist politisch“. Doch Politik ist Kunst der Leitung der Polis, der Stadt, und sollte soweit wie möglich auf dieser kleinen Ebene bleiben.] Das fängt bei uns selbst, beim Einzelnen an. Ein wenig anarchische Ideen, republikanische Praxis und monarchischer Geist könnten dabei helfen. [Ein ganz schmackhaftes Gemisch, wie ich finde. Ich würde noch einen ganz kräftigen Schuss traditionellen Katholizismus dazutun, doch das kann Herr Lichtschlag in seinem kleinen lokalen Staatsgebilde auch anders halten, wenn er möchte. So sähe echte religiöse Toleranz aus – statt Indifferentismus.]
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Zum Sozialismus empfehle ich Divini Redemptoris von Pius XI.