Das Kamel im Nadelöhr

Ich schrieb gestern einen kurzen Kommentar zu dem Interview mit Martin Mosebach in der WELT und stellte die Frage, inwieweit Reichtum und Christentum überhaupt zusammengehen. Ich enthielt mich einer ausführlicheren Antwort, erhielt dafür jedoch einige sehr interessante Leserkommentare, die dieses Thema von verschiedenen Seiten beleuchteten und mir bei meiner eigenen Reflektion sehr geholfen haben.

Üblicherweise verfertigen sich die Gedanken beim Schreiben. Man beginnt mit einer ungefähren Ahnung, was man eigentlich sagen möchte, und während man schreibt wird diese Ahnung immer klarer, bis schließlich ein Text dabei herauskommt, der hoffentlich auf verständliche Weise sagt, was gesagt werden sollte. So ist es auch beim Thema Kompatibilität des Christentums mit einer Wohlstandsgesellschaft gewesen. Ich möchte nun in dem folgenden Artikel versuchen, unter Bezugnahme auf die hilfreichen Kommentare, eine vorsichtige Klärung des Sachverhalts zu erreichen.

Können Christen überhaupt Christen bleiben, wenn sie reich werden?

Ja, das ist in der Tat möglich. Bei Gott ist alles möglich. Doch auch wenn etwas prinzipiell möglich ist, kann es sehr schwer sein. Das ist hier sicher der Fall.

Warum passt das reiche Kamel nicht durch das Nadelöhr?

Das Jesuswort ist so unglaublich treffend, dass es auch gleich den Grund dafür mitliefert, warum der Reiche es so schwer hat in den Himmel zu kommen. Wir müssen den Willen Gottes tun, nicht unseren eigenen Willen. Sobald wir einen eigenen Willen haben, können wir uns gegen Gott entscheiden, wir können, wie man das heute formuliert, „unseren eigenen Weg gehen“. Das kann jeder Mensch, auch der Arme. Doch je mehr „Zeug“ man besitzt, je mehr materielle Dinge einen von der eigentlichen Frage ablenken, umso leichter wird man dazu verführt, sich um dieses ganze Zeug zu kümmern, und die eigentlichen Fragen zu verdrängen. Wenn das irdische Leben sehr schön und fast schon perfekt erscheint, dann fällt es besonders schwer, es aufzugeben, um das übernatürliche Leben zu erlangen.

In einem Kommentar wurde erwähnt, dass das Christentum die Tendenz habe, Wohlstand hervorzubringen. Stimmt das?

Hier ist nicht der Ort für eine ausgedehnte historische oder soziologische Analyse verschiedener christlicher Gesellschaften. Aber die These scheint mir auf tönernen Füßen zu stehen. Das christliche Mittelalter war nicht unbedingt reich, und in der christlichen Moderne ging der Reichtum mit einer Entchristlichung einher, die man kausal in beide Richtungen deuten kann. Wurde die Gesellschaft reich, insofern sie sich vom wahren Glauben entfernt, oder entfernte sie sich vom wahren Glauben, insofern sie reich wurde? In jedem Fall führt die Befolgung christlicher Gebote zu einer Gesellschaft, in der es weniger Unruhe und Unfrieden gibt, und dies begünstigt natürlich auch die Wirtschaft. Es ist also nicht aus der Luft gegriffen, diesen Zusammenhang zu postulieren. Wenn man sich an Max Webers These hält, dass der moderne Kapitalismus seine Wurzeln im Calvinismus habe, und man erkennt, dass die ersten großen Industrienationen allesamt protestantisch waren (England, USA, Preußen) oder sich einem radikalen Laizismus als eine Art Staatsreligion zugewandt hatten (Frankreich), während Spanien, Italien, Portugal und andere katholische Staaten ökonomisch zunächst nicht mithalten konnten, drängt sich der Verdacht auf, dass besonders der Protestantismus sehr gut mit Reichtum zusammengeht, während ein unangepasster Katholizismus zu sehr auf jenseitige Dinge konzentriert ist, um es zu großem Reichtum zu bringen. Doch hier wäre, wie gesagt, historische und soziologische Untersuchung erforderlich, die über den Kontext eines Blogartikels hinausgeht.

Martin Mosebach bemerkte, dass heute die wohlsituierten Bürgerlichen eher christlich seien als die „Unterschicht“, während die Armen früher besonders fromm waren. Woran könnte das liegen?

Alle materiellen Dinge sind für sich betrachtet moralisch neutral. Geld ist weder gut noch böse. Aber allen weltlichen Dingen wohnt die Gefahr inne, dass man sich zu sehr auf sie konzentriert und dabei das Wesentliche vergisst. Doch Armut bringt seine eigenen Leiden mit sich, wobei man ganz fein unterscheiden muss zwischen dem, was in der westeuropäischen politischen Diskussion „Armut“ genannt wird, und tatsächlicher absoluter Armut, wie sie in anderen Teilen der Welt existiert. Was wir hier „Armut“ nennen, ist in Wahrheit historisch gesehen schon Reichtum. Der ärmste Deutsche ist nach globalem Maßstab überdurchschnittlich reich. Hier haben wir nur „relative Armut“, also Armut in Bezug auf den lokalen Lebensstandard. Es ist ganz wichtig, diese beiden Arten von Armut zu unterscheiden.

Wer absolut arm ist, vielleicht gerade genug zu essen und zu trinken hat, oder nicht einmal das, besitzt praktisch keine materiellen Dinge, die ein Verbleiben im bloß Diesseitigen attraktiv machen könnten. Eine große Quelle der Versuchung ist hier fast völlig ausgetrocknet.

Wer hingegen nur verglichen mit dem Wohlstandsniveau in Deutschland in „relativer Armut“ lebt, ist immer noch reich genug, um sich so viele materielle Dinge leisten zu können, dass die reine Diesseitigkeit immer noch eine sehr große Versuchung darstellt. Fast alle Angehörigen der sogenannten „Unterschicht“ haben einen Fernseher, die meisten haben Computer und Internet, ein Handy und vieles mehr. Sie sind global gesehen gar nicht arm, sondern vielmehr überdurchschnittlich reich. Sie sind mit mehr materiellem „Zeug“, mit mehr Ablenkungen vom Wesentlichen, ausgestattet, als diejenigen, auf die Jesus sich bezog, als er vom Kamel und vom Nadelöhr sprach. Alle Gefahren, die mit Reichtum verbunden sind, treffen auch die „relativ Armen“. Und es kommt noch eine weitere Gefahr hinzu. Weil sie in einer Oase des Reichtums leben, in dem selbst ihr Wohlstand noch arm wirkt, sind sie einer starken Versuchung ausgesetzt, die reicheren Bürger zu beneiden. Sie sind nicht nur von der bloßen Weltlichkeit und ihrem „Zeug“ bedroht, sondern auch noch vom Neid. Jeden Tag sehen sie „die Reichen“. Der absolut arme Bauer weiß vielleicht auch, dass es solche Reiche gibt, aber sie leben nicht in seinem Dorf, er nimmt sie nicht täglich wahr, sie sind nicht überall um ihn herum.

Für die heutigen Armen in Deutschland kommen also zwei große Gefahren zusammen. Es ist schon schwer, Jesus auf dem Weg zum Kreuz zu folgen, wenn man so viele materielle Dinge hat, durch die man sich ablenken lassen kann. Es ist auch schwer, dies zu tun, wenn man ständig der Versuchung zum Neid ausgesetzt ist. Doch beides zusammen macht die Aufgabe noch weitaus schwieriger.

Es ist das große Verdienst des modernen Wohlfahrtsstaates, eine Gesellschaft zu schaffen, in der objektiv gesehen die Reichen die Superreichen um ihren Reichtum beneiden. In einer solchen Gesellschaft sind die Armen und die Reichen gleichermaßen fähig, über ihrem materiellen Wohlstand das Wesentliche zu vergessen; die Armen sind zusätzlich neidisch. Es verwundert nicht, dass eine solche „relative“ Armut keine Stütze für den christlichen Glauben mehr ist.

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Es blieben noch viele interessante Fragen zu stellen, was aber auf einen späteren Artikel verschoben sei, wenn ich dazu gekommen bin, über weitere Aspekte dieser Thematik nachzudenken.

Ein paar Worte zum Islam…

… anlässlich der aus vielerlei Richtung kritisierten Koran-Verteilungsaktion.

25 Millionen Exemplare des Korans sollen also verteilt werden. Die Piusbruderschaft, mit ihrem vielgescholtenen Verständnis vom Christlichen Staat, verurteilt dies natürlich auf genau dieser Basis, und steht mit ihrer Argumentation auf sicherem Boden. Man muss ihre Prämissen nicht teilen. Aber die massenhafte Verteilung des Korans, aus Sicht der Bruderschaft das Buch einer falschen Religion, ist aus dieser Perspektive heraus in jedem Fall verwerflich.

Doch nicht nur die Piusbrüder und andere Traditionalisten regen sich über die Aktion auf. Kritik kommt auch von Anhängern diverser Versionen der Religionsfreiheit. Vertreter von CSU und SPD haben sich kritisch dazu geäußert. Ebenso auch Stimmen aus dem Umfeld der deutschen Bischofskonferenz. Dies kommt natürlich nicht unerwartet, doch gibt es eigentlich rationale Gründe für dieses Verhalten? Unter der Annahme der Religionsfreiheit müssten alle Religionen tun und lassen können, was sie wollen, solange sie sich an die weltanschaulich neutral formulierten Gesetze halten. Wenn in einem „religiös neutralen“ Staat das Verteilen von Bibeln erlaubt ist, muss auch das Verteilen des Korans erlaubt sein. Warum dann auf einmal die Kritik? Warum der Ruf nach „Überwachung“ der Aktion? Selbst wenn man sich an den Initiatoren der Aktion, den als radikal geltenden Salafisten, hochzieht – der Koran ist der Koran, egal wer ihn verteilt, und kann doch eigentlich für einen religiös neutralen Staat nicht mehr und nicht weniger gefährlich sein als die Bibel, oder?

In unserem „religiös neutralen“ Staat dürfte es diese Debatte gar nicht geben. Es sei denn man ist der Meinung, dass religiöse Aussagen generell – dann aber alle religiösen Aussagen gleichermaßen – der staatlichen Zensur bedürfen. In diesem Falle wäre auch das Verteilen von Bibeln zu untersagen oder zu überwachen. Darauf wird es in Zukunft auch hinauslaufen, sobald die Christen es schaffen, mal wieder etwas zu missionieren, statt nur im ermatteten Siechtum zu verharren.

Dass sich manche sonst immer auf Religionsfreiheit pochenden gesellschaftlichen Kräfte auf einmal gegen die Verteilung des Korans wehren, liegt nicht an der Natur des Korans – denn die darf ja unter der Annahme religiöser Neutralität keine Rolle spielen – sondern in der Natur des religiösen Glaubens allgemein. Der Islam ist gefährlich für den deutschen Staat. Nicht aufgrund irgendeiner besonderen dem Islam innewohnenden Eigenschaft, sondern einfach, weil seine Anhänger tatsächlich daran glauben.

Die Moslems glauben an ihren Gott und ihre Heilige Schrift, und deswegen stellen sie für den modernen Westen eine Bedrohung dar.

Die traditionellen Katholiken und konservativen Protestanten glauben an ihren Gott und ihre Heilige Schrift, und deswegen stellen sie für den modernen Westen eine Bedrohung dar.

Die orthodoxen Juden glauben an ihren Gott und ihre Heilige Schrift, und deswegen stellen sie für den modernen Westen eine Bedrohung dar.

Doch die Bedrohung durch gläubige Juden und Christen ist gering, weil ihre Anzahl winzig ist. Die bei weitem größte Gruppe von tatsächlich gläubigen Menschen stellt in Deutschland der Islam.

Das Problem der säkularen, liberalen Islamkritiker ist nicht speziell der Islam, sondern der Wahrheitsanspruch einer außerstaatlichen Instanz, die den Menschen an etwas bindet, das über dem Staat steht. Der religiös neutrale Staat kann alles tolerieren, nur keine Religion, die wirklich geglaubt wird. Solange die Menschen friedlich zur Kirche gehen und dort eine entschärfte, „moderne“ Version ihrer Religion vorgesetzt bekommen, stellen sie keine Gefahr für den Staat dar. Das wäre auch für eine „modernisierte, verwestlichte“ Moschee nicht anders. Eine solche Religion, ein solcher „Gott“ ist keine Konkurrenz.

Aber wenn die Menschen tatsächlich glauben und ihre Religion tatsächlich für wahr halten, dann steht die Religion über dem Staat und die Loyalität der Gläubigen gilt in erster Linie der Wahrheit, und eben nicht dem „toleranten“, „modernen“ Staat.

Der Islam ist heute das beste Beispiel für diesen Effekt. In Westeuropa ist er auf dem Vormarsch. Er wird von einigen wenigen Konservativen und Traditionalisten aus ehrenwerten, durchaus zutreffenden theologischen Gründen angegriffen. Meist ist Islamkritik jedoch Lob für die „Errungenschaften der modernen Gesellschaft“, darunter besonders Feminismus, religiöser Indifferentismus, Individualismus, Atheismus und Säkularisierung. Diese sollen gegen den Islam verteidigt werden. Für viele Islamkritiker ist das die westliche Kultur, die sie schützen wollen. Und so ist es. Das ist heute die reale „westliche Kultur“.

Man müsste diese „westliche Kultur“ allerdings auch gegen das Christentum verteidigen.

Wenn dieses nicht weithin in Ehrfurcht vor den Götzen der Moderne zur Salzsäule erstarrt wäre.

Trittsteine des Glaubens (Teil 3)

Dies ist der dritte Teil der kürzlich angekündigten Serie. Ich werde vorläufig zehn Bücher kurz vorstellen (und dadurch natürlich auch empfehlen), die mir bei meinem Weg vom Atheismus bis zum katholischen Glauben der Päpste und des Lehramts geholfen haben. Die Reihenfolge ist teilweise chronologisch nach dem Zeitpunkt, an dem ich auf die Bücher gestoßen bin, doch im Grunde eher willkürlich. Natürlich sind Einschätzungen und Auswahl subjektiv gefärbt.

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7. C.S. Lewis – The Great Divorce

Ein weiteres Buch von C.S. Lewis, wiederum im Dunstkreis von Himmel und Hölle. Es handelt von einem „Reisenden“, der aus einer schrecklichen, tristen Stadt auf einen Tagesausflug in eine idyllisch wirkende, lichte, doch bei näherer Betrachtung scheinbar unbewohnbare Landschaft geht. Es stellt sich heraus, dass jeder Reisende eingeladen ist, doch einfach zu bleiben, doch fast alle entscheiden sich dagegen. In einer Reihe von Gesprächen erfährt der Protagonist immer mehr über diese Landschaft, findet heraus, dass er sozusagen in der Scheidewand zwischen Himmel und Hölle steht, dass die Menschen in der tristen Stadt die Verdammten sind, die sich trotz ständiger Einladung weigern, die Reise in den Himmel zu unternehmen und dort zu bleiben. Das ganze Werk ist ein großes Gleichnis für das menschliche Leben auf Erden, das immer entweder auf dem Weg in den Himmel zur ewigen Schau des Angesichts Gottes, oder auf dem Weg in die Verdammnis sind. Es ist ein ungemein erhellendes Werk für einen ehrlichen Suchenden, der sich mit den Problemen befasst, die das christliche Weltbild aufwirft.

8. G.K. Chesterton – Orthodoxy

Wenn Mere Christianity das erste Buch war, das mich vermuten ließ, das Christentum können wirklich wahr sein, so war Orthodoxy, etwa zwei Jahre später erstmals von mir entdeckt, das erste Buch, das mich vom christlichen Glauben überzeugt hat. Chestertons unnachahmlicher Stil (Übersetzungen kenne ich keine, halte sie auch kaum für möglich, da dabei dieser Stil verloren geht) vermittelt nicht nur anschaulich die Wahrheit des christlichen Glaubens in groben Zügen, sondern weckt auch einen Enthusiasmus für ihn. Orthodoxy ist eines von den Büchern, die man immer wieder liest, weil sie einfach immer wieder faszinierend sind. Ein weiteres Meisterwek des 20. Jahrhunderts.

9. G.K. Chesterton – The Everlasting Man

Ein weiteres Buch von Chesterton, in dem er auf seine besondere Weise zwei Brüchen in der Geschichte der Welt nachgeht: Dem Sprung vom Tier zum Menschen und den Sprung vom Menschen zu Christus. Es geht Chesterton darum, dass der Mensch, wie auch immer es mit der Evolution seiner biologischen Anteile, d.h. seines Körpers, stehen mag, sich fundamental vom Tier unterscheidet, und zwar in einer Weise, die weder langsam durch evolutionäre Veränderungen noch irgendwie anders rein natürlich zu erklären ist. Und im zweiten Teil will er zeigen, dass der Mensch namens Jesus ebenfalls nicht als Mensch, nicht einmal als besonders guter Mensch, zu verstehen ist. Seine These: Wenn wir annehmen, dass der Mensch bloß ein weiteres Tier ist, gelangen wir zu völlig verrückten Schlussfolgerungen, die weniger wahrscheinlich sind, als wenn wir eine übernatürliche Erklärung annehmen. Und ebenso verfährt er mit Jesus: Nehmen wir ihn bloß als Menschen, verstricken wir uns in absolut unglaubliche Vorstellungen, die, wenn wir sie durchdenken, darin resultieren, dass die Hypothese „Jesus ist bloß Mensch“ nicht ausreichend ist. Im letzten Kapitel deutet er ein ähnliches Verfahren noch für die Institution Kirche an, die eigentlich, nach menschlichem Ermessen, schon längst hätte untergehen müssen, aber irgendwie immer wieder auflebt, wenn man sie schon für tot erklären möchte. The Everlasting Man ist Chestertons zweites großes „theologisches“ Meisterwerk und kann gar nicht genug empfohlen werden.

10. Mark Shea – By What Authority?

Mark Shea, ein katholischer Blogger und Konvertit aus den Vereinigten Staaten, hat neben unzähligen witzigen, allgemeinverständlichen und doch sehr informativen apologetischen Artikeln zum christlichen und katholischen Glauben und viele andere Themen, auch ein Buch über die Frage nach der Autorität der Kirche geschrieben. Wenn ich einem ernsthaften, gläubigen Protestanten ein einziges Buch empfehlen sollte, dann wäre es dieses. Shea, selbst ein ehemaliger (evangelikaler) Protestant, war immer fest von „sola scriptura“ überzeugt und hielt den Papst und das katholische Lehramt für überflüssige, nachträgliche Hinzufügungen zum reinen christlichen Glauben. Als er jedoch den ernsthaften Versuch unternahm, seinen Glauben gegen die Anwürfe von Nichtgläubigen, entmythologisierenden Theologen und radikalen historisch-kritischen Bibelfledderern zu verteidigen, geriet er ins Zweifeln. Denn seine Argumente basierten alle auf der Bibel, doch woher stammt die Bibel? Über die Frage nach dem Kanon des Neuen Testaments gelangt er zu der Einsicht, dass er sie einzig der bindenden Festlegung der Kirche verdankt, dass also die Bibel auf dem unfehlbaren Lehramt der Kirche beruht, und also ohne dieses Lehramt kein sicheres Fundament des christlichen Glaubens zu bieten vermag. Doch wenn man das Lehramt der Kirche annimmt, muss man auch das annehmen, was es lehrt. Und also, nach langem Zögern und Zaudern, gelangt Shea zur katholischen Kirche.

Als ich dieses Buch erstmals las, war ich fest vom Christentum überzeugt, doch welcher Kirche sollte ich beitreten? Ich war als Kind evangelisch getauft worden, und daher lag der Protestantismus nahe. Dieses Buch präsentiert schlüssige Argumente, warum der Protestantismus nicht wahr sein kann.

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Hiermit endet meine kurze Vorstellung von zehn Büchern, die mir auf dem Weg zum katholischen Glauben geholfen haben. Natürlich könnte ich noch mindestens zehn bis zwanzig weitere (wahrscheinlich noch mehr) erwähnen, und selbstverständlich sind Bibel, Katechismus und lehramtliche Dokumente sehr wichtig für mich geworden, nachdem ich einmal den christlichen Glauben akzeptiert hatte. Ich hoffe, dass diese Empfehlungen hilfreich sind. Wenn ich Zeit habe, wird noch ein Teil über Internetseiten folgen.

Trittsteine des Glaubens (Teil 2)

Dies ist der zweite Teil der kürzlich angekündigten Serie. Ich werde vorläufig zehn Bücher kurz vorstellen (und dadurch natürlich auch empfehlen), die mir bei meinem Weg vom Atheismus bis zum katholischen Glauben der Päpste und des Lehramts geholfen haben. Die Reihenfolge ist teilweise chronologisch nach dem Zeitpunkt, an dem ich auf die Bücher gestoßen bin, doch im Grunde eher willkürlich. Natürlich sind Einschätzungen und Auswahl subjektiv gefärbt.

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3. C.S. Lewis – The Abolition of Man (dt. Die Abschaffung des Menschen)

C.S. Lewis wird den meisten Lesern ein Begriff sein. Die drei Vorlesungen, die in diesem Buch gesammelt sind, stellen zusammen ein absolutes Meisterwerk des 20. Jahrhunderts dar. Lewis geht von einem ganz unschuldigen Beispiel in einem britischen Schulbuch seiner Zeit aus, und analysiert von daher das Grundübel der heutigen Philosophie heraus. Es geht generell um die Ablehnung objektiver, bindender, absoluter moralischer Wahrheiten (Lewis nennt sie das „Tao“). Er zeigt in einem Anhang auf, dass sich die moralischen Vorstellungen der menschlichen Hochkulturen aller Teile der Welt kaum voneinander unterscheiden, und ihnen ein wirkliches gemeinsames Gesetz zugrunde liegt. Dass das „Tao“ in der Praxis nicht befolgt wird, ist eine Binsenweisheit. Doch dass es auch theoretisch geleugnet wird, nicht nur von einigen wirren Philosophen, sondern auf breiter Front, ist eine Innovation der Moderne. Wohin es führt, wenn man das „Tao“, oder auch nur ein Teil desselben, einfach ignoriert oder nach seinem eigenen Willen zu verändern versucht, zeigt Lewis ebenfalls. Alles in allem wiederum kein explizit christliches Buch, aber eine sehr hilfreiche Vorbereitung auf das Christentum. Als ich es erstmals las, war ich bereits zu dem Schluss gelangt, dass das Christentum wahrscheinlich der Wahrheit entsprach, und dieses Buch bestärkte mich darin.

4. C.S. Lewis – Mere Christianity (dt. Pardon, ich bin Christ)

Endlich einmal ein Buch, das nicht nur von einem Christen geschrieben ist, sondern das auch noch vom Christentum handelt. (Der Titel der deutschen Übersetzung ist vollkommen missraten, und die Qualität der Übersetzung, die ich inzwischen teilweise gelesen habe, lässt auch eher zu wünschen übrig. Es empfiehlt sich die Lektüre des Originals.) Für mich ist dies in etwa das wichtigste Buch, das ich je gelesen habe. Als ich etwa im Jahr 2007 durch verschiedene Überlegungen und Erfahrungen mit dem atheistischen Denken, gleich ob von „links“ oder von „rechts“, mit allen möglichen Ideologien unzufrieden war, und sehr viele moralische Ideen des Christentums als nützlich und plausibel ansah, stieß ich durch Zufall auf einer englischen Internetseite, auf der eine protestantische Version des Christentums vertreten wurde, auf einen Link zum Text dieses Buchs. Ich begann zu lesen und als es am nächsten Morgen hell wurde, hatte ich das Buch durch. Lewis stellt den christlichen Glauben nicht vollständig dar, und er vermag auch nicht alle Fragen zu beantworten, aber was er darstellt, eine Art sachlich und rational begründetes Grundgerüst christlicher Glaubensinhalte, ist sehr überzeugend. Nach der Lektüre dieses Buchs stelle ich mir zum ersten Mal in meinem Leben die Frage, ob diese Geschichte wirklich wahr sein könnte. Nicht nur schön oder nützlich, sondern den Tatsachen entsprechend.

Es beantwortete diese Frage nicht, aber es machte mich zu einem echten Suchenden, zu jemandem, der wirklich wissen wollte, ob das Christentum wahr oder falsch war. Ich kann es gar nicht genug empfehlen.

5. C.S. Lewis – The Problem of Pain

Eines der größten Probleme, mit denen sich christliche Denker immer beschäftigt haben, ist das Problem des Bösen. Christen behaupten, Gott sei gut und allmächtig. Es gibt aber Böses in der Welt. Entweder Gott ist allmächtig, dann kann er nicht gut sein, weil er Böses zulässt, oder Gott ist gut, dann aber nicht allmächtig, wiederum weil er Böses zulässt. Für viele Atheisten und Zweifler ist dies ein sehr großes Problem. Auch ich rang mit dieser Frage, als ich erstmals ernsthaft überlegte, ob das Christentum wahr sein könnte. In diesem Buch findet sich die beste zusammenfassende und doch relativ allgemeinverständliche Darstellung zu dem Thema, die ich kenne. Lewis begründet überzeugend, warum Gott das Böse zulässt, obwohl er gut und allmächtig ist, und begründet auch, warum wir manchmal nicht verstehen können, warum Gott dieses oder jenes Übel nicht verhindert. Ein weiteres sehr bedeutendes Buch für jeden Suchenden.

6. C.S. Lewis – The Screwtape Letters

Wo wir gerade bei Lewis sind, nenne ich noch eine weitere Schrift. Screwtape, ein Teufel in der mittleren Verwaltung der Höllenhierarchie, schreibt Briefe an einen jungen Verführer, dessen Aufgabe darin besteht, die Seele eines ganz normalen Briten in die Hölle zu führen. Diese Ausgangslage dient als Hintergrund für ein sehr informatives und unterhaltsames Gedankenspiel, das aus der verkehrten Perspektive resultiert. Was Screwtape lobt, sollte der Mensch meiden, und was er kritisiert, kann so schlecht nicht sein. Die in dem Werk hervortretende Weltsicht ist die eines ewigen geistlichen Kampfes zwischen Gott und dem Teufel um die Seelen der Menschen, in dem der Teufel den Menschen zu seinem eigenen Nutzen verführt, ihn belügt und betrügt. Als ich dieses Buch las, war ich noch kein überzeugter Christ, aber dieses Weltbild schien mir äußerst plausibel, weil es eine große Menge alltäglicher Erfahrungstatsachen zu erklären vermag. Aufgrund der satirischen „Verpackung“ wirkt es auch nicht abstoßend, sondern eher unterhaltsam, auf Leser, die die religiösen Prämissen des Buches nicht teilen, was es fast schon zu einem katechetischen Werkzeug machen könnte, wenn man es richtig zu gebrauchen versteht.

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Soweit der zweite Teil dieser kleinen Empfehlungsreihe.

Trittsteine des Glaubens (Teil 1)

Dies ist der erste Teil der kürzlich angekündigten Serie. Ich werde vorläufig zehn Bücher kurz vorstellen (und dadurch natürlich auch empfehlen), die mir bei meinem Weg vom Atheismus bis zum katholischen Glauben der Päpste und des Lehramts geholfen haben. Die Reihenfolge ist teilweise chronologisch nach dem Zeitpunkt, an dem ich auf die Bücher gestoßen bin, doch im Grunde eher willkürlich. Natürlich sind Einschätzungen und Auswahl subjektiv gefärbt.

Später wird dann noch ein Teil über Internetseiten folgen, doch schon die zehn Bücher machen drei Artikel aus, von denen hier der erste folgt:

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1. J.R.R. Tolkien – The Lord of the Rings (dt.: Der Herr der Ringe)

Was soll dieses Buch auf einer Liste hilfreicher Bücher auf dem Weg zum christlichen Glauben? Tolkien selbst war so tief durchdrungen von seinem christlichen und katholischen Glauben, dass sich diese Durchdrungenheit auf alle seine Werke, und besonders auf dieses Monumentalwerk erstreckt hat. Das Buch selbst kommt zwar nicht christlich daher, und das Christentum taucht gar nicht auf, doch an jeder Ecke begegnet dem aufmerksamen Leser eine zutiefst christliche Sicht von Konzepten wie Hoffnung, Vertrauen, der Welt und der Geschichte als bedeutsame Erzählung oder „Abenteuer“, ein sehr christliches Verständnis von Heldentum (Opfer für den Anderen) und vieles mehr. Dies, verbunden mit der hervorragenden literarischen Umsetzung, macht das Buch zu einer Art intuitiver Einführung in das Christentum: Es vermittelt keine Dogmen und es predigt nicht, aber es vermittelt eine stark christlich geprägte Lebenseinstellung.

Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass ich durch die Lektüre dieses Buches erstmals bemerkt habe, dass dem Leben eines Atheisten, das ich bisher geführt hatte, etwas ganz Fundamentales fehlte. Denn die erwähnten literarisch verarbeiteten Konzepte, auf denen die ganze Anziehungskraft eines solchen Werkes basiert, ergeben im Rahmen einer atheistischen, materialistischen Weltsicht einfach keinen Sinn. Weil es für mich persönlich auf dem Weg sehr wichtig war, und es die erwähnten Qualitäten besitzt, kommt es hier in die Liste, obgleich es kein „christliches“ Buch ist. Aber wir brauchen auch nicht „christliche Bücher“ (Bücher über das Christentum), sondern „christliche Autoren“ (Bücher von Christen über alles mögliche, in denen die spezifisch christliche Weltsicht ganz selbstverständlich, geradezu beiläufig, vermittelt wird).

2. Theodore Dalrymple (Pseudonym) – Our Culture, What’s Left of It

Ein weiteres nicht-christliches Buch, diesmal sogar von einem nicht-christlichen (agnostischen) Autor, der jedoch, ohne es selbst so recht zu merken, den Boden für das Christentum bereitet. Er schreibt gar nicht über Religion, und nicht einmal direkt über Moral, sondern über den Verfall der westlichen Kultur, über Verrohung der Sitten und Gleichgültigkeit gegenüber Werten aller Art. Als weitgereister, kultivierter, belesener Mann, der viele Jahre lang in England als Gefängnisarzt in einem „Problemviertel“ gearbeitet hat, verfügt er über einen reichen Erfahrungsschatz, aus dem er für seine Einsichten schöpft. In einer großen Zahl kleinerer Aufsätze beschreibt er die Probleme unserer Zeit und die irregeleiteten Versuche, sie durch staatliche Eingriffe und Vorschriften zu lösen. Für Dalrymple ist der Wohlfahrtsstaat an vielem schuld und gehört weitgehend abgeschafft. Doch er erkennt, anders als viele andere Gegner sozialdemokratischer Ansichten, dass die Lösung nicht einfach in „mehr Markt und weniger Staat“ liegt, weil auch eine reine Marktwirtschaft noch immer mit den Herzen der Menschen zu tun hätte, die eben nicht gut und rein sind. Dalrymple kennt das Konzept der „Erbsünde“, obgleich er es als Ungläubiger ablehnt. Er spricht von der „allegorischen Wahrheit“ der „Doktrin der Erbsünde“, nämlich dass das Böse immer im Herzen der Menschen wohnt. Für ihn gibt es keine Lösung, er verkündet keine frohe, sondern eher eine bittere Botschaft und ruft durchweg zur Verteidigung der westlichen Kultur auf, die er als Bollwerk gegen die Barbarei sieht, das von Barbaren nicht bloß vor den Toren, sondern besonders im Innern der Festung bedroht sieht.

Die Lektüre dieses Buches hat mich persönlich davon überzeugt, dass das Böse tatsächlich praktische Realität ist, die weder durch staatliche, noch durch marktliche Reformen oder irgendeinen „Fortschritt“ jemals beseitigt werden kann (bzw. diese Einsicht gestärkt). Ferner kann man zu der Erkenntnis gelangen, dass die westliche Kultur, die nun einmal unausweichlich auch eine christliche Kultur ist, unbedingt bewahrenswert ist. Es ist daher ein unbewusster Beitrag eines Agnostikers, durch den dem Evangelium der Weg bereitet wird, denn das Evangelium ergibt keinen Sinn, wenn man nicht vorher die verzweifelte Lage erkannt hat, in der die Menschen sich durch ihre Sünden begeben haben.

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Soweit der erste Teil dieser Empfehlungsreihe.

Freiheit oder Sozialismus?

Die Ausspruch der Grünenpolitikerin Claudia Roth, zu dem ich hier bereits geschrieben habe, hat auch auf anderen Blogs Resonanz und Diskussion gefunden. In einer dieser Diskussionen wurde die recht grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob und inwiefern Demokratie überhaupt etwas Gutes sei, oder ob ihre Auswirkungen nicht auch sehr negativ interpretiert werden könnten.

Es ist wichtig, hierbei einige Unterscheidungen zu treffen, die bei einer flüchtigen Debatte nur allzu gern unberücksichtigt bleiben, um die Teilnehmer wechselnd als „Faschisten“, „Totalitaristen“, „Reaktionäre“, „Monarchisten“, „Demokratisten“ usw. zu bezeichnen, oder eigentlich eher zu beschimpfen. Wir müssen erst einmal klären, was wir mit dem Wort „Demokratie“ überhaupt meinen. Grob gesagt lassen sich mindestens drei verschiedene Bedeutungen unterscheiden.

1. Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes und besteht darin, dass das Volk entweder direkt oder durch seine gewählten Vertreter die der politischen Sphäre zugehörigen Entscheidungen trifft. In diesem Sinn ist Demokratie einfach eine von vielen Möglichkeiten, zu solchen politischen Entscheidungen zu kommen, und ebenso legitim wie andere Formen der Entscheidungsfindung, etwa durch einen König, oder eine ungewählte Ratsversammlung. Schon Aristoteles und Platon wussten aber, dass eine so verstandene Demokratie dazu tendiert, unweise, von der Leidenschaft der Massen beeinflusste Entscheidungen zu treffen, die nur selten mit dem tatsächlichen Gemeinwohl übereinstimmen. Direkte Demokratien tendieren zusätzlich noch zur Instabilität, repräsentative Demokratien sind generell etwas stabiler, und haben durch die Wahl von Repräsentanten auch eine weitere Sicherung gegen die Ochlokratie. Demokratien dieser Art möchte ich Demokratien im eigentlichen Sinne oder einfach nur Demokratien nennen.

2. Demokratie bedeutet eine Herrschaft des Volkes im obigen Sinne, bei der das Volk jedoch durch eine sorgfältig formulierte (und selbst nicht wieder vom Volk veränderbare) Verfassung in der Ausübung seiner Macht begrenzt ist, indem legislative, exekutive und judikative Gewalt getrennt und auf unterschiedlichen Wegen legitimiert werden, um die vorhandene Macht auf möglichst viele Teilnehmer zu verteilen, und dadurch die Gefahr der Regierung durch Leidenschaften zu vermeiden. Zudem stellt eine so verstandene Demokratie durch die Verfassung bestimmte Grundrechte für ihre Bürger fest, durch die der Bürger vor dem Zugriff durch das Kollektiv / den Staat geschützt werden soll. Und schließlich wird die Machtbefugnis des so begründeten demokratischen Staates auf eine streng begrenzte Kompetenzsphäre beschränkt, so dass totalitäre Gesamtzugriffe auf das Volk, auf Minderheiten usw. nicht möglich sind. Eine Demokratie in diesem Sinne nenne ich in Anlehnung an die amerikanischen Gründerväter eine „Republik“.

3. Demokratie kann aber auch noch in einem dritten Sinn verstanden werden, nämlich dass das Volk als Ganzes, als Kollektiv, alle Entscheidungen selbst trifft. Dann stünde Demokratie nicht mehr im Gegensatz zur Monarchie, sondern im Gegensatz zur individuellen Freiheit – Herrschaft des Volkes, soweit es als Kollektiv Volk ist, gegen Herrschaft des Einzelnen. Die eigentliche Macht liegt beim Kollektiv, nicht beim Individuum oder irgendeiner kleineren Gruppe innerhalb des Volkes (wie Familie, Kirche, Unternehmen…) Diese Form der Demokratie ist generell unverträglich mit Beschränkungen der Macht des Kollektivs, weil das Kollektiv diese jederzeit zurücknehmen würde. Es handelt sich um die „totale Demokratie“, um eine radikale, ideologische Übersteigerung der Demokratie im eigentlichen Sinne. Eine solche Demokratie könnte man treffend Kollektivismus nennen, entspricht aber auch dem Demokratieverständnis der Sozialisten und Kommunisten.

Die Demokratie im eigentlichen Sinn ist moralisch neutral – ihre Bewertung hängt von den Ergebnissen, den Resultaten ab. Macht eine solche Demokratie gute Politik, ist sie gut, macht sie schlechte Politik, ist sie schlecht. Meist machen Demokratien dieses Typs aufgrund der erwähnten Probleme jedoch schlechte Politik, bringen Instabilität, Chaos und Korruption hervor, und führen entweder zum Sturz der Demokratie, oder zu ihrer faktischem Umwandlung zur Ochlokratie.

Die Republik vermeidet die Schwierigkeiten der Demokratie und ist generell sehr stabil. Machtwechsel finden durch Wahlen statt, aber es gibt auch nicht aus dem Volk stammende Legitimationen, wie etwa die Verfassung, die generell sogar über dem Willen des Volkes steht. Das Volk wird an einer totalen Herrschaft gehindert. Das beste Beispiel für eine Republik waren die frühen USA, jedoch zeigt die Geschichte auch hier, dass die Republik auf lange Sicht zu einer Demokratie im eigentlichen Sinn wird, weil Verfassungen letztlich nur Worte auf Papier sind, und Papier geduldig ist. Der Damm gegen die ochlokratischen Leidenschaften kann nicht dauerhaft halten. Somit ist die Republik, so positiv sie auch sonst zu bewerten ist, nicht ohne Schwierigkeiten und auch keine endgültige Staatsform für die Ewigkeit, wie manche zu glauben scheinen.

Der Kollektivismus oder Sozialismus ist als Staatsform vollkommen ungeeignet, weil er unfähig ist, individuelle Freiheiten und die Rechte gewachsener vermittelnder Körperschaften wie Familie, Privatunternehmen und alle anderen freiwilligen Zusammenschlüsse und ganz besonders der Kirche zu respektieren. Alle Macht geht vom Volke aus. Und zwar vom Volk als Volk, als Kollektiv. Dies ist das Demokratieverständnis einer Person, die sich zu der Aussage versteigt, es dürfe keine demokratiefreien Räume geben, wie Frau Roth dies gegenüber Bischof Zdarsa im speziellen und gegen die Kirche im allgemeinen getan hat. Wo immer noch etwas ist, das nicht nach dem Willen des Kollektivs, vertreten durch seine intellektuelle Avantgarde, geregelt und geordnet ist, kann der Kollektivist nicht ruhen, er muss kämpfen, unterwandern, zerstören, bis alles eine Wüste gleich großer, staatlich zertifizierter Käfige für alle ist.

In diesem kollektivistischen Sinn ist die Demokratie sogar der Inbegriff des Totalitarismus. Totalitarismus bedeutet totale Staatsherrschaft und ist daher durchaus kein Sondermerkmal der „rechten“ Nationalsozialisten. Das Wörtchen „Sozialisten“ ist übrigens auch hier verräterisch, denn es sagt aus, wofür diese Bewegung hinsichtlich der Demokratie stand. Für ein kollektivistisches System, in dem das Volk, vertreten durch seinen per Akklamation bestätigten Führer, alles regulierte und alles gleichschaltete. Dass ein solches System meist zu schrecklichen Verbrechen wie dem Holocaust, oder auf der anderen Seite des politischen Spektrums zu den Massenmorden Stalins und Maos führt, ist bekannt. Doch selbst wenn solche Mordtaten in dem einen oder anderen totalitaristischen System ausbleiben, ändert dies nichts an der fundamentalen Verwerflichkeit dieses Systems.

Die Soziallehre der Kirche hat immer daran festgehalten, dass die Freiheit der vermittelnden Gemeinschaften, besonders der Kirche, und direkt danach der Familie, aber auch die Freiheit von Eigentümern und Unternehmern, ganz wichtig für eine gerechte Ordnung der staatlichen Gemeinschaft ist. Diese Ordnung war in der Vergangenheit in christlichen Staaten meist monarchistisch, wobei das Wort irreführend ist, denn es herrscht im Staate zwar nur einer, aber dieser eine muss sich trotzdem mit einem oft widerspenstigen Adel auseinandersetzen, und seine Machtmittel waren historisch gesehen meist so gering, dass er wenig bewirken konnte. Ein Totalitarismus ist das jedenfalls nicht.

Doch auch wenn in der Vergangenheit meist monarchisch regiert wurde, ist eine demokratische Staatsform jederzeit legitim und akzeptabel, solange es sich um eine Republik im oben definierten Sinne handelt. Auch eine eigentliche Demokratie wäre akzeptabel, aber aufgrund ihrer Instabilität meist nicht wünschenswert. Grundsätzlich muss die kirchliche Soziallehre aber den Kollektivismus ablehnen, und hat dies immer wieder ausdrücklich getan. Diese Ablehnung ist eine Ablehnung aus Prinzip, eine Ablehnung, die völlig unabhängig von den Umständen ist. Dass das Volk durch Wahlen einige Dinge selbst entscheidet, ist akzeptabel und durchaus sinnvoll. Dass das Volk als Kollektiv alle Macht haben soll, oder doch zumindest alle Macht ohne Beschränkungen von ihm ausgehen soll, ist nicht nur sinnlos, sondern auch inakzeptabel.

Das Problem an Frau Roths Äußerung ist nicht ihr Einsatz für Demokratie, sondern ihr Einsatz für eine kollektivistische oder sozialistische Demokratie, in der das Volk, vertreten durch seine Führer, über alle Macht verfügt, und daher individuelle Personen, kleinere Gebietskörperschaften wie Städte, Landkreise, Bundesstaaten, und gebietslose unabhängige Körperschaften wie Kirche, Familien, Privatunternehmen, letztlich auch Gewerkschaften, vollkommen entmachtet und unter die Knute des Kollektivs gezwungen werden. Eine solche Demokratie ist nicht nur antichristlich, antikatholisch und antikirchlich, sondern auch noch antiliberal und antifreiheitlich.

Es lohnt sich daher, einen alten Slogan wieder hervorzukramen. Wir wissen, dass Frau Roth kein Interesse am Wohlergehen der Kirche hat und mit christlichen Argumenten hinsichtlich der monarchischen Führung der Kirche nicht wird überzeugen lassen. Doch sie bekennt sich immer wieder zur Freiheit. Frau Roth muss sich fragen lassen, was sie denn nun will: Freiheit oder Sozialismus.

Weihnachten statt Christus?

Wie aus einem Artikel auf kath.net hervorgeht, bringen nur etwa 40% der Deutschen Weihnachten mit einem gewissen Prediger aus dem Nahen Osten namens Jesus in Verbindung. Dies ist immerhin eine Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr, in dem nur ein Drittel der Deutschen diese Verbindung zu ziehen verstand.

Aber ob nun ein Drittel oder zwei Fünftel – die Deutschen, für die Weihnachten etwas mit Christus zu tun hat, sind ganz klar in der Minderheit. So viel zum Thema „Christliche Kultur“. Dass die derzeitige Mehrheitskultur in diesem Lande nicht einmal christliche Ansätze aufweist, kann jeder täglich für sich feststellen. Und dennoch gibt es so etwas wie einen halsbrecherischen Optimismus unter der christlichen Minderheit, der sich auch in dem Artikel auf kath.net findet, auf den ich oben verwiesen habe. Dabei handelt es sich um eine Form des Optimismus, die in den kleinsten Zufallsschwankungen oder wirtschaftlich bedingten Veränderungen gleich die Trendwende zum Besseren sieht. Dass die Zahl der Deutschen, die Christus und Weihnachten zumindest in Verbindung bringen, leicht angestiegen sei, wird dann zum Anlass genommen, davon zu sprechen, jetzt komme Deutschland zurück zum christlichen Glauben, getrieben durch die Wirtschaftskrise mit ihren charakteristischen Unsicherheiten.

Dieser völlig ungerechtfertigte Optimismus ist jedoch nicht vergleichbar mit der christlichen Hoffnung. Bezieht sich diese immer auf Gott und ist jenseitig, ist jene im Diesseits verhaftet und erwartet Tag für Tag und Jahr für Jahr diese oder jene Trendwende, Verbesserung oder Umkehr von Menschen und für Menschen. Optimismus dieser weltlichen Art ist, im Gegenteil, womöglich sogar ein indirekter Widerspruch zur christlichen Hoffnung, in jedem Fall aber ein direkter Widerspruch zu Logik und gesundem Menschenverstand.

Von „vollen Kirchen zu Weihnachten“ zu sprechen – wie es in dem kath.net-Artikel geschieht, grenzt dabei schon an ein schmerzhaftes Erlebnis im Zusammenhang mit den Lachmuskeln. Ja, die Kirchen sind zu Weihnachten voller als sonst. Doch sind die Kirchen selbst zu Weihnachten heute weniger gut besucht, als vor Beginn der selbstverordneten Modernisierung der Kirche vor etwa einem halben Jahrhundert an jedem durchschnittlichen Sonntag. Da ändert auch die eine oder andere ökonomisch bedingte Schwankung nichts an dem durchweg negativen Trend.

40% der Deutschen bringen Weihnachten mit der Geburt Jesu Christi in Verbindung. Man lasse sich diese Zahl einfach einmal auf der Zunge zergehen. Das sind 60%, die diese Verbindung nicht ziehen – für die Weihnachten also ein reines Fest der Habgier geworden ist, ein Fest des Götzendienstes in den Konsumtempeln der Dekadenz. Die 40% finden sich dann auch vorwiegend in der älteren Generation, wenn man der repräsentativen Umfrage glauben mag, die in dem Artikel zitiert wird. Je jünger, desto heidnischer. Nur ist es dann ein Heidentum, das nicht einmal an die Hochkulturen der Antike heranreicht, und dessen vornehmliche kulturelle Leistung in der Destruktion aller immateriellen Werte auf Kosten des materiellen Wohlstands (zumindest für die Menschen in der westlichen Welt) besteht.

„Frohe Weihnachten“ ist dementsprechend dann auch ein Gruß, der nur noch selten zur Anwendung kommt. Man sagt (und liest beispielsweise auf Weihnachtskarten) immer häufiger ganz neutral „Frohes Fest“. Und warum auch nicht – wenn es doch für die Mehrheit (und die ist ja heute unfehlbar, wie wir alle als gute Demokraten wissen) nur noch eine dekadente Orgie in einer endlosen Reihung dekadenter Orgien ist.

In diese Reihe passt dann auch die in einer anderen Umfrage vor einigen Jahren ermittelte Tatsache, dass nur etwa die Hälfte der Deutschen überhaupt weiß, was denn an Ostern gefeiert wird.

Der moderne Mensch ist ein Barbar, der in Ruinen lebt, deren Zweck er nicht kennt, deren Bedeutung er nicht versteht, und deren fortschreitenden Verfall er hochtrabend als „Fortschritt“ einstuft.

In diesem Sinne allen Lesern eine schöne Adventszeit. Es ist nämlich tatsächlich eine Adventszeit, und keine „Vauforweihnachtszeit“, und es geht um das (erneute) Kommen des Gottessohnes und Erlösers aller Menschen, den wir erwarten, und auf das wir uns vorbereiten sollen. Nicht um die Steigerung des Bruttosozialprodukts durch Akte der Anbetung Mammons.

Christkönigsfest bei den Piusbrüdern

Nachdem ich mich schon seit längerer Zeit mit der Theologie der Tridentinischen Messe beschäftigt hatte, war nun der Entschluss gereift, auch selbst einmal eine solche Messe zu besuchen. Da sich in meiner Gegend keine andere Option bot, und der Vatikan ausdrücklich bestätigt hatte, dass man dort seine Sonntagspflicht erfüllen kann, suchte ich eine Kapelle der Piusbruderschaft auf – mit dem festen Vorsatz, in voller Gemeinschaft mit dem Heiligen Vater zu bleiben.

Ich möchte im Vorhinein betonen, dass die folgenden Zeilen, selbst wenn sie zuweilen ziemlich apodiktisch klingen mögen, nicht mehr sind als meine persönliche theologische Auffassung, die Auffassung eines Laien und Konvertiten, dessen Wissen in vielen einschlägigen Bereichen zu wünschen übrig lässt. Keinesfalls möchte ich ausdrücken, oder auch nur den Anschein erwecken, als ob ich andeuten wollte, dass der Novus Ordo ungültig, eine Erfindung einer Verschwörung von Freimaurern oder etwas anderes dieser Art sei. Wer meine Liebe zur Tridentinischen Messe nicht teilt, ist dadurch weder häretisch noch ein schlechter Katholik (wenn auch, aus meiner Sicht, blind und taub gegenüber liturgischer Angemessenheit – aber das ist eben nur meine Sicht).

In Ehrfurcht und unter Erfüllung der liturgischen Normen gefeiert, kann der NO, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, eine gültige und gar erbauliche – wenn auch z.B. aufgrund des fehlenden Stufengebets leicht protestantisierte – Form der Heiligen Messe sein.

Dennoch kann ich nicht anders, als nach dem Besuch einer Heiligen Messe in der außerordentlichen Form (nach dem alten Kalender ist heute der Christkönigssonntag) die Neue Messe für eine verwässerte, weniger ausdrucksstarke Liturgie zu halten, in der die Opfergesinnung und die katholische Theologie des Messopfers einfach weniger klar zur Geltung kommt.

Woran liegt das? Man könnte nun sicher weitschweifige theologische Erklärungen anstimmen, was ich mir bestimmt nicht werde verkneifen können – dies sei aber auf spätere Artikel verschoben.

In diesem Artikel möchte ich ganz von der theologischen Wissenschaft Abstand nehmen und einfach meine subjektiven Eindrücke schildern.

1. Bereits beim Betreten der Kapelle – die von außen wie eine sehr schlichte Kirche aussah – war die Atmosphäre der Frömmigkeit geradezu körperlich spürbar.

2. Vor Beginn der Messe fand ein Rosenkranzgebet statt, zu dem die Kirche bereits mehr als halbvoll war.

3. Als die Messe begann, war die Kirche nicht ganz voll – allerdings tröpfelten noch eine Weile weitere Gläubige ein, die sich dann – was mich positiv überrascht hat – nicht dazwischen gedrängt haben, sondern sich im hinteren Teil der Kapelle aufhielten, wo es ebenfalls noch eine Sitzbank gab.

4. Alle Gläubigen erwiesen dem Herrn im Tabernakel ihre Ehrfurcht, indem sie eine andächtige Kniebeuge machten, und selbst die Kinder (von denen es allerdings nur eine Handvoll gab) rannten generell nicht wild durch die Kirche, wie ich es sonst gewohnt war, sondern wussten sich halbwegs zu benehmen.

5. Ein negativer Punkt waren die gepolsterten Kniebänke. Aus irgendeinem Grund konnte ich auf ihnen nicht richtig knien – ohne Polsterung wären sie mir lieber gewesen. Da man in der Tridentinischen Messe sehr viel kniet, war das nicht besonders angenehm…. Aber ich sollte wirklich nicht meckern – die anderen Gläubigen schienen dort sehr gut knien zu können und machten davon auch ausgiebigen Gebrauch.

6. Die Form der Messe kannte ich bereits von Videos und aus dem Schott. Doch selbst anwesend zu sein, verlieh ihr natürlich noch einmal eine besondere Würde. Die Messe zu verfolgen war sehr leicht – ich habe nie den Faden verloren, außer beim Messcanon, von dem ich nicht erwartet hätte, dass er so schnell vorbei wäre. Generell kann man sagen, dass es heute, in Zeiten des Internets, sehr leicht ist, in die Tridentische Messe hineinzufinden, wenn man die Bereitschaft besitzt, sich vor dem ersten Messbesuch ein paar Stunden mit dem Ritus zu beschäftigen.

7. Die Form der Messe war wie erwartet großartig. Ich kann nach dem heutigen Tag überhaupt nicht mehr verstehen, warum irgendjemand da Reformbedarf gesehen hat, der eine größere Liturgiereform erfordert hätte. Über Kleinigkeiten lässt sich immer diskutieren, aber im Wesentlichen ist dies die Messe aller Zeiten, auch der heutigen Zeit. Eine Neuevangelisierung ohne diese Messe erscheint mir aussichtslos. Save the Liturgy – save the world, wie Father Z immer sagt.

8. Der gregorianische Chorgesang driftete wie der Weihrauch hoch zum Herrn, zusammen mit den Gebeten der anwesenden Gläubigen. Dazu gab es, an sorgfältig ausgewählten Stellen, von Orgelmusik begleitete Kirchenlieder. So muss Kirchenmusik sein.

9. Das Hochamt währte nicht ganz eineinhalb Stunden – eine passende Zeit. Wer 90 Minuten einem Fußballspiel zuschauen kann, der kann auch dieselbe Zeit mit dem Messopfer zubringen. Im Anschluss fanden noch einige weitere Gebete statt, und dann am Ende kam es zum einzigen wirklichen, nicht durch die Form der Messe, sondern durch den speziellen Charakter der Piusbruderschaft bedingten, Tiefpunkt:

10. Es wurden zwei Rosenkränze gebetet, um für die „Schuld“ von Assisi um Gnade zu bitten. Wie der Leser meines Blogs weiß, lehnte und lehne ich derartige interreligiöse Treffen als nutzlos und potenziell schädlich ab, fand diese Dramatik aber trotzdem etwas übertrieben. Ich betete die Rosenkränze mit, allerdings betete ich weniger um Vergebung für die „Sünden von Assisi“, sondern allgemein für die Intentionen des Heiligen Vaters. Dies schien mir angemessen.

11. Die immer wieder kolportierten Vorurteile, die Piusbrüder seien fundamentalistisch oder antisemitisch bestätigten sich in meinem Fall überhaupt nicht. Die Predigt war gut katholisch, sparte auch die heute unpopulären Themen wie Himmel und Hölle nicht aus, bewegte sich aber in vollem Umfange im Rahmen der kirchlichen Lehre. Zudem hatte ich zwar den Eindruck eines frommen Ernstes in der Kirche, aber keineswegs das Gefühl, ich sei als „Außenseiter“ irgendwie schief angesehen oder misstrauisch beäugt worden, obwohl ich bei weitem nicht alle Feinheiten des Ritus oder auch nur alle liturgischen Antworten beherrschte.

12. Der Altersdurchschnitt lag deutlich niedriger als in einer durchschnittlichen katholischen Gemeinde. Etwa ein Drittel der Anwesenden waren schätzungsweise unter 40 Jahre alt, und ein Drittel über 60. Zumindest wenn mein grober Überblick aus der letzten Reihe auf die Hinterköpfe zutrifft. Überrascht hat mich allerdings die geringe Zahl von Kindern. Praktiziert man bei der Piusbruderschaft denn nicht Humanae Vitae?

Alles in allem ein sehr schönes sonntägliches Erlebnis, für das ich mein traditionelles Sonntagsschweigen auf dem Blog nun gebrochen habe. Dies ruft eigentlich nach Wiederholung.

Eine Messe der Petrusbruderschaft in greifbarer Nähe wäre mir aber weit lieber – immerhin ist die Piusbruderschaft nach wie vor ohne definierten kirchenrechtlichen Status, gleichsam in der Schwebe. Ihre Messen sind gültig, der Besuch derselben laut Vatikan keine Sünde und ausreichend zur Erfüllung der Sonntagspflicht, aber das alles ist nicht ideal, solange die vollständige Einheit nicht wieder hergestellt ist.

Solange werde ich, wenn ich zu dieser Kapelle gehe – was in Zukunft noch öfter vorkommen könnte – immer ganz bewusst für Einheit der Piusbruderschaft mit dem Heiligen Vater beten.

Allerdings kann ich mir, abschließend gesagt, nicht vorstellen, noch einmal eine Handkommunion zu… machen (fast hätte ich „begehen“ gesagt….)

Aber, wie gesagt, alles nur meine Meinung. Handkommunion, Novus Ordo usw. sind alle legal, gültig und akzeptabel, solange Rom dies so entscheidet, und mir steht es glücklicherweise nicht zu, derartige Entscheidungen zu beeinflussen.

Woelki zur Entweltlichung

Der kürzlich in sein Amt eingeführte Erzbischof von Berlin, Rainer Maria Woelki, hat sich in einem bei kath.net veröffentlichten Interview zum Thema Entweltlichung und Kirchensteuer geäußert. Da es sich bei Woelki um einen der wenigen Hoffnungsträger der katholischen Kirche im deutschen Episkopat handelt, war ich gespannt, was der Erzbischof zu diesen Themen zu sagen haben würde. Wie üblich werde ich hier einige Auszüge präsentieren, für den Rest des Interviews auf die oben zitierte Quelle verweisen und meine Kommentare und Hervorhebungen einfügen. Vorweg möchte ich allerdings sagen, dass ich von dem Interview ziemlich enttäuscht bin.

KNA: Herr Erzbischof, der Besuch von Papst Benedikt XVI. in Berlin liegt inzwischen gut einen Monat zurück. Was bleibt?

Woelki: (…) Es bleibt die Erfahrung, in einem vollen Stadion mit dem Papst Gottesdienst [Warum nicht „Messe“ sagen? Gottesdienste gibt es viele.] zu feiern. Jetzt geht es darum, das, was Benedikt XVI. gesagt hat, zu studieren und für unsere Diözese fruchtbar zu machen. Aus der Vertiefung des Glaubens kann dann auch unser gesellschaftliches Engagement wachsen.

KNA: Bei seiner letzten Station in Deutschland, in Freiburg, hat der Papst für eine «Entweltlichung» der Kirche plädiert. Wie bewerten Sie die darüber in Gang gekommene Debatte?

Woelki: Ich denke, der Papst hat mit «Entweltlichung» nicht gemeint, dass wir uns aus der Welt heraushalten, sondern dass wir mit der Botschaft Jesu in die Welt hineingehen sollen. [Genau. Mit der Botschaft Jesu. Nicht mit einem Arm voll Geld und Businessinteressen. Und Porno-Angeboten vom Weltbild-Verlag.] Aber wir müssen natürlich Strukturen überprüfen, die nicht mit dem Evangelium vereinbar sind. [Um welche Strukturen handelt es sich dabei, Exzellenz?] Es ist notwendig zu untersuchen, woran wir künftig festhalten und woran nicht. [Wer übernimmt die Untersuchung? Das Gremium zur Abschaffung der Gremien? Der Entbürokratisierungsausschuss?] Dies gilt natürlich auch für das Erzbistum Berlin, auch hier sind weiter strukturelle Veränderungen notwendig. [Welche Veränderungen? Wir wünschen uns Hirten, keine Schwämme.]

KNA: Manche Kirchenkritiker [Nicht nur Kritiker. Gerade die Liebhaber der Kirche sehen mit Sorge, dass die Kirche sich erpressbar gemacht hat] sehen sich durch die Worte des Papstes in ihrer Forderung nach einer Abschaffung der Kirchensteuer bestätigt…

Woelki: Natürlich gibt es jetzt den einen oder anderen, der die Worte des Papsts so interpretiert und alte Forderungen wiederholt. In Deutschland hat sich aber das zwischen Staat und Kirche gewachsene System der Kirchensteuer bewährt – für beide Seiten. [Ich fürchte, der Erzbischof hat einen über den Durst getrunken. Oder sagen wir lieber – ich hoffe, dass bloß etwas Alkoholeinfluss diese absolut lächerliche Aussage erklärt. Das System der Kirchensteuer hat sich bewährt? Ernsthaft? Dann sind die Kirchen also voll, der Glaube lebendig, die Priesterschaft motiviert und eifrig im Spenden der Sakramente, die Schlangen an Beichtstühlen lang, das Engagement der Gläubigen hoch, die Liebe der Gläubigen zu ihrem Herrn und Erlöser sowie der von Ihm eingesetzten Kirche tief und innig, die Kirche in einer Lage voller Zukunftschancen?], Die Kirche ist in Deutschland eine wichtige gesellschaftliche Gruppe und übernimmt Aufgaben des Staates [Nur, dass es nicht die Funktion der Kirche ist, die Aufgaben des Staates zu übernehmen. Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist, auch im Bereich der Funktionen], wenn ich alleine an das große soziale Engagement [worin besteht dieses Engagement? Darin, dass man die ach so engagierte deutsche Kirche fast schon mit Gewalt von der ans HErz gewachsenen Ausstellung von Darf-Scheinen zur Tötung der Unschuldigen Kinder abhalten musste? Dass man sich im Wesentlichen dem sozialtechnokratischen Club angeschlossen hat und statt aus der Liebe Christi aus der Liebe zum staatlichen Finanztrog arbeitet?]   oder an Einrichtungen für Erziehung und Bildung denke. [Katholische Schulen? Ich würde niemals ein Kind in eine durchschnittliche katholische Schule in Deutschland schicken. (Bestimmt gibt es rühmliche Ausnahmen.) Wenn ich mein Kind sexualisieren lassen möchte, nehme ich die Odenwald-Schule. Vielen Dank. Katholische Schulen unterscheiden sich kaum von weltlichen, staatlichen Schulen, außer dass die Eltern eingelullt werden, und deswegen vom aggressiven Säkularismus und der systematischen Glaubenszerstörung besser abgelenkt werden können.] Da ist dieses Geld sinnvoll eingesetzt. [Im Kamin wäre es besser eingesetzt. Da hat man wenigstens noch ein schönes Feuer davon, nicht nur Glaubensverlust.]

KNA: Ein anderes Thema des Papstes war die Ökumene. Jetzt wirft der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge dem Papst in einem Zeitungsbeitrag vor, kein Konzept für die Ökumene zu haben. Wie stehen Sie dazu? [Kein Konzept zur Ökumene ist das bestmögliche Konzept.]

Woelki: Schon in seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation hat sich Papst Benedikt XVI. große Verdienst um die Ökumene erworben [Ich fürchte, der Erzbischof hat Recht], wenn wir allein an die Erklärung zur Rechtfertigungslehre denken. [Ja, Formelkompromisse sind populär. Aber fide sola ist trotzdem häretisch.] Auch in seinen wissenschaftlichen Beiträgen hat er sich immer wieder mit dem Thema beschäftigt. Schon von daher kann man sagen, dass der Papst ein klares Konzept von Ökumene hat, allerdings nicht nur mit den Kirchen der Reformation. [„Kirchen“ der Reformation? Ist der Erzbischof etwa auch Indifferentist? Alle wandeln wir auf einem Pfade von der Erde hin zum unerkennbaren Unendlichen. Wir tappen alle im Dunkeln und keiner weiß was von der Wahrheit. Wir sind alle Suchende. Daher sind auch die „Kirchen“ der Reformation – ebenso wie die Kirche der „Neo-Reformation“, die hier scheinbar in ihrer Gründung vorbereitet wird – untereinander gleich und vergleichbar. Sie sind alle „Kirchen“. Katholizismus? Nein, danke. Nicht wahr, Herr Erzbischof Woelki?] Dem Papst genauso wichtig sind auch die ökumenischen Kontakte mit den orthodoxen und orientalischen Kirchen. Manches mag da einfacher sein, weil dort altkirchliche Strukturen vorhanden sind. [Man könnte sagen: Dort sind, im Gegensatz zu Gemeinschaften, die aus Luthers und Calvins Revolten entstanden sind, überhaupt kirchliche Strukturen vorhanden, und nicht bloß ein imperialer Gewissensindividualismus.]

KNA: Was ist für Sie die wichtigste Botschaft des Treffens zwischen dem Papst und Vertretern der evangelischen Kirche im Erfurter Augustinerkloster? [Dass ökumenische Treffen mit Vertretern der Evangelischen Sozialverbände Deutschlands sinnlos sind?]

Woelki: Benedikt XVI. hat bei dem Gespräch ausdrücklich Martin Luther und dessen Eintreten für die Authentizität des Evangeliums gewürdigt. [Ja, Martin Luther erscheint vor dem Antlitz eines Landesbischofs der Evangelischen Sozialverbände Deutschlands tatsächlich als Muster der Christlichkeit und gar der Katholizität.] Eine wichtige Botschaft war in diesem Zusammenhang auch der Ort des Treffens selbst, das heute evangelische Augustinerkloster, in dem der junge Luther seine Prägung erfuhr.

KNA: Viele Protestanten haben sich mehr erhofft … [Ja, sie haben sich erhofft, dass der Papst die Kirche auflösen und sich der lutheranischen Häresie und ihren modernistischen EnkelInnen anschließen würde. Das hätte er nämlich de facto tun müssen, um die E“K“D zufrieden zu stellen.]

Woelki: Es ist sicher auch immer eine Frage, mit welchen Erwartungen man an die Begegnung in Erfurt herangegangen ist. Vielleicht waren die Erwartungen ja auch zu hoch. Auch in der Rückschau bleibt, dass das Gespräch und das Gebet mit Vertretern der evangelischen Kirche ein vom Papst so gewünschter Schwerpunkt der Reise war, nicht nur von der zeitlichen Dauer. [So schwammig, so schwammig. Jesus ging nicht über’s Wasser – nein, er schwamm drüber!]

KNA: Können Sie schon sagen, ob das Erzbistum beim Papstbesuch in dem Kostenrahmen von rund 3,5 Millionen Euro bleiben wird? [Jetzt kommt das für die moderne Kirche der Neo-Reformation wahrhaft entscheidende: Mammon]

Woelki: Die Bilanzierung der finanziellen Seite des Papstbesuchs wird noch bis Ende des Jahres dauern. So wie es sich derzeit abzeichnet, werden wir im Kostenrahmen bleiben. Ich bin sicher, dass das Geld gut investiert ist. Ein deutscher Papst besucht vermutlich zum letzten Mal offiziell sein Heimatland, wo viele Menschen nach Sinn und Orientierung suchen. [Sie mögen ja suchen – doch wie sollen sie finden, wenn die Kirche ihre Antworten so geschickt tarnt?] Das war das auch medial angekündigte Jahrhundertereignis. [Leider erschöpft sich das öffentliche Auftreten der Kirche in Deutschland in medialen Ereignissen, aufrührerischen Aktionen gegen die Kirche und ihren Stifter Jesus Christus, dem Eintreiben finanzieller Ressourcen und dem Auftritt als Nachhut von 1789 und 1968.]

Zusammenfassung: Erzbischof Woelki gilt als einer der Hoffnungsträger der Kirche in Deutschland. Beim Papstbesuch ist er mir in Berlin positiv aufgefallen. Doch dieses Interview konnte den positiven Eindruck nicht bestätigen. Im Gegenteil: Eine schwammige Formulierung folgt der nächsten, nur unterbrochen von einem Kotau vor dem religiösen Indifferentismus der vielen verschiedenen „Kirchen“ der Reformation und einem respektvollem Kopfnicken in die Richtung der Kirchensteuer und ihres Systems der finanziellen Maulkörbe für christliche Hirten. Wenn sich der neue Erzbischof von Berlin noch fünf Jahre in dieser Art Zeitungsinterview übt, hat er wohl eine sehr gute Chance, Vorsitzender der Bischofskonferenz zu werden und die Fußstapfen von Erzbischof Zollitsch vollkommen auszufüllen.

Ein weiterer Verwalter des Niedergangs. Das ist der Eindruck, den ich von diesem Interview habe.

Katholizismus und modernes Judentum

Ein interessanter kurzer Artikel samt sich daran anschließender lebhafter Diskussion findet sich auf Ultramontan. Ich möchte meine Leser dazu aufrufen, dort vorbeizuschauen. Es geht um die Frage, ob man beim modernen Judentum von unseren „Brüdern“ oder „Vätern“ im Glauben sprechen kann, und ferner um das Verhältnis zum Islam.